Samstag, 19. Juni 2010

›Wir sind nicht eure Geldautomaten‹

Ein Gastbeitrag von Wolf Wetzel
Wir haben analysiert, gemahnt, vorhergesagt. Wir haben gewarnt, wir haben lange gewartet. Wir haben gehofft, gefordert, wir haben demonstriert. Es wird Zeit, dafür zu sorgen, dass das nicht eintritt, was wir alle nicht anders erwartet haben. Es wird höchste Zeit, nicht länger auf bessere Zeiten zu warten, in eine andere Richtung zu zeigen, sondern sie selbst zu ändern.
Rot-Grüne Reformsalven und schnee-weißes Pulver 
Was die Kohlregierung in vielen kleinen Schritten vorantrieb, die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben, trieb die rot-grüne Regierung ab 2002 mit Kanonenschlägen auf die Spitze. Agenda 2010 nannten sie ihr Reformwerk, was nichts anderes hieß, als die Sozialsysteme zu sprengen, das Lohn- und Rentenniveau drastisch zu senken, prekäre Arbeit zum Kern dieses Systems zu machen und Flexibilisierung zur erschöpfenden Norm eines Arbeitsalltags:
  • Bereits 1998 belief sich die Summe, die im Sozialbereich ›eingespart‹ wurde, auf rund 100 Milliarden Mark: »Regierungsamtlich steht fest, daß kein anderes Land in Europa die sozialen Streichungen in den 90er Jahren so weit getrieben hat wie Deutschland.« (FR vom 30.7.1998)
  • »In Deutschland sind die Reallöhne in den vergangenen zehn Jahren (zwischen 1995- 2004) um 0,9 Prozent zurückgegangen. Damit liegt die Bundesrepublik an letzter Stelle der 15 alten EU-Länder.« (FR vom 16.6.2005)
  • »Billiglohnland BRD: Die Nettolöhne und -gehälter sind 2006 auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gesunken.« (Junge Welt vom 27.9.2007)
  • »Der Niedriglohn-Sektor in Deutschland wuchs so rasch wie in kaum einem anderen Land. 2008 waren fast 23 Prozent der Beschäftigten Geringverdiener, die weniger als 8,90 Euro pro Stunde erhielten (…).« (FR vom 8.2.2010)
  • »Zwischen 1991 und 2004 schrumpfte die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um fast sechs Millionen oder rund 20 Prozent auf 23,75 Millionen. Dagegen verdoppelte sich die Zahl der Arbeitnehmer in Teilzeit einschließlich der nur geringfügig Beschäftigten auf 11 Millionen.« (FAZ vom 19.07.2005)
  • Die gesetzlich garantierten Rentenleistungen (bezogen auf das Jahr 2030) sind seit 1993 um ca. 40 Prozent gekürzt worden – durch Verlängerung der Lebensarbeitszeit, neue Berechnungsmodis etc.. (vgl. FR vom 11.8.2003)
Was für die Mehrheit der Menschen in Deutschland einen ruinösen Wettlauf nach unten bedeutete, sollte für Konzerne und Finanzunternehmen eine bis dato nie da gewesene Jagd auf Renditen, Märkte und billiges ›Humankapital‹ (Unternehmerdeutsch für verwertbare Menschen) einläuten. Dank niedriger Löhne, massiver Steigerungen der Produktivität und einschneidender Senkungen der so genannten ›Lohnnebenkosten‹ (Krankenkassenbeiträge) avancierte die deutsche Industrie zum ›Exportweltmeister‹ und die deutsche Bundesregierung zum Liga-Chef innerhalb der EU.

Parallel dazu öffnete man die Schleusen für das Finanzkapital (durch die so genannten Finanzmarktreformen), deregulierte bis zum Geht-nicht-mehr, bis alle Akteure vor lauter ›Outperformance‹ nicht mehr gerade aus schauen konnten.

Als 2007 die ersten Stimmen mahnend vor einem drohenden Finanzcrash warnten, lachte man sich tot und feierte weiter, mit traumhaften Renditen, Bonizahlungen und After-Work-Partys. Selbst für Gewerkschaftsfunktionäre war genug übrig: Man bespaßte sie, flog Prostituierte ein und machte mit Sonderzahlungen aus ›schwarzen Kassen‹ aus Interessenvertretern der Lohnabhängigen Partygäste auf einem Luxusliner.

Niemand wollte sich die Kurs- und Profitrallye madig machen lassen, niemand wollte zuerst aussteigen, auch wenn die Wand, auf die man zufuhr, deutlich zu sehen war. Wer zuerst bremst, hat verloren, war die Devise. Und die zweite lautete: Wenn es jemand erwischt, dann nicht uns. ›To big to fail‹ nennt sich dieser Safetybag der Global Players, für den sie nicht einen Cent bezahlen würden.
Kassensturz
Dann brachen die ersten Banken wie Kartenhäuser zusammen und die Business-Class zeigte so lange aufeinander, bis es niemand mehr war, der dafür Verantwortung trug. Das Wort vom ›anonymen Systemfehler‹ wurde der Schlüssel zur Generalamnestie. Die Schreihälse der Selbstheilungskräfte des Marktes, dessen ›unsichtbare Hand‹ alles regelt, verstummten und die staatlichen Adjutanten verwandelten sich über Nacht in Krankenschwestern milliardenschwerer Unternehmen. Die erste Notoperation war fällig: Der Staat übernahm mit mehr als 500 Milliarden Euro die Rettung des privaten Bankensektors.

