Mittwoch, 30. Juni 2010

Die Bundespräsidentenwahl - ein Lehrstück [UPDATE]

Von Stefan Sasse

Wulff ist Bundespräsident. Eigentlich ist dieses Ergebnis keine Überraschung; die Sensation ist vielmehr, dass es überhaupt drei Wahlgänge dafür brauchte. Ich muss offen und ehrlich zugeben, ich hatte damit gerechnet, dass Wulff bereits im ersten Wahlgang gewählt wird. Eigentlich sprach alles dafür. Dass so viele schwarz-gelbe Kantonisten der Regierung einen Denkzettel verpassen wollten ist ungewöhnlich und zeigt noch einmal die Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Koalitionsarbeit auf, die offensichtlich auch die Politiker beherrscht, obgleich die Abweichler wohl eher unter den Reihen der zusätzlichen Wahlleute als unter den Bundestagsabgeordneten unter den Wahlleuten der Bundesversammlung waren. Die Wahl stellt jedoch ein Lehrstück dar, ein Lehrstück darüber, was derzeit vor allem in den Medien vollkommen schief läuft. 


Allein die Möglichkeit einer Wahl Gaucks war furchtbar unwahrscheinlich. Die Mehrheit der CDU und FDP war in der Bundesversammlung so erdrückend, dass spätestens der dritte Wahlgang selbst bei Stimmabgabe der LINKEn für Gauck die Entscheidung für Wulff hätte bringen müssen. Man knurrt die Hand, die einen füttert, vielleicht an, aber man beißt nicht hinein. Die schwarz-gelben Renegaten haben zwar Merkel und Wulff gezeigt, dass sie unzufrieden sind, die Wahl des Niedersachsen war aber nicht ernsthaft gefährdet. Dafür hat bereits die grundsätzliche Anlage des Kandidaten gesorgt. 
Gauck war von Anfang an darauf ausgelegt, ein Medien-Scoop zu sein. Er sollte die Regierung schlecht aussehen lassen, ein Ziel, das grandios gelungen ist. Möglich wurde dies durch eine Medienkampagne, wie wir in den vergangenen Jahren viel zu viele erleben mussten, eine Kampagne, die sich quasi durch alle Blätter zog. Überall wurde eine Euphorie für Gauck entfacht, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatte und innerhalb weniger Tage zum Selbstläufer wurde, der sich in der rasanten Fahrt, in die er geraten war, kaum mehr stoppen ließ. In den Talkshows überboten sich die schwarz-gelben Politiker mit Bekundungen über die große Respaktabilität und Integrität der Person Gaucks, um ja nicht in Geruch zu kommen, den Mann irgendwie schlecht reden zu wollen. Genüsslich rieben Interviewer den Befragten die rhetorische Frage unter die Nase, warum schwarz-gelb diesen Mann nicht wählen würde; die Windungen der Befragten zu sehen war dabei natürlich durchaus unterhaltsam. 
Jedoch hat der Hype keine reale Grundlage. Gauck kann reden, sicherlich, und seine Vita ist definitiv mit mehr Ecken und Kanten versehen als die Wulffs. Aber nach dem Debakel mit Köhler war eigentlich klar geworden, was der nächste Bundespräsident sein musste: jemand, der verstand was der Posten bedeutete und der seinen Aufgaben gewachsen war. Und wenn man ehrlich ist, dann ist Wulff der geeignetere der Kandidaten. Er ist so langweilig und farblos, dass von ihm bestimmt keine Missverständnisse der Art ausgehen werden, dass jemand die undurchdachten Äußerungen des Staatsoberhaupts richtig versteht. Er wird einfach fünf Jahre lang fröhlich rote Teppiche abschreiten und gefällige Sonntagsreden halten. Gauck dagegen wäre aller Wahrscheinlichkeit nach eine loose cannon gewesen, die allen, besonders aber Rot-Grün, tüchtig auf die Nerven gefallen wäre. 
