Montag, 3. November 2008

Fundstücke 03.11.2008 (und die Tage davor)

Was ist bloß mit den Weibern los?
Welt - Seit einer neuen Bertelsmann-Studie ist bekannt: Auch Männer möchten Familie und Karriere miteinander verbinden. Doch wie reagieren Frauen auf solche Wünsche, die sie eigentlich nachvollziehen sollten? Mit einer neuen Sehnsucht nach "Mordskerlen". Fragt sich also: Was ist bloß wieder mit den Weibern los?
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Partei der Büchsenspanner
Feynsinn - Jürgen Walter, das neoliberale U-Boot in der hessischen SPD, wäre beinahe ein Ehrenmann. Er macht es anders als der Meuchler von Heide Simonis und stänkert öffentlich gegen den Kurs seiner Chefin. Einiges schränkt dennoch den Respekt vor ihm ein, zum Beispiel seine Motive und die Tatsache, daß er nicht einmal in der Lage ist, sich festzuglegen oder an entscheidenden Abstimmungen teilzunehmen. Walter denkt vor allem an Walter und hält Fraktionsdisziplin offenbar genau dann für verhandelbar, wenn sie nicht seinen Zielen dient. Er weiß sich gestützt durch die machtpolitische Spitze in Berlin und die produzierte Öffentlichkeit. Dies macht ihn stark und trägt ihm den Titel “Gegenspieler” ein, wie SpOn ihn nennt. Ypsilanti muß alles auf eine Karte setzen. Da Walter meint, “Verstecken” spielen zu können, versucht sie, ihn zur “Disziplin” zu zwingen. Die Zustimmung für ihren Versuch, eine illegitime Regierung abzulösen, ist gewaltig. Ihre Gegner berufen sich auf ein “Gewissen”, das sie zuvor noch nie entdeckt haben und ein Wahlversprechen, das an der Realität scheitert.
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Ypsilantis Drahtseilakt
Spiegelfechter - Die Welt, wie wir sie kennen, wird am nächsten Dienstag aufgehört haben zu existieren. Eine Wahl wird die Weichen stellen – nein, es geht nicht um die US-Präsidentschaftswahlen, die nur im Windschatten eines viel bedeutenderen Ereignisses stattfinden: der Wahl des hessischen Ministerpräsidenten. Als einziger Kandidat steht die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti zur Wahl. Wenn man dem Amtsinhaber Roland Koch Glauben schenken darf, droht Hessen im Falle des Machtwechsels die Deindustralisierung, die schleichende Demontage des hessischen Autobahnnetzes und im schlimmsten Falle gar der Kommunismus. Der Untergang des Abendlandes und nur die SPD kann dies noch verhindern. Glaubt man indes der Kandidatin, erblüht am Dienstag im Herzen von Deutschland die soziale Moderne und die ökologische Erneuerung – etwas kleiner geht es bei der SPD-Rebellin anscheinend nicht.
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Ich würde es wieder tun...
ad sinistram - Ein gesegnetes und langes Leben ging am heutigen Tage zuende; ein Leben voller Auszeichnungen und Beförderungen; ein Leben welches nicht nur im Militärischen erfolgreich glänzte, sondern auch in der freien Wirtschaft. Heute starb eines der großen vermenschlichten Mahnmäler des 20. Jahrhunderts; eines Jahrhunderts, welches sich dadurch auszeichnete, das Gewissen argloser Menschen auszulöschen, um dieser oder jener Ideologie im Denken und Handeln Platz zu machen; ein Jahrhundert, welches - wie keines zuvor - den Bürger zum Handlanger der Gewissenlosigkeit degradiert hat.
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Finanzballade: Immer schon dagegen!

Kritik und Kunst - Merkel, Steinbrück sind empört.
Jeder von den beiden schwört:
"Die Vorwürfe? Ganz ungerecht!
Heldisch ging es ins Gefecht
gegen die Entfesslungswut
zeigten wir stets wahren Mut!"
Egal, dass sie Gesetze machten
die den Märkten Freude brachten:
Derivate, Fonds, Verbrieftes
ein geniales und gewieftes
Innovativ-Finanzprodukt.
Da hat man nicht genau geguckt.
Denn wenn im Ministerium
Externe sich ganz schwungvoll
um den Finanzmarkt kümmern,
dann sitzt da schon der rechte Mann.
Für das Ändern von Gesetzen,
die den Markt in Rausch versetzten
will sich auch jetzt kein Finger regen:
"Wir waren immer schon dagegen!"
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Erst Doppelstunde, dann Pause