Mit der Verstaatlichung der Krise war die nächste vorprogrammiert. Viele Staaten verschuldeten sich in einem Maße wie sonst nur in Kriegszeiten. Darauf folgte die ›Griechenland-Krise‹, die Krise für das vermeintlich einzig schwache Glied in der Euro-Kette. Wieder wurden allein von der deutschen Bundesregierung über 25 Milliarden Euro bereitgestellt, um einen drohenden Staatsbankrott, ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone abzuwenden. Ein Rettungspaket, mit der Lüge geschnürt, Griechenland sei einzigartig, und dem rassistischen Ressentiment gewürzt, die ›Griechen‹ hätten über ihre Verhältnisse gelebt.

Kaum war die Griechenland-Hilfe beschlossen, wurde klar, dass sich hinter dem Baum der Wald versteckte. Die dritte Phase der kapitalistischen Krise war eingeläutet: die Europäisierung von Milliarden-Verlusten von Banken und Privatunternehmen. In einer Nacht- und Nebelaktion, in der sich auch noch das Parlament selbst entmachtete, wurde der nächste Rettungsring ins offene Meer geworfen. Über 750 Milliarden sollen die tödliche Konkurrenz der EU-Staaten am Leben erhalten.

Nun werden die Billionen an Euros, die im Euroraum zum Überleben von Banken und Konzernen eingesetzt wurden, aus denen herausgepresst, die in der Logik dieses Wirtschaftssystems kein ›systemisches Risiko‹ also keine Gefahr darstellen: Arbeitslose, Lohnabhängige, Geringverdienende, das ›letzte Drittel‹. Es folgt nun die Sozialisierung der Krise. In fast allen Euro-Ländern werden Schock- und Verarmungsprogramme beschlossen.

In Griechenland kam es zu mehreren befristeten Generalstreiks. In Italien, Spanien und Portugal werden die Möglichkeiten dazu ausgelotet. In Deutschland spricht der DGB-Chef Sommer davon, die Betriebe zu mobilisieren.
›Wir bezahlen nicht für eure Krise‹
Als der Vorschlag kam, im März 2009 zu Großdemonstrationen unter dem Motto ›Wir bezahlen nicht für eure Krise‹ aufzurufen, lehnte die Gewerkschaftsspitze eine Unterstützung mit der Begründung ab, das sei alles viel zu früh. Die Gewerkschaftsbasis und viele linke Gruppierungen riefen dennoch dazu auf: Was für die Gewerkschaftsspitze viel zu früh war, war für über 40.000 Menschen gerade richtig: Auf der Demonstration in Frankfurt beteiligten sich ca. 20.000 Menschen, in Berlin wollen die VeranstalterInnen noch mehr gezählt haben. Inhaltlich reichte das Spektrum von einer sympathischen Verweigerungshaltung bis zur grundsätzlichen Systemkritik. Praktisch und realpolitisch herrschte danach in allen politischen Spektren bleierne Stille. Man überließ den Herrschenden das Tempo, die Richtung, die Schlagzeilen und wartete in banger Ohnmacht auf das, was kommen musste.

Ein Jahr später, am 12.6.2010 fanden unter dem selben Motto zwei Großdemonstrationen in Stuttgart und Berlin statt. Bei vorsichtiger Schätzung waren zusammen ca. 40.000 Menschen auf der Strasse, etwa genauso viele wie im Jahr zuvor. Bei nüchterner Analyse kein Erfolg, sondern Ausdruck politischen Stillstandes, was die Zahl der TeilnehmerInnen, vor allem aber, was die Ziele solcher Demonstrationen anbelangt. Vor einem Jahr ahnte man, wer für die Kapitalverbrechen in Billionen Höhe zahlen wird. Das Verarmungsprogramm für das ›letzte Drittel‹ lag in der Luft, jedoch noch nicht auf dem Tisch. Während die politische Klasse ihnen Fahrplan einhielt und ihrem Credo folgte: ›Wir lassen immer andere für unsere Krise bluten‹, drehten sich die Demonstrationen im Kreis gemachter Erfahrungen. Denn das Motto ›Wir bezahlen nicht für eure Krise‹ wird nicht durch seine Wiederholung eingelöst, sondern durch politische und praktische Konsequenzen, die daraus gezogen werden. Alle wissen und spüren es: Man kann noch Hundert Mal auf die Strasse gehen, Warnungen und Drohungen ausstoßen, ohne am Lauf der Dinge etwas zu ändern, solange man dieses Verarmungsprogrammen kritisiert und im wirklichen Leben ausbadet.
›Die Geschichte wiederholt sich nicht und wenn als Farce‹
Das gilt nicht nur für die politische Klasse, sondern auch für jede Art der Opposition. Bei aller Sympathie für Menschen, die zum ersten Mal auf einer Demonstration waren, hat diese Wiederholung etwas Komödiantisches: Das Verarmungsprogramm steht und absolviert ungestört seinen parlamentarischen Weg, während man trotzig und wirklichkeitsfremd durch die Strassen ruft: Wir bezahlen nicht für eure Krise. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob man der Symbolik einen zivilgesellschaftlichen oder revolutionären Charakter gibt. Beide gehen wirkungslos denselben Weg, von A nach B, ohne eine Praxis, eine Handlungsmöglichkeit aufzuzeigen, die nicht nur etwas (ganz) Anderes fordert, sondern selbst etwas (ganz) Anderes tut.