Überhaupt, Gauck. Die Stilisierung als deutscher "Opa Obama" fußt auf keinen realen Grundlagen. Seine Positionen sind keine, die in der deutschen Bevölkerung auch nur annähernd mehrheitsfähig werden. Sein zu Recht von der LINKEn in Frage gestellter merkwürdiger Freiheitsbegriff und sein Relativismus zwischen Nationalsozialismus und SED-Diktatur zusammen mit der offensiven Gutheißungen der deutschen Interventionspolitik im Ausland und zum forcierten Abbau von Sozialleisungen liegen konträr zum Meinungsbild der Deutschen. Dass dies in der Debatte überhaupt keine Rolle spielte, verdankt der Kandidat den Medien, die ihn einfach hochbauschten, weil sie ihm eine gewaltige Integrität und Respektabilität an den Leib schrieben, deren normativer Kraft sich weder Schwarz-Gelb noch die LINKE entziehen konnten. 
Die Medienkampagne aber diente dabei auch anderen Zwecken. Die aggressive Parteinahme der Springer-Presse, die neben dem Spiegel ("Der bessere Bundespräsident") mit zu den eifrigsten Befürwortern Gaucks gehörte ("Yes, we Gauck") ist als Warnschuss an Merkel zu verstehen, die sich bisher der uneingeschränkten Unterstützung von Friede Springers Medienimperium sicher sein konnte. Sie ist auch Ausdruck einer gewaltigen Unzufriedenheit mit den aktuellen politischen Geschehnissen und findet als solche breiten Wiederhall im Volk. Diese Kritik hat sich in Gauck eine zwar omnipräsente, aber eigentlich völlig unpassende Repräsentationsgfigur gewählt. 
Das Amt des Bundespräsidenten wurde dabei in diesem Monat in Sphären gehoben, in denen es nichts zu suchen hat. Der Bundespräsident ist der Grüßonkel der Bundesrepublik, eine Position ohne echten Einfluss, eine letzte Sicherung im Fall einer undemokratischen Politik des Bundestags, die man eigentlich nie brauchen will. Seine Wahl wurde schon immer politisch bestimmt, doch dies wurde von den Medien in ihrer Kampagne vergessen gemacht; es findet auch Ausdruck in den Kommentaren zu der Tatsache, dass es drei Wahlgänge brauchte. Das ist nicht ungewöhnlich, sowohl Heinemann als auch Herzog brauchten drei, ohne dass je jemand auf die Idee gekommen wäre, dies als Ausdruck einer Handlungsschwäche der Regierung zu nehmen. Die Voraussagen nach Neuwahlen und einem Ende der Regierung Merkel sind Unsinn. Ihre Position ist nicht einmal sonderlich angeschlagen, denn in nur wenigen Wochen wird das Ereignis praktisch vollständig vergessen sein, weil es für den politischen Betrieb effektiv nicht relevant ist. 
Rot-Grün hat mit der Aufstellung Gaucks das eigene Ziel übererfüllt. Man wollte Merkel disavouiren und den eigenen Führungsanspruch deutlich machen. Das ist gelungen, die Presse fiel voller Lust über Merkel und die Regierung her. Doch der Gauck-Hype geriet völlig außer Kontrolle. Durch die Aufladung der Bundespräsidentenwahl mit allen Parteiressentiments wird Rot-Grün keinen Gewinn aus der Affäre ziehen, sondern eher mit Schaden erleiden, war doch Gauck auch nie wirklich ihr Kandidat. Die völlig irrige Diskussion, dass es sich um eine undemokratische Wahl handle und nur Machtinteressen die Vorgänge bestimmten, verdeckte nicht nur die faktischen Notwendigkeiten - selbstverständlich geht es in der Politik um die Zurschaustellung und Sicherung von Macht - sondern wird auch auf die SPD und die Grünen zurückfallen. Denn die Kampagne der Medien baut tatsächlich auf einer gewaltigen Parteienverdrossenheit, die derzeit existiert. Der dramatische Fall der FDP von einem Wahlergebnis von fast 16% unter die 5%-Hürde in nur einem Dreivierteljahr, die anhaltende Krise in der SPD, der es unter Mühen gelungen ist, sich zu konsolidieren, die strukturelle Schwäche der CDU, die aus dem 30%-Turm nicht herauskommt und der es nicht gelingt, ihren Volksparteistatus effektiv zu reaktivieren  - all das ist Ausdruck dieser Verdrossenheit. Dabei gibt es einfach keine Alternativen. Wenn morgen Neuwahlen wären - es käme maximal eine Neuauflage der Großen Koalition dabei heraus. Es existieren einfach keine Alternativen, die die Parteien derzeit bieten könnten, und deswegen wird auch die Koalition nicht auseinanderbrechen.

