Mittwoch, 23. Juni 2010

Konzeptlosigkeit beim Sozialstaat

Von Stefan Sasse

In einem der derzeit modischen Gauck-Lauditio-Artikel, dieses Mal im SpOn, findet sich ein Absatz, der einen fundamentalen Charakterzug der leidigen Sozialstaatsdebatte aufzeigt. Es geht darum, dass dem so genannten "linken Lager", also SPD, Grünen und implizit der LINKEn, eine Haltung untergeschoben wird, die an und für sich nur bei der LINKEn vorhanden ist und auch dort, würde man die Protagonisten offen darauf ansprechen, vermutlich mit einem Lippenbekenntnis verneint würde. Es geht um das Ziel der sozialstaatlichen Aktionen, zu dem sich Gauck nun auch geäußert hat. Die Passage im Wortlaut: 

Natürlich müsse der Staat sich um die Schwachen und Armen kümmern, sagt Gauck. Aber eben so, dass er sie gleichzeitig ermächtige, ihrem Elend zu entkommen. Das ist das "Fördern und Fordern" der Agenda 2010, mit dem viele bei SPD und Grünen neuerdings nicht mehr viel zu tun haben wollen. Es ist ein Ansatz, den man im schwarz-gelben Lager sofort unterschreiben würde. Aber Gauck ist nun eben der Kandidat von Rot-Grün, also nimmt man dort seine eigenwilligen Ansichten hin - und sonnt sich im Glanze dieser Kandidatur. (Quelle
Selbstverständlich ist Gauck ein politischer Kandidat Rot-Grüns, der die schwarz-gelbe Regierung blamieren soll, und kein Kandidat, der eigentlich genuin die Positionen dieser Parteien vertreten würde, noch dazu die des immer wieder postulierten rot-grünen Projekts, das gerade seine Wiederauferstehung in den Ländern sucht. Das ist gar nicht die Frage. Es geht vielmehr um die Zielrichtung der Agenda-Reformen und die Haltung der Linken zu dieser Zielrichtung.
Dabei muss festgestellt werden, dass hier auf subtile Weise Positionen untergeschoben werden, die so eigentlich gar nicht existieren. Das postulierte Ziel der Agenda-Reformen war es - unter anderem! - zu fördern und zu fordern, was durchaus seine Berechtigung hat. Zu behaupten, dass diese Zielsetzung von SPD, Grünen und LINKEn nicht geteilt würde, dafür aber bei CDU und FDP hoch im Kurs stehe, ist bestenfalls heuchlerisch. 
Niemand wird sich dafür einsetzen, dass der Sozialstaat NICHT die Wiedereingliederung in den Beruf zum Ziel haben sollte. Berichterstattung wie die oben zitierte erweckt aber den Eindruck, als wollten Rot-Rot-Grün lediglich eine materielle Absicherung der Arbeitslosen erreichen und diesen ihre Randexistenz so bequem wie möglich machen. Das ist aber Quatsch, und selbst wenn ihre Förderung - die erst die Forderungen legitimiert - tatsächlich ein genuines Ziel der Agenda 2010 gewesen wäre, so muss man klar anerkennen, dass dieses Ziel gescheitert ist. Der Agenda ist es gelungen, die Leistungen für Arbeitslose deutlich zu reduzieren und eine gewaltige Abstiegsfurcht zu erzeugen; sie hat außerdem Statistikkosmetik betrieben und viel Geld in aussichtslosen Selbstständigkeitsförderungen verbraten, von der Förderung der Zeitarbeit und ähnlicher Ausbeutungsinstrumente gar nicht zu reden. 
Zwar setzen sich SPD und Grüne leicht von der Agenda ab, aber das heißt nicht, dass diese grundsätzlich in Frage gestellt würde. Das können sie auch gar nicht, zu sehr haben sich die beiden Parteien 2003 bis 2005 mit dem Projekt identifiziert. Obgleich die Linke in den jeweiligen Parteien eine radikale Abkehr befürwortet, darf man sich der Tatsache nicht verschließen, dass es in den Parteien und den verbliebenen Restwählerschaften durchaus auch Schichten gibt, die die Stoßrichtung der Agenda auch in ihrer zutage getretenen Form befürworten. Für die Grünen und, vor allem, die SPD kann es also nicht darum gehen, einen radikalen Bruch mit der Agenda zu suchen. Dies würde die Partei tatsächlich vor eine weitere, vielleicht tödliche Zerreißprobe stellen. Sie muss versuchen, eine Art Konsens zu finden, der eine veränderte Sicht auf die Reformen ermöglicht. Schröder hat dazu den Weg freigemacht, als er freimütig zu Protokoll gab, dass die Reformen in ihrer jetztigen Form sicherlich nicht sakrosankt seien und durchaus diskutiert werden können. Es gibt viele Möglichkeiten, womit man die Agenda-Gesetze ändern könnte, ohne das Projekt als Ganzes in Frage zu stellen, jedoch die Lage für die Betroffenen deutlich erträglicher zu gestalten. Einen solchen Kompromiss zu finden muss die Aufgabe der SPD sein, denn nur er ermöglicht es, endlich die Reformzeit hinter sich zu lassen und vernünftige neue Politikfelder zu erschließen. Gleiches gilt im Endeffekt auch für den Afghanistaneinsatz. 
Ungewollte Schützenhilfe leistet ihr bei dieser Aufgabe die LINKE. Mit ihrer kompromisslosen Haltung sowohl zu Afghanistan als auch zu Hartz-IV - hier der Abzug, da die sofortige Abschaffung -, die sie zumindest in offiziellen Reden und Dokumenten pflegt (sobald es an konkrete Regierungsbeteiligung geht, fallen solche Positionen sehr schnell, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat), schafft sie eine deutliche Grenze für die Linke in der SPD selbst, die ja den Kampf gegen die LINKE meist ebenfalls auf ihre Fahnen geschrieben hat. Da die SPD derzeit nichts so sehr fürchtet wie eine Gleichsetzung politischer Positionen mit der LINKEn, bilden deren Forderungen gewissermaßen eine natürliche Leitplanke nach links, genauso wie Westerwelles Latrinenparolen eine Leitplanke nach rechts bilden. 
Bisher ist es der SPD nicht gelungen, innerhalb dieses Spielraums zu irgendwelchen brauchbaren Vorschlägen zu kommen - sie ist seit der Wahl zu sehr damit beschäftigt, ihren eigenen Untergang zu verhindern, eine Aufgabe, die vor der relativen Schwäche von Schwarz-Gelb zwar bereits beendet scheint, es aber nicht ist. Sigmar Gabriel ist gut beraten, sich nicht der verbreiteten Illusion hinzugeben, die Schwäche von Merkels Kabinett der Mittelmäßigkeit für eine genuine Stärke der SPD zu halten, denn diese hat nichts vorzuweisen, das sich seit der Wahl im September 2009 geändert hätte. 
Es gilt, ein neues Projekt für den Sozialstaat zu formulieren. Es sollte offenkundig sein, dass er in seiner aktuellen Form nicht mehr den Ansprüchen genügt, die an ihn gestellt werden. Das System verschlingt Ressourcen, die nicht notwendig sind, versenkt es in kontraproduktiven Förderungsmaßnahmen und erlegt den Betroffenen völlig widersinnige Zwänge auf, hinter denen kein eigentliches Konzept steht. Förderungen verlaufen allzu oft im Sand, wenn sie denn überhaupt noch durchgeführt werden und scheinen ihr Hauptziel in der Kosmetik an der Arbeitslosenstatistik zu haben. Die Forderungen gleichzeitig erscheinen als hilflose Versuche eines falschen Systems, seine eigene Existenz zu legitimieren. Welchen Sinn macht es, Strafen für diejenigen auszusprechen, die sich nicht dreimal pro Woche um einen Job bemühen, wenn nicht einmal diejenigen einen bekommen, die dies dreimal pro Stunde tun? 
Ein Konzept ist aber derzeit nicht in Sicht. Für die Grünen ist Hartz-IV kein großes Thema; sie werden von Schichten gewählt, für die diese Problematik so weit entfernt ist wie der Mars und die die Geschichten aus dem abgehängten Prekariat mit dem wohligen Schaudern des Voyeurs verfolgen - allenfalls. Sie können in der Sache relativ frei entscheiden und sowohl mit schwarz-gelb als auch mit rot-rot kooperieren. Problematisch ist aber auch die LINKE. Die Zuschreibung, die Artikel wie der eingangs zitierte vornehmen, dass sie letztlich nur Geld ins System pumpen wollen, lässt sich kaum von der Hand weisen. Die Abschaffung von Hartz-IV ist letztlich nur eine Parole, und die Erhöhung des Betrags auf 500 Euro, so wünschenswert er für die Betroffenen auch wäre, folgt keinem Konzept. Es trifft die Kritik an der LINKEn ins Schwarze, dass es nicht automatisch sozial ist, einfach nur mehr Geld auszugeben, genauso wie es nicht automatisch vernünftige Wirtschaftspolitik ist, die Steuern für Reiche und die Sozialleistungen für Arme zu senken. 

