Freitag, 14. November 2008

Fundstücke 14.11.2008

"Alle müssen lernen, mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten"
DRK - In scharfen Worten hat der Historiker Hans Mommsen die Reaktionen der Öffentlichkeit auf das Scheitern der rot-rot-grünen Regierungspläne in Hessen kritisiert. Den Medien warf der renommierte Zeithistoriker vor, eine durch eine Kampagne "unsinniger Art" irrationale Ängste der Wähler vor der Linkspartei geschürt zu haben.
Anmerkung: Aus dieser Quelle ist die Aussage gleich doppelt gewichtig. Hört euch das (kurze) Interview ruhig an, es ist eine Wohltat, wie wütend der Historiker auf den Quatsch reagiert, der sonst in den Medien verbreitet wird und wie er den Reporter an die Wand argumentiert.
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Niemals nie nicht

Freitag - Die Sozialdemokraten haben, so ist es nun jeden Tag zu hören, eine Lehre gezogen: Um nicht noch einmal in die von der Union aufgestellte "Wortbruch"-Falle zu laufen, gilt jetzt ein Gegen-Tabu - niemals mehr nie zu sagen, außer natürlich auf der Bundesebene. Müntefering erklärt das Problem der Kooperation mit der Linken inzwischen gar für "überschätzt in seiner Bedeutung für die Bundestagswahl". Da ist Hoffnung die Mutter der Porzellankiste, denn Union und Medien werden kaum darüber hinwegsehen, dass im nächsten Jahr fünf Landtagswahlen anstehen, bei denen die Frage "Wie hältst du es mit der Linkspartei" eine entscheidende ist.
Anmerkung: Sehr informativer Hintergrundartikel ohne parteiisch zu sein, Lesebefehl!
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Sie SPD-Fraktion steigt aus

FR - Es ist schon allein bemerkenswert, wenn Fraktionen ihrem eigenen Führungspersonal öffentlich "Unsinn" vorwerfen. Noch bemerkenswerter ist es, wenn die Abgeordneten innerhalb weniger Tage gleich zwei Vorhaben ihrer Regierung kassieren. In Zeiten normaler, nicht-großer Koalitionen wäre sofort von einer Führungs-, wenn nicht von einer Regierungskrise die Rede.
So verweigerte die SPD-Fraktion erst ihrem Vizekanzler die Gefolgschaft und lehnte es ab, wie gewünscht einem Bundeswehreinsatz im Innern unter Auflagen zuzustimmen. Am Dienstag nun notierte SPD-Fraktionschef Peter Struck nicht weniger als 30 Wortmeldungen in der Fraktionssitzung zum Thema Kfz-Steuer. In der aufgeregten Versammlung sprach sich nicht ein einziger Redner für die Pläne der Regierung aus, Neuwagen von der Steuer zu befreien. Dem Partei-Rechten Gerd Andres fiel es dann schließlich auf, dass es doch nicht angehen könne, dass niemand die Pläne gut finde, die Fraktion aber geschlossen für sie stimmen solle.
Anmerkung: Ist das Torschlusspanik vor den Wahlen oder doch ein Hoffnungsschimmer?
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Im Bauch des Sparschweins

Le monde diplomatique - Die Finanzkrise bringt eine einfache Wahrheit zutage: Wir verstehen nicht, was Sparen bedeutet, und wir verstehen nicht, was schiefgehen kann, wenn wir mit einer falschen Vorstellung vom Sparen Wirtschaftspolitik machen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten bei normalem Verbrauch in Ihrem monatlichen Haushaltsbudget einen Überschuss Ihrer Einnahmen über Ihren Ausgaben. Dann sparen Sie und wollen das vermutlich auch, weil Sie ja nicht wissen, ob Sie auch später noch so gut dastehen werden wie heute. Sie wollen Ihr "überschüssiges Geld" (häufig Geldvermögen genannt) erst zukünftig und nicht schon heute für Konsum verwenden. Also vertrauen Sie es jemandem an (einer Bank, die es weiterverleiht, oder direkt einem Kreditsuchenden), von dem Sie glauben, dass er Ihnen pünktlich Zinsen zahlt und am Ende der Laufzeit des Kredits die ganze geborgte Summe zurückgibt. Für Sie sieht es so aus, als könnten Sie auf diese Weise für Ihre Zukunft vorsorgen, als habe Ihr Geld eine eigenständige Wertaufbewahrungsfunktion. Das ist der zentrale Irrtum. Warum?
Anmerkung: Kompetent und verständlich erklärt Heiner Flassbeck das Irrenhaus der aktuellen Wirtschaftspolitik - lesebefehliger kann ein Lesebefehl gar nicht werden.
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Das ist Ihre Rezession, Frau Merkel

FTD - Die Kanzlerin hat auch viel zu lange erklären lassen, dass doch mit der Unternehmensteuerreform genug Entlastung für die Wirtschaft da sei. Dabei gab es per saldo gar keinen Impuls, weil zugleich die Abschreibungsbedingungen verschärft wurden - was zum Einbruch der Investitionen geführt hat. Als fahrlässig erweist sich jetzt auch der vorauseilende Gehorsam Angela Merkels gegenüber den Währungshütern, die womöglich den größten Beitrag zum Desaster geleistet haben. Es könnte als einer der größten geldpolitischen Fehler in die Geschichte eingehen, dass Europas Notenbanker ihre Leitzinsen seit Sommer 2007 nicht gesenkt und im vergangenen Juli grotesker Weise sogar noch einmal erhöht haben. Das wirkt jetzt negativ auf die Investitionen.
Anmerkung: Ja! Ja! Und ja! Es ist so eine Genugtuung bei der FTD zu lesen was wir seit Jahren predigen. Tretet ab, ihr unfähiges Pack!
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Mission Weltverbesserung

FTD - Zu den Parallelen gehört trotz aller Unterschiede, dass es auch jetzt große Wirtschaftsmächte gibt, die sich (bewusst oder unbewusst) über die Konkurrenz zu sanieren versucht haben. Dazu zählen die Chinesen, die ihre Währung trotz gigantischer Exportüberschüsse und zeitweise sinkender Preise im Inland an den (immer billigeren) Dollar gebunden hielten - obwohl Chinas Währung nach Marktlogik längst drastisch hätte aufwerten müssen. Dazu zählen auch die Deutschen, die auf eine andere Billigstrategie setzten: die eigenen Kosten stärker zu bremsen als die Konkurrenz. Mit dem Ergebnis, dass die Deutschen jetzt 200 Mrd. Euro mehr exportieren, als sie bei anderen kaufen. Und dass es selbst im Euro-Raum beängstigende Ungleichgewichte gibt. Dem deutschen Leistungsbilanzüberschuss von knapp acht Prozent der Wirtschaftsleistung stehen Defizite von acht Prozent in Spanien, zehn in Portugal und 15 Prozent in Griechenland entgegen. Germany dankt. In Frankreich hat sich der Überschuss von 2002 in ein Rekorddefizit von fast 70 Mrd. Euro 2008 verwandelt, ähnliches gilt für Italien. Vor allem gegenüber Deutschland.
Anmerkung: Dito.
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