Auf diesen wie auf den Demonstrationen ein Jahr zuvor wurden viele Forderungen aufgestellt und adressiert. Damals standen sie richtungweisend im Raum und zur Auswahl. Heute stehen sie genau so zahlreich, genau wahllos nebeneinander. Mit welchen Forderungen will man die Businessräume der Adressaten betreten – nicht symbolisch, sondern geschäftsschädigend, störend?

Welche Ziele kann man mit wem und mit welchen Mitteln durchsetzen? Wie muss ein Konzept aussehen, dass die Angst vieler berücksichtigt, ohne vor ihr zu kapitulieren?

Zwischen den ersten Demonstrationen und heute liegt zeitlich über ein ganzes Jahr. Praktisch, politisch, strategisch ist man auf der Nulllinie stehen geblieben.

Man muss kein ›Berufsdemonstrant‹ sein, um zu wissen, dass Forderungen nicht eingelöst werden, in dem man sie wiederholt, sondern indem man die politisch Verantwortlichen dazu zwingt, ihnen nachzugeben.
›Es geht auch anders‹ stand auf vielen Transparenten der Demonstration in Stuttgart. Wer würde das bestreiten? Nicht diese Feststellung ist falsch, sondern die fortgesetzte Untätigkeit, dafür zu sorgen, dass das ›Andere‹ auch passiert, aus dem Himmel der Andeutungen herabsteigt, um es in einer gemeinsamen Praxis sicht- und erlebbar zu machen.

Weder die Demonstration in Berlin noch in Stuttgart hatten das Ziel, über die Demonstration von zaghaften bis wilden Absichten hinauszugehen. Sie waren im Wesentlichen mit sich selbst beschäftigt. In Stuttgart konnte der Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, Claus Schmiedel, die Bühne ›entern‹, obwohl die SPD aus gutem Grund nicht Teil des Bündnisses war. Es folgten wütende Proteste, nicht nur aus dem ›revolutionären Block‹, sondern gerade auch aus dem breiten Spektrum der ›Stuttgart-21‹-GegnerInnen, die seit Monaten gegen ein haarsträubendes, korruptes Prestigeprojekt protestieren, das weiteres öffentliches Eigentum privaten Investoren zum Schnäppchenpreis überlassen will.

Mit Rufen wie ›Wer hat uns verraten – Sozialdemokraten. Wer war mit dabei – die grüne Partei‹ oder ›Hartz IV – das wart ihr‹ und Rufen gegen ›Stuttgart21‹ wurde seine Rede gestört. Und als auch noch Tomaten und Eier flogen, wurden BFE-Einheiten auf die Bühne geholt, als hätten sich die Macher der Satire-Sendung ›Neues aus der Anstalt‹ all das ausgedacht.

Nicht die Eier und Tomaten, die diese Politik trafen, sind der Skandal, sondern die Tatsache, dass ein SPD-Politiker reden konnte, der die Politik der Agenda 2010 konsequent bis in die letzte Haarspitze dieser Gesellschaft treibt. Ein Politiker, der nicht die Privatisierung des Staates und die wachsende gesellschaftliche Verarmung kritisiert, sondern dass all dies – auf Bundesebene – nicht von der SPD fortgesetzt wird.

Vielleicht hat einigen dieses Spektakel gefallen, vielleicht haben sich viele über diese Abrechnung gefreut. Auch wenn das der Stimmung und Schadenfreude möglicherweise gut getan hat, bleibt etwas ganz entscheidendes auf der Strecke: Diese Demonstration ist in ihrer Grundausrichtung hinter die des letzten Jahres zurückgefallen: Ein Bündniskonsens nämlich, der ganz praktisch und lebensnah davon ausgeht, dass sich SPD – Grüne und CDU-FDP als ehemalige und aktuelle Regierungsparteien nicht unterscheiden, sondern lediglich in ihrem zeitweiligen Oppositionsgehabe. Das schließt nicht die Mitglieder oder WählerInnen dieser Parteien aus, jedoch deren politische Repräsentanten – auf der Bühne.

In Berlin hielt dieser Bündniskonsens. Dafür dominierte wieder einmal ein schikanöses Polizeikonzept. Eine rot-rote Polizeistrategie, mit der viele gerechnet hatten, und genauso viele nicht darauf vorbereitet waren. Kleinere, meist unkoordinierte Versuche, sich genau das nicht (länger) gefallen zu lassen, mündeten in Auseinandersetzungen, die die Polizei vorbestimmen, im Verlauf diktieren und am Ende als Rechtfertigung ihres Vorgehen zweitverwerten konnte.
Es wird Zeit, dass sich der Wind dreht!
All diese Erfahrungen sind in folgenden Aktionsaufruf eingeflossen. Er ist ein Aufruf an alle, an GewerkschaftlerInnen, an Lohnabhängige, Arbeitslose, RentnerInnen, außerparlamentarische Gruppen und Organisationen, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Der Aufruf leugnet nicht die verschiedenen politischen Positionen und Differenzen. Er will sie nicht gegeneinander in Stellung bringen, sondern fruchtbar machen. Der Aktionsaufruf versucht, die Gemeinsamkeiten verbindlich und bindend zu machen. Die politischen Unterschiede werden in diesem gesellschaftlichen Prozess sicht- und streitbar bleiben, als Aufruf zur gemeinsamen, öffentlichen Debatte. 