Eigentlich wollen SPD und LINKE in die gleiche Richtung. Die in den Landtagswahlen bis zum Erbrechen zitierten inhaltlichen Überschneidungen sind ja tatsächlich vorhanden. Nur über das "Wie" ist man sich nicht einig, man irrt gewissermaßen im Nebel herum und schlägt sich ständig selbst, anstatt dass man an einem Strang ziehen würde. Die Schuld dafür ist zum Großteil bei der SPD und ihrer pathologischen Furcht vor der LINKEn zu suchen, die jeden vernünftigen Politikansatz in diese Richtung bisher im Keim erstickt hat, aber sie liegt zu einem nicht unerheblichen Teil durchaus auch beim Schwanken der LINKEn, die zwischen radikalen Totaloppositionsparolen und geradezu emsig bemühten Beweisen für ihre Regierungsfähigkeit hin und her schwankt, ohne eine Ahnung davon zu vermitteln, was sie nun eigentlich genau will. 


26 Kommentare:

  1. - die Erhöhung des Betrags auf 500 Euro, so wünschenswert er für die Betroffenen auch wäre, folgt keinem Konzept
    richtig müsste dieser satz wohl heißen: so wünschenswert ein konzept für die betroffenen auch wäre, folgt die erhöhung des betrages auf 500 euro doch immerhin dem grundrecht auf ein menschenwürdiges leben.

