Mittwoch, 29. November 2006

Zum Ackermann-Deal

Nachdem das Verfahren gegen Ackermann und Konsorten nun offiziell eingestellt wurde und diese sich für Peanuts freikaufen konnten, kochen die Emotionen wieder hoch. Besonders jene, die sich am besten beschämt in die Ecke stellen sollten, in der sich bereits die Vertreter der Wirtschaft auffallend still verhalten, schreien nun besonders laut: die Politiker. Dabei haben die eigentlich gar keinen Grund dazu. Schließlich haben sie die Grundlage für die Schweinerein geschaffen, die Ackermann und Kollegen mit der Bratgans Mannesmann veranstaltet haben.
Reich rechtlich ist die Sache klar: was die Ackermänner getan haben, ist vollkommen legal. Es passiert jährlich 120.000 Mal in Deutschland. Seine besondere Brisanz erhält der Fall eigentlich nur durch die unglaubliche Medienaufmerksamkeit, die der Fall auf sich gezogen hat - und die Konsequenzen, die er mit sich brachte, für Verbraucher, für Angestellte. Und für Manager.
Zur Erinnerung: um die Jahrtausendwende waren Mannesmann und Vodafone die größten europäischen Telekommunikationshändler. Beide hatten zahlreiche Konkurrenten aufgekauft und wetzten die Messer zum Endkampf. Wer übernimmt wen, lautete die Frage, und im Jahr 2000 war sie entschieden: Vodafone kaufte Mannesmann. Dabei ereignete es sich, dass die scheidenden "Topp"-Manager, die ihr Unternehmen nicbt hatten retten können und damit zahlreichen Angestellten den Arbeitsplatz und zahlreichen Anlegern das Vermögen gekostet hatten, mit rund 58 Millionen Euro abgefunden wurden - nicht mitgerechnet die Millionenbeträge, die sie selbst in der Übernahmeschlacht verdient haben, in deren Verlauf der Mannesmann-Kurs von 122 auf 350 Euro stieg - vollkommen überbewertet und eine poison pill, an der Vodafone noch heute krebst. Fehlen in unserer Bilanz eigentlich nur noch die Kunden, die von den Telefonkonzernen die Kosten für deren Fehlspekulationen aufgedrückt bekommen haben und pro Jahr rund drei Milliarden Euro zusätzlich bezahlen müssen.
Kritik an dem nun eingestellten Prozess bewegt sich auf einem schmalen Grat: rein rechtlich ist die Sache lupenrein, die Zahlungen angemessen (Ackermann zahlt 3,2 Millionen, Maximalstrafe wären 3,6 Millionen gewesen). Wer deswegen, wie die Politiker, vollmundig ein Versagen des Rechtsstaates herbeiproletet, will eben diesen wieder einmal weiter unterhöhlen. Zu gerne vergessen sie dabei, dass sie es waren, die einen entsprechendenn Strafbestand, der eine Verurteilung ermöglicht hätte nicht ermöglichten. Dasselbe Phänomen konnte und kann man bei den Verteufelungstiraden im Falle Counter-Strike beobachten. Aber ich schweife ab.
Die Leitmedien sind sich darin einig, dass das Urteil eine vollkommene Peinlichkeit für Staatsanwaltschaft und Politik und ein Schlag ins Gesicht für die breite Masse des ausgenutzten Volkes war, während Ackermann statt Victory-Zeichen eben überheblich grinst. Die Manager haben aus dem Skandal gelernt, dass sie tatsächlich ins Kreuzfeuer der Kritik geraten können; ob sie dadurch ihr Handeln in Frage stellen werden, sie dahingestellt. Die Verlierer sind wie üblich wir, die einfachen Leute. Ohne die Millionen, die sie verdienten und verdienen, sind wir ihren Fehlern ebenso hilflos ausgeliefert wie ihrer feixenden Mimik. Und das ist die wirkliche Schande, an der sich auch die Neoliberalen echauffieren sollten: denn hier funktioniert der Markt nicht, hier zeigt er, gleichsam mit krachendem Getöse, seine Grenzen auf.