»Aufstand. Jetzt.« Frankfurter Rundschau (2010) 

Bundesweiter Aufruf: ›Die Verursacher und Profiteure der Krise blockieren‹ 

»Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.« Multimilliardär Warren E. Buffet, 2005.

Klassenkrieg – das wollten die meisten nicht hören und nicht verstehen. Aber sie bekamen es zu spüren. Wie in anderen Ländern Europas wurden Löhne und Renten gekürzt, Leih- und Zeitarbeit systematisiert, der Niedriglohnsektor, das Prinzip ›Armut durch Arbeit‹ ausgeweitet, Arbeitszeiten verlängert, das Leben zusammengestaucht.

Die Gewinne explodierten, die Renditen in der Wirtschaft stiegen auf 15 – 20 Prozent. In der Finanzbranche wusste man selbst dies zu steigern. Profite von 50 bis 150 Prozent innerhalb von Minuten waren keine Seltenheit. Es herrschte Partystimmung im Business- und Wellness-Bereich.

Dann brachen die ersten Banken wie Kartenhäuser zusammen, ein weltweiter Kreislaufkollaps des Kapitalismus drohte. Die Schreihälse der ›Selbstheilungskräfte des Marktes‹ verstummten und der Staat übernahm mit mehr als 500 Milliarden Euro die Rettung des privaten Bankensektors.

Nun werden die Billionen an Euros, die im Euroraum zum Überleben von Banken und Konzernen eingesetzt wurden, aus den Lohnabhängigen und Arbeitslosen herausgepresst. In fast allen Euro-Ländern werden Schock- und Verarmungsprogramme beschlossen. Denn zumindest die Herrschenden sind sich einig: Wir zahlen nicht für unsere Krise, solange diejenigen stillhalten, die für uns immer bluten müssen.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung will den Staatshaushalt in den nächsten drei Jahren um ca. 80 Milliarden Euro kürzen. 37 Prozent der geplanten ›Einsparungen‹ betreffen den Sozialbereich. Niemand braucht darüber diskutieren, ob das sozial ausgewogen ist. Es gibt nichts mehr zu analysieren, es gibt nichts mehr zu erklären. Hören wir also endlich auf, uns mit Klagen über soziale Kälte und sozialem Kahlschlag heißer zu reden und folgenlose Drohungen auszustoßen. Es ist Zeit, Taten folgen zu lassen!

Für den 12. Juni wurde unter dem bekannten Motto ›Wir zahlen nicht für eure Krise‹ abermals zu Großdemonstrationen in Berlin und Stuttgart aufgerufen. Die tatsächliche Mobilisierungskraft, die Zerwürfnisse innerhalb der Bündnisse und deren Verlauf waren eher von politischer Stagnation, als von Ermutung und greifbaren Perspektiven geprägt.

Alle wissen, dass die Parole ›Wir zahlen nicht für eure Krise‹ längst von der Realität überholt ist. Wenn wir mit diesem kleinsten gemeinsamen Nenner ernst machen wollen, dann müssen wir mehr tun, als mit vielen Menschen auf die Strasse zu gehen. Wir müssen die Richtung ändern, wir müssen die Symbolik hinter uns lassen, wir müssen dafür sorgen, dass die Angst die Seite wechselt. Es ist höchste Zeit, dass sich der Wind dreht, damit das Feuer nicht länger die Hütten niederbrennt, sondern die Paläste der Brandleger heimsucht.

Gründe gibt es mehr als genug. Und an Aufrufen mangelt es ebenfalls nicht. Nehmen wir z.B. diesen: »Aufstand. Jetzt! Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir? Die erste Bürgerpflicht nach Vorlage des schwarz-gelben Spardiktats heißt: Aufstand jetzt! (…) Es richtet sich in aller erster Linie gegen die sozial Schwachen. Die eh am wenigsten haben, sollen am meisten verzichten. Da mögen Merkel und Westerwelle von Fairness und Ausgleich reden, was sie wollen. Fakt ist: Sie lügen. Und noch schlimmer: Sie wissen das.« (FR vom 8.6.2010)

Sparen wir uns also die Zeit ellenlanger Erklärungen. Worauf es jetzt ankommt, dieser Wut eine Richtung, einen Ort, eine Chance zu geben – damit die Wut uns nicht auffrisst und die individuelle Ohnmacht nicht länger unseren Alltag bestimmt.  

