Im SpiegelOnline ist ein Interview mit dem Schul- und Unterrichtsforscher Udo Rauin erschienen. In diesem stellt er einige Mängel der deutschen Lehrerbildung zutreffend fest - kaum vernünftige Selektion nach Eignung, immer noch zu wenig Praxisbezug, falsche Berufsinformation -, stellt aber auch einige Thesen auf, denen ich so nicht ganz zustimmen kann, vor allem, was den Beamtenstatus der Lehrer betrifft.
Rauin fordert die Abschaffung des Beamtenstatus und, effektiv, befristete Verträge statt langfristiger Anstellung. Das fördere dann, zusammen mit der Einführung von Evaluationen, die Leistung und Leistungsbereitschaft der Lehrer und führe zu besseren Ergebnissen. Dem möchte ich widersprechen, aber nicht, ohne zuerst auf seine anderen Punkte einzugehen.
Richtig merkt Rauin an, dass die Perspektiven des Lehrerberufs und das wirkliche Anforderungsprofil kaum klar sind. In Baden-Württemberg ist das durch die Praktika etwas besser geworden (die selbst aber katastrophal organisiert sind). Allerdings führt es dazu, dass zwar die angehenden Lehrer ihre Inkompetenz vielleicht erkennen, dann aber verdrängen - denn für einen Richtungswechsel ist es ohnehin bereits zu spät. Daran wird allerdings das Umstellen auf Bachelor- und Mastersystem wenig ändern, auch wenn sich Rauin hier optimistisch gibt. Dieser Problem wird sich eher verschlimmern, weil die Kosten und der Druck des Studiums und seines "effizienten" Abschließens steigen.
Rauin sagt außerdem aus, dass - abgesehen von den Geisteswissenschaften - eher die Leute mit dem schlechten NC in die Lehrerberufe gingen. Nicht nur, dass der NC ein äußerst schlechtes Mittel ist, um die Kompetenz einer Person festzustellen (ein NC von 1,0 macht zumindest mich einfach nur misstrauisch, weil er eher für Konformität als Brillanz steht), die Geisteswissenschaften bieten auch weniger andere Perspektiven als den Lehrerberuf. Ansonsten mag das mit dem NC durchaus sein; vielleicht auch, weil höhere NCs wegen der oben beschriebenen Konformität meist eher in karriereorientierte Berufe gehen.
Kommen wir nun aber zu der Frage des Beamtenstatus. Rauin hat sicher Recht, wenn er darauf abhebt dass die Komfortabilität des Beamtenstatus auch Bewerber anzieht, die ansonsten mit dem Lehrerberuf wenig am Hut haben. Ich sage in diesem Zusammenhang aber gerne, dass sicherlich viele Manager auch nicht aus Spaß am Managen den Beruf ergreifen, sondern wegen des hohen Gehalts, ohne dass jemand auf die Idee kommen würde das hohe Gehalt abzuschaffen. Rauin beschwert sich, dass nur die Schlechten den Lehrerberuf ergreifen würden; gleichzeitig soll er seiner Meinung nach aber noch mieser bezahlt werden als heute und zudem das wirklich einzige, dass er karrieretechnisch auf der Habenseite hat abgeschafft werden. Auf die Art zieht man sicherlich keine kompetenten Bewerber an.
Dazu kommt, dass der Beamtenstatus für den Staat einige deutliche Vorteile parat hält: zwar kann der Beamte nicht gekündigt werden, gleichzeitig aber ist er billiger als ein Angestellter, da er gegen Lohnkürzungen oder schmale Lohnzuwächse nicht protestieren kann - der Streik ist ihm verbaut. Außerdem sind Beamte im Gegensatz zu Angestellten an gewisse staatsloyale Verpflichtungen gebunden.
Für eine Rieseneselei halte ich dagegen die Idee, dass Lehrer in unsichere, befristete, möglicherweise sogar Teilzeitarbeitsverhältnisse überführt werden sollten. Denn der Beamtenstatus sichert der Schule eine Planungssicherheit. Ein Lehrer, der im einen Jahr an der einen und im nächsten an der anderen Schule ist, kann keinen stringenten und den Anforderungen der eben erst verabschiedeten (!) Bildungspläne entsprechenden Unterricht durchführen.
