Montag, 3. Mai 2010

SPD und LINKE auf der Suche nach einer strategischen Linie

Von Stefan Sasse

Das Herumlavieren sowohl von SPD als auch LINKEr in der aktuellen NRW-Wahl zeigt die Unsicherheit beider Parteien bezüglich der zukünftigen strategischen Linie und die innere Zerrissenheit beider Parteien auf. Auf Seiten der SPD fetzen sich Befürworter einer Großen Koalition oder gar der völlig abwegigen Ampelkoalition mit solchen, die ein rot-grünes Bündnis wünschen und den Wegbereitern einer rot-rot-grünen Koalition. In der LINKEn ist es die Frage nach der Regierungsbeteiligung selbst, die diskutiert wird: soll die Partei überhaupt eine Koalition anstreben oder doch besser aus der Opposition wirken? Beide Fragen wirken wie Fundamentalentscheidungen, die irgendwann einmal beschlossen werden müssen und an deren Beschluss man sich dann hält, aber sie sind es nicht. Die Diskussionsgegenstände sind in ein Netz äußerer Begleitumstände eingewoben, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Koalitionsgerangel bei der SPD

So steht beispielsweise die von einigen dem Seeheimer Kreis nahestehenden Personen immer wieder vorgebrachte Ampelkoalition, die ja auch als offizielles Ziel des Bundestagswahl ausgegeben wurde, für zwei der drei potentiellen Koalitionspartner gar nicht zur Debatte. Die Grünen wollen mit der FDP auf Bundesebene nichts zu tun haben, die FDP will weder mit den Grünen in einem Boot sitzen noch mit den verfehmten Sozen zusammenarbeiten. Eine Wiederauflege eines wie auch immer gearteten sozialliberalen Bündnisses steht für die FDP mit ihrem aktuellen Kurs und Personal sowie mit der aktuellen Wählerschaft völlig außerfrage. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die SPD die Ampelkoalition nur nutzt, um die FDP zu destabilisieren - ein billiger und mehr schlecht als recht funktionierender Versuch, eine Rote-Socken-Kampagne unter umgekehrten Vorzeichen zu installieren. Bislang ist der Versuch fehlgeschlagen, und es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass sich das ändern könnte. Es gibt in der FDP keinen einzigen prominenten Dissidenten, dem man eine Zusammenarbeit mit der SPD zutrauen würde, selbst wenn diese Wolfgang Clement zum Kanzlerkandidaten küren und den Ehrenvorsitz antragen würde. 

Bleibt rot-grün. Die Wiederauflage des Bündnisses ist ein Traum, der durch einige zweifelhafte Umfrageergebnisse aus NRW beflügelt wurde. Doch er ist illusorisch, denn er erfordert zwei Dinge, die gegenwärtig nicht gegeben sind: zum Einen muss die SPD stärkste Fraktion werden, und zum anderen muss die LINKE aus dem Parlament gehalten werden. Beides ist in Hessen bei einer vergleichbaren Grundsituation fundamental gescheitert, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass dies in NRW klappen könnte - von der Knappheit eines hessischen Ergebnisses ist Kraft meilenweit entfernt, die CDU wird klar stärkste Partei werden. Davon abgesehen ist die Bindung der Grünen an die SPD lange nicht mehr so stark oder gesichert wie noch weiland 1998. Die Grünen liebäugeln offen mit der CDU und haben fast doppelt so hohe Wahlergebnisse wie früher. Unter diesen Vorzeichen wurde rot-grün bislang nicht ausprobiert, weswegen die Koalition ähnlichen Testcharakter hätte wie in den 90er Jahren. Die Propagierung einer rot-grünen Zielvorstellung dient hauptsächlich dazu, integrierend zu wirken. Rot-Grün ist eine Koalition, mit der sich praktisch die gesamte Partei anfreunden könnte.
Bleibt die Große Koalition, die in NRW tatsächlich groß wäre. Sie ist für die Seeheimer das Ideal. Man hält die kleinen Parteien draußen, hat genügend Posten zu verteilen, die in diesem Fall hauptsächlich an die ideologisch völlig freien Seeheimer fallen dürften und kann sich mit der CDU relativ gut einigen, noch dazu im ohnehin auf Konfrontationskurs fahrenden NRW. Dass die SPD in einer Großen Koalition langfristig nichts gewinnen kann, steht auf einem anderen Blatt. Als Juniorpartner wird sie in einer nach der anderen zerrieben. Wozu sollte man SPD wählen, wenn man doch den CDU-Ministerpräsidenten bekommt? Die Große Koalition gilt nicht einmal mehr als Training für echte Regierungsbeteiligung oder Ähnliches, wie dies in den 60er Jahren der Fall war. Die SPD tritt darin nur noch als Sachverwalter auf, die Entwicklung einer echten Linie fehlt. 
Genau das ist auch das Problem der alten Tante SPD. Sie hat kein Konzept und eiert durch die politische Landschaft, mal dieses, mal jenes tuend, Kosmetik am Agenda-Kurs betreibend und sich mal von der CDU, mal von der FDP, mal von den Grünen und beständig von der LINKEn die Butter vom Brot nehmen lassend. Es gibt keinen Kerninhalt mehr, der von der SPD vertreten werden würde; für alle Inhalte gibt es mittlerweile eine andere Partei. Dieser Zustand ist für die SPD tödlich. 

