Von Stefan Sasse
Es gibt Vorgänge, die sind so unglaublich, dass man die zugehörige Meldung dreimal lesen muss. Auf der "Sparklausur" hat die Regierung zu aller Überraschung beschlossen, die Stromkonzerne mit einer vergleichbar geringen Brennelementsteuer zu belegen, um wenigstens etwas für die Milliardengewinne aus der zu erwartenden Laufzeitverlängerung zu erhalten. Als unbefangener Beobachter konnte man davon ausgehen, dass die Strommonopolisten wie üblich das Ende des Standorts Deutschlands beklagen und die Preise entsprechend erhöhen würden; nichts ungewöhnliches also im Betrieb jener Branche, deren Filz und Korruption jedem vorherigen Missstand in staatlicher Stromversorgung Hohn lacht.
Die Atomindustrie jedoch sollte nie unterschätzt werden. Wochen nach der Beschlussfassung über die Brennelementsteuer knallt sie nun der Politik ein Ultimatum auf den Tisch: entweder die Steuer komme nicht, oder man werde vier Atomkraftwerke sofort vom Netz nehmen. Wenn Rot-Grün damals gewusst hätte, wie billig der Atomausstieg zu haben ist! Tatsächlich ist dieses Ultimatum mehr als merkwürdig. Es riecht nach beleidigtem Stolz, als ob Schwarz-Gelb mit der Brennelementsteuer gegen irgendeinen vorher geschlossenen Pakt verstoßen hätte, sagen wir - ein völlig aus der Luft gegriffenes Beispiel - als ob man hätte den Mehrwertsteuersatz für Hoteliers senken wollen.
Denn realen Wert hat die Drohung eigentlich nicht wirklich. Würden die Konzerne die Meiler vom Netz nehmen, können zwei Szenarien eintreten: erstens, es passiert überhaupt nichts, weil die Stromversorgung weiter gesichert ist. In diesem Fall spielen sie den Atomkraftgegnern in die Hände, die dann mit einem realen Fall gegen die Katastrophenszenarien von den ausgehenden Lichtern argumentieren können. Oder aber die Stromversorgung bricht zusammen; in dem Fall aber liegt die Schuld glasklar bei den Konzernen, die dafür auch entsprechend angefeindet werden dürften. Das Kalkül hinter der Drohung bleibt undurchsichtig.
Es ist nicht zu weit hergeholt anzunehmen, dass die Atomindustrie sich tatsächlich von Schwarz-Gelb betrogen fühlt. Seit Jahren wird die Branche von der Politik gepäppelt, darf absurde Gewinnmargen einstecken und beständig die Preise erhöhen, ohne dass entsprechende Investitionen folgen oder Anteile an die Staatskasse gegeben würden. Dieser eigentlich paradiesische Zustand wurde aber unter Regierungen erreicht, denen die SPD und teilweise sogar die Grünen angehörten, die man eher ins gegnerische Lager einsortiert. Die so dezidiert Energiebranchehörigen Konservativen und Liberalen, deren politische Agenda selbst in ihren offiziellen Verlautbarungen offenkundig mit den Gewinninteressen der Atomindustrie verknüpft ist, hatte man dagegen als Freunde gesehen, die noch mehr Geld für lau in die Kassen spülen würden, wenn man sie denn nur am Ende mit lukrativen Posten versorgte - Wolfgang Clement lässt grüßen.
Doch der unerwartet scharfe Gegenwind, der den Schwarz-Gelben bereits beim Begleichen der ersten Rechnung nach dem Wahltag entgegen bließ veränderte die Rahmenbedingungen; die Koalition steht unter zu scharfer Beobachtung und wähnt sich zu sehr im umfragetechnischen Tal der Tränen, als dass die Politik der unbegrenzten Korruption, die man sich wohl vor der Wahl ausmalte, weiter fortgeführt werden könnte. Obwohl die Maßnahmen von Schwarz-Gelb, die ja bislang nur geplant und keineswegs umgesetzt sind, äußerst marginal sind, sieht sich die Energiebranche offensichtlich dazu genötigt, ein hartes Statement abzugeben.