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  2. Naja die SPD ist nach gesunden Menschenverstand verbrannt, aber es wird immer 20%+ bei Wahlen geben, die diese Tatsache leugnen oder ignorieren. Die FDP ist eine Partei der Besserverdienenden sowie eine Klientelpartei.

    Die schwarze Pest wird von denen gewählt, die sie immer gewählt haben. Konservative, Katholiken, Menschen auf dem platten Land, Rentner. Teilweise überschneiden sich die Gruppen ;-)

    Die Grünen sind ebenfalls eine Partei die die Besserverdienenden bedient. Sie haben Schnittmengen mit allen anderen und sind entsprechend flexibel in alle Richtungen.

    Zu den Linken sag ich jetzt mal nicht viel. Sie werden genauso umfallen wie die Grünen Jahrzehnte vor ihnen.

    Die Situation ist desolat.

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  3. Korrektur: Die FDP ist eine marktradikale Partei der Besserverdienenden, Unternehmer und Konzerne sowie Klientelpartei.

    Hatte ich irgendwie vergessen, ist ja auch schon spät :-)

    Gute Nacht!

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  4. Ich greife mal einige Schlüsselsätze heraus:

    "...Gauck ein politischer Kandidat Rot-Grüns"

    jawohl! Das sollte denn auch keinen mehr wundern. Ein feiner Neolib und Kommi-Fresser! Deswegen auch die Begeisterung bei CDU/CSU/FDP-Trotzköpfchen. Die genannten Parteien, SPD/Grüne inbegriffen, sind treue Diener ihres Herrn, und das ist zur Zeit nun mal das Finanzkapital: Wer hat uns HartzI-IV gebracht, wer die Steuerfreistellung des Gewinns beim Verkauf von Unternehmensbeteiligungen, wer die rapide Senkung von Unternehmenssteuern, wer die Zulassung von Hedge- und Private Equity-Fonds, wer die Zulassung von CSD und anderen merkwürdigen Derivaten und sonstigen sonderbaren "Produkten", wer die Beteiligung am Krieg in Jugoslavien und Afghanistan ...? Alles schon vergessen? Deren Führungscliquen ist vor allem eins gemeinsam: Der Drang an die Fleischtöpfe der Macht. Das Wohl des Volkes ist ihnen egal, wenn sie nur selbst ihr einträgliches Auskommen haben!

    Welches Parlament hat sich selbst entmachtet und die Kontrolle über das Bankenrettungspaket freiwillig aus der Hand gegeben. Welches Parlament hat Lissabonn abgenickt?

    Die uns die 500-Milliarden-Bankenrettung gebracht haben, bringen uns jetzt zum Trost das 80-Milliarden-Sparpaket und verkaufen das als Rettung der Zukunft Deutschlands. Wessen Zukunft?

    "...eine gewaltige Abstiegsfurcht zu erzeugen"

    ja, das ist eine Spielart der bekannten Methode "politics of fear", gut geeignet zur "Disziplinierung der Massen"!

    "...Sigmar Gabriel ist gut beraten"

    Welche Hoffnung setzt Du denn noch in diesen Politikdarsteller?

    "...Merkels Kabinett der Mittelmäßigkeit"

    korrekt! Und was kennzeichnet die Führungskader von CDU/CSU/FDP/SPD? Die erbärmlichste Mittelmäßigkeit grassiert allerorten!

    Albrecht Müller hat als Untertitel eines seiner Bücher mal den Satz gewählt: "Wie eine mittelmäßige Elite unser Land zugrunde richtet" oder so ähnlich... Sehr treffend!

    "...der SPD und ihrer pathologischen Furcht vor der LINKEn"

    richtig so, denn die LINKE ist eigentlich nur eine echte Sozialdemokratische Partei, und das kann man natürlich nicht durchgehen lassen, dann würde das eigens gepflegte Volksverdummungs-Lügengespinst ja vielleicht zerreißen...

    "...letztlich nur Geld ins System pumpen...".
    "...einfach nur mehr Geld auszugeben..."

    hoho, so ist das ja nun nicht, hast Du mal geguckt, wo sie's hernehmen wollen?

    "...hier der Abzug, da die sofortige Abschaffung...
    fallen solche Positionen sehr schnell..."

    Daß auch bei der LINKEn schon etliche - und es werden in letzter Zeit leider immer mehr - in den Startlöchern auf zur Postenjagd hocken, ist zwar betrüblich, und ich mache mir darüber auch nicht allzuviele Hoffnungen, aber solange sie keine Regierungsbeteiligung im Bund haben, sind das natürlich nur Extrapolierungen, in Länderparlamenten stehen diese Zentralforderungen ja nicht zur Debatte! Zur Zeit ist der Anteil derer, die sich (noch?) nicht haben kaufen lassen, jedenfalls noch höher als in den anderen Parteien...

    Im Gegensatz zu Dir bin ich der Meinung:
    Wenn die LINKE sich an die SPD anpassen würde, änderte sich ja nichts an der hiesigen Politik, das wäre dann ihr (der LINKEn) Ende und damit auch nicht schade drum!

    Die "Rettung" aus diesem gruseligen Desaster wird jedenfalls nicht von "oben" kommen!

    Gruß
    Bernd

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  5. Du magst die Linken nicht, kann das sein? ^^

    Ich halte den Ansatz, dass sich die Linke nur weiter dem Politzirkus hingeben müsse, für verkehrt.

    Was genau bringt es, wenn die Linken ihre Positionen über Bord werfen, um koalitionsfähig zu werden? Sie können dann regieren, aber machen nicht was nötig ist. Das is ein Nullsummenspiel, welches die Linke maximal als Partei etabliert aber den Leuten überhaupt nichts bringt.

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  6. Klar, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben ist gut und richtig, und ich bin ja auch dafür - aber ich seh eben nicht mehr dahinter. Es scheint manchmal so, als hätte die LINKE nichts gegen die Arbeitslosenzahlen, wenn die Leute halt ein bisschen mehr Geld bekommen.
    Bernd, woher das Geld kommen soll ist relativ schnurz - ich seh da trotzdem keine Lösungsansätze. Wie gesagt, ich bin auf jeden Fall dafür - nur würde ich das Ganze gerne in eine größere Strategie eingebettet sehen :)
    Und ja, ich entferne mich gerade ziemlich von der LINKEn, weil sie mich ehrlich gesagt enttäuscht. Klar soll die sich nicht einfach in den Mainstream anpassen, aber eine Oppositionsspaßpartei bringt niemandem was, und als die gerieren sie sich immer mehr.

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  7. Hallo Daniel,
    danke für deine offene Kritik. In der Tat scheinen hier zwei zentrale Missverständnisse zu bestehen. Das erste betrifft den aktuellen Text. Ich bin keinesfalls der Ansicht, dass Lohnarbeit das einzig Wahre ist und dringlichst gefördert werden müsse, weil der Mensch sonst nichts wert sei. Ich sehe aber auch keine Lösung des Problems darin, den Betroffenen einfach 100 Euro mehr im Monat zuzustecken. Die soziale Ausgrenzung, die psychischen Folgen der Arbeitslosigkeit existieren ja weiter. Mit mehr Geld sind die sicher erträglicher, aber das Gelbe vom Ei sind sie nicht. Und genau da sehe ich das Problem: die LINKE formuliert kein Konzept, das dir bei mir fehlt, nämlich eine Vision, wie der sozialstaat jenseits der Aktivierung für den Arbeitsmarkt funktionieren soll. Sie verabreicht gewissermaßen nur mehr Morphium für einen todkranken Patienten. Was soll dabei herauskommen? Ich sehe da nichts. Effektiv will die LINKE ja, dass Vollbeschäftigung herrscht, zumindest wird das auch als Ziel angegeben. Aber wie das erreicht werden soll, oder welche Alternativen dazu bestehen - Fehlanzeige. Die diskutieren ja nicht mal ernsthaft über BGE oder so was, von dem ich allerdings auch nicht viel halte. Aber was soll denn da passieren? Von der LINKEn höre ich nichts.
    Das zweite Missverständnis ist glaube ich deine Defintion von "links". Ich war nie Marxist und wollte das auch nie sein. Ich bin für Solidarität, für Frieden, für Toleranz und persönliche Freiheit. Ich bin kein Revolutionär, nie gewesen. Ich habe nur früher - schau einfach ein paar Beiträge von 2006 oder so aus dem Archiv an - eher auf der Linie der jW oder Ähnlichen gelegen, eine Linie, für die deine polemische Zuschreibung durchaus zutreffen mag. Ich verwahre mich allerdings energisch gegen die Vorstellung, das parlamentarische System sei nicht in der Lage, die Probleme zu lösen, oder ich würde hier einfach undifferenziert nach rechts driften. Ich bin an dem interessiert, was ohne eine Revolution machbar ist. Dazu gehört es, parlamentarische Mehrheiten zu finden und mit diesen dann Politik umzusetzen. Ich halte nichts von revolutionären Tagträumen.
    Liebe Grüße
    Stefan

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  8. @Stefan:

    Vielleicht muss man da aber auch tiefer analysieren, inwiefern die parlamentarische Mehrheit erst durch eine, ich nenne es mal "Harmonisierung" der eigenen Grundsätze erreicht werden kann.

    Oder auf Deutsch: Bildet sich die Mehrheit nur dann, wenn die Meinung angeglichen ist, oder kann man mit seiner Meinung Mehrheiten für sich gewinnen?

    Soweit sich die "Stellschraubenpolitik" der etablierten 4 Parteien zusammenfassen lässt, ist wohl eher Ersteres der Fall.

    Und in dem Fall bringt es auch nichts, wenn sich die Linke ebenfalls harmonisiert. Der Unterschied zum Moment wäre dann der, dass wir 5 Parteien haben, die sich nicht wirklich voneinander unterscheiden

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  9. @Hoeschler: Selbstverständlich ist das Möglich. Ich verwehre mir auch gegen die Ansicht, die ihr mir hier gerade ständig unterschiebt, dass ich die LINKE gerne auf Linie mit den anderen Parteien bringen würde. Die SPD muss noch deutlich nach links rutschen, zumindest was die aktuellen Funktionäre angeht (weniger die Basis). Aber die LINKE muss eben seriöser werden.
    @Daniel: Marxismus hat mich nie gereizt, deswegen habe ich mich auch nie großartig damit beschäftigt.

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  10. @Daniel:

    Ich wiederhole die Frage, die ich schon vor einigen Artikeln einmal gestellt habe:

    Was genau macht eigentlich Schweden und Dänemark zu so vollkommen menschenverachtenden, degenerierten und wertlosen Scheißländern, dass es sich nicht lohnt für eine soziale Marktwirtschaft nach deren Vorbild zu kämpfen, sondern es stattdessen mit einer Alternative zu versuchen, die uns schlimmstenfals in Nordkorea enden lässt? Bei einer Alternative namens Marxismus, deren Implementationsversuche *ALLE* dramatisch schlecht gelaufen sind?

    Ganz ehrlich, Daniel, ich verstehe einfach nicht, was in deinem Kopf vorgehen muss. Irgendwann musst du doch mal diese Abwägung gemacht haben, und ich begreife einfach nicht, dass ausgerechnet dieser vollkommene Irrsinn das Ergebnis davon sein soll ist.

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  11. "Klar, das Recht auf ein menschenwürdiges Leben ist gut und richtig, und ich bin ja auch dafür - aber ich s[t]eh eben nicht mehr dahinter."

    Ganz toll, das 't' fehlt mir da nämlich. Um was geht's eigentlich, wenn nicht um ein menschenwürdiges Leben?
    Btw, wer noch an Vollbeschäftigung glaubt, ohne dass vorher das ganz Land abgerissen wird, wie schon mal gehabt, der... [mag diesen Satz vollenden]

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  12. @Anonym:

    Kein Problem, ich vervollständige gerne!

    > Btw, wer noch an Vollbeschäftigung glaubt,
    > ohne dass vorher das ganz Land abgerissen
    > wird, wie schon mal gehabt, der...

    ...ist einfach nur nicht so dämlich, vor lauter scheinbar linken Plattitüden die Möglichkeiten der Realität zu verkennen. Selbstverständlich ist eine Vollbeschäftigung im Sinne der 60er Jahre bei uns erneut möglich, nur bekommt man das vorhandene Potential als permanent schlechtgelaunter, destruktiver, sich selbst für "links" haltender Zeitgenosse gar nicht mehr mit. Man blökt ja lieber nach dem blutgetränkten Marxismus und der Revolution, die natürlich überhaupt keine Gefahr beinhaltet, in eine richtig miese Dikatatur der Skrupellosesten abzugleiten.

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  13. @Anonym: Ganz ehrlich, das menschenwürdige Leben hängt nicht von der absoluten Höhe der zur Verfügung stehenden Geldes ab. Ich will nicht in Merz'sche oder Sarrazin'sche Polemik verfallen, denn mit zu wenig Geld ist erst recht scheiße - aber auch mit 1000 Euro Hartz-IV bestehen Probleme der sozialen Exklusion in einer Gesellschaft, die sich über Erwerbsarbeit definiert, fort. Und Potential für Daniels Revolution sehe ich auch nicht, und schon gar nicht, wie ein Generalstreik das bewirken sollte, ohne dass das System dermaßen brutal zusammenbricht, dass ich wirklich weit weg sein will, wenn das passiert.

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  14. @Daniel:

    Du hast massiv viel geschrieben, und ich respektiere des durchaus. Du bist kein dummer Troll, was sehr angenehm ist. Aber dennoch bleibst du mir eine konkrete Antwort auf meine Frage schuldig:

    Was genau macht eigentlich Schweden und Dänemark zu so vollkommen menschenverachtenden, degenerierten und wertlosen Scheißländern, dass es sich nicht lohnt für eine soziale Marktwirtschaft nach deren Vorbild zu kämpfen?


    Und noch was, du schreibst:
    >
    > Von blutgetränkt habe ich übrigens
    > nichts gesagt, das will ich nicht.

    Glaubst du allen Ernstes, die maßgebliche Mehrheit der Kommunisten des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts hätte das anders gesehen? Glaubst du, dass die das wollten, was da passiert ist? Denk mal darüber nach, dass man es gewisse Systeme gibt, bei denen der Abschaum eher nach oben gespült wird. Oder anders gesagt, gib doch bitte bei deinen Revolutionsträumen bitte acht, dass du nicht irgendwann von deinen korrupten Parteigenossen langsam und stetig in den Wahnsinn gefoltert wirst:

    http://einestages.spiegel.de/static/authoralbumbackground/9721/stiller_tod_im_gelben_elend.html

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  15. Vielleicht sollte man das Thema Revolution eher aus der Sicht von "Die Theorie und Praxis des oligarchischen Kollektivismus" betrachten.

    Ich finde Orwells Erkenntnis ist bitter, aber wahrscheinlich nachvollziehbar.

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  16. @Daniel: Selbst wenn der Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit also gelingen würde, wäre das nicht gut? Verstehe ich das richtig? Wir sollen also die eine Unterdrückung durch die andere ersetzen?

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  17. Hier schreibt wieder einer, der nie in einem von der Arge vermitteltem Vorstellungsgespräch saß. Die Verfassung garantiert Verhandlungsfreiheit, eigentlich.
    Sittenwidrig sind Löhne unter 3 Euro.
    Was soll der HIV dann noch verhandeln?

    Wie war es früher?

    Wer legte in den Verwaltungsgremien des Arbeitsamtes die Zumutbarkeitskriterien fest?

    Warum mussten die Arbeitslosenhilfeempfänger aus diesem Verbund gelöst werden?

    Prima! Hast du es verstanden, deine ganze Rhetorik vom Fördern und Fordern ist aus den Medien übernommen und widerspricht einem eigenständigen Denken.

    Denn es gibt keine paritätische Besetzung zwischen Betroffenen und Verwaltungsbeamten eines Verwaltungsgremiums der Argen.

    NADA!

    Übrigens das Geld was den Langzeitarbeitslosen jetzt gestrichen wurde, dass ist natürlich im Sinne unserer Ökonomen.

    Übrigens ist die Krise für die Argen vorbei.

    Es wird wieder sanktioniert auf Teufel komm raus.

    29,9 Milliarden Euro netto vor Sozialbeiträgen Aufwand für die HIVer.

    Den Rest der immer genannt wird teilen sich Verwaltung und Scheinfirmen.

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  18. Daniel, ich hoffe deine Antwort korrekt zusammenfassen zu können.

    - Du stimmst implizit mit mir überein, dass die konkreten Lebensverhältnisse in Ländern wie Schweden und Dänemark eigentlich in Ordnung wären

    - dies aber deshalb Makulatur ist, weil erstens nur aufgrund des Ost-West-Konflikts "das Kapital" zu Zugeständnissen bereit war

    - und zweitens das Ganze ohnehin auf Ausbeutung der dritten Welt basiert.

    So weit, so richtig?

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  19. Sorry, ich teile dein Axiom vom gegenseitigen Ausschluss nicht. Außerdem sehe ich zwar die Argumente, die du bringst, als richtig - was die konkreten Beispiele betrifft - ich sehe aber nicht, warum es nicht parlamentarisch möglich sein sollte, das zu ändern.

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  20. Hi Daniel,
    du redest am Thema vorbei. Ich rede nicht von einer parlamentarischen Revolution; das ist in sich ausgeschlossen, wie du so richtig erkennst. Ich sehe nur in deiner Argumentation keinen Punkt, warum Änderungen innerhalb des parlamentarischen Systems nicht möglich sein sollten.

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  21. Daniel,

    ich werde mir die Sachen anschauen, ich sage dir aber auch gleich, wo du mich als Mitstreiter verlierst, nämlich ganz am Anfang. Ich sehe es so, dass es ganz eindeutig Staaten gibt, in denen eine Menschenwürdige Koexistenz prima funktioniert. Solange ein Staat seiner Bevölkerung so humane Lebensbedingungen bieten kann, wie dies beispielsweise Schweden tut, sehe ich keinerlei unerträglichen Systemkonflikt.

    Du redest von Verhungern und ähnlichem. In Schweden verhungert keiner, Punkt. Und wenn das System so abgleitet, dass es doch passiert, obwohl genug für alle da wäre, so wird die Ethik der Bürger dafür sorgen, dass die Gesetze entsprechend geändert werden. Du forderst etwas Radikales, nie da gewesenes. Das kann auch radikal schief gehen, und ist auch schon radikal schief gegangen. Oder glaubst du etwa, die ganzen Marxisten früher hätten nicht gedacht, dass sie das Richtige tun? Worin also unterscheidest *DU* dich von ihnen, außer darin, dass du "aber wirklich die richtige Lösung kennst, also ganz ehrlich jetzt?"

    Wer wird schuld sein, wenn die Sachen nach deiner Revolution nicht so laufen, wie sie sollen? Wenn dann auf einmal wirklich die Leute verhungern, so wie damals in der Ukraine? Wetten, dass es wieder "Verräter" in den eigenen Reihen sein werden, die man nun aber aufspüren und eliminieren muss?

    Aber das kommt bei dir nicht vor. Für dich...

    ...ist das jetzige System vollkommen unakzeptabel, und zwar unabhängig davon, dass es einen gewaltigen Wohlstand geschaffen hat, und es auch Staaten gibt, die sich so organisieren, dass dieser Wohlstand ein menschenwürdiges Leben ALLER ermöglicht. Egal, unakzeptabel, weil in Wirklichkeit basiert das angeblich alles nur auf Wohlwollen des Kapitals. Welches halt zu den Schweden wohlwollend ist, und zu den Amerikanern nicht, aber mit den möglicherweise unterschiedlich gestalteten Sozialsystemen hat das nichts zu tun.

    ...ist ebenso sonnenklar, dass es eine viel bessere Lösung gibt, weil du hast da wirklich extrem überzeugende Argumente gehört. Die müssen einfach stimmen, so gut klingen die!

    ...ist es eine logische Schlussfolgerung, dass Verbesserungen des bestehenden Systems in Wirklichkeit deinen viel besseren Plan sogar verzögern würden. Das verzögert die notwendige Revolution nur, aber wenn die kommt, wird ganz klar alles gut gehen. Der Blutzoll, der bei den letzten Versuchen gezahlt werden musste, wird diesmal ausbleiben. Ganz sicher! Gravierende Fehler kommen nicht vor!

    Weißt du, was ich mache, wen ich jemanden treffe, der ganz genau weiß, wie etwas geht, und der mir dann erzählt, welche massiv radikalen Änderungen man vornehmen müsse, um diese wirklich leichte Lösung zu verwirklichen? Ich nehme die Beine in die Hand, so schnell ich nur kann, weil ich die Schornsteine schon von weitem rauchen sehen kann. Und zwar nicht die der Fabriken, mein Guter.

