Montag, 29. September 2008

Fundstücke 29.09.2008, 18.36 Uhr

Weise hält Hartz-IV für zu hoch
FR - Die SPD will für alle jungen Menschen ein Recht auf einen Ausbildungsplatz schaffen. Sie schlage eine "Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen bis zum 30. Lebensjahr vor", sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD, Andrea Nahles, der Frankfurter Rundschau. Sie reagierte damit auf die Forderung von Frank-Jürgen Weise, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), den Hartz-IV-Regelsatz für Jugendliche zu kürzen. Damit solle der Druck erhöht werden, eine Ausbildung zu beginnen, sagte Weise der Wirtschaftswoche.
Anmerkung: Genau, denn dass die Jugendlichen keine Ausbildung beginnen liegt nur daran, dass sie nicht wollen. Die Jobs liegen gewissermaßen ja auf der Straße, und alle ächzen darunter, dass man viel zu viele Stellen hat auf die sich nieeeeeemand bewirbt.
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Bayern: die grottenöde Seite der Macht
Feynsinn - Was ist es doch dagegen fade, wenn man sich das Treiben der “Volksparteien”, insbesondere der bayrischen Ableger, anschaut. Franz Maget zum Beispiel. Was ist das für ein Männchen? Der Kerl hat eine Körperhaltung und eine Mimik, daß man glaubt, er will einem gleich die Schuhe putzen und sich dafür bedanken, wenn man ihm dabei auf den Kopf spuckt. Dieser Versager, der seine Partei schon bei den letzten Wahlen in eine historische Bedeutungslosigkeit geführt hat, unterbietet sich selbst und nennt das “Stabilisierung”. Er ließ lieber die Hartzer aus Berlin anrollen, als selbst Wahlkampf zu machen, weil er es noch weniger kann als die Müntesteiner. Hat ihn einmal wer gefragt, warum zur Hölle irgendwer diesen Schorsch wählen sollte? Kann mir jemand sagen, wie immerhin genug Stimmen zusammenkamen, um das “Projekt 18″ zu retten?
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"Das ist der Anfang vom Ende des US-Imperiums"
Tagesspiegel - In der vorgeschlagenen Form ist der Plan ein Fehler und geht nicht weit genug. Der Kauf der „toxischen“, nicht verkäuflichen Kreditpakete ist nur ein erster Schritt. Dem muss ein Programm folgen, das pauschal das Volumen der Hypothekenschulden der privaten Haushalte verringert. Sehr viele Haushalte sind praktisch insolvent, können also die hohen Raten nicht mehr zahlen. Wenn ein Land oder eine Firma insolvent ist, dann werden ja auch die Schulden abgeschrieben, damit sie wieder arbeiten und erneut wachsen können. Damit ist zum Beispiel Argentinien wieder auf den Wachstumspfad gekommen. Genauso ist es jetzt mit unserem Haushaltssektor, er ist überschuldet und muss umfassend entlastet werden. In einem dritten Schritt müssen schließlich die Banken neues Kapital bekommen, sei es privat oder vom Staat, damit sie überhaupt wieder richtig arbeiten können. Alle drei Schritte zusammen könnten eine Lösung der Kreditklemme bringen. Aber der Plan der Regierung beschränkt sich nur auf den ersten Schritt, und das ist das Problem.
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Die Grenzen der Freiheit
FTD - Als in den 70ern die große Freiheitswelle auf den Finanzmärkten losging, schworen Milton Friedman und deutsche Sachverständigenräte, dass die Freiheit stabilisierend wirken werde: Bewegt sich eine Währung, Aktie oder Immobilie zu stark in eine Richtung, werde es Leute geben, die wissen, dass der Trend bald kippt, darauf spekulieren und ein Überschießen so verhindern. Am Ende geht es allen prima.
Von wegen. Weder wurde Amerikas Immobilienblase frühzeitig durch weitsichtige Anleger niederspekuliert; noch das Überschießen des Euro, der Asien-Run der 90er oder die Auswüchse an der Nasdaq. Selbst wenn Notenbanken zu manchem Kurshöhenflug durch zeitweise billiges Geld beigetragen haben, wie es gerade gern behauptet wird, hätten (der Annahme nach) rationale Investoren das längst durchschauen müssen - und sich auf das Spiel vorausschauend erst gar nicht einlassen dürfen. Dann hätten US-Häuslebauer den Hype früh erkennen und sich heraushalten müssen.