Ein solches Ultimatum aber ist gefährlich. Wie weit ist es gekommen, dass einige Unternehmen glauben, sie könnten einfach den Staat - also letztlich die Bürger - auf diese Art erpressen? Offensichtlich haben die Vorstände der betreffenden Unternehmen überhaupt keinen Sinn mehr für die Realität und leben in einer Traumwelt, in der ihre Gewinne und die daraus resultierenden Dividendenausschüttungen und Bonuszahlungen die ultima ratio sind, der Pulsschlag, nach dem sich das Leben von 82 Millionen auszurichten hat. Sie sind im Irrtum. Ultimaten wie das, das sie der Politik nun vor den Latz geknallt haben, zwingen die Politik zum Offenbarungseid. Wenn Schwarz-Gelb, ohnehin wegen der Laufzeitverlängerungen in Dauerkritik der Opposition, die sich wenigstens bei diesem Thema geeint zeigt, bei diesem Ultimatum einknickt, wird ihr Ruf noch mehr im Eimer sein als ohnehin. Selbst solche Dauerspeichellecker wie die schwarz-gelben Koalitionäre müssen irgendwo eine Grenze haben. Wenn ein solches Ultimatum diese nicht erreicht, was dann?
Das Ultimatum stellt direkt die Handlungshoheit der Politik auf ihrem ureigenen Feld, der Steuerpolitik, in Frage. Was kommt als Nächstes? Sollen demnächst alle aufhören Steuererklärungen abzugeben, weil die Eigenheimzulage abgeschafft wird? Das Staatswesen basiert auf dem Konsens, dass Politiker bindende Entscheidungen treffen können. Es ist in diesem System legitim Einfluss auf den Entscheidungsprozess zu nehmen, aber es ist nicht legitim, die Hoheitsvertreter des deutschen Volkes - so jämmerlich sie auch sein mögen - zu erpressen. Das ist praktisch eine Kriegserklärung, und die Stromkonzerne überschätzen sich wenn sie meinen, dass der Staat nicht mächtiger wäre als sie. Er ist derzeit nur viel zu nachsichtig, doch das kann sich ändern - selbst unter einer schwarz-gelben Regierung. Der bravste Köter beißt irgendwann, wenn man ihn ständig tritt.
Das hört sich wie eine "Selbstmorderpressung" an...das wort an sich ist schon "lächerlich"...heut die Atomlobby morgen die Versicherer...wer noch ??
AntwortenLöschenWenn der Staat durch privatisierung erpressbar wird (Verluste sozialisieren..Gewinne privatisieren) welche "Aufgabe" hat dann so ein Staat überhaupt noch???
Man merkt durch solche Äuserungen das die Manger und Vorstände der Konzerne sehr weit von der Realität des "Normalbürgers" entfernt sind...die machen genauso weiter wie die Banker...Bussiness as usual...Ich frag mich ob es an den Unis, wo diese "Führung(S)kräfte studiert haben, das Fach
"Ignoriere die Realität und schaff dir deine eigene" gibt??
Wir ,die Konsumenten, haben diese Konzerne, durch unserem Konsum, gross und mächtig...und die Politik hat Sie zu Monopolisten durch Gesetze, gemacht....und jetzt wenden Sie ihre Macht und Ihr Monopol gegen uns...wie nennt man so etwas?????
Werner Widmer sagte Vor einem Tag
AntwortenLöschenEs gibt Sie längst, die "Freie Energie" als Alternative zu Atomkraftwerken und Windkraftwerken, welche unsere Natur verschandeln. Nur leider kümmert sich niemand darum in unserem schönen Land. Sowohl in China wie in Russland sind solche Kraftwerke bereits in Auftrag gegeben.
Es wäre auch an unseren Politikern sich damit auseinander zu setzen. Ausführliche Informationen dazu können Sie gerne hier herunterladen. www.help4you.li/artikel/drszabo_magnetmot.pdf