Freitag, 28. November 2008

Lafontaine-Rede

Lafontaine-Rede vom 26.11.2008. Bin gespannt, wie sie das alles widerlegen wollen. Vielleicht möchte ja ein Leser ran...?

Ach ja, die Quelle.

NACHTRAG: Bis gerade eben hatte ich den kompletten Text reingepostet, aber Kollege Epikur hat das Video gefunden, das hält den Beitrag kurz. Wer den Text will, folge obigem Link.

19 Kommentare:

  1. Wenn man nachliest, welche Zwischenrufe da in die Runde geworfen werden, dann fragt man sich wirklich, was einen Stammtisch von diesem Bundestag unterscheidet. Mir scheint fast, dass Stammtischbrüder, die quer durch die Republik an ihrem häßlichen Tisch sitzen, wesentlich weniger betrunken ihre traute Runde verlassen, als MdBs während dieser Veranstaltung sind.

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  2. Ich hatte gestern schon das Vergnügen gehabt den Transscript von der ganzen Debatte zu lesen - und die Rede von Lafontaine ist die einzige gewesen, die wirklich Inhalt hatte und das eigentliche Problem benannte, nämlich dass die Krise erst überhaupt solchen Umfang erreichen konnte durch die stupide Umsetzung der neoliberalen Religion, für die schon im angeblichen Aufschwung viele Leute bezahlen mussten und die sind es auch, die die ganze Krise wohl ausbaden werden.

    @Roberto: Ich bezeichne nicht umsonst den Neoliberalismus als eine Art Religion, denn nur Religionen bieten eine Dogma, die für ihre Anhänger unumstösslich ist, auch wenn die Dogmen (berechtigterweise) in Frage gestellt werden und sich mehrfach als falsch erweisen. Das erinnert mich manchmal schon an fanatische Christen, die auf der einen Seite von der Menschlichkeit sprechen und auf der anderen Seite strickt gegen alle Formen von sexueller Selbstbestimmung und Verhütung sind und es damit billigend in Kauf nehmen, dass dadurch auch Armut und Hunger wächst - denn die Kinder sind nur dann interessant, wenn sie noch nicht geboren sind, danach können sie auch verrecken (Gottes Wille!).

    Das charakterisiert auch den Umgang mit den politischen Gegnern, die den Neoliberalismus angreifen. Man behandelt diejenigen, wahlweise wie Aussätzige oder wie vom anderen Stern, ihre Argumente werden für die für die neoliberalen Jünger immer falsch sein und da man nicht in der Lage ist, sich mit solchen Gegnern inhaltlich auseinander zu setzen, macht man es auf die ganz platte Art, nämlich auf der persönlichen Ebene, wo es nicht mehr um das politische geht, sondern wer die meisten Medienkonzerne in der Hand hat, die dann wohl wollende Artikel über einen schreiben oder den Gegner mit Schmutzkampagnen überziehen.

    Deshalb handelt auch die Regierung wie sie handelt - man kann ja schliesslich kaum von Dogmatikern verlangen, dass die den Misthaufen beseitigen, den sie zuvor angehäuft haben. Man hat einfach derart lange schon die Theorie nachgeplappert, dass es so ins Blut übergangen ist, dass selbst wenn es weltweit eine Abkehr vom Neoliberalismus geben sollte, werden die Leute immer noch von Privatisierungen, Deregullierungen und Senkung der Staatqoute palavern. Wie schon die FTD schrieb: 'Wer eine solche Regierung hat, braucht keine Feinde mehr' und in diesen Zeiten zeigt es sich besonders stark, dass diese Regierung die Interessen der grossen Mehrheit schon längst beerdigt hat und nur noch Interessenpolitik betreibt - warum schreiben sonst diejenigen an dem Rettungspaket mit, die Jahre davor genau an den Verwerfungen bestens verdienten, die nun zu der Krise geführt haben? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

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  3. Ich finde, Zwischenrufe gehören zur politischen Kultur dazu. Manchmal gibt es auch geistreiche.

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  4. "Bin gespannt, wie sie das alles widerlegen wollen"

    Wo lebst Du denn? Aussitzen werden sie das.

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  5. Hm, ich weiß eigentlich gar nicht warum man um die Rede so einen Wind macht. War eben typisch Lafontaine. Manchem stimme ich vom Grundgedanken her zu, bei anderen kann ich nur den Kopf schütteln.

    Im Übrigen ist doch jede Ideologie ein bisschen wie Religion - Sei es der Neoliberalismus oder die Politik, die die Linke propagiert. Für gesunden Menschenverstand ist da eben wenig Platz.

    Noch kurz zwei Ausschnitte, die mir aufgefallen sind:
    "Das heißt, Sie nehmen die Konsequenzen überhaupt nicht wahr; denn Privatisierung bedeutet eine massive Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Menschen, die in den privatisierten Unternehmen beschäftigt sind."

