Donnerstag, 12. Dezember 2024

Bohrleute 97 - Erfordern Trumps Zölle und Chinas Subventionen eine neue Wirtschaftspolitik?, mit Marco Herack

 

Trumps Ankündigungen, die EU, China und Mexiko (unter anderem) mit Zöllen belegen zu wollen, hat viel Aufregung ausgelöst. Gleichzeitig kommt die EU gerade erst aus ihrem jüngsten Zollstreit mit China heraus. Grund genug, einmal einen genaueren Blick auf Zölle und ihren Nutzen zu werfen und zu fragen, wie sich Deutschland und die EU in einem ändernden Umfeld positionieren müssen. Ich spreche darüber mit Marco Herack von der Hans-Böckler-Stiftung.

Marcos Podcasts: Systemrelevant, Foreign Times.

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Shownotes:

Chartbook 337 The stakes in the struggle over Trump's trade strategy.

Der Artikel analysiert die Bedeutung von Donald Trumps Handelsstrategie, insbesondere die Nutzung von Zöllen zur Neuverhandlung von Handelsbeziehungen und zur Umgestaltung der US-Wirtschaft. In Trumps erster Amtszeit wurden Zölle als Druckmittel eingesetzt, wobei die Erhöhungen schrittweise erfolgten, um Verhandlungsmacht zu maximieren und wirtschaftliche Schocks zu minimieren.

Laut Bloomberg könnten die Zölle bis 2026 stark steigen, was die Rolle der USA im globalen Handel schwächen würde. Branchen wie die Automobilindustrie und die Landwirtschaft, die stark auf Importe angewiesen sind, wären besonders betroffen. Gleichzeitig könnten die steigenden Zölle Inflation anheizen und Konsumenten belasten. Trumps Ansatz könnte darauf abzielen, durch Zölle zusätzliche Einnahmen zu generieren und die heimische Produktion zu fördern, doch die Risiken von höheren Kosten und wachsender Ungleichheit bleiben bestehen.

Ökonomen wie Michael Pettis betonen, dass Protektionismus zur Verringerung von Handelsdefiziten beitragen könnte, wenn er mit strukturellen Reformen einhergeht, die die Vorteile breiter verteilen. Kritiker zweifeln jedoch daran, dass Trumps Politik eine gerechte Umgestaltung bewirken wird. Der Artikel warnt vor einem "dysfunktionalen Protektionismus", der die Ungleichheit verstärkt, die Beziehungen zu Handelspartnern belastet und kaum positive Effekte auf die heimische Wirtschaft hat. Stattdessen wird eine strategische und historisch fundierte Wirtschaftspolitik gefordert, die gesellschaftliche Vorteile in den Mittelpunkt stellt. (Adam Tooze)

Resterampe

Transkript:

00:00:00.01
Stefan Sasse
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von den Bohrleuten. Wann immer man sich in der letzten Zeit mit den USA beschäftigt hat, kam man kaum um die Feststellung herum, dass Donald Trump immer wieder ankündigt, irgendwelche Zölle zu erheben. Gegen China, gegen Deutschland, gegen die EU, gegen Mexiko. Aber so oder so sind diese Zölle jedes Mal in der Debatte drin. Und da liegt nichts näher, als sich einmal mit der Frage zu beschäftigen, was tun Zölle eigentlich und was genau

00:00:28.18
Stefan Sasse
droht Trump da? Was hat er vor, falls er das überhaupt selbst weiß? Und welche Konsequenzen hat das gegebenenfalls für uns in Deutschland und in der EU? Und um über dieses Thema zu sprechen, habe ich mir einen Gast in die Sendung eingeladen, der sich jetzt kurz vorstellen darf.

00:00:43.01
Marco Herack
Ja, guten Morgen, Stefan. Mein Name ist Marco Herack. Ich hoste die Podcasts Mikroökonom und Foreign Times, bewege mich also im Spektrum von Ökonomie und Außenpolitik.

00:00:56.44
Stefan Sasse
hervorragend. Vielen Dank. Wir werden diese Podcast selbstverständlich auch in den Show Notes verlinken, also das Interessierte, die nachhören können. Und ich möchte jetzt quasi direkt zu Beginn einmal die Frage stellen, kannst du für Uneingeweite einfach mal erläutern, was zur Hölle sind Zölle eigentlich? So rein von der Theorie her und welche Funktion erfüllen

00:01:20.01
Marco Herack
Ja, wie wir gerade sehen, zwei Funktionen. Einmal gegenüber China und einmal seitens der USA. Fangen wir vielleicht mal mit den USA, also den Trumpschen Zöllen an. Was Donald Trump vorhat, ist ja zu sagen, alle Waren, die in die USA kommen, mache ich jetzt um einen Betrag x teurer. Da gehen rum, je nach Land, 10 bis 60 Prozent. Es sind aber auch teilweise 100 Prozent.

00:01:48.35
Marco Herack
Das bedeutet, wenn eine Ware da zum, was weiß ich, 10 Dollar reinkommt, kommt ein Zoll 100 Prozent drauf, sonst 20 Dollar und es verteuert dann natürlich entsprechend den Preis, der dann innerhalb der USA für diese Ware aufgerufen wird, weil irgendwie man will ja da noch Geld dran verdienen. So und diese 10 Dollar kassiert dann der Staat. Jetzt macht Trump das oder überlegt Trump das zu tun, weil in China Waren

00:02:18.76
Marco Herack
es gibt auch andere Länder, aber bleiben wir mal bei China, Waren sehr preiswert und in Skalierung produziert werden. Und zwar so preiswert und in Skalierung, dass im Grunde, in Anführungszeichen, fast jeder dort gerne produzieren möchte, weil es besonders billig ist, während dann aber in anderen Ländern wie den USA dann die Arbeitsplätze entsprechend abgebaut werden, weil man produziert ja nicht doppelt.

00:02:45.47
Marco Herack
Das heißt, wenn man so einen Zoll aufruft und diesen Preis des Imports dann verdoppelt, vielleicht in der Zukunft auch verdreifacht und vervierfacht, das wissen wir ja alles nicht, was Trump sich noch einfallen lässt, dann ist der Anreiz höher, nicht in China zu produzieren, sondern in anderen Regionen. Und da sehen wir gerade, dass es erste Ausweichländer gibt, da wird dann

00:03:10.04
Marco Herack
Dann waren nach Vietnam transportiert, dort zusammengeschraubt und dann weiter in den USA. Oder da werden Fabriken in Mexiko aufgebaut und dann in die USA geschafft.

00:03:25.32
Marco Herack
Trump will natürlich, dass die Arbeitsplätze in den USA entstehen. Das heißt, jetzt fängt da an, diese Schlupflöcher zu stopfen und dann auch Zölle gegenüber Mexiko erheben zu wollen und eben anderen Ländern. Also da entwickelt sich jetzt so eine kleine Zollerhebungs-

00:03:45.21
Marco Herack
Kaskade und wo er überhaupt anfängt und wo das dann alles endet, wird man dann noch sehen. Das andere ist, dass wir jetzt in der EU gesehen haben, dass Zölle nicht nur zur Anreizsetzung

00:04:01.17
Marco Herack
Produktion gelten, sondern wir haben auch das Problem, dass in China gewisse Überkapazitäten zum Beispiel bei Stahl, aber auch im Automarkt vorhanden sind. