Von Stefan Sasse
Unter dem Titel "Die neuen Deutschen" berichtet der Spiegel über eine "exklusiv" über zwei von ihm durchgeführte Umfragen:
Der SPIEGEL hat in diesem Sommer in zwei Umfragen herauszufinden versucht, wem die Bundesbürger noch vertrauen, nach den Enttäuschungen der letzten Monate, nach Schuldendebakel, Präsidentenwahl, Reformstillstand, wer bestehen bleibt als moralische Instanz.
Das ist natürlich schon mal Kokolores. Die Fragen lauteten "Wer verkörpert ein Deutschland, wie Sie es sich wünschen?" und "Wer ist eine moralische Instanz für Deutschland?". Leider "vergisst" der Spiegel darüber zu erwähnen, wie die Umfrage funktioniert hat - also, wie viele Befragte nach welchem Auswahlverfahren es gab und welche Antwortmöglichkeiten - was für eine vernünftige Analyse der Umfrage notwendig wäre. Deswegen ist man auf die Vermutung angewiesen, dass wie üblich um die 1000 "repräsentativ" ausgewählte Menschen per Telefon befragt wurden und dabei aus vorgegebenen Antwortmöglichkeiten wählen konnten. So oder so offenbart der dreiseitige Artikel einen eklatanten Mangel an Nachdenken ebenso wie, wieder einmal, ein Grunddilemma des aktuellen "Qualitätsjournalismus".
Praktisch alle Schlussfolgerungen, die Alexander Smoltczyk in dem Artikel über das Meinungsbild der Deutschen zieht, sind durch die Massenmedien konstruiert. "Alles, wofür Helmut Schmidt damals gehasst wurde, seine Arroganz, seine fischige Kälte und Nüchternheit, wird ihm eine Generation danach hoch angerechnet. " Wer aus der Generation der 20-30jährigen weiß denn ob Schmidt arrogant, kalt und nüchtern ist? Weitere hoch geachtete Persönlichkeiten, die laut der Umfrage Vorbilder für Deutschland sein sollen, sind der unvermeidliche Günther Jauch, Jogi Löw und Bastian Schweinsteiger. Sie besetzen die Plätze 1, 3 und 4 auf der Skala. Schmidt hat den zweiten Platz inne. Die nächsten Persönlichkeiten, die "das Deutschland verkörpern, das sie sich wünschen" sind dann Ursula von der Leyen und Theodor zu Guttenberg.
Wie viele Befragte sich wohl wirklich Gedanken zur Fragestellung gemacht und nicht einfach nur die Beliebtheits-Hitliste der Medien wiedergekäut haben? Günther Jauch, Jogi Löw und Bastian Schweinsteiger sind Promis, deren Beliebtheit unbestreitbar ist. Aber in was repräsentiert denn bitte Jogi Löw ein Deutschland, das man sich wünschen könnte? Was weiß man denn von seinen Ansichten, außer dass er ein recht erfolgreiches Fußballtrainingkonzept hat? Von einem Deutschland, das von Günther Jauch verkörpert wird, bekommt man dagegen das nackte Grausen. Ein ultrakonservativer Knochen verkörpert Deutschland? Eigentlich sollte man annehmen, dass ein Deutschland vom Schlage Günther Jauchs mit dem Kaiserreich untergegangen ist und keine Vorbildfunktion für das 21. Jahrhundert mehr entfalten kann.
Richtig schlimm aber wird es auf Platz 5 und 6, die von von der Leyen und zu Guttenberg eingenommen werden. Zwei Adelssprösslinge, beide systematisch von den Medien hochgeschrieben, die noch nie in ihrem Leben haben ernsthaft arbeiten müssen? Für die Glamourseiten der Yellow Press sicher hervorragend geeignet, aber wie sollen sie Deutschland repräsentieren, wenn es sich nicht wieder zur Monarchie gewandelt hat? Die Beliebtheit dieser beiden Minister ist ein reines Medienprodukt. Gleiches gilt natürlich für Angela Merkel, die sich immerhin noch 60% Zustimmung erfreuen kann und als Vorbild für Deutschland (Gott bewahre!) damit knapp hinter Franz Beckenbauer zum Stehen kommt.
Wie viele Befragte sich wohl wirklich Gedanken zur Fragestellung gemacht und nicht einfach nur die Beliebtheits-Hitliste der Medien wiedergekäut haben? Günther Jauch, Jogi Löw und Bastian Schweinsteiger sind Promis, deren Beliebtheit unbestreitbar ist. Aber in was repräsentiert denn bitte Jogi Löw ein Deutschland, das man sich wünschen könnte? Was weiß man denn von seinen Ansichten, außer dass er ein recht erfolgreiches Fußballtrainingkonzept hat? Von einem Deutschland, das von Günther Jauch verkörpert wird, bekommt man dagegen das nackte Grausen. Ein ultrakonservativer Knochen verkörpert Deutschland? Eigentlich sollte man annehmen, dass ein Deutschland vom Schlage Günther Jauchs mit dem Kaiserreich untergegangen ist und keine Vorbildfunktion für das 21. Jahrhundert mehr entfalten kann.
Richtig schlimm aber wird es auf Platz 5 und 6, die von von der Leyen und zu Guttenberg eingenommen werden. Zwei Adelssprösslinge, beide systematisch von den Medien hochgeschrieben, die noch nie in ihrem Leben haben ernsthaft arbeiten müssen? Für die Glamourseiten der Yellow Press sicher hervorragend geeignet, aber wie sollen sie Deutschland repräsentieren, wenn es sich nicht wieder zur Monarchie gewandelt hat? Die Beliebtheit dieser beiden Minister ist ein reines Medienprodukt. Gleiches gilt natürlich für Angela Merkel, die sich immerhin noch 60% Zustimmung erfreuen kann und als Vorbild für Deutschland (Gott bewahre!) damit knapp hinter Franz Beckenbauer zum Stehen kommt.
Man kann mit diesem ganzen Zahlenunfug eine vernünftige Sache machen: man kann ihn als das entlarven, was er ist. Eine reine Beliebtheitsumfrage, wie sie allsonntäglich von den Meinungsforschungsinstituten ohnehin gemacht wird, ein Produkt von den Medien für die Medien, ein weiterer Schritt in diesem unsäglichen selbstreferentiellen Meinungszirkus, den der "Qualitätsjournalismus" Tag für Tag abzieht um nicht irgendwann doch intelligente Sachen machen zu müssen.
Oder man kann versuchen, in diesem Zirkus ein bisschen schneller zu sein als die anderen, wie es Smoltczyk gemacht hat. Man muss sich bis auf Seite zwei seines Artikels vorkämpfen, um in die wahren Abgründe einer Logik hinunterzusteigen, die belanglose Zahlen auf eine bestimmte Linie zu bürsten versucht. und dabei sich selbst vollkommen widersprechende Äußerungen zu produzieren weiß. Aber das bleibt dem geneigten Leser selbst überlassen; dieser Autor verspürt dazu wenig Lust.
Sonst kann ich Franz Walter fast immer zustimmen, aber was er dort zur Kanzlerschaft Schmidt schreibt, wirkt fast so, als wolle er sich beim ehemaligen Nachrichtenmagazin anbiedern, indem er auf einmal Geschicktsklitterung im Sinn der Rechtskonservativen betreibt.
AntwortenLöschenDass Joseph Ratzinger, Alice Schwarzer,Gerhard Schröder oder sogar Josef Ackermann für mehr Deutsche eine moralische Instanz darstellen als Jürgen Habermas, war zwar erwartbar, ist aber dennoch erschreckend.
Die einzige sinnvolle Antwort muss lauten:
AntwortenLöschenICH!
Was sagt dir, dass die Menschen nicht zur Monarchie zurückkehren möchten? ;)
AntwortenLöschenSpaß beiseite: Danke für diese Aufklärung (nicht für mich, sondern allgemein). Es ist klar, dass viele Journalisten keine Statistiken lesen können, dass sie Kausalitäten vermuten, wo maximal Korrelationen abzulesen sind und dass man in Umfragen nur Persönlichkeiten nehmen kann, die einer breiten Masse bekannt sind.
Wen kennt denn Otto-Normal-Bürger, der tatsächlich eine moralische oder im Sinne der Umfrage Relevanz hätte? Habermas kennt nur, wer die Geistesgeschichte des späten 20. Jh. (nach-)verfolgt hat, Sloterdijk ist auch kaum bekannt und ansonsten...? Von den übrigen Persönlichkeiten kennt man nur Ausschnitte ihrer Lebensweise - nichts vom eigenen Lebenskonzept, von Werten oder Einstellungen. Oder kann mir jemand etwas von H.P. Kerkelings erzählen? (Von dem wohl noch am ehesten, sollte man denn sein Buch über die "Pilgerreise" gelesen haben.)
Insofern gebe ich dir völlig Recht. Unsinn und einfach nur Sommerloch füllend (obwohl ich das Wort hasse).
Muahaha, gerade noch entdeckt: Auf Rang 13 bei der Frage "Wer verkörpert ein Deutschland, wie sie es sich wünschen?" rangiert Mesut Özil. Nichts gegen Herrn Özil - ein sehr sympathischer Zeitgenosse -, aber in der Reihe passt der fast noch weniger als Jogi Löw auf Rang 3.
AntwortenLöschen"Wer ist eine moralische Instanz für Deutschland?"
AntwortenLöschenUpdate:
Das ist die moralische Instanz für Deutschland!