Jungle World - Zum Beispiel Pisa: Deutsche Schülerinnen und Schüler können schlechter rechnen, lesen und schreiben als die Kinder in vielen anderen Ländern. Das ist nicht gut fürs nationale Prestige – aber sonst? Aus der schlechten Ausbildung resultiere, so heißt es, ein Mangel an Humankapital. Gebrauchen wir ruhig den bedenklichen ökonomischen Ausdruck, denn so wissen wir, was gemeint ist.
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Italiens Niedergang

taz -Unbarmherzig war die Diagnose, die die Unterrichts- und Universitätsministerin Mariastella Gelmini sofort nach ihrem Amtsantritt vor fünf Monaten stellte. Der italienische Bildungsbetrieb, so die junge Senkrechtstarterin aus Berlusconis Partei Forza Italia, sei von "Ineffizienz" und "Mittelverschwendung" geprägt. Wer wollte ihr widersprechen? Italien hat sich einen Stammplatz unter den Pisa-Schlusslicht-Ländern erobert. Und auch Italiens Universitäten drohen international den Anschluss zu verlieren; mit 1 bis 2 Prozent ziehen sie kaum noch ausländische Studierende an. Zum Vergleich: In Deutschland, Frankreich, Großbritannien kommen rund 10 Prozent der Studierenden aus dem Ausland.
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Kirche und Kapital - zur Unzeit versöhnt?

TP - Vor 2000 Jahren hatte der mittellose Wanderprediger Jesus aus Nazareth seinen Zuhörern verraten: "Eher kommt ein Kamel (bzw. Tauseil) durch ein Nadelöhr als ein Reicher ins Himmelreich." Die frühen Kirchenväter haben sich dann den Kopf darüber zerbrochen, wie man den Reichen doch noch einen Ausweg aus dieser heillosen Lage weisen könnte. Die Lösung bestand stets darin, die Güter einer ungerechten bzw. sozial unverträglichen Reichtumsanhäufung den Armen zukommen zu lassen. Aber auch das liegt nun schon wieder mehr als 1500 Jahre zurück.
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Autoexperte verspottet Kfz-Pläne der Regierung

SpOn - Treibstoff für die schlappe Konjunktur: Die Regierung will umweltfreundliche Neuwagen von der Steuer befreien und damit den Autobauern helfen. Die Industrie ist dankbar, Umweltverbände schreien auf - und Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer nennt die Pläne eine Lachnummer.
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Obama goes Oskar

FTD - In den USA müssen Ölkonzerne künftig einen Teil ihrer Gewinne opfern, um Familien zu stützen. Die Reichen müssen mehr Steuern zahlen. Dafür werden Firmen bestraft, die Jobs im Ausland schaffen - oder sich nicht an Sozialstandards halten. Der Staat soll mehr für Infrastrukturprojekte ausgeben, der Mindestlohn einfach automatisch mit der Inflation steigen. Und Gewerkschafter werden besser geschützt, wenn sie ihre Firma bestreiken wollen. Sie haben recht: Das klingt so, als würden die Amerikaner nächsten Dienstag Oskar Lafontaine und Gregor Gysi wählen. Was natürlich Quatsch ist. Das würden die Amerikaner nicht tun. Kein Quatsch ist, dass die Vorschläge bei Barack Obama im Wahlprogramm stehen. Das tun sie. Und den wollen die Amerikaner am Dienstag tatsächlich wählen, wenn Umfragen und Experten nicht völlig danebenliegen.
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INSM zur Finanzkrise

Kritik und Kunst - Endlich äussert sich die INSM, genauer, Michael Hüther, zur Finanzkrise. Der Schock scheint vorbei, der Neoliberalismus versucht jetzt, Gegenspiel zu gewinnen. Angriff ist dabei offenbar die beste Verteidigung. Schon Sinns bekanntlich aus anderen Gründen verunfalltes Interview versuchte ja, Verantwortung zu delegieren - ans systemimmanente Nirwana. Hüther geht, wie wir sehen werden, ganz ähnlich vor. Damit setzt sich das schwarze Peter Spiel also fort. Schauen wir uns seine Argumente ganz ruhig an.
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