10 Kommentare:

  1. Hmm, ok wo soll ich anfangen. Klar, die Sache war kritisch wegen Medienpräsenz usw. Was die Herren getan haben war sicherlich nicht nach besten moralischen Regeln, aber ich möchte auf ein paar andere Sachen noch Bezhug nehmen.

    1. Du sprichst von Peanuts. Gehts noch? 3,2m Euro. Das ist viel Geld, egal wer das zahlt.

    2. Wenn ein Freispruch eine solche Sauerei ist wie manche Politiker behaupten, warum dann einen Prozess führen. Wenn wir in unserem Staat einen "Freispruch" nicht mehr erlauben, können wir die Gerichte abschaffen. Das geht an alle so bestürzten Politiker. Ich finde das unverschämt... denn populisitsch von außen rumgrölen kann ich auch. Das ist verdammt noch mal die Sache des Gerichts und geht die Politiker nichts an.

    3. "während Ackermann statt Victory-Zeichen eben überheblich grinst". Logisch, hätte ich nach einem Freispruch auch gemacht. Wer denn nicht?

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  2. 1. Für jemand, der nach eigenen Angaben (!) ein Bruttogehalt von 15 bis 20 Millionen jährlich hat, dazu noch unzählige Aktienoptionen und Mauschelgeschäfte SIND das Peanuts.
    2. Richtig. Ich finde es lustig, dass die ganzen Vorwürfe von CDU und SPD kommen und nicht von der LiPA :)
    3. Nun, das Delikate ist ja, dass beide Gesten VOR PROZESSBEGINN gemacht wurden...

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  3. 1. Gehts noch? Ich hoffe das dir sowas mal passiert. Das ist immer noch 1/5 des Einkommens. Da will ich dich noch von Peanuts reden sehen...

    3. Jo, und? Würde ich nicht anders machen. Ist sein gutes Recht.

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  4. zu 3.: Der Mann hat gute Anwälte. Die haben ihm schon gesagt, dass die Gerichte ihm einen scheiss können...

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  5. @Oef: Des offiziellen Einkommens, ja. Hallo, der Mann hat ein Unternehmen vernichten geholfen und zahlreiche Menschen in die Armut gestürzt.
    @Schmi: Eben nicht - die Steilvorlage hätte man problemlos nutzen können. Sie WOLLTEN nur nicht.

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  6. Und? Ihr habt doch auch noch ein Haus. Ich pfände 1/5 des Einkommens deiner Eltern... dann wirst du auch nicht mehr von Peanuts reden. Ihr tut immer so als wenn jemand der Geld hat ein Verlust egal sein könnte.

    Steilvorlage hin oder her. So würde ich auch aus dem Gericht gehen...

    Unternehmen vernichten... blabla... woher willst du wissen was bei Mannesmann abgelaufen ist und wer für was verantwortlich war. Das war ja wohl die Übernahme von Vodafone und nicht das Werk von Achermann. Klar war da nicht alles lupenrein, aber so viel Einfluss...

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  7. Meine Eltern haben nicht für das Elend von hunderten Mitarbeitern gesorgt und davon abgesehen keine Millionen. Wenn du denen 1/5 ihres Vermögens pfändest, hast du nicht viel in der Hand.
    Und ich habe mich über den Mannesmann-Deal informiert. Esser hat den Kurs in die Höhe getrieben (was eine unglaubliche Blase war und zahlreiche Kleinsparer erledigt hat) und die Übernahme nicht verhindert (was zahlreiche Entlassungen zur Folge hatte). Und Ackermann hat jede Aktion abgesegnet.

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  8. Hihi, inzwischen wurde Strafanzeige gegen das Urteil gestellt:
    http://www.linkezeitung.de/cms/content/view/1387/32/

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  9. Wozu hätte man die Steilvorlage denn nutzen können? Für nen Scheissdreck, der in keiner Relation zu den Kosten eines Verfahrens steht. Er war nicht haftbar, oder zumindest nur in einem für ihn erträglichen Maße. Das hat er gewusst, Ende. Heute sichern sich Unternehmen rechtlich ab, die Prämien werden trotzdem gezahlt. Das stupide Volk merkts halt nicht.

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  10. Es geht hier nicht um eine Kosten-Nutzen-Rechnung...

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