Dienstag, 17. Februar 2009

Der Erhard-Krieg

Von vielen unbeachtet tobt in der Republik gerade ein Spin-Krieg, für dessen Führung Schäuble nicht einmal das Grundgesetz kippen müsste. Es handelt sich um den Erhard-Krieg, es kämpft die CDU gegen die Wahrheit. Und es sieht gut aus für die Krieger, denn Widerstand regt sich eigentlich nirgends.
Um was geht es konkret? Die CDU versucht gerade mit aller Kraft, die Geschichte neu zu schreiben. Ludwig Erhard, das haben CDU-Spindoktoren richtig erkannt, ist in der BRD ausnehmend positiv konnotiert, so wie etwa auch Willy Brandt (den Lafontaine ständig für sich zu instrumentalisieren versucht). Nichts liegt also näher, als die vermurkste Politik der Gegenwart mit der erfolgreichen Politik der Vergangenheit zu verknüpfen und so ein bisschen des alten Glanzes auf den neuen Müll zu werfen. Die CDU muss das nicht alleine tun; die INSM macht auch kräftig mit. Es ist aber die CDU, die das ganze auch personalpolitisch unterfüttern kann. Das Schöne für sie ist, dass außer der SPD keine andere Partei versuchen kann, Erhard für sich zu reklamieren, und die SPD verbleibt in ihrer politischen Totenstarre. Bereits Glos hat sich eine Erhard-Büste ins Büro gestellt (wie nach seinem Abgang in den Zeitungen höhnisch vermerkt wurde. Es ist ohnehin interessant, dass zwar nach Glos' Abgang plötzlich alle wussten wie unfähig er eigentlich war, davor aber nie), nun erklärt auch Guttenberg, dass er sich in der Tradition des großen Wirtschaftsministers sehe. Guttenberg! Ein Mann, der von sich selbst sagt, er sei "eher marktliberal" und radikal für die praktisch vollständige Abschaffung des Sozialstaats eintritt, sieht sich in der Tradition Erhards? Wie lächerlich ist das?
Leider nicht besonders. Denn den Spindoktoren ist es in der vorgehenden Kampagne gelungen - niemand sollte sagen, die Leute würden nicht professionell arbeiten -, Erhard umzudichten. Besonders die INSM kann sich hier den Erfolg auf die Fahnen schreiben, denn sie hat als Meinungsimpulsgeber die Marschrichtung vorgegeben und Erhard als ersten Neoliberalen etabliert. Dass das so ziemlich das Gegenteil dessen ist, was Erhard vertreten hat fiecht sie nicht an; sie reißt einfach ein paar Zitate aus dem Zusammenhang, die ihre Version zu unterstützen scheinen, werfen ein paar Werbemillionen in den Ring und fertig ist das neue Geschichtsbild. Kritisch hinterfragt wird dies in der Presse natürlich nicht. Erstens müsste man sich dafür mit ziemlich mächtigen Leuten anlegen, zweitens mit der CDU und drittens auch noch ein bisschen denken und recherchieren. Anstatt also Spott und Hähme über Guttenberg auszugießen, der sich hier mit gänzlich unpassenden fremden Federn zu schmücken versucht, plappert man fröhlich alle seine hohle Phrasen nach und verweist nebenher noch auf seine elf Vornamen, die leider nur zehn sind. Aber das macht nichts, denn das ist der Qualitätsjournalismus, der den Blogs ja um Längen überlegen ist.
Was aber bedeutet das Ganze für die SPD, die ich vorher als einzige potenzielle Gegner im Erhard-Krieg erwähnt habe? FDP und Grüne können sich Erhards genausowenig bemächtigen wie die LINKE. Obwohl letztere programmatisch durchaus Ähnlichkeiten entdeckten könnten (zumindest so viele wie die INSM), wäre der Versuch publizistischer Selbstmord. Nein, die Linke wird weiter versuchen SPD-Legenden für sich zu reklamieren. Bald wird Gisy noch seine innige Liebe zu Helmut Schmidt erkennen, ich sehe es kommen. Die SPD ist allerdings näher an Erhard, als es den Anschein hat. Würde sie wirklich den Konflikt mit der CDU suchen und ernsthaft ein Profil bilden anstatt mit ritualisierten Phrasen den Gegner zu attackieren (was in den Medien allerdings auch für Schlagzeilen reicht) könnte sie diesen Fehdehandschuh aufnehmen. Obama hat das sehr erfolgreich mit Lincoln gemacht und den Republikaner so ihre Gründungsfigur genommen und für die Demokraten umgedreht. Das ginge auch hier, aber die SPD ist schlicht unfähig oder nicht willens, auf inhaltlicher Ebene irgendetwas zu versuchen und bleibt in der Hoffnung in der Defensive, vielleicht doch die Große Koalition weiterführen zu können.

2 Kommentare:

  1. Nun mal ehrlich,
    was ist schlimm daran, wenn die LINKE sich auf Brandt beruft?

    Wenn er heute noch unter uns weilen wuerde, er wuerde sich in der LINKEn wohler fuehlen, als in der SPD.

    Verwerflich finde ich da eher schon, dass die SPD es noch wagt, sich auf Brandt zu berufen!

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  2. Nun, direkt schlimm ist daran erstmal ja nichts. Ich wollte nur aufzeigen, dass dieser Versuch des Spin auch bei der LINKEn betrieben wird.

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