›Wir sind nicht länger eure Geldautomaten‹ (Parole aus Italien) 

Als gemeinsame Aktion einer bundesweiten Kampagne schlagen wir vor, die Zentralen von zwei ›systemischen Banken‹ der Deutschen Bank und der Commerzbank in Frankfurt für einen Arbeitstag zu blockieren. Ziel ist es, den Geschäftsbetrieb zu stoppen, die Business-Party für einen Tag auf den Kopf, also auf die Füße zu stellen. Unsere Forderung ist schlicht: Ihr zahlt die Billionen Euro, die euer Finanzkrieg gekostet hat. Wir werden euch nicht in Ruhe lassen, wir werden wiederkommen, an vielen Orten, zu den unpassendsten Gelegenheiten und Zeiten.

Mit einem bundesweiten Aufruf ist weder alles gesagt, noch alles getan. Es ist ein Anfang gemacht, ein Signal gesetzt, mit dem Ziel, dass in der Folge in allen Städten, in jeder Woche an einem Tag eine Bank mit ›systemischen Risiko‹ belagert wird. Der Weg ist lang und offen, er führt über Banken, über ihre Beteiligungen an Konzernen, bis hin zu den politischen ›Beraterstäben‹, den Headquarters der Regierung.

Dazu brauchen wir ein gemeinsames Startsignal; einen langen Atem und ein Konzept, das möglichst vielen eine Teilnahme ermöglicht. Wir brauchen ein Konzept, das zwischen folgenlosen, störungsfreien Demonstrationen und Fantasien vom Aufstand oder Generalstreik einen Weg beschreibt und beschreitet.

Wir sind überzeugt davon, dass es hier in Deutschland weder an Analysen noch an Forderungen fehlt, die entweder den Kapitalismus ›zügeln‹ oder aber überwinden wollen. Über die Richtigkeit der Analysen und Forderungen wird aber nicht auf dem Papier oder in Konferenzen entschieden, sondern in einem gesellschaftlichen Prozess, der möglichst viele Menschen zu Handelnden macht. Gelänge es uns, in einem großen Bündnis die Zeichen umzukehren, jenen endlich Angst zu machen, die seit Jahren mit unserer Angst spielen und von ihr leben, dann hätten wir noch genug Zeit, über die nächsten Schritte zu beraten und zu entscheiden. Im Rahmen unseres Aktionskonzepts schlagen wir folgende zentralen Forderungen vor: 
  • Sofortige Einführung einer Finanztransaktionssteuer
  • Besteuerung aller Vermögen über 1 Million mit 5%
  • Sofortige Umsetzung der Forderung nach 500,- Euro Hartz IV-Eckregelsatz, 10 Euro Mindestlohn und einer 30-Stunden Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich
Als Aktionskonsens schlagen wir vor, uns am Dresdner Konzept gegen den Neonaziaufmarsch im Januar 2010 zu orientieren. Eine gute Basis, in der Entschlossenheit und Breite, Radikalität und Masse nicht gegeneinander stehen, sondern miteinander verzahnt werden. Ein Konzept, das für viele in Heiligendamm 2007 spürbar, in Dresden 2010 erfolgreich war und bei den angekündigten Castor-Transporten 2010 für eine neue Qualität des Widerstands sorgen wird.

Als Termin für eine zentrale Aktion in Frankfurt schlagen wir euch den Herbst 2010 vor. Wir bitten euch, uns noch vor den Sommerferien eure Zustimmung/Ablehnung zukommen zu lassen. Eine Zustimmung, die den Weg betrifft, nicht die Details, die wir gemeinsam besprechen müssen.

Mit dem entsprechenden Votum werden wir zu einer Aktionskonferenz für Samstag, 11. September 2010 nach Frankfurt einladen.

Gruppen, Organisationen, Einzelpersonen, die diesen Aufruf unterstützen, bitten wir um eine Nachricht an folgende Adresse: ag_georg.buechner@yahoo.de

Auf dass sich der Wind dreht.« (Aktionsgruppe Georg Büchner & Co. Juni 2010)
Die Kugel rollt durch den Raum. Es ist zu hoffen, dass möglichst viele sie aufgreifen. Die Richtung, die die Kugel nehmen soll, ist beschrieben, über das Gewicht und die Wurfweite entscheiden alle Beteiligte.
[ww]

Wer noch einmal in Ruhe einen Blick auf die angerissenen letzten 20 Jahre werfen und zugleich der Frage nachgehen will, wie viel Reform, wie viel Radikalität und wie viel Utopie ein Kampf braucht und aushält, dem sei folgender Text ans antagonistische Herz gelegt: http://wolfwetzel.wordpress.com/2009/03/25/alles-geht-kaputt-alles-geht-kaputt-und-ich-lache-2/

(Anm. d. Red.: Der ursprüngliche Text von Monika Kappus in der Frankfurter Rundschau wurde anscheinend inzwischen von “Aufstand. Jetzt.” in “Auf die Straße!” abgeändert. )

14 Kommentare:

  1. egal was ihr Krauts seid: Vor allem seid ihr zu dämlich zum Wählen. Punkt.
    Nach dem letzten ZDF-Politbarometer sind 84-85% weiterhin mit CDU/SPD/FDP/Grün zufrieden. Die Wahlergebnisse in NRW und Bundestag sprechen auch eine deutliche Sprache.

    Also: viel Text für nix. Ihr *seid* die Geldautomaten weil ihr diese Politik gewählt habt, wählt und immer wieder wählen werdet.


    #k.