Die Medienkampagne um Gauck reiht sich ein in die Kampagne, die bei der Einführung der Agenda-2010-Reformen geführt wurde, die Merkel als grandiose Politikerin hochgeschrieben hat und die von Oskar Lafontaine das Bild des Antichristen der Bundesrepublik zeichnete. Die Journalisten schrieben sich selbst in einen kollektiven Rausch, starteten eine Reise in einem Vehikel, von dessen rasanter Fahrt sie nicht mehr abspringen konnten und das sie mit immer weiteren Hype-Geschichten fütterten, ehe es nun einfach auslaufen wird. Die Bedeutung ist dabei völlig vernachlässigbar. Wulff wird sein Amt unauffällig ausüben und Geschichten aus dem Schloss Bellevue bald allenfalls auf Seite 7 zu finden sein. Für die Regierung dürfte das Erlebnis ein Schock sein, der zumindest ein wenig die Gräben übertüncht und zu irgendwelchen Formelkompromissen bringen wird. Und das ist gut so. Denn würde die Regierung jetzt auseinanderbrechen oder die Opposition irgendwie mit in die Verantwortung gezogen, würde der ganze Dreck, den die CDU und die FDP derzeit produzieren, dieses heillose Chaos einer völlig fehlgeleiteten Politik, sich auf viel mehr Köpfe verteilen. So schrecklich die Folgen für das Land auch sein werden - ein vorzeitiger Bruch der Koalition ist nichts, das wir uns wünschen sollten. Optimal wäre es, wenn es genau so weitergeht, die FDP 2013 tatsächlich unter der 5%-Hürde bleibt und, ganz optimistisch gedacht, Medien und Politik aus dem Verlauf dieser Kampagne lernen. In der aktuellen Situation ist nicht auf mehr zu hoffen.

UPDATE: Die Wahl ist auch noch in anderer Hinsicht blamabel für die Medien. Der selbst entfachte Hype erlaubte es den ideenlosen Politikern, den Sprachduktus der Debatte zu beherrschen. Allen Ernstes wurde unwidersprochen verkündet, dass die Kritik an Köhler ungebührlich war, dass es das Amt beschädigt hätte (!) und dass die Beliebtheit Köhlers, eines Bürgerpräsidenten (!) irgendetwas auszusagen hätte. Fakten waren in der Debatte überhaupt nicht mehr vorhanden, etwa dass JEDER Bundespräsident unglaublich beliebt im Volk ist (kein Wunder, hat er doch auch nichts zu entscheiden) oder dass der Vorwurf der Amtsbeschädigung infolge von geäußerter Kritik in etwa so klug ist wie der Vorwurf an die Schüler, dass ihr rentitentes Verhalten im Unterricht das Ansehen des Lehrerberufs zerstören würde. Wenn einer Autoritätsperson keine Autorität entgegengebracht wird, liegt der Fehler bei der Person, nicht in demjenigen, der den Respekt vermissen lässt, wo keiner angebracht ist. 