    Als ob die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht genauso "geknechtet" wie alle anderen aus. Oder Hauptschullehrer, die einen der härtesten Jobs haben und mit am wenigsten verdienen...

    "Dann gibt es die befristeten Verträge. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Leben der Menschen muss planbar sein. Der große Soziologe Richard Sennett sagte, wenn die Arbeitsverhältnisse so organisiert werden, wie Sie sie organisiert haben, dann führt dies zur Zerstörung des Charakters
    (Dirk Niebel (FDP): Dann müssen Sie dauerhaft befristet beschäftigt gewesen sein!)"

    ...Das Leben ist einfach nicht planbar...Damit muss man heutzutage einfach leben. Niemand bleibt mehr heute 20 Jahre lang im selben Job

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  6. Der Lafontaine gehört auch nirgendwo anders hin als zum Stammtisch!

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  7. @stuttgarter Heuschrecke

    "...Das Leben ist einfach nicht planbar...Damit muss man heutzutage einfach leben. Niemand bleibt mehr heute 20 Jahre lang im selben Job"

    Klingt als hättest du eine sehr fatalistische Einstellung und übersiehst die politischen Weichenstellungen der letzten Jahre und Jahrzehnte. (Stichwort: Leiharbeit, Flexibilisierung usw.) Das hat weniger mit "ist eben so" oder einem Naturgesetz oder besser noch einem Sachzwang zu tun, sondern vielmehr mit gezielter interessensgesteuerter Politik.

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  8. In diesem Fall würde ich mich zu der Behauptung hinreissen lassen, dass tatsächlich ein gewisser Sachzwang besteht ;-)

    Aber eher im Sinne "lebenslanges Lernen", also quasi stetige Veränderung - was eigentlich erstrebenswert ist und man will ja auch nicht immer im selben Job schaffen... Ist ja per se nichts negatives.

    Das allerdings in den letzten Jahrzehnten eine Reihe politischer Entscheidungen dazu geführt haben, dass sich Menschen in einer Situation befinden, in der sie so unzufrieden sind, dass sie die Linke wählen, ist in der Tat bedenklich und beängstigend. - Stichworte wären hier für mich Bildung, Infrastruktur, Steuermodelle, Gießkannenprinzip bei Subventionen, eine schludrige Wiedervereinigung, die keine war und eine verfehlte Wohlfahrtsstaats-Politik.

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  9. Nein, das ist per se nichts Schlechtes. Wenn du diesen Lebensentwurf, der für dich passt aber allen anderen aufzwingen willst, dann wird es etwas Schlechtes.

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  10. @stuttgarter heuschrecke:

    Noch bedenklicher finde ich es allerdings, dass es viele menschen gibt, die gar nicht mehr der Politik vertrauen, weil sie mittlerweile dermassen verfilzt ist, dass sie praktisch zu einer Lobby-Politik mutierte, wo keine Gesetze für die Allgemeinheit mehr beschlossen werden, sondern für die, die am meisten zahlen. Im eigentlichen Sinne ist es eine Form der Korruption, die da stattfindet und das haben viele erkannt. Die Leute wählen deshalb die Linke, weil sie oftmals die einzige Partei ist, die die Dinge anspricht, die die breite Mehrheit aber schon beschäftigt und das auf eine Weise, die nicht so weichgespült ist, dass es schon wieder positiv klingt.

    Welche Partei nämlich kämpft überhaupt noch für diejenigen, die ganz unten sind? Es betrifft schliesslich nicht wenige, aber im Bundestag gibt es kaum Leute, die sie wirklich vertreten. Wir haben sogar eher eine Kultur des Nachtretens, wo man immer auf demjenigen herum trampelt, der unter einem steht, in der Hoffnung, dass man nicht selbst dort landet. Und das ist, was mir Angst macht, dass die Gesellschaft insgesamt immer egoistischer wird, getrieben von einer entfesselten Wirtschaft, die ihre Huren in den Parlamenten dieser Welt vor sich hintreibt - und nicht die Linke. Sie ist nur ein Symptom unter vielen und könnte vergehen, wenn die 'Volksparteien' auch mal fürs Volk regieren würden.

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  11. Naja freidenker, was heißt aufzwängen?
    Welches Unternehmen (KMU) gibt es denn noch länger als 40 Jahre (also ein "Arbeitsleben")?
    Wechsel und Veränderung gehört im Arbeitsleben einfach dazu...In der Beziehung kann man die Zeit nicht zurückdrehen.

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  12. Naja, Fälle wie Konkurs sind was anderes. Aber so was ist von hire und fire doch recht weit entfernt, oder?

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  13. Es geht ja nicht um Zeiträume wie Dekaden, ein Mensch muss aber wenigstens eine Lebensplanung von 2-3 Jahren für sich haben.