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  2. Da muss ich leider dem Vorredner auch anschliessen. Solange sich ein Teil von Normalverdienern aus der Mittelschicht als Großverdiener verstehen, die immer noch der Parole 'mehr Netto vom Brutto' nachjagen und dabei schön auf die eintreten, die schon ganz unten angekommen ist, wird sich in diesem Land auch nichts ändern. Sie werden nämlich weiterhin die Parteien wählen, die diesen Sozialkahlschlag zu verantworten haben und das werden sie so lange machen, bis auch sie merken, dass sie nicht mit den Besserverdienern gemeint sind und damit auch ihre Pfründe langsam bedroht sind.

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  3. Wenn wählen etwas ändern würde, wäre es nicht erlaubt. Auch die Linke hat sich in Berlin und Brandenburg als Umfallerpartei erwiesen. Gewerkschaften sind zahnlose Tiger und machtlos gegen globale Konzerne. Die Menschen glauben das was sie in Fernsehen und Zeitung eingetrichtert bekommen. Statt sich mit dem letzten Drittel zu solidarisieren, lassen sie sich gegen ebenjenes ausspielen.

    Den Wechsel können nur internationale, durch das Internet organisierte Bewegungen bringen.

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  4. > Da muss ich leider dem Vorredner auch
    > anschliessen. Solange sich ein Teil von
    > Normalverdienern aus der Mittelschicht als
    > Großverdiener verstehen, die immer noch der
    > Parole 'mehr Netto vom Brutto' nachjagen und
    > dabei schön auf die eintreten, die schon ganz
    > unten angekommen ist,

    Das ist totaler Schwachsinn! Die Mittelschicht, die ich kenne, tut genau dies nicht, also warum lügst du uns hier ein Verhalten an, welches so von der massiven Mehrheit überhaupt nicht praktiziert wird?

    Das Problem ist, dass die meisten Linken dennoch nichts weiter sind, als logikresistente, extrem oft auch noch verlogene Arschgeigen, mit denen man nicht diskutieren kann. Das betrifft auch Etliche hier vor Ort. Die meisten von euch verkacken doch schon bei den totalen Basics absolut gnadenlos, zum Beispiel, wenn es darum geht, den Unterschied zwischen Steuern und Sozialabgaben zu erkennen.

    Wie wir wirklich denken? Nun, so was hier geht von der Tendenz schon stark in die Richtung, was von den meisten meiner Freunde und Bekannten ähnlich gesehen wird, wie von mir:
    http://www.youtube.com/watch?v=0bNz0cBv7L0

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  5. @Ben:
    Von echter Toleranz zeugt es nicht, wenn man gleich einen Rundumschlag macht und 'alle' sagt. Ich bin nicht alle und noch nicht mal wirklich links...

    Solche Menschen kenne ich tatsächlich, die mit Klischees behaftet Dinge von sich geben, die mit der Realität nichts zu tun haben. Ich gehe damit sehr offen um, dass ich arbeitslos bin und von Hartz4 lebe und ich ernte manchmal schon sehr böse Kommentare. Manche scheinen immer noch zu glauben, dass wer hartzt, der muss irgendwie dumm sein.

    Es ist aber nicht die Regel, sondern eben nur ein Teil und ich kenne zum Glück auch jede Menge Menschen, die genauso denken wie Herr Grupp.

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  6. Was man eventuell machen könnte, wäre eine Aktion, in der sich die Leute etwas anders verpflichten, und folgenden Satz unterschreiben:

    Ich mache mit bei der Blockade einer Bank, wenn 100.000 andere Leute sich dazu ebenfalls verpflichten.

    Aber nö, ihr Möchtegern-Linken müsst ja immer genau die irrationale Scheiße bauen, die euch faktisch zur Hilfstruppe der Seeheimer-SPD macht. An den Forderungen des Papers kann an es wunderschön sehen:

    * Sofortige Einführung einer
    Finanztransaktionssteuer

    => Kann ich so sofort unterschreiben,
    und etliche andere auch.


    * Besteuerung aller Vermögen über 1 Million
    mit 5%

    => Für ein, zwei Jahre sicherlich denkbar,
    danach eher so 1%, dennoch wären
    Erbschaftssteuern der bessere Weg.


    * Sofortige Umsetzung der Forderung nach 500,-
    Euro Hartz IV-Eckregelsatz, 10 Euro
    Mindestlohn und einer 30-Stunden
    Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich

    => Genau, und hier sieht man sie mal wieder,
    die getreuen Links-Arschlöcher. Vollkommen
    geistesgestörte Forderungen!

    - 7,00 Euro Mindestlohn statt 10 Euro wären machbar und auch kein Problem, wenn in den unteren Lohnbereichen die Sozialversicherungsbeiträge wegfielen. Aber nein, man ist ja ein Links-Arschloch, und schreit nach den 10 Euro, die eben oft nicht mehr machbar sind, nicht bei den Nebenkosten.

    - Die 30-Stunden Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich ist mal eben das Gebrüll nach 33% Lohnkostensteigerung. Für so eine in der derzeitigen Lage weder zwingend notwendige, noch in irgendeiner Form realistische Arschloch-Forderung setzte *ICH* mich nicht vor die Deutsche Bank.