26 Kommentare:

  1. Und, was man nicht vergessen darf: die einzige, bisher zumindest rechnerisch möglich, nämlich die rot-rot-grüne Alternative, wurde durch die Aufstellung von Gauck und seine Äußerungen auch och nach der Nominierung quasi unmöglich, und ich denke, das war von einigen bei SPD und Grünen auch explizit so beabsichtigt: http://guardianoftheblind.de/blog/2010/06/30/eine-schlappe-fur-die-bundesregierung-aber-auch-fur-rot-rot-grune-optionen/

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  2. Ja, der Punkt geht bei mir etwas unter, ist aber absolut zutreffend. Nur hat die Rot-Rot-Grüne Option wegen der Mehrheitsverhältnisse nie bestanden; aus Sicht Rot-Grüns war also Gauck die bessere Alternative, da man so endlich mal selbst in die Offensive ging statt der nächsten Rote-Socken-Kampagne ausgesetzt zu sein, ein Kalkül, das sich wohl als ZU erfolgreich herausstellen wird.

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  3. Der große Verlierer des Abends ist und bleibt Angela Merkel. Nach der Sommerpause muss sie entscheiden, ob sie eine neue Politik wagt oder einfach stur weiter macht wie bisher. Dann würden die Rufe aus der Koalition nach Neuwahlen sicher noch lauter werden. Spätestens jetzt weiß die Kanzlerin auch, dass ihre eigene Partei mit ihrer jetzigen Linie nicht mehr einverstanden ist. Zeit umzudenken.

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  4. Ich glaube du siehst das falsch. Bisher bekommt die FDP das alles ab. Die CDU hat sich in den Umfragen kaum verändert. Dass die Presse gerade kübelweise Scheiße über sie ausgießt, wird sie wohl mit Kohl'scher Beharrlichkeit über sich ergehen lassen, denn es ist nicht wichtig. Die Leute sind sauer über die FDP und dass sie die nicht bei der Kandare hält. Es ist auch die FDP, die sich ändern muss, nicht Merkel. Ihre Taktik funktioniert zu unser aller Schaden weiter.

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  5. @ Markus:

    Ja, Rot-Grün hat mit der Nominierung von Gauck imo unnötig einen neuen Graben gegenüber der Linken aufgerissen und damit ein Rot-Rot-Grün in absehbarer Zeit faktisch unmöglich gemacht.

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  6. Wenn ich euch mal kurz beim gegenseitig auf die Schulter klopfen unterbrechen dürfte: Die Linken hätten natürlich einfach auch mal Anzeichen von Intelligenz zeigen können, und Gauck mitwählen können.

    Einfach deshalb, weil das Amt letztlich nicht irrelevant gewesen wäre, und gerade das eine schöne Gelegenheit gewesen wäre, den Rote-Socken-Diffamierern vermutlich endgültig den Wind aus den Segeln zu nehmen.

    Aber so ist es nicht. Die Linke stellt sich vielmehr exakt so an, wie die überwältigende Mehrheit selbsternannter Linker in diesem Forum: Patzig und permanent dauerbeleidigt, aber mit einem politischen Gestaltungswillen von absolut NULL. Liebe Leute, solange ihr euch weiterhin so benehmt, habt ihr das vollkommen zu Recht verdient, dass ihr in diesem Land absolut *GAR NICHTS* zu sagen habt.

    Die patzige, destruktive Wut, mit der ihr ALLES niederschreit, was irgendwie versucht, die aktuellen Mißstände konstruktiv zu verbessern, ist bei euch symptomatisch. Und unter einer Weltrevolution geht's ja schon mal gar nicht. Wer so an die Sache rangeht, der zeigt in Wirklichkeit doch nur, dass er mit dem Status quo absolut zufrieden ist. Dann mal weiterhin viel Spaß beim teetrinken in Köln-Lindenthal, Hamburg-Ottmarschen und Berlin-Prenzelberg, wo man vortrefflich darüber diskutieren kann, dass man die eigenen Kinder natürlich auch im Problemstadteil auf die Schule schicken würde, wenn man nicht zufälligerweise woanders wohnen würde. Macht nur weiter so.