Zwei Seelen schlagen ach in meiner Brust - Anatomie der LINKEn

In der Mainstreampresse wird beständig das Bild einer zweigeteilten Partei entworfen: da der ostdeutsche, pragmatische Flügel einer linken Volkspartei, die Regierungsbeteiligungen nicht scheut und pragmatisch arbeitet, dort die sektiererische, aus linken Spinnern bestehende Westpartei, die Oppositionskurs fährt und unsinnige Forderungen erhebt. Die Wirklichkeit ist natürlich viel komplexer und lässt sich auch nicht entlang der Zonen-Gesäß-Geographie festmachen. Grundsätzlich ist diese Einteilung aber näher an der Wirklichkeit, als den Anschein hat. 
Denn tatsächlich gibt es zwei mächtige Strömungen in der Partei, die sich hinter den Kulissen bekämpfen. Die eine Strömung favorisiert Bündnisse mit der SPD und, wenn es sein muss, auch mit den Grünen, obgleich die LINKE mit dieser Partei nicht viel verbindet. Die grüne und linke Klientel unterscheiden sich ziemlich drastisch, und der bildungsbürgerliche, ökologische Habitus der Grünen und deren, sagen wir, gewandeltes Verhältnis zu Kriegseinsätzen und anderen linken Kernfragen haben diese Parteien ähnlich stark entfremdet wie die SPD und ihre gefallenen Kinder. Im Osten sind solche Bündnisse auch öfter möglich; Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sind hier Beispiele. Beinahe wäre es in Thüringen zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen, wenn doch die Wahlergebnisse nicht gar so gut für die LINKE gewesen wären. In Sachsen dagegen ist die beherrschende Stellung der CDU zu stark. Unter dem Einfluss Oskar Lafontaines wurde auch die saarländische LINKE dieser Gruppe zugehörig. Man arbeitete auf ein rot-rotes Bündnis hin, um sich im Saarland eine westdeutsche Machtbasis zu schaffen, von der aus man hätte arbeiten können. Daraus wurde bekanntlich nichts, SPD und Grüne verweigerten sich beide der Idee. Man kann darin durchaus eine persönliche Niederlage Lafontaines sehen. 
Auf der anderen Seite finden sich diejenigen Strömungen in der Partei, die gegen jegliche Regierungsbildung sind. Dies hat unterschiedliche Gründe: die Unerfahrenheit der westlichen Landesverbände ist ja, auch wenn sie gerne als Propagandagegenstand von ihren Gegnern genutzt wird, durchaus vorhanden. Erst einmal ein oder zwei Legislaturperioden Erfahrung im parlamentarischen Betrieb zu sammeln, bevor man Verantwortung übernehmen will liegt da nahe. Andere Gruppen wie etwa die Kommunistische Plattform lehnen Koalitionen aus prinzipiellen Gründen gänzlich ab. Sie streben oftmals revolutionäre Veränderungen an. Man ist sich nie sicher, wie sie diese zu verwirklich hoffen. Erwarten sie irgendwann eine 51%-Mehrheit für die Partei Die Linke?
Doch auch die LINKE hat nicht den Luxus, diese Entscheidung im stillen Kämmerchen ausfechten zu können. Es ist Fakt, dass sich die Wählerzahlen von einem guten Teil Protestwähler speisen, die den herrschenden Parteien einen Denkzettel geben wollen. Daraus erklärt sich die bisweilen arg schrille Rhetorik der LINKEn. Doch die Frage nach Koalitionen stößt an die gleichen Grenzen wie bei der SPD: es fehlt einfach der Partner. Die SPD und die Grünen sind nach Lage der Dinge nicht willens, eine Koalition mit der LINKEn einzugehen. Es scheint so, als würde sich das gebetsmühlenhaft vorgetragene Bekenntnis der LINKEn, jederzeit eine Koalition mit der SPD einzugehen, wenn diese nur wolle, zu einem reinen Wahlkampfslogan verwandeln. Da die offizielle Sprachregelung von der SPD dafür im Gegenzug ein praktisch völliges Eingehen auf die Maximalforderungen der LINKEn - Hartz-IV abschaffen und den Krieg in Afghanistan sofort beenden - erbringen soll, wird das schlicht nie passieren. 