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  22. Stefan Sasse,

    Dein Artikel ist furchtbar reaktionär. Jeder Satz stellt, nach einer vorangestellten Scheinkritik, eine Verteidigung der Agenda-Politik, der Neue-Mitte-Ideologie des Help-And_Hassle a la Anthony Giddens, Bodo Hombach, Tony Blair, Gerhard Schröder (als Vollstrecker), einer verquasten Empowerment-Ideologie der siebziger Jahre dar. Du hälst hier eine Pro-Hartz-4 Rede, streite es bitte nicht ab.

    Wie kommst Du z.B. zu dem Postulat: "Niemand wird sich dafür einsetzen, dass der Sozialstaat NICHT die Wiedereingliederung in den Beruf zum Ziel haben sollte."
    Bin ich zum Beispiel niemand ??

    Der Sozialstaat hat die Aufgabe, die Würde des einzelnen, INDIVIDUELLEN Menschen zu garantieren. Wenn Du für Dich den Schluß gezogen hast, daß irgendeine schlecht oder gar nicht bezahlte Drecksmaloche diese Würde darstellt, dann Herzlichen Glückwunsch für Dich und Dein Hartz-4-Glück. Ich bezweifle aber etwas, daß Du zu dem beglückten Kundenkreis gehörst, vermutlich geht es Dir weit besser, stimmts ?

    Du redest dieser widerlichen Neue-Mitte-Empowerment-Ideologie das Wort, die sich eine Religion auf die Fahnen geschrieben hat. Das ist die Arbeitsverherrlichung und Arbeitsanbetung. Nicht das Ergebnis einer Bemühung ist Ziel der Anstrengung, sondern die Plackerei wird zum glückseligmachenden Selbstzweck erklärt. Natürlich wird dieses Ideal immer den anderen, den Armen zur Verköstigung angeboten, selbst stopft man sich als gut verdienender Abgeordneter und Arbeitsminister (Müntefering) die Taschen voll und hält beschwingte Reden darüber, daß nur Arbeit glücklich mache. Gerade eben hat diese Partei unter maßgeblicher Beteiligung dieses Herrn (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/021/1702145.pdf) einen Antrag eingebracht, der, versklausuliert, die Arbeitspflicht für Achzigjährige einläutet, man muß nur lesen können, trotz des SPD-Neusprechs. Da hast Du sie wieder, Deine Teilhabe, die Gnade der Zwangsarbeit als verzückendes Partizipationsrecht. Nicht mehr zwei, drei schöne letzte Jahre auf Mallorca, nein, die Fußgängerzone zum Ehren des Kommerzes mit dem Reisigbesen gefegt ist die Glücksverheisung. Dem redest Du mit Deinem Artikel das Wort.

    Arbeitskritik und Kritik einer, wie ich meine, menschenverachtenden Arbeitsverherrlichung, findet sich hier:
    http://www.krisis.org/1999/manifest-gegen-die-arbeit/print/
    http://www.krisis.org/wp-content/data/feierabend.pdf

    gez. Braunes Hartz

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  23. Ich danke den Diskutanten für erhellende, anregende, spannende und informative Gedanken.

    @Daniel: Das größte Problem sehe ich schon ganz am Anfang, nämlich die Leute überhaupt zum Denken zu bringen. Ich bin mir sicher, in deinem Bekanntenkreis ist es wie in meinem: Von zehn Leuten interessieren sich acht nicht für Politik und dessen Zusammenhänge. Man hat sein Auskommen, seine Familie, seine Hobbies, guckt "Tagesschau" oder (noch schlimmer) "RTL aktuell" für die schnelle Information und freut sich des Lebens. Wozu auch Gedanken machen, man ändert ja eh nichts. So doch die vorherrschende Meinung. Ist es nicht so? Und ehrlich: Leben die Menschen nicht auch besser, weil sorgenfreier als unsereins, die sich Gedanken machen und die mit dem Status quo nicht zufrieden sind?

    Ich kannte den GegenStandpunkt bis gerade eben noch nicht, ich werde mir das mal zu Gemüte führen. Ich teile deine Auffassung, dass es so auf keinen Fall weitergehen kann. Selbst mit kleinen Stellschrauben kommen wir nicht weiter.
    Auch wenn ich mich bei deinen Beiträgen ständig gefragt habe, wie eine derartige Umwälzung funktionieren soll. Denn schließlich führen wir doch seit Menschengedenken Handel. Unser gesamtes System gründet da drauf. Das Alles ins Wanken zu bringen, scheint mir schier unmöglich.

    Grüße und schönes Wochenende!