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  7. Beim "nicht irrelevant" ist eine doppelte Verneinung drin, die so nicht rein sollte.

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  8. "was irgendwie versucht, die aktuellen Mißstände konstruktiv zu verbessern"

    Solche Vorstöße gab's ? Kannst du Beispiele dafür nennen ?

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  9. Mir hat die Linkspartei das erste Mal gefallen. Dass dies jemals geschehen könnte, daran habe ich schon gar nicht mehr geglaubt - bei ihrem Pluralismus, wo jeder alles darf und ganz besonders angesichts von Äußerungen der Parteirechten wie Ramelow und Bartsch. Naja, und von Weltrevolution ist sie so weit entfernt wie ein Wassertropfen von Omas Topfkuchen.

    Warum soll sie auch den Wulff oder den Gauck wählen, wenn er ihr nicht passt? Und alle Schelte auf die Linkspartei zeugt doch eigentlich von wenig Demokratieverständnis. Wer glaubt denn ernsthaft, dass dann, hätte sie den Gauck oder den Wulff mitgewählt, das Gesummse und Gesäusel von wegen Nachfolgepartei plötzlich ad acta gelegt werden würde?

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  10. Da aber eine Wahl von Gauck durch die WahlmännerInnen der Linken eh nichts am Gesamtergebnis geändert hätte, und wenn zudem die SPD Gauck mit der vollen Absicht aufgestellt hat, die Gräben zur Linken nicht zu verkleinern, wieso hätten die dann Gauck wählen sollen? Und wieso schimpft der Onkel Gabriel nachher noch über die Linken? Und die Tante Roth?

    Das zeigt doch einmal mehr die Verlogenheit der Rot-Grünen. Wenn es denn überhaupt eine Möglichkeit gegeben hätte, einen veritablen gemeinsamen Kandidaten der Opposition zu finden, hätte sie ihn gemeinsam suchen können.

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  11. Die LINKE hätte Gauck wählen können, ja. Aber nicht so, wie das gelaufen ist. Außerdem hätte es auch mit der LINKEn nicht gereicht...ein gemeinsamer Kandidat war nicht möglich, weil der sicher keine bürgerlichen Abweichler angezogen hätte - so oder so konnte Wulff eigentlich nur gewählt werden, deswegen ist der Aufstand um die Wahl echt albern.

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  12. @Anonym (Man könnte übrigens auch per Nickname kommentieren):

    >> "was irgendwie versucht, die aktuellen
    >> Mißstände konstruktiv zu verbessern"

    > Solche Vorstöße gab's ? Kannst du Beispiele
    > dafür nennen ?

    Nein, solche Vorstöße gab's natürlich nicht. Weil für einen echten Superlinken das ja alles Scheiße ist, und von möglichen Auslegungen GARANTIERT die schlechte gültig ist. Also nenne ich dir mal ein paar dieser Vorstöße, die es nicht gab:

    - Der Vorstoß, dass Kinder von ALG II-Empfängern nun 1200 EUR im Jahr hinzuverdienen können. Konnten sie vorher auch, aber nur in Schritten von 100 EUR im Monat. In den Sommerferien 600 Euro durch Jobben verdient? Pech, das meiste der Kohle musste abgegeben werden.
    Aber von den Superlinken (in dem Fall bei TP) wurde dies natürlich als Augenwischerei gebrandmarkt, weil diese Interpretation ja unmöglich sein könne, und überhaupt im Zweifelsfall das entweder eine Falle oder pure Inkompetenz des formulierenden Politikers war.