Letztlich also zeigt sich, dass das derzeitige System sicherlich nicht frei von Fehl und Tadel ist. Für den Beamtenstatus des Lehrers sehe ich derzeit keine gangbare Alternative. Dringend nötig, das erkennt auch Rauin, ist allerdings eine Neustrukturierung der Lehrerausbildung. Ich persönlich wäre für ein Modell ähnlich der BAs, so dass bezahlte (!) Praxisphasen die theoretische Ausbildung ablösten. So könnten sich die Unis unbelastet von ständig neuen bescheuerten "praxisorientierten" Ideen wieder auf ihre Kernkompetenz konzentrieren, während gleichzeitig ein entsprechender zweiter Zweig der Lehrerausbildung dezidiert auf die Praxis festgelegt wird, mit entsprechenden Möglichkeiten der Leistungskontrolle und damit dem Aussieben ungeeigneter Kandidaten. Gleichzeitig dürfte es von Vorteil sein, Rauins Vorschlag aufzunehmen und dem Staatsexamen (bzw. dem nun nachrückenden Master of Education) eine zweite qualifizierende Abschlussfunktion zuzugestehen, damit die Lehrerausbildung keine solche Einbahnstraße ist.
Rauin fordert die Abschaffung des Beamtenstatus und, effektiv, befristete Verträge statt langfristiger Anstellung. Das fördere dann, zusammen mit der Einführung von Evaluationen, die Leistung und Leistungsbereitschaft der Lehrer und führe zu besseren Ergebnissen. Dem möchte ich widersprechen, aber nicht, ohne zuerst auf seine anderen Punkte einzugehen.
Richtig merkt Rauin an, dass die Perspektiven des Lehrerberufs und das wirkliche Anforderungsprofil kaum klar sind. In Baden-Württemberg ist das durch die Praktika etwas besser geworden (die selbst aber katastrophal organisiert sind). Allerdings führt es dazu, dass zwar die angehenden Lehrer ihre Inkompetenz vielleicht erkennen, dann aber verdrängen - denn für einen Richtungswechsel ist es ohnehin bereits zu spät. Daran wird allerdings das Umstellen auf Bachelor- und Mastersystem wenig ändern, auch wenn sich Rauin hier optimistisch gibt. Dieser Problem wird sich eher verschlimmern, weil die Kosten und der Druck des Studiums und seines "effizienten" Abschließens steigen.
Rauin sagt außerdem aus, dass - abgesehen von den Geisteswissenschaften - eher die Leute mit dem schlechten NC in die Lehrerberufe gingen. Nicht nur, dass der NC ein äußerst schlechtes Mittel ist, um die Kompetenz einer Person festzustellen (ein NC von 1,0 macht zumindest mich einfach nur misstrauisch, weil er eher für Konformität als Brillanz steht), die Geisteswissenschaften bieten auch weniger andere Perspektiven als den Lehrerberuf. Ansonsten mag das mit dem NC durchaus sein; vielleicht auch, weil höhere NCs wegen der oben beschriebenen Konformität meist eher in karriereorientierte Berufe gehen.
Kommen wir nun aber zu der Frage des Beamtenstatus. Rauin hat sicher Recht, wenn er darauf abhebt dass die Komfortabilität des Beamtenstatus auch Bewerber anzieht, die ansonsten mit dem Lehrerberuf wenig am Hut haben. Ich sage in diesem Zusammenhang aber gerne, dass sicherlich viele Manager auch nicht aus Spaß am Managen den Beruf ergreifen, sondern wegen des hohen Gehalts, ohne dass jemand auf die Idee kommen würde das hohe Gehalt abzuschaffen. Rauin beschwert sich, dass nur die Schlechten den Lehrerberuf ergreifen würden; gleichzeitig soll er seiner Meinung nach aber noch mieser bezahlt werden als heute und zudem das wirklich einzige, dass er karrieretechnisch auf der Habenseite hat abgeschafft werden. Auf die Art zieht man sicherlich keine kompetenten Bewerber an.
Dazu kommt, dass der Beamtenstatus für den Staat einige deutliche Vorteile parat hält: zwar kann der Beamte nicht gekündigt werden, gleichzeitig aber ist er billiger als ein Angestellter, da er gegen Lohnkürzungen oder schmale Lohnzuwächse nicht protestieren kann - der Streik ist ihm verbaut. Außerdem sind Beamte im Gegensatz zu Angestellten an gewisse staatsloyale Verpflichtungen gebunden.
Für eine Rieseneselei halte ich dagegen die Idee, dass Lehrer in unsichere, befristete, möglicherweise sogar Teilzeitarbeitsverhältnisse überführt werden sollten. Denn der Beamtenstatus sichert der Schule eine Planungssicherheit. Ein Lehrer, der im einen Jahr an der einen und im nächsten an der anderen Schule ist, kann keinen stringenten und den Anforderungen der eben erst verabschiedeten (!) Bildungspläne entsprechenden Unterricht durchführen.
