Mittwoch, 18. August 2010

Griechische Tragödie

Von Stefan Sasse

SpiegelOnline hat heute eine ganz tolle Schlagzeile im Angebot: Absturz der griechischen Wirtschaft - Erst Depression, dann Explosion. Hintergrund ist die katastrophale Lage der griechischen Wirtschaft, die örtliche Erwerbslosenquoten von 70% kennt und einen gigantischen Einbruch der Wirtschaftsleistung verkraften muss. Der Artikel bringt die Schärfe des Absturzes mit dem Sparprogramm der griechischen Regierung in Verbindung, tut dabei jedoch so, als ob es vom Himmel gefallen wäre und es keine ursächliche Verbindung gebe. Damit beweist der Spiegel wieder einmal jenes phänomenal kurze Gedächtnis, das dem "Qualitätsjournalismus" zu eigen ist.


Schließlich ist die griechische Krise weder vom Himmel gefallen noch ein Produkt griechischer Schlamperei, wie es die gewaltige Medienkampagne uns noch vor wenigen Wochen Glauben machen wollte. Griechenland ist strukturschwach und defizitär, seine Wirtschaft lebt zu 70% vom Binnenkonsum. Das Land hat also eine ähnliche Schieflage der Außenhandelsbilanz wie Deutschland, nur in die andere Richtung. Griechische und deutsche Verhältnisse sind zwei Seiten derselben Medaille. Es war die deutsche Regierung, die auf dem Höhepunkt der Verhandlungen über ein Sparprogramm der griechischen Regierung noch einen gewaltigen Rüstungsvertrag durchpaukte und auf Einhaltung aller bestehenden Rüstverträge hoffte. Es war der kleine Kalte Krieg zwischen Griechenland und Türkei, der die deutschen Rüstungsexporte anfachte und Deutschland von Platz 5 auf Platz 3 der internationalen Waffenexporteure hob.

Auch sonst waren es die griechischen Konsumenten, die in kleinerem Rahmen ähnlich der USA unseren gewaltigen Handelsbilanzüberschuss finanzierten. Wenn ein Land mit einer solchen Struktur urplötzlich die Löhne um im Schnitt (!) real rund 30% kürzt, muss das einfach verheerende Auswirkungen auf das Wirtschaftsgefüge haben. Diese Verheerungen erleidet Griechenland nun in einem Absturz ohnegleichen. Deutschland indes steht daneben und schaut zu, als ob uns das nicht anginge. Gleichzeitig wird ein Aufschwung gefeiert, der alleine darauf beruht, dass das Ausland wieder mehr kauft. Wie das weitergehen soll, wenn alle sparen (was volkswirtschaftlich ohnehin unmöglich ist, aber was schert diese Leute schon die Realität?) weiß niemand, aber das ist auch nicht wichtig. Dann berichten wir eben über die riesige Rezession in Deutschland und verlangen Lohnzurückhaltung.

3 Kommentare:

  1. Sowie nehmen und geben Gesetz sind so ist auch Kaufen und Verkaufen Gesetz.Wenn du nur verkaufst muss ja der Käufer von irgendwoher das Geld haben
    (womöglich auch vom Vekauf??? ;-)...
    Wie lange wird sich diese stupide und zerstörende Einstellung unserer FinanzEliten noch halten???
    Die legen es darauf an Konflikte zu provozieren mit ihrem handeln.
    Handelsbilanzüberschüsse hören sich immer so schön an...aber jeder weiss das dies nicht lange gut gehen kann...solange die Löhne in D auf diesem Niveau bleiben wird sich nicht viel tun am Konsum...man wird das notwendigste einkaufen und vieles auf die Zukunft verschieben sofern es eine und dann was für eine, gibt???

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  2. Aber wie kann denn das Sparpaket etwas damit zu tun haben? Ich denke, dass ein Staat keinen Einflus auf die Wirtschaft hat. Labbern das nicht immer die neoliberalen Spitzenökonomen. Wenn ein Konjunkturpaket nichts nützt, dann dürfte auch ein Sparpaket keinen wesentlichen Einfluss haben. Alles andere wäre ein wenig merkwürdig.

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  3. Zwei und zwei zusammenzählen: Hier die organisierte Verantwortungslosigkeit in Wirtschaftsdingen, dort die systematische, "legale" Korruption durch die Politik, beispielhaft studierbar am Beispiel Peer Steinbrücks, hervorragend beschrieben durch den Spiegelfechter (http://www.spiegelfechter.com/wordpress/3931/steinbruck-und-der-offenbarungseid-der-politischen-klasse) und auch schon aufgenommen vom Freidenker selbst (http://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2010/08/aussetzer-beim-steinbruck-fan.html#more).

    Das Fazit: Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte. Die weiterführende, wichtigere und ineressantere Frage indes: Was kann man tun?

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