    - Die geäußerte Idee, hier vom Freidenker himself, eine Wohnkostenpauschale als Option für Hartz-IV-Empfänger einzuführen. Natürlich voll scheiße. Dass es ein Riesenunterschied ist, ob man das als Zusatzoption einführt, oder die alte Regelung ersetzt, das sieht keiner. Klar, man will es auch nicht sehen. Dass ich unter Umständen mit Hilfe der Pauschale gegenüber dem Vermieter schärfer verhandele, und im Erfolgsfall eben ein paar Euro mehr zum Leben habe, im Misserfolgsfall halt die normale Regelung in Anspruch nehme, das sieht keiner, will keiner sehen. Ist alles Scheiße!

    - Frau Kraft mit der Idee, endlich mal zu akzeptieren, dass es Leute gibt, die nie wieder in den regulären Arbeitsmarkt kommen, die man dann stattdessen in feste öffentliche Stellen nimmt, die zwar nicht gut bezahlt sind, aber doch besser als Hartz IV. Die Schweden machen genau das, der soziale Frieden ist deutlich stärker, aber nöööö, ist ja alles scheiße! Ich kenne Leute, die ähnliche Möglichkeiten im Rahmen von Pilotprojekten hatten, und es war das beste, was ihnen in all den frustrierenden Jahren angeboten wurde. Aber nicht für einen Superlinken, für den ist das Scheiße und Unterdrückung, und bläh!

    Ihr seid die Vuvuzelas der politischen Landschaft Deutschlands, nur deutlich weniger fröhlich.

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  13. > Da aber eine Wahl von Gauck durch die
    > WahlmännerInnen der Linken eh nichts am
    > Gesamtergebnis geändert hätte,

    Nööö, gar nicht, so redet man es sich als Superlinker mal wieder schön. Im ersten Wahlgang gab es diese Mehrheit, und schon hätte die Koalition richtig alt ausgesehen. Eventuell alt genug, um 3 noch anstehende Jahre Extrem-Neoliberalismus drastisch zu verkürzen.

    >
    > und wenn zudem die SPD Gauck mit der vollen
    > Absicht aufgestellt hat, die Gräben zur
    > Linken nicht zu verkleinern, wieso hätten die
    > dann Gauck wählen sollen?

    Ja bloß nicht, die dauerbeleidigte Leberwurst ist ja auch die deutlich besser einstudierte Rolle. Dass man da den Schwarz-Gelben eventuell die Koalition mit zerbricht, mit eventuellen Folgen einer ganz anderen Koalition ("Seht, sie wählen sogar Ex-Bürgerrechtler"), das ist irrelevant.

    Man hätte übrigens stattdessen auch einfach im dritten Wahlgang zur Hälfte Wulff wählen können, dann wäre es extrem beschämend gewesen, mit den Stimmen der bösen Linken an die Macht gekommen zu sein, und vom Ergebnis wäre es ansonsten das gleiche gewesen.

    Aber nein, ein Superlinker hat das nicht nötig. So existenziell können die angeblichen Nöte der Leute ja gar nicht sein, wenn man die Gelegenheiten nicht nutzen will, die sich da bieten. Aber klar, der Wähler ist natürlich der wirklich Gemeine und dumme Reaktionär, weil er ja nicht erkennt, wie toll die Linken doch sind.

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  14. @Ben:

    Geht es noch plumper? Ich bin weiß Gott kein Anhänger der Linken, aber einen Kandidaten zu wählen, der kraft seines Amtes nichts unversucht gelassen hat, den ehemaligen Angehörigen der SED nachzustellen, die aber dummerweise nur in der SPD und den Linken zu finden waren (Stolpe, Gysi), das geht dann doch zu weit.
    Wozu auch? Wenn die SPD ein ernsthaftes Angebot zu machen gewillt gewesen wäre, hätte man doch auch vorher mit der Linken sprechen können. Aber jetzt die Linken als die Bockigen, und die SPD nebst Grünen als die Guten hinzustellen, das greift zu kurz. Wer hat sich denn hier wem verweigert?