Letztlich also zeigt sich, dass das derzeitige System sicherlich nicht frei von Fehl und Tadel ist. Für den Beamtenstatus des Lehrers sehe ich derzeit keine gangbare Alternative. Dringend nötig, das erkennt auch Rauin, ist allerdings eine Neustrukturierung der Lehrerausbildung. Ich persönlich wäre für ein Modell ähnlich der BAs, so dass bezahlte (!) Praxisphasen die theoretische Ausbildung ablösten. So könnten sich die Unis unbelastet von ständig neuen bescheuerten "praxisorientierten" Ideen wieder auf ihre Kernkompetenz konzentrieren, während gleichzeitig ein entsprechender zweiter Zweig der Lehrerausbildung dezidiert auf die Praxis festgelegt wird, mit entsprechenden Möglichkeiten der Leistungskontrolle und damit dem Aussieben ungeeigneter Kandidaten. Gleichzeitig dürfte es von Vorteil sein, Rauins Vorschlag aufzunehmen und dem Staatsexamen (bzw. dem nun nachrückenden Master of Education) eine zweite qualifizierende Abschlussfunktion zuzugestehen, damit die Lehrerausbildung keine solche Einbahnstraße ist.
Ich habe heute im SPIEGEL, dem angeblich aufgeklärten Magazin, in Wirklichkeit immer mehr ein neoliberales Hetzblatt, einen Artikel über Lehrer gefunden: “LEHRER ALS PROBLEM”, http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,542780,00.html, wozu ich ale Kommentar folgendes schrieb ( wird sicherlich nicht veröffentlicht ):
AntwortenLöschen[QUOTE=Broko;2089047]Das Problem in Deutschland ist, dass man mit einer 3rd-class-Bezahlung 1st-class-Lehrer erwartet. Wenn man dann auch noch mit 4th-class-erzogenen-Kindern konfrontiert wird ist die Motivation schnell auf 0th-class …[/QUOTE]
Es ist bedauerlich, dass Rauin und der SPIEGEL nicht wegen Volksverhetzung anklagbar sind! Hier wird ein Rundumschlag eines Herrn aus Frankfurt gemacht, der gern mal in den SPIEGEL möchte, um sicherlich seine Drittmittelforschung verstärken zu können.
Herr Rauin: erklären Sie verdammt nochmal, ob dieses vernichtende Urteil für die gesamte Lehrerschaft zutrifft! Warum haben Sie nicht mit Ihren Kollegen dafür gesorgt, dass ein Prüfungssystem eingeführt wird, welches den Anforderungen standhält? Warum berichten Sie nicht von dem burnout durch eine Schülerklientel, die Frauen aus kulturellem Hintergrund nicht akzeptieren? Warum berichten Sie nicht davon, dass es Klassen mit 70 bis 90 Prozent Ausländern gibt? Warum beziehen Sie nicht ein, dass ein gehöriger Druck der Politik auf Erfolgsquoten für das Abitur liegt, nach dem Motto, unsere Abiturientenquote ist Ausdruck unseres Bildungssystems, liebe OECD! Warum berichten sie nicht, dass wegen der Verschuldungshöhe Berlins durch Politiker der CDU darüber nachgedacht wird, Klassengrößen von 45 einzuführen, Individualbeurteilung einbezogen! Warum berichten Sie nicht, dass diese Politik finanzielle Scherpunkte setzt, die nicht Bildung heißen, wohl aber rhetorisch in Top- Positionen zu finden sind: Fensterreden! Warum berichten Sie nicht, dass inzwischen in Berlin diskutiert wird, dass eine Anwesenheitspflicht der Lehrer in der Schule von 8 Uhr bis 16 Uhr zu erfolgen hat; Konferenzen ab 16 Uhr, Prüfungs-, Klassenarbeits-, Unterrichtsvorbereitung nach 16 Uhr, Sonderaufgaben in der Schule ab 19 Uhr, Weiterbildung in den Ferien oder gern am Wochenende und das ganze zu einem Gehalt einer gut qualifizierten Sekretärin.
Warum polemisieren Sie mit professoralem Geschwätz über eine Praxis, die Sie in ihrer realen Breite nicht ansatzweise selber sehen haben?
Zur Information: ich bin Ingenieur und kein Lehrer!
Man kann der heutigen Jugend nur sagen: Staatsdienst ist Sklavenarbeit!
Wow, jetzt mal langsam.
AntwortenLöschenWir leben in einem demokratischen Staat - dazu gehört auch die freie Meinungsäußerung.
Auch wenns weh tut. Da muss man auch mal die Meinung eines Herrn Gysi oder rechten Schattengewächsen aushalten...