    - Und 350 Euro Hartz IV, sowie freie Unterkunft sind zwar alles andere als eine großartige Geldsumme, aber auskommen kann man damit unter normalen Umständen schon. Es gäbe etliche andere Dinge bei Hartz IV, die viel, viel dringender geändert gehörten, aber nein, die Herrschaften Brüllaffen fordern mal 500 Euro Regelsatz. Damit kann man natürlich in der Tat jeden, der nicht mehr dabei ist, vortrefflich dissen, und sich selbst elitär gerieren, und kommt vor allem nie in die Not, die Tragfähigkeit der eigenen Konzepte beweisen zu müssen.

    Aber ja, eine perfekte Maßnahme, damit Leute wie "Kand.in.Sky" und "Manul" alle anderen als Neoliberal, dumm, usw. beschimpfen können. Gut gemacht! Ich bin davon überzeugt, dass Leute, wie der Verfasser dieses Aufrufs das mehrheitlich genau wissen, und genau deshalb ist er ein Arschloch. Die vernünftigen Leute, die dieses Land für alle lebenswert erhalten wollen, die bräuchten ihn eigentlich an ihrer Seite, um der FDP und den anderen durchgedrehten Neocons was entgegenzusetzen, aber ihr paktiert lieber indirekt mit denen. Und 20 Jahre später seid ihr dann von "links" unten auf einmal ultrarechts oben, so wie einst Gerhard Schröder, verhökert alles und jeden, und lacht euch kaputt über die Idioten, die euch damals eure Sprüche abgekauft haben. Widerwärtig.

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  7. @Manul:

    >
    > Von echter Toleranz zeugt es nicht, wenn man
    > gleich einen Rundumschlag macht und 'alle'
    > sagt. Ich bin nicht alle und noch nicht mal
    > wirklich links...

    Toleranz? Tolerant bin ich schon länger nicht mehr. Ja, ich mache die Beschimpfungen und die Rundumschläge. Weil ich den Kindergarten satt bin, den viele selbsternannte "Linke" überall mit Dampfplauderei betreiben. Es gäbe durchaus qualifizierte Kritik an Hartz IV, aber der Regelsatz gehört nicht unbedingt am dringendsten dazu.

    >
    > Solche Menschen kenne ich tatsächlich, die mit
    > Klischees behaftet Dinge von sich geben, die
    > mit der Realität nichts zu tun haben.

    Ja, toll, die kennst du. Na und? Ich auch! Die Mittelschicht, das sind derzeit (noch) ca. 60% der Gesellschaft, also ca. 50 Millionen Leute. Was willst du eigentlich? Dass die *ALLE* Deine Position teilen? Natürlich gibt es da Deppen drunter, aber alles, was an Umfragen (und zum Teil auch an Wahlergebnissen!) verfügbar ist, zeigt, dass die Mehrheit eben *NICHT* mit den gierigen Bankberatern und selbsternannten Neoliberalen paktiert. Schon aus menschlichen Gründen nicht, weil die sehr, sehr sendungsbewussten FDP-Jungwähler schon von der menschlichen Seite her als klarer Fail erkennbar sind - aber auf keinen Fall als Leute, denen man die Gestaltung der Zukunftschancen der eigenen Kinder überlassen möchte.

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  8. SIE HABEN UNS DORT, WO SIE UNS HABEN WOLLTEN


    "Eine Demokratie verhindert nur, dass es den Menschen besser geht als sie verdienen" .

    Von wem immer auch dieses Zitat stammen mag, ich finde es trifft zu. Zugleich zeigt sich an unserer Reaktionsarmut auf den politisch/gesellschaftlichen Kahlschlag ein weiteres Phänomen, dass ich für äußerst bedenklich halte. Wir, und nicht nur wir, sind politisch MASSIV TRAUMATISIERT. Es ist ein Trauma ganz besonderer Art. Es gründet auf den Missbrauch Schutzbefohlener durch jene, auf deren Loyalität sie dringend angewiesen sind. Das perfide daran, dass eigentliche Trauma entsteht nicht durch den Missbrauch selbst, sondern durch den Zwang, sich auch weiterhin missbrauchen lassen zu müssen.
    Normalerweise wird ein Mensch, wenn ihm von einer Person geschadet wird, künftig den Kontakt zu dieser Person meiden. Wenn dies jedoch nicht möglich ist, weil er dringend auf diese Person angewiesen ist, so formt sich daraus ein Initialtrauma, welches alle weiteren folgenden Traumata zu einem einzigen, riesigen Langzeitrauma subsumiert.

    Ein gutes Bsp. sind Familiengeschichten. Ein Kind, dass von seinen Eltern mies behandelt wird, würde sicher gerne weglaufen, am besten für immer. Dennoch wird es bei einsetzender Dunkelheit widerwillig und mit knurrendem Magen erneut vor der elterlichen Haustür stehen. So entstehen Langzeittraumata.

    Auf unsere soziopolitische Situation lässt sich dieser Vergleich eins zu eins übertragen. Beispielsweise an der Regierungszeit Kohls, der sich mit seinem bräßigen Hintern 16 Jahre auf Deutschland draufgesetzt und dabei jegliche Bewegung in diesem Land unterbunden hat.
    Oder als Schröder mit einem nassforschen "BASTA" den Lebensnerv unserer Gesellschaft durchtrennte.
    Der Beispiele sind viele und jedesmal kochte des Volkes Seele vor Empörung, ohne dass dies jemals etwas geändert hätte.