    Wenn dieses Amt schon zum politischen Klüngelzirkus verkommt, dann ist es das gute Recht der Linken, auch einen Kandidaten aufzustellen. Das hat sie getan. Aber dann bedenkenlos umzuschwenken, um einen Günstling der SPD mitzutragen, ohne dass ihr das in der Wertschätzung der SPD was gebracht hätte, das kann man von ihr nicht erwarten.

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  15. Die LINKE besteht nicht nur aus den an der Wahl des Bundespräsidenten beteiligten Personen sondern aus zehntausenden Mitgliedern und Sympathisanten.
    Diese Mitglieder und Sympathisanten hätten mit Sicherheit wenig Verständnis aufgebracht, wenn die an der Wahl beteiligten LINKEn, nur um Rot/Grün zu Diensten zu sein, dem Antikommunisten und LINKEn-Feind Gauck gewählt hätten. (Die anderen Ablehnungsgründe wurden ja bereits genannt.)

    Das hätte der LINKEn weit mehr geschadet als die Verhinderung eines BP Gauck durch Stimmenthaltung.

    Deshalb liefert das Führungspersonal von Rot/Grün jetzt auch mit seinem Gekeife ein schönes Lehrstück in Sachen Demokratieverständnis.

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  16. @Ben: Ich fürchte, du bist auf dem Holzweg. Die Überschätzung der Bundespräsidentenwahl wird sich kaum auf eine "Technikerin der Macht" wie Merkel erstrecken. Effektiv ist das völlig bedeutungslos; die Frau hätte auch unter Gauck weitermachen können. Warum? Weil der eh auf ihrer Linie liegt und die FDP die Koalition nicht brechen wird. Was also soll der Unsinn? Warum sollte die LINKE sich selbst verleugnen und jemanden wählen, der selbst im Fall eines unwahrscheinlichen Wahlsiegs doch nur auf seine Wähler spucken wird? Macht keinen Sinn.

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  17. Zitat Martin W.: einen Kandidaten [...], der kraft seines Amtes nichts unversucht gelassen hat, den ehemaligen Angehörigen der SED nachzustellen...

    Und genau an dieser Stelle zieht die LINKE ihre Maske vom Gesicht. Mag sein, dass Gauck auch im Übrigen den Positionen der LINKEn entgegensteht, aber der eigentliche Grund für seine Nichtwahl durch die LINKE scheint dann doch seine Vergangenheit als Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (nicht SED-Angehöriger, lieber Martin W., diese Gleichsetzung würde ich ja nicht einmal machen) gewesen zu sein. Und damit hat die LINKE gezeigt, dass sie noch viel zu sehr von den alten Seilschaften durchsetzt ist als dass man sie tatsächlich ernst nehmen könnte. Schade drum, wenn ich mir Leute wie Bartsch oder Brie anschaue...

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  18. Komisch nur, daß diese Behörde immer IM in der Linkspartei findet aber nie bei den Auffangbecken CDU, FDP, SPD und Grüne.

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  19. @ Anonym:

    Ist Stolpe (IM Sekretär) jetzt zur LINKEn "konvertiert"?

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  20. @ Ben

    Die Stasi-Argumente brauchen wir gar nicht. Nehmen wir doch die "offiziellen" Gründe, genannt von Lafontaine und Gysi:
    1. Gauck ist für den Afghanistan-Krieg. Also können wir ihn nicht wählen.
    2. Gauck hat sich nicht gegen Hartz4 ausgesprochen. Also können wir ihn nicht wählen.

    Beides gilt natürlich für Wulff in weitaus höherem Maße. Den haben sie zwar nicht gewählt, aber durch ihr Verhalten ins Amt gebracht. Ich nenne das Gesinnungsstolz, der sich um die realen Folgen nicht schert.

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  21. Was mich interessieren würde: Wer hat denn diese auffällige Medienkampagne für den heißgeliebten Kandidaten der Herzen aller Bürger Gauck ausgelöst und wie hat man sich das überhaupt in der Praxis vorzustellen?