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  24. Braunes Hartz, du hast mich enttarnt. Erst gestern hatte ich meinen Mitgliedsantrag für die FDP aufgegeben; die haben für mein Gewissen einen guten Preis bezahlt. Auch ansonsten habe ich beschlossen, mein Leben in den Dienst des knechtenden Kapitals zu stellen und seine Repression zu legitimieren. Hab ich irgendwas vergessen? Deine Vorwürfe sind albern.
    1) Der Niemand-Satz bezog sich auf die Politiker.
    2) Die "Arbeitsanbetung" verfolge ich eben nicht. Ich kritisiere in dem Artikel doch gerade, dass es nicht einmal die LINKE schafft, ein Konzept zu entwickeln dass den Sozialstaat als MEHR sieht als nur als Wiedereingliederungsmaschine!
    3) Ich rede ganz bestimmt nicht der Entstehung von Drecksjobs das Wort. Ich bin der Überzeugung, dass Arbeit vernünftig bezahlt gehört und bin für einen Mindestlohn von 10 Euro oder mehr, weil man darunter schlicht nicht vernünftig leben kann.

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  25. Stefan Sasse,

    ich wollte meinen Beitrag keineswegs als persönlichen Angriff verstanden wissen. Vom sachlichen Standpunkt sind allerdings manche Schlüsse Deines Artikels (hoffentlich !) grundfalsch und die sind es, die mich aufbringen.

    Irgendwie hälst Du eine Verteidigungsrede für die SPD und stellst sie in etwa so dar, daß sie es ja gut meine, aber das Gutgemeinte nicht so ganz rüberbringt. Ich meine, daß das eine gefährliche Verkennung dieser Partei und deren Klientel ist. Diese Partei ist heute eine Klientelpartei der kleinen Aufsteiger, der Facharbeiter, Meister, derjenigen, die keinen Zweifel daran haben, daß derjenige, der genügend fleißig ist und sich anstrengt, es auch schafft. Die meisten Arbeitslosen-Hasser wirst Du unter den SPD'lern finden.
    Wenn die Linke Hartz-4 "abschaffen" will, dann ist das natürlich insofern plakativ, als ein komplettes Abschaffen auch das Ende des Leistungsbezugs bedeuten würde. Einem verständigen Betrachter wird einleuchten, daß das so nicht gemeint sein kann. Der einzige wirklich entscheidende Unterschied von Hartz-4 zur früheren Sozialhilfe ist der wie es so schön süffisant heißt, Zwang zur "Gegenleistung" bei Transferbezug, also die uneingeschränkte Arbeitspflicht, der Arbeitszwang, die Zwangsarbeit. Das und nur das kann in der etwas holzschnittartigen Formulierung des Abschaffens gemeint sein. Damit steht die Linke aber unversöhlich der SPD gegenüber, deren Klientel nahezu durchweg FÜR den Arbeitszwang sind (auch wenn sie's offen nicht immer zugeben). Die Linke setzt sich wohl überwiegend aus den untersten 8-12 % der Gesellschaft der Habenden zusammen und da ist die Zwangsarbeit eher unbeliebt. Die SPD wird ja immer noch bestreiten, daß es diese überhaupt gibt.
    Wenn Du sagst, daß sich die SPD niemals von Agenda und Hartz verabschieden wird, dann fehlt jede gemeinsame Basis mit einem Zusammengehen mit der Linken, es sei denn diese würde sich "sozialdemokratisieren", was die sog. Leitmedien immer herbeischreiben wollen und was hoffentlich niemals passieren wird, denn es wäre das Ende der Linken.
    Man braucht sich doch nur einmal anzusehen, was die SPD da letzte Woche für einen Antrag im Bundestag eingebracht hat.
    http://www.bundestag.de/presse/hib/2010_06/2010_214/05.html
    Da wird schön getan und der Öffentlichkeit etwas vorgegaukelt, was sich als eine unglaubliche Schweinerei entpuppt, wenn man die Quellen intensiv näher studiert. Faktisch wird damit eine "Arbeitspflicht bis zum Grab", ein "Hartz-4 für Achzigjährige" eingeläutet, wenn's auch so nicht offen formuliert wird.. Wenn man die in diesem Antrag,
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/021/1702145.pdf
    der von nichtssagenden schönen Floskeln und Allgemeinplätzen nur so trieft und immer wieder das Wort "freiwillig" einflechtet, die eingebauten Querverweise zu den angemahnten Beschlüssen verfolgt liest man dort http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/089/1408900.pdf
    z.B (S.238):
    "Insofern kennzeichnet das spezifisch deutsche
    Verständnis des Sozialstaates sowohl die im Grundgesetz
    verfassungsrechtlich verankerte Verpflichtung des Staates
    zu sozialpolitischem Handeln als auch eine Kampfansage
    gegen eine Ausweitung sozialstaatlicher Aktivitäten in
    Richtung eines interventionistischen Wohlfahrtsstaates."

    Das sind die Dinge, die die SPD mit ihrem Antrag fordert und für die sie heute steht: Kampfansage gegen den Wohlfahrtsstaat ! Man muß zugeben, sie führt den Kampf mit Erfolg.
    Wer will, kann sich ja mal das alles durchlesen und durchdenken, womit die Partei der Arbeit die Alten an die Werkbänke zwingen will. Wo soll denn da noch die Basis für eine Zusammenarbeit mit sozialstaatlichem Denken und der Linken sein, ich hoffe, nirgendwo.
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/089/1408900.pdf
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/070/1607000.pdf
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/107/1610700.pdf
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/132/1613236.pdf
    http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/021/1602190.pdf

    gez. Braunes Hartz

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  26. Eigentlich nicht. Ich bin nicht der Überzeugung, dass die SPD es gut meint.

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