Die Meinung eines Profs finde ich dagegen noch ziemlich angenehm :-)
Zur Sache:
Es steht außer Frage, dass das Bildungssystem in Deutschland so ziemlich an jeder Ecke krankt.
Ja, Lehrer sind unterbezahlt.
Aber auch: Das unflexible Beamtentum bietet kaum Anreize zur Leistung.
Und meine persönliche Beobachtung:
Viel zu viele studieren auf Lehramt, weil es "leichter" ist oder "weil ich nicht wusste was ich studieren sollte"... Traurig, aber wahr.
Und die wenigen motivierten und talentierten Lehrer, die ich hatte waren nach 3-4 Jahren fertig mit der Welt. Frustriert von verzogenen Kindern, der mangelnden öffentlichen Wertschätzung, unfähigen Rektoren, unflexiblen Lehrplänen und schließlich Eltern, die von den Lehrern fordern, was eigentlich ihre Aufgabe wäre.
Es hapert eben leider an allen Ecken. Also was tun?
Bessere Lehre, Bessere Auswahl (der Studenten), praxisbezogenes Studium (die Idee mit der BA find ich ziemlich gut), besseres Gehalt?
Das sind alles gute Ideen.
Bleibt immer noch ein riesiges gesellschaftliches Problem bzw. einem kollektiven Versagen der Elternschaft:
Wie sonst kann es sein, dass in einer 8.Klasse eines Gymnasiums meinem Geschichtslehrer vorletztes Jahr Stühle entgegen geflogen sind? - Das Beispiel zeigt, dass es nicht nur die Rütli-Schulen sind, an denen so einiges aus dem Gleichgewicht geraten ist...
Hier wäre Eigenverantwortung der Eltern gefragt. (Achtung, jetzt kommt eine geniale Überleitung zu meinem anderen Comment ;-) )
Doch leider hat man sich in Deutschland darauf eingeschossen immer den Staat anzurufen:
(Obrigkeitshörigkeit verfolgt uns schon Jahrhunderte)
Ich bin arbeitslos? Der Staat soll es richten!
Meine Kinder sind verzogene Drecksäcke? Die Lehrer sind schuld! Der Staat soll was machen!
Integrationsprobleme? Der Staat soll was machen!
Mein Kind spielt Killerspiele? Der Staat soll sie verbieten!
Flatrate-Saufen? Der Staat muss eingreifen!
Bankenkollaps? Der Staat muss eingreifen! (Und das von einem Befürworter des freien Marktes)
Man traut einer Politiker-Klasse, die sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen kann und es sich recht komfortabel im Reformstau bequem gemacht hat mehr zu, als sich selber.
Wann lernt diese Gesellschaft endlich mal Eigenverantwortung?
Oha - wie tiefsinnig und das um diese Uhrzeit :-)
Du hast im Prinzip schon recht. Nur braucht es eben für die Entfaltung von Eigenverantwortung vernünftigte Rahmenbedingungen. Wenn beispielsweise beide Elternteile den ganzen Tag voll Existenzangst in prekären Arbeitsverhältnissen schuften und am Ende des Monats trotzdem kein Geld mehr da ist - dann kümmert man sich nur noch sehr eingeschränkt um die Hausaufgaben des Kindes. Der Staat ist gefragt, die Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen eine Gesellschaft dann eigenverantwortlich handeln kann - und Insitutionen zu schaffen, die bei Versagen dieser Eigenverantwortung eingreifen können.
AntwortenLöschenÖhm, in letzter Zeit muss ich sagen, dass alles immer mit prekären Arbeitsverhältnissen oder niedrigem Einkommen begründet zu werden versucht. Aber so einfach ist es nicht. Gabs mal nen guten Artikel dazu: Wir sind ein weinerliches Volk von Weicheiern, Besitzstandswahrern, notorischen Nörglern und Sozialautisten. Unsere Omas und Opas haben sich noch auf ihrern Arsch gesetzt und die Familie durchgebracht - und da gings nicht nur um Geld, sondern um s Essen an sich. Da wurde für Kartoffeln gearbeitet und nicht für Zigaretten. Ich kann das "der Staat muss" nicht mehr hören...
AntwortenLöschenIch verstehe nur nicht, warum immer wieder so getan wird als ob wir die Zeiten unserer Großeltern wieder herholen müssten...ich meine, wozu brauche ich denn den Staat, wenn nicht, um meinen Lebensstandard zu bewahren? Dafür, dass er Kriege in Übersee führt? Sicher nicht.
AntwortenLöschenAlso Kriege in Übersee haben wirklich kaum nutzen für uns... Lebensraum im Osten sowie ein Überfall auf Frankreich würde uns deutlich mehr nutzen!
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