Programmatische Ziellosigkeit hüben wie drüben

Auch der Vorwurf der Gegner der LINKEn, sie verfüge über kein Programm, ist nicht von der Hand zu weisen, und daraufhin zu erwidern, die anderen hätten auch keins ist zwar richtig, aber wenig zielführend. Das Programm der LINKEn speist sich derzeit aus einem bunten Haufen Wahlkampfforderungen, der von der Einführung der Gemeinschaftsschule über den Rückzug aus Afghanistan zur Erhöhung von Hartz-IV zwar lauter diskussionswürdige Einzelpositionen zusammenfasst, aber ein stringentes Konzept vermissen lässt. Das Programm enthält Bonbons für frustrierte Gewerkschafter und Ex-SPDler ebenso wie Remineszensen an die altlinke Klientel. 
Bei der SPD sieht es, wie bereits oben konstatiert, noch düsterer aus. Sie geistert gerade völlig orientierungslos durch die politische Landschaft und zehrt noch immer von ihrer Substanz. Der Vorstoß Gabriels, doch Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat zu nominieren - über drei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl! - zeigt das deutlich. Steinbrück dürfte der einzige SPD-Parlamentarier sein, der in der Presse noch ein halbwegs gutes Renommee genießt. Auf diese Weise bringt Gabriel die SPD ungefährlich und billig in die Schlagzeilen. Aber ein Kanzlerkandidat ist kein Konzept, und schon gar nicht so ohne jeden Bezugsrahmen und weit entfernt von einer Wahl oder Perspektive dafür. Es ist vielmehr albern. 
Die Gesichtslosigkeit der SPD wird jedoch vom schlechten Ruf der LINKEn getoppt. "Chaostruppe" ist ein völlig unangebrachtes Attribut, das man ihr in der NRW-Wahl gerade wieder erfolgreich angeheftet hat. Sie gilt als eine Partei der Verlierer, als eine Partei, die völligen Unsinn in dem Bewusstsein fordert, ihn ohnehin nie umsetzen zu müssen. Wer dafür Beweise fordert, braucht nur nach Berlin zu blicken, wo die LINKE eine Politik macht wie es die SPD nicht besser könnte und vom Wähler prompt dafür massiv abgestraft wurde. Doch dieser Ruf haftet der LINKEn, man muss es leider sagen, nicht zu Unrecht an. Will man diesen Ruf nicht - und das setze ich jetzt freundlich einfach einmal voraus - dann ist die PR der Partei ein einziges Desaster. Völlig intelligenzbefreite Wahlslogans wie "Reichtum für alle", Forderung nach einer Erhöhung von Hartz-IV um einen Betrag, der keinerlei Fundierung hat - warum 500 Euro? Warum nicht 600 oder 400? - und nicht zuletzt der inflationäre Gebrauch des Wortes "sozial" ohne jegliche programmatische Unterfütterung hinterlassen beim Beobachter tatsächlich das Bild einer reinen Protestpartei. Sicher, wann immer Oskar Lafontaine spricht, oder Gysi oder Wagenknecht, kommen sehr vernünftige Dinge dabei heraus. Sie sind durchaus nicht dumm. Aber für die LINKE hat das Wort "sozial" inzwischen die gleiche Bedeutung wie "Freiheit" für die FDP. Es ist ein Slogan, den man an sich gerissen hat und der von keinem Inhalt gefüllt ist. So wie die FDP jede Kürzung mit dem Etikett "Freiheit" versieht, so schlägt die LINKE beständig vor Geld mit vollen Händen auszugeben und etikettiert dies dann mit "sozial". 
Versteht mich nicht falsch, viele Vorschläge der LINKEn sind absolut unterstützenswert, und ich sehe beispielsweise eine Erhöhung von Hartz-IV als absolut notwendig an. Nur der Eindruck, den die Partei beim Vorbringen dieser Forderungen erweckt ist verheerend. Die Konzeptlosigkeit, die dabei zum Ausdruck kommt, verrät nichts über die LINKE in Regierungsverantwortung. Was wird sie tun, wenn sie in einem westdeutschen Landtag an die Macht kommt? Dasselbe wie in Berlin? Wozu wählen wir die dann überhaupt? Und wenn nicht, was dann? Ich sehe keine echte Antwort darauf. Es ist natürlich unfair, das von einer Partei zu verlangen, die noch nie eine Regierung gestellt hat. Aber bei der FDP weiß ich immerhin, dass sie Posten und Steuersenkungen verkaufen. Da kann ich mich drauf verlassen. Bei der LINKEn? Keine Ahnung, was da am Ende rauskommt. 