    Und lebenslanges Lernen ist sicher ein erstrebenswertes Ziel, aber das kostet auch, aber hierfür sind ja Unternehmen mittlerweile nicht mehr zu haben.

    Da muss man schon alles können, wenn man im Job anfängt. Oder glaubt ihr dem Leiharbeiter wird nur ein Tag Fortbildung eingeräumt??
    Wunderbar ins Bild passen da auch die Bachelor, der kein Abschluss auf einem breiten Fundament bietet.

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  14. http://hangolin.ha.funpic.de/wordpress/archives/618

    Danke, Oeffinger!

    Ich habe den Text der Rede in meinen Blog geholt, weil ich finde, man sollte sie auch lesen können. Und ich habe mich vor lachen fast weggeschrien, als Lafo diesen neofaschistischen Hanseln mal wieder heimleuchtete. Wenn der in dem Tempo so weiter macht, endet er wie Rosa Luxemburg!

    MfG

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  15. @Benson:

    1.) Nichts gegen den Bachelor!
    In Forschungslastigen Studiengängen macht er vielleicht nicht viel Sinn, in BWL-Fächern jedoch schon! Weil mal im Ernst: Was man da im Studium lernt, ist zu 2/3 für die Katz...

    2.) mit der 2-3 Jahre Planung geb ich dir recht
    3.) Und was die Leiharbeit anbelangt, muss man natürlich differenzieren... Was ist das für ne Arbeit, was muss man dafür können etc. Ingenieure bei Leiharbeitsfirmen werden sehr wohl geschult (von der Leiharbeitsfirma, weil besser qualifizierte Mitarbeiter bringen mehr Kohle), Produktionsarbeiter müssen zumindest auf den Maschinen eingelernt werden.

    Und bei meinem Arbeitgeber werden so viele Fortbildungen angeboten, dass ich mich manchmal fragt, wer denn überhaupt noch was arbeitet bei den ganzen Schulungen ;-)

    @anonym: Mir ist immer noch schleierhaft, wo Lafos Rede denn so genial gewesen sein soll...

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  16. @stuttgarter grashüpfer:

    Lafontaines Rede ist deshalb außerordentlich, weil er als Politiker davon spricht, was Politik leisten sollte. Es geht darum das Leben der Menschen zu gestalten, nicht darum, Politik als Funktion der Wirtschaft zu begreifen.
    Die Produktivitätsentwicklung der Wirtschaft, weltweit, wie regional, birgt alle Möglichkeiten, die Menschen mit weit mehr als dem Nötigsten zu versorgen. Selbst bei einem deutlichen Nachlassen der Produktivität reicht es für alle aus. Lafontaine ist einer der wenigen, die präzise Fragen stellen im Hinblick auf die Möglichkeiten einer Lebensgestaltung für möglichst viele, vielleicht alle Bürger. Das menschliche Potential zu einer Gestaltung der Gesellschaft liegt völlig brach, weil zu viele abgehängt sind und noch mehr Angst haben - vor allem in den Staaten, die keine wirtschaftliche Not leiden. Dieser absurde Zustand wird von Politikern gemeinhin ignoriert.

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  17. @flatter:

    Ach komm mal ehrlich: Lafontaine bleibt extrem unkonkret und lässt halt mal wieder seine Standardsprüche los...Ohne wirklich konkrete Vorschläge, aber dafür ganz unterhaltsam...Wie die meisten Politiker ist er doch auch nur ein Blender, der den Leuten das Blaue vom Himmel verspricht (Achtung: Wahlkampfalarm), ein schönes Feindbild malt (Den Neoliberalismus oder die Bonzen), den es zu besiegen gilt. Nicht fehlen darf in jeder Politikerrede natürlich auch das "Ich habs ja schon immer gesagt" und als Opposition das "Die Regierung ist an allem schuld". Achso nicht zu vergessen die Forderungen, von denen man weiß, dass sie NIE umzusetzen sind, die man aber fordern kann, weil man ja in der Opposition sitzt und auch gar nix umzusetzen braucht...

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  18. @heuschrecke

    Ich habs ja schon immer gesagt"

    Ja hat er ja, das ist ja das Verwunderliche,das kann niemand von den anderen Parteien behaupten.

    "Die Regierung ist an allem Schuld"
    Na ja, ist sie ja in dem Fall. Darauf hinzuweisen ist seine Aufgabe als Oppposition. Was soll er sonst sagen, war er in der Verantwortung? Als er was dagegen tun wollte, wurde er von Schröder rausgeekelt.

    Warum ist es NIEMALS umsetzbar eine Tobinsteuer zu erheben,den Spitzensteuersatz zu erhöhen, insgesamt die Waage wieder ein wenig Richtug Arbeit statt Kapital zu verschieben. Du darfst nicht vergessen, das sind Maximalforderungen, und eine kleine Partei ist auf Kompromisse angewisesen.

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