Samstag, 28. Oktober 2006

Mit zweierlei Maß

Ein deutsches Marine-Auflärungsschiff wurde in internationalen Gewässern vor dem Libanon beschossen. Nichts ungewöhnliches, bedenkt man, dass es sich um ein "robustes Mandat" handelt. Ungewöhnlich vielmehr der Täter: Israel. Dummerweise hatten sich die Israelis für den Fauxpas ausgerechnet das mit modernster Videotechnik ausgetattete Aufklärungsschiff ausgesucht, das den Vorfall akribisch filmte. Die Mission sei Israel zudem explizit angekündigt worden.
Doch das ist, neben ähnlichen Vorfällen mit Frankreich, nicht einmal das Hauptproblem. Israel fliegt auch kontinuierlich Einsätze nicht nur über der UNIFIL-Flotte, sondern auch über dem Libanon - ein klarer Bruch mit der Waffenstillstandsresolution 1701. Begründet wird dies damit, dass der Libanon "wesentlichen Teilen" der Resolution nicht nachkomme, während Israel das mit seinem Rückzug getan habe. Besonders Frankreich protestierte gegen dieses Vorgehen, da zu befürchten steht, dass UNIFIL-Soldaten irgendwann in einem Akt der Selbstverteidigung falsch identifizierte israelische Flugzeuge abschießen.
Aus diesen Informationen resultieren diverse Fragen:
1) Warum wird Israel nicht für die klaren Brüche mit der UNO-Richtlinie belangt? Es gibt in dem Gebiet eine UNO Mission, die für Ruhe sorgen soll, so dass Israel spätestens seit deren Eintreffen keinerlei Legitimation für Eindringen in fremdes Territorium mehr hat.
2) Warum befürchtet man hauptsächlich diplomatische Probleme mit Israel als Konsequenz der Attacken? Kaum vorstellbar, was passiert wäre, wenn der Libanon der Angreifer gewesen wäre. 3) Warum kündigt man Israel Missionen an, dem Libanon aber nicht? Theoretisch müssten eigentlich beide benachrichtig werden.
Es drängt sich geradezu auf, dass UNIFIL nicht auf Frieden und Stabilisierung zielt, sondern einseitig zu Israels Unterstützung abkommandiert wurde. Im Falle weiterer israelischer Grenzverletzungen, was würde sie tun? Diplomatische Verwicklungen befürchten und nichts tun? Oder sich gleich zurückziehen? Solange auf diese Art mit zweierlei Maß gemessen wird, wird es in dieser Region keinen Frieden geben können.

Nachtrag: Jung beschwert sich über die Unausgeglichenheit des Mandats. Weil er nicht in die Sechs-Meilen-Zone des Libanon darf.
Nachtrag 2: Aus Gründen der Ausgewogenheit hier eine Gegenmeinung.
Nachtrag 3: Nun ist es zu einem erneuten Zwischenfall gekommen, dieses Mal mit einem deutschen Hubschrauber.

2 Kommentare:

  1. Okay... dann wollen wir mal...

    Punkt 1: Wer immer diese "Gegendarstellung" geschrieben hat (war das ernsthaft Wolf Biermann?) sei bedankt: Ich habe auf das Herzlichste gelacht. Ja, lasst uns Weltpolizei werden, die bösen Araber für Israel in die Schranken weisen und überhaupt unsere Nase überall da hinein stecken, wo sie überhaupt nicht hingehört. Und dann lasst es uns auf die inkompetenteste Art und Weise tun, zu der wir fähig sind! Das können wir ja, wir Neonazideutschen. Richtig gut sogar. Oh, und dieser böse Schröderpazifist, der gehört natürlich erschossen. Standrechtlich. Klar, oder? Alle Macht dem Linksfaschismus, liebe Freunde in Erez Israel (ist diese Anbiederung nicht einfach putzig?)!

    Punkt 2: Das ist nicht unser Krieg, das ist nicht unser Problem - was machen unsere Schiffe eigentlich da unten?

    Punkt 3: Wenn wir uns schon einmischen - dann bitte richtig und nicht mit so einem Schmus wie Sechs-Meilen-Zonen-Spielverbot oder vorsichtigem Anklopfen. Wer sich verdächtig macht, wird durchsucht, egal wo er sich verdächtig macht, und wer sich dem zu entziehen sucht, wird versenkt. So einfah, so schlicht, so ergreifend. Das können unsere Jungs - alles andere ist Kikkefitz.

    Punkt 3: Natürlich informieren wir den Libanon nicht. Zumindest nicht, solange die Empfänger der Waffenlieferungen in deren Parlament sitzen. Das wäre so, als wenn die Polizei der Mafia ihre Razzien ankündigen würde. Klingt irgendwie nicht sehr schlau, oder?

    Punkt 4: Was da vor der libanesischen Küste abgeht, kann und sollte uns eigentlich schnurzpiepsegal sein. Holt unsere Jungs nach Hause und gut ist. Viel wichtiger ist doch, dass das Parlament der Bundesrepublik Deutschland von der Regierung oder zumindest von bestimmten Regierungskreisen bewusst getäuscht worden ist. Interessant, dass dieser Umstand, kaum das er auf dem Tisch war, schon wieder aus der Diskussion verschwunden ist. Eigentlich müsste auf ein solches Vorgehen hin der ein oder andere Ministerkopf rollen, wenn nicht sogar die Regierung darüber stolpert. Ich bin sicher, wenn wir nicht gerade eine große Koalition am Ruder hätten, wäre genau das passiert - und ausnahmsweise hätte ich das sogar befürwortet, denn ein solches Vorgehen ist unverzeihlich! Aber so... lasst uns weiter Geld verpulvern und uns international lächerlich machen. Wir haben´s ja... wir können´s ja...

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  2. Punkt1) Jo, genau der. Und, äh...Linksfaschismus?
    Punkt2) Schwimmender casus belli spielen.
    Punkt 3) Tja...prinzipiell gilt mal wieder: wir haben da nix verloren und auch keine Interessen.

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