Links: 
Feynsinn kommentiert Gabriels Vorschlag, Steinbrück zum Kanzlerkandidaten zu machen
Sahra Wagenknecht im taz-Interview, absolut lesenswert

18 Kommentare:

  1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Hallo Stefan,

    Irgendwie hast du in deiner Analyse einen Denkfehler....nein, sagen wir eher einen nicht beachteten Punkt:

    Wir haben mittlerweile ein 5-Parteien-System, welches sich vor allem dadurch auszeichnet, dass 4 dieser 5 Parteien praktisch ähnliche Politik machen. Rot-Grün hat sich wie alle Linken Bündnisse nach dem Machterhalt sogleich in Richtung dieser ominösen "Mitte" orientiert und dem Volk klassische konservative Politik präsentiert(vielleicht nicht ganz klassisch konservativ, aber der Hang zur Geschäftemacherei war eher ausschlaggebend als das Wohl der eigenen Klientel). Von Schwarz Gelb kann man beim Besten Willen nichts anderes erwarten.

    Und genau dort kommt die Linke ins Spiel: Es geht ja um eine Partei, die anders sein will. Die in allen Richtungen nach Alternativen sucht und natürlich den Anspruch für sich selbst hat, anders als alle anderen zu sein.

    Die Frage ist doch: Inwiefern ist es sinnvoll, einer solchen Partei eine Programmatik einzuimpfen, die sie ja im Anschluß dann doch wie die anderen 4 Parteien erscheinen lässt?

    Warum ein stringentes und schlüssiges Konzept?
    Die Grünen sind in der Vorreiterrolle, wenn es darum geht, genau so etwas so lange an die Realität anzupassen, bis sich real gemachte Politik und Programmatik de facto nicht mehr unterscheiden. Wieso braucht die Linke jetzt auch zwangsläufig so etwas? Weil man dann der Partei besser nachweisen kann, was sie umgesetzt hat und was nicht? Interessiert das irgendjemanden? Mit den Fehlern der SPD in dieser Frage kann man Bücher füllen.


    Ich hoffe du weißt, was ich damit meine (ich neige dazu, alles unnötig zu verkomplizieren), du versuchst hier eine Partei in ein für dich nach Partei anmutendes Grundgerüst zu basteln, welches die Partei von sich selbst aber überhaupt nicht will.

    mfg Hösch

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  3. Verstehe ich nicht.

    Wenn Vermögen und Einkommen immer ungleicher verteilt wird, stirbt die Demokratie.

    Ein Konzept dass die Demokratie stärkt, in dem höhere Erbschafts- und Einkommenssteuern realisiert werden sollen ist sehr begrüßenswert.

    Es ist zugleich eine proeuropäische Politik.
    Da Deutschland klare Signale gibt, mit Steuerdumping lassen sich die Maastrichtkriterien nicht einhalten.