    Die mehr und mehr aufkeimende Angst der Menschen davor, dass tatsächlich jeglicher Widerstand zwecklos ist, dass als einzige Alternative die Hoffnungslosigkeit bleibt, hat die Menschen in diesem Land in eine bleierne Bewegungsstarre geschlagen. Und genau das ist es, was seit Jahrzehnten von Politik und Wirtschaft verfolgt wird. Jetzt endlich haben sie uns da wo sie uns haben wollen, es sei denn, irgendjemand hat möglichst bald eine richtig gute Idee.

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  9. Kleine Blasenkunde:

    http://www.blick.ch/news/wirtschaft/vontobel/kleine-blasenkunde-143592

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  10. >
    > Darum soll es gehen! Und es soll nicht um
    > Löhne gehen, die auch Merkel und Hundt
    > genehmigen können, und die die Geschäfte der
    > Kapitalisten nicht zerstören. Nein, es geht
    > darum, diesen Kapitalisten das Handwerk zu
    > legen, indem ihre Geschäfte unrentabel
    > werden. Forderungen sollten so umgesetzt
    > werden, dass sie die bisherige Ordnung
    > sprengen – das wäre der Anfang einer
    > Revolution!

    Ich bin davon überzeugt, dass du und viele andere Linke so denken. Ich aber nicht, und ich kann dir auch genau sagen, weshalb!

    Wir hatten sie, die Revolution, und wir haben gesehen, was daraus erwachsen ist, und das war nicht gut! Ist Schweden denn wirklich so ein beschissenes, unakzeptables, menschenverachtendes Scheißland, dass es keine Option wäre, für die man kämpfen könnte? Oder Dänemark? Das sind Vorbilder, die ich gerne sehen möchte, und ich finde nicht, dass dies die Schlechtesten sind. Da gibt es ihn auch, den Kapitalismus, das Gewinnstreben, die freie Preisgestaltung - und dennoch ist es alles andere als inhuman.

    Solange Leute wie du da so verbohrt sind, dass sie die Möglichkeit "Schweden" vehement ablehnen, zu Gunsten einer "Revolution" mit dem Risiko "Nordkorea", so lange bin ich nicht bei euch. Dein Statement zeigt, dass meine Befürchtungen vollkommen zutreffend sind, und da kann ich nur sagen: "Mach' deine Scheiß-Revolution bitte alleine! :-("

    Ich werde unter diesen Umständen nicht bei euch sein, aber deswegen bin ich noch lange nicht Neoliberal. Sondern einfach nur jemand, der mal ein, zwei Blicke auf die real existierenden revolutionären Systeme geworfen hat. Ich könnte es noch verstehen, wenn es irgendein sozialistisches Vorbild gegeben hätte, was gut funktioniert hat, oder wenn es kein Vorbild wie die skandinavische Sozialstaaten gäbe, aber so verbleibe ich einfach nur befremdet und kopfschüttelnd.

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  11. Daniel, ich teile deine Auffassung über das Wesen des Kapitalismus und die Ziele einer Veränderung durch die Revolution. Aber ich frage mich ernsthaft, wie soll das vonstatten gehen, ohne Vorbereitung der Menschen, und damit meine ich nicht, dass sich ihr Elend erst noch vergrößern muss - das heißt, ohne eine kämpferische marxistische Partei? Ohne diese Grundlagen wird aus einer Revolution nichts weiter als eine kleinbürgerliche Revolte, die mit Blut und Eisen von der Reaktion niedergeschlagen wird. Die Niederlage des Realsozialismus war eben nicht nur seine Niederlage, sondern vorerst eine Niederlage aller sozialistisch-kommunistischen Vorstellungen, aller machbaren Vorstellungen von einer gerechten und humanen Welt. Klar, den Kapitalismus beseitigen, das muss immer das Ziel bleiben, aber ohne wirkliches Konzept und Organisation bleibt jede Revolution eine Utopie.

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  12. @Anonym:

    Auch an dich die Frage: Was genau macht eigentlich Schweden und Dänemark zu so vollkommen beschissenen, unakzeptablen, menschenverachtenden Scheißländern, dass sie keine Option wären, für die man kämpfen könnte?

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  13. Ben,

    Schweden und Dänemark unterscheiden sich von Deutschland doch nur insofern, als bei ihnen der Sozialabbau noch nicht so weit fortgeschritten ist. Aber auch sie haben abgebaut, nicht erst seit der Finanzkrise, das Gesellschaftssystem ist dasselbe, die Einteilung in Reiche und Arme bzw. weniger Reiche eingeteilt, wenn auch die Armen noch nicht so arm sind wie die in Deutschland und die Reichen nicht ganz so reich wie die Aldi-Brüder, sich also eine überschaubare Population eines gewissen gepflegten Wohlstands erfreut. Aber es ist doch nur eine Frage der Zeit, dass auch diese Länder in den Strudel der Finanzkrise hineingezogen werden. Oder bist du der Ansicht, dass sie unabhängig von den Finanzmärkten sind?

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