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Wirtschaftslehrer sind blind für die Zukunft
Welt - Doch wenn wir uns die Geschichte ansehen, war das gemäßigte linke System der 50er- und 60er- Jahre erfolgreicher als das konservative System, das folgte. Außerhalb von China und Indien, deren wirtschaftliches Potenzial durch die Marktwirtschaft freigesetzt wurde, war das Wirtschaftswachstum im goldenen keynesianischen Zeitalter schneller und wesentlich stabiler als zu Zeiten Friedmans; die Früchte wurden gerechter verteilt; der soziale Zusammenhalt und die moralischen Gepflogenheiten wurden besser aufrechterhalten. Das sind ernst zu nehmende Vorteile, die es gegenüber einer gewissen Trägheit der Wirtschaft abzuwägen gilt.
Anmerkung: Und das in der WELT!
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"Viele Kinder haben sich aufgegeben"
taz - Plötzlich lautet die pädagogische Philosophie von Gymnasium und Realschule: "Wir suchen nur die Kinder aus, die zu uns passen, die anderen weisen wir ab." Für diejenigen, die nicht die Erwartungen erfüllen, haben wir dann eine Auffangschule, die Hauptschule. In Finnland oder Kanada ist das genau umgekehrt: Sie schauen, welche Stärken die Schüler haben und welche Schwächen. Und passen die pädagogische Arbeit, die Didaktik, das Lehrerverhalten, kurzum das ganze Schulsystem den Schülern an. Sie setzen also das Konzept fort, das wir aus den Grundschulen kennen.
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Überflüssige Kohle
TP - Während die Hamburger Grünen kurz vor der Zustimmung zum Kohlekraftwerk in Moorburg zu stehen scheinen und ihre graue Eminenz Joschka Fischer meint, der Protest gegen die CO2-Schleudern sei sektiererisch, sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Neue Kohlekraftwerke werden nicht gebraucht und sie laufen Gefahr, den Ausbau der Windenergie zu behindern. Das legen verschiedene Studien nahe, die in den letzten Wochen veröffentlicht wurden.
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Die grüne Raupe Nimmersatt
SpOn - Ex-Außenminister Joschka Fischer kümmert sich emsig ums Geldverdienen. Jüngster Streich: Ein Top-Job in der Beratungsfirma seiner ehemaligen US-Amtskollegin Madeleine Albright. Reden darüber mag Fischer nicht. Seine Geheimnistuerei schürt jedoch Argwohn.
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Stuhl von Hardthauer wackelt
FTD - Die Generalsekretärin könnte das erste Opfer des CSU-Absturzes bei der Bayern-Wahl werden. Die Münchner CSU fordert bereits den Rücktritt von Christine Haderthauer. Auch die Zukunft des Parteivorsitzenden ist ungewiss, doch Huber will nicht weichen.
Anmerkung: Aber keine Bange. Huber ist nicht "machtgeil". Das ist nur Ypsilanti.
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CSU-Abgeordnete für Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer - Rede zur Entfernungspauschale
CSU - Deswegen stehen wir für die Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer. Wir als CSU haben das den Bürgerinnen und Bürgern versprochen. Wir werden nicht nachgeben, bevor dies umgesetzt ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beifall bei der LINKEN – Florian Pronold [SPD]: Mehr Applaus bei der Linken als bei der CSU!)
Wir brauchen zur Umsetzung schlichtweg eine Mehr­heit in der Koalition im Deutschen Bundestag. Das heißt, wir müssen Überzeugungsarbeit leisten.
(Lachen und Beifall bei der LINKEN)
Die Lage ist, wie sie ist. Wir werden leider vor Dezem­ber keine Entscheidung bekommen.
(Zurufe von der FDP und der LINKEN: Oh!)
Anmerkung: Filmreif.
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Unsere Politiker - Warum wir sie so lieb haben
Michael Schöfer - "Die Welt wird nicht wieder so werden wie vor der Krise", kommentiert Bundesfinanzminister Peer Steinbrück im Brustton der Überzeugung die Verwerfungen auf den internationalen Finanzmärkten. George W. Bush sieht gar "unsere gesamte Wirtschaft in Gefahr". Der Markt funktioniere nicht richtig und weite Teile des amerikanischen Finanzsystems seien dem Zusammenbruch nahe. Deshalb könnten Millionen Amerikaner ihren Arbeitsplatz verlieren, falls sich der Kongress dem von seiner Regierung vorgelegten Rettungsplan verweigere. Man reibt sich verwundert die Augen, denn ausgerechnet diejenigen, die für die aktuelle Krankheit des Kapitalismus verantwortlich sind, biedern sich nun beim verängstigten Bürger als Wunderheiler an und versprechen vollmundig Genesung. Doch üblicherweise beauftragt man die Verursacher nicht auch noch mit dem Ausmisten des Augiasstalls, sondern die, die schon seit langem eindringlich vor der jetzt eingetretenen Entwicklung gewarnt haben, etwa Oskar Lafontaine. Aber der ist ja angeblich ein wirklichkeitsfremder Traumtänzer.
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Ein Grund zur Freude?
ad sinistram - Man sollte den Bayern erklären, worauf sie Anrecht auf Freude haben. Denn ohne anleitende Hilfe erscheint es unmöglich, einen Grund zur Freude - außer dem Brechen der CSU-Dominanz - zu erkennen. Die angebliche Befreiung von der Omnipräsenz der Christsozialen erfreut zwar, kann aber viel böser enden, als man das zu Annehmen geneigt ist. Mit der FDP und den Freien Wählern drängen bürgerliche Parteien ins Parlament, die Bürgerverachtung auf ihren Fahnen gemalt haben. Die neue Ära in Bayern endet womöglich in der Verschärfung der prekären Zustände. Ein Grund zur Freude?
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Vierzehn historische Finanzkrisen
Nette Linksammlung von Holgi.
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5 Kommentare:

  1. Es ist unglaublich. Huber beschwert sich bei der CDU über mangelnde Unterstützung, weil die die Pendlerpauschale nicht wieder eingeführt haben, aber noch am Donnerstag stimmt die CSU geschlossen gegen die Pendlerpauschale. Und niemand spricht hier von Wortbruch, niemand von Verarsche, gar nichts. Das gibt's nur, wenn die SPD 4 Wahlkampfversprechen umsetzen will und dafür eins opfern muss.

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  2. zu niedrige Hartz4-Sätze für Jugendliche...

    Was für ein -mit Verlaub- beschissener Vorschlag!
    Aber es ist natürlich viel einfacher über Kürzungen zu reden, als über Chancengleichheit für alle...

    Und was bringt es, wenn die Kids dann Ausbildungen anfangen und hinterher ohne Job dastehen?

    Und noch was aus persönlicher Erfahrung: Was bringt es einem dann, wenn man lauter Kids in Ausbildungen hab, die eigentlich null Bock darauf haben und die Ausbildung nur machen, damit sie weiterhin Stütze kriegen?
    Das ist zum guten Teil schon heute so...

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  3. und bevor ich missverstanden werde: Chancengleichheit = Bildung für alle :-)
    Was man dann draus macht, ist sein Problem

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  4. Teils, teils. Nur Bildung für alle, das ist zwar ein schönes Schlagwort, aber es hilft allein auch noch nicht weiter solange die Chancen nicht wirklich gerecht verteilt sind (das heißt auch qualifizierte Ausbildungshilfen und Nachhilfeangebote).

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