    Das Programm der Linken ist die letzte Stimme der Vernunft.

    Wenn ich mir die Kommentare im Nachbarblog Weissgarnix ansehe: " Das Geldsystem ist unser Untergang " wird mir schlecht angesichts der völligen Konzeptionslosigkeit.

    Eine Spielwiese für Halbverückte.

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  4. Hallo Hoerschler,
    ein stringentes Programm zu entwickeln heißt ja nicht, die anderen zu kopieren - man kann, ja, muss auch eine Vision entwickeln, die von ihnen abweicht. Aber genau das sehe ich bei der LINKEn nicht, sondern eine Ansammlung aus Protestpunkten und anderen Forderungen, die kaum zusammenpassen und, 1:1 umgesetzt, auch keine gesellschaftlich definierbare Wirkung entfalten.

    @Anonym:
    Wie gesagt - einzelne Punkte sind vollständig vernünftig. Ich vermisse eine Vision.

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  5. Ich habe eine Vision, sogar eine linke Vision.

    Angst essen Seele auf.

    Bauen wir eine angstfreie Gesellschaft.

    Und erkennen wir, WIR SIND ALLE GRIECHEN!

    Ich stelle mir gerade die Angst und Verzweiflung vieler Griechen vor.

    Ackermann hat keinerlei Mitleid.

    Niemals mit niemandem.

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  6. Die Linke dürfte zwei Probleme haben:

    - Zusammenarbeit mit Parteien, die zwischen 1998 und 2005 (bzw. 2009) eine Politik gemacht haben, die fast allem widerspricht, was Position der Linken ist.
    - Das abschreckende Beispiel der Grünen, das zeigt was passieren kann, wenn man seinen Focus zu sehr auf "Regierungsfähgkeit" legt. Dabei können nämlich die eigenen Inhalte komplett unter die Räder kommen. Wie bei den Grünen, die - abgesehen von der Ablehnung der Atomkraft - alle eigenen Pferde zum Abdecker gebracht haben.

    Und wenn man ehrlich ist, muss man zugeben das diese Vorbehalte einige Berechtigung haben.

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  7. Selbstverständlich. Ich kann mich nur wiederholen: ich will keine fünfte Partie, die eine murksige angebotsorientierte Politik des heiligen Sinn macht. Aber eine Partei, die teilweise vollkommen Schwachsinn fordert, um Proteststimmen abzugreifen will ich auch nicht.

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  8. Tja - wie immer bleibt wohl nur, das kleinere Übel zu wählen.

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  9. Also da schaun wir mal:
    Wählt man SPD, erhöht das die Chancen auf ne GroKo (mal vorausgesetzt, die SPD überholt die CDU nicht).
    Wählt man die Grünen, erhöhen sich die Chancen auf Schwarz-Grün (unter der Voraussetzung das Grüne + SPD nicht allein die Mehrheit holen).
    Wählt man die Linke, so steht es der SPD und / oder den Grünen frei, zwischen eine Koalition mit der CDU und einer mit der Linken zu wählen.
    Also selbst eine Richtungentscheidung zu treffen (auf die man ohnehin keinen Einfluss hat).

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  10. Das Problem ist, das wir so radikal umdenken
    MÜSSEN, dass jeder der es heute schon tut, als
    Spinner oder schlimmeres abgetan wird. Viele labern von "Wende" hin zum " Besseren", vernünftigem Wirtschaften, weg von der BWL hin zur VWL.Aber was das genau ist, das kapiert
    entweder kaum einer, oder man tut so als wenn
    man es nicht kapiert.

    Kaum ein Mensch überblickt und erkennt wirklich
    die Dimensionen um die es geht.

    Was die Linke angeht:Ich halte allein
    den Spruch "Reichtum für alle" für Unsinn.
    "Gerechtigkeit für alle", wäre wohl besser
    gewesen. Wer sich das da oben ausgedacht hat,hat
    einen an der Waffel!

    Aber ansonsten hat die Linke, so unausgegoren
    vieles noch wirken mag, als einzige Partei das
    Wohl des Volkes im Blick!Was man von KEINER
    anderen Partei auch nur ansatzweise sagen könnte.Im Gegenteil...

    Aber sie sollen ruhig noch mal die wählen die
    sie jetzt schon ausnehmen wie die Weihnachtsgänse!

