Mittwoch, 11. Oktober 2006

Wie man Recht zur (teuren Luxus-)Ware macht

Der Bundesrat hat eine neue Initiative beschlossen. Nichts ungewöhnliches, passiert dauernd. Nur die hat es in sich. Demnach sollen in Zukunft Prozesskosten bei Aufnahme eines Prozesses anfallen, die bei Sozialgerichten zwischen 75 und 225 Euro liegen. Nur um ein Verfahren in Gang zu bringen wohlgemerkt, gleichsam als Gebühr. Gerichtet ist die Initative gegen Hartz-IV-Empfänger, da die Zahl der Klagen gegen Zwangsumzüge in letzter Zeit die 100.000 deutlich überschritten hat. Theoretisch gibt es natürlich Prozesskostenhilfe, aber zum einen kostet deren Beantragung bereits 50 Euro, und zum anderen hat man dann weder die gesamten Kosten noch eine Gewähr, dass man sie auch bekommt.
Was ist die Folge? Ab sofort muss auch für Recht bezahlt werden. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen das Grundgesetz, in dem jedem Bürger effektiver Rechtsschutz zugesagt wird (Art. 3, Absatz 1 und Art. 19, Absatz 4). Arbeitslose haben praktisch keine Chance, die geforderten Gelder aufzubringen und werden dadurch vermutlich mehrheitlich in der Aufnahme eines Prozesses und damit der Durchsetzung des ihnen zustehenden Rechts abgeschreckt. Auch Geringverdiener dürften damit eine noch größere Hemmschwelle als bisher haben, ihrem Recht Geltung zu verschaffen. Reichere hingegen prozessieren ohnehin nicht vor dem Sozialgericht (und wenn, dann nur auf der Anklagebank).
Und ratet mal, auf welches Bundesland diese Initiative zurückgeht?
Baden-Württemberg.
Es ist klar, dass die Eindämmung der Prozessflut ein wichtiges Ziel dieser Initiative war, genauso wie die Einführung von Studiengebühren, um der steigenden Studentenzahlen Herr zu werden. Aber ist das nicht der totale falsche Weg? Während bei den Studenten an und für sich ein Ausbau der Uni-Kapazitäten erforderlich wäre, ist bei Hartz-IV eine entsprechende Gesetzeskorrektur gegen die oftmals komplett irrationalen Zwangsumzüge notwendig. Stattdessen jedoch flüchtet sich die herrschende Klasse darin, die Überzähligen einfach sozial zu segregieren. Ist auch viel einfacher. Wird sich nur eines Tages bitter rächen.

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