    Welches Gremium hat die Kampagne beschlossen, wie hat man die Journalisten dafür eingebunden? Das war ja alles so peinlich und offensichtlich wie zuletzt die Kampagne für die Schweinegrippe und die große Dichterin Hegemann oder die Dauerhetze gegen Lafontaine.

    Kriegen die Journalisten, die bei sowas mitmachen, eine extra Prämie und warum wehrt sich niemand gegen solche Machenschaften, mit denen doch die Presse - was mich freut - wieder einmal völlig unglaubwürdig wird - jedenfalls bei denen, die auf solche Kampagnen schon lange nicht mehr reinfallen.

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  22. Hallo, Stefan

    Nur eben schnell Off Topic, Du kannst den Kommentar dann meinetwegen löschen.

    Wäre es vielleicht möglich, dass Du in Deine Texte mehr Absätze machst? So wie jetzt ist es unheimlich anstrengend zu lesen. Oder aber so ein "virtuelles Lineal", wie es z.B. der Muslim-Markt hat.

    Danke und viele Grüße
    Heidi (nicht die, von der Alm...)

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  23. Klar. Übrigens kannst du auch eine Mail schreiben, die Adresse steht im Impressum ;) An die Absätze versuch ich zu denken. :)

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  24. @Krusty20:

    Du hast Recht, da ist mir die Tastatur durchgegangen... ;-)

    Ich meinte natürlich die Stasi.

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  25. Wenn ich mir diesen Blog mit seinen Kommentaren so durchlese, dann steigt meine alte Depression wieder nach oben. Ich dachte immer, es hieße Freidenker und nicht "Parteidenker". Diese Vereins-, bzw. Parteimeierei findet offensichtlich in genau den selben Schemata statt, wie die aktuelle Katastrophenpolitik es uns vorlebt. Da versucht eine Regierung durch Gesetztgebungsverfahren und das hinausposaunen von nicht umsetzbaren Regelwerken einen Staat zu lenken, anstatt mal wirklich exekutiv tätig zu sein (im wahrsten Sinne des Wortes). Das Hauptinteresse wird auf Nebenkriegsschauplätze verlagert (Präsidentenwahl). Und alle machen mit und reden sich die Köpfe ein, wer was besser hätte, wenn getan...... - gar fürchterlich. Das ganze war eine tolle Schau - ein Medien- und Politplacebo für die Massen. Und nebenbei geraten Finanzpolitik, Binnennachfrage und wichtige Steuerfragen komplett aus dem öffentlichen Fokus. Wann werden wir endlich mal wieder der Regierung auf die Finger gucken, auf dass sie wirklich staatsmännisch handelt, Entscheidungen trifft, Verantwortung übernimmt und auch lernt, dass man mit den Konsequenzen einfach mal leben muß - auch wenn man falsch liegt? Wann werden wir erleben, dass höchstrichterliche Urteile auch umgesetzt werden und nicht nur leer im Raum stehen - während weitergepfuscht wird, wie bisher? Wann werden wir Erleben, das ein Parlament einmal dem Gewissen und in themenorientiert entscheidet und nicht parteipolitisch?

    Wäre es nicht angebrachter den offensichtlichen Missbrauch unserer demokratischen Institutionen offen zu legen, als uns in einer Ziellosen Diskussion um politische Lager zu ergehen?

    Die Präsidentenwahl ist mir so herzlich egal. Alles ist hübsch, wir sind in der Spielpause mal Präsident - Tröööööööt.....

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  26. Der Fehler den du machst ist glaube ich, davon auszugehen, dass ein irrelevantes Thema auch irrelevant ist. Denk mal an Guilleaume - das thema war eigentlich überhaupt nicht so mächtig, aber trotzdem trat Brandt zurück. Sollte sich die Koalition in der nächsten Zeit doch auflösen, so war es definitiv diese Wahl, die einen entscheidenden Schritt dazu beigetragen hat. Das Bewusstsein bestimmt das Sein :)

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