    Unser durch und durch korruptes und unfähiges
    Parteiensystem in D.ist dabei sich selbst zu
    eliminieren! Denn nicht mehr in Berlin oder in
    den einzelnen Landesparlamenten wird entschieden!
    Nein entschieden wird auf ganz anderen Ebenen.

    Die Politiker die wir heute haben sind nur noch
    Funktionseliten für die großen Vermögen und die
    Interessen der Reichen und des Kapitals!Das ist
    heute doch schon ganz klar zu sehen. Wenn man
    will...

    Wir werden in den nächsten 1-5 Jahren noch
    erleben wie toll uns dieses Parteiensystem
    regiert hat! Wer Augen und Ohren hat und nicht
    auf ihnen sitzt, sollte heute schon geläutert
    sein. Aber ich glaube der deutsche Michel braucht noch ne Extradröhnung...

    Ich hoffe das Rüttgers die Wahl gewinnt. Das
    würde diese Geister noch anstacheln,genau das zu
    tun was uns noch tiefer in die Scheisse
    reinreitet. Das solche Leute wie Rüttgers, nach
    dem was mittlerweile selbst der Unbedarfteste über den weiss, noch von der Mehrheit gewählt wird, das ist das eigentlich lächerliche! Unfassbar, aber daran sieht man wie sich unsere
    Werte schon verschoben haben!

    Sind wir ein Volk von Idioten, Duckmäusern und
    Schwanzeinziehern? Ist Pisa nicht noch eine
    Beschönigung der Situation unseres Volkes? Wie
    lange dauert es bis man merkt WER einen ausnimmt
    und belügt und betrügt? Jeder negative Kommentar
    zur Linken ist schon allein deshalb ein Hohn,
    weil die überhaupt nix für die jetzige Situation
    können.

    Man,man,man was für eine Zeit, nicht zu fassen..

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  11. Selbst "Gerechtigkeit für alle" halte ich nicht für so supderduper, weil "Gerechtigkeit" extrem subjektiv ist. In meinen Augen sollte man den Erhard-Spruch "Wohlstand für alle" hijacken.

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  12. Ganz ehrlich: Ich wähle z.Z. die Linke, damit sie die anderen Parteien vor sich hertreibt. Eine Regierungsbeteiligung könnte sich für meine Strategie negativ auswirken. Und wen wähle ich dann...?

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  13. @Tim: geht mir auch so.
    @Freidenker: Du willst eine "Vision", und die soll auch noch realistisch im Sinne unserer realen Macht- und Gesellschaftsverhältnisse sein.
    Angesichts unserer Situation halte ich das für unmöglich, die Proteststimmen sind IMO realistischer als die, welche "Realismus" verlangen.

    sorry, falls das wirr klingt

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  14. Hallo Stefan,

    welche Forderungen sind den für dich vollkommener Schwachsinn und welche entfalten keine gesellschaftlich definierbare Wirkung?
    Liste mal einige auf, den meiner Meinung nach ergeben fast alle einen Sinn.

    Gruß

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  15. Ich finde den Wahlspruch Reichtum für Alle gut.

    Denn hohe Steuern auf grosse Vermögen und grosse Einkommen machen privaten Reichtum zu öffentlichem Reichtum für Viele.
    Wir brauchen den besten und sichersten Nahverkehr damit unsere Kinder zur Schule kommen. Und nicht für einige Kinder die im Maybach zur Schule gefahren werden.

    Aber es ist nun mal so, dass nicht nur Bild, FAZ, SZ und ARD Kampagnen gegen die Linken absprechen.

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  16. Der Wahlspruch Reichtum für Alle ist genial.

    Durch hohe Steuern auf grosse Vermögen und grosse EInkommen wird privater Reichtum zu öffentlichem Reichtum.

    Wir brauchen den besten und sichersten Nahverkehr damit unsere Kinder zur Schule kommen.

    Aber so ist es , gegen den Kampagnenjournalismus hat es die Linke schwer.

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  17. Ich halte den Slogan "Reichtum für alle" ebenfalls für problematisch ... einfach, weil eine andere Forderung lautete "Reichtum besteuern". Und wenn einem beide Plakate in dieser Reihenfolge im Abstand von etwa 50m begegnen, reizt das bestenfalls zum Schmunzeln.

    Materieller Reichtum ist außerdem immer relativ; wenn alle also über materiellen Reichtum verfügen, ist dies keiner mehr, sondern schlicht der herrschende Lebensstandard (im Überfluss).

    Der bereits (irgendwo da oben) erwähnte Ausspruch Erhards vom Wohlstand für alle suggeriert ein angenehmes und weitgehend von materiellen Sorgen befreites Leben noch diesseits des Überflusses.

    Grund für die Zwickmühle der LINKEn ist meiner Meinung nach der versuchte Spagat zwischen Akzeptanz des der Wirtschaft zugrunde liegende (und durch Werbung + mangelhafte Bildung verfestigte) Annahme, dass die Bedürfnisse des Menschen unbegrenzt seien einerseits und der Idee einer Welt, die eben nicht kraft verfügbarer Finanzen geordnet und beherrscht wird, andererseits. (sry für diesen Bandwurmsatz!)
    Das Eine ist notwendig, weil diese wirtschaftliche Annahme, von der ich sprach, mittlerweile in den Köpfen der meisten Bewohner unseres Landes festsitzt und jeder andersleitende Vorschlag als utopisch abgetan wird (... und folglich die Partei auf einige viele Stimmen verzichten müsste).
    Das Andere hingegen Ausdruck einer echten Sorge um die Menschen und dem wahren Wunsch, die Dinge anders zu regeln.

    ... so empfinde ich die Lage jedenfalls.

    In dieser Situation ist es gar nicht möglich, ein zusammenhängendes Programm zu formulieren und zu vertreten - es bleiben spezifische Forderungen.

    Anmerkung: Ja, Menschen haben unbegrenzte Bedürfnisse - ideeller Natur. Das Bedürfnis nach Glück, Liebe, Geborgenheit u.Ä. ist schrankenlos ... man kann es jedoch nicht käuflich befriedigen.
    Mittels Werbung und mangelhafte Bildung wird jedoch das Gegenteil vermittelt und damit auch der Anschein der Notwendigkeit einer Verteilung knapper Güter nach Zahlungsfähigkeit zementiert und quasi zum Axiom erhoben.

    ... und nochmal sry fürs Weitschweifen ... ;)

    Grüße,
    anq

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  18. Wenn sich zwei anscheinend widersprechende Forderungen wie "Reichtum für alle" und "Reichtum besteuern" auf nur 500 m begegnen, kann einen das "bestenfalls zum Schmunzeln" reizen. Vielleicht aber könnte man auch - wenn man einen solchen scheinbaren Widerspruch bemerkt - seinen Denkapparat in Betrieb setzen. Unstrittig ist doch wohl, dass in einer Gesellschaft, in der gearbeitet wird, auch Reichtum erarbeitet wird, finanzieller, in Form von Gütern, oder auch geistig-kultureller. Und da ist einfach die Grundfrage, was mit diesem gemeinsam erarbeiteten Reichtum geschieht. Kommt er einigen wenigen zugute oder möglichst vielen, sprich der Allgemeinheit, oder, noch simpler, ist er "für alle" da? Das ist er in der gesellschaftlichen Realität dieses Landes natürlich nicht. Und da das so ist, ist es auch eine sinnvolle Forderung, wenn man den Reichtum, der sich bei wenigen konzentriert, auch ordentlich besteuert, um ihn zugunsten der Allgemeinheit wenigstens ein wenig umzuverteilen. Und was den Vorwurf des fehlenden Parteiprogramms angeht, meines Wissens wird er gerade heftigst bei den Linken diskutiert, teilweise wohl sogar bis aufs Messer. Freilich muss am Ende darüber abgestimmt werden, aber eben erst am Ende. Und da haben dann auch die Linken ein Parteiprogramm, an dass sie sich - wie jede andere Partei in der Bundesrepublik - gerade eben nicht halten werden und es bei tagesaktuellem parteitaktischen Bedarf in die Mülltonne treten. So ist nun einmal die Spielart der parlamentarischen Demokratie, wie sie sich hierzulande eingebürgert hat. Da kann man nun den Linken vorwerfen, dass sie auf diesem Wege noch nicht so weit vorangekommen sind - oder man kann (vielleicht auch vergeblich) hoffen, dass sie nicht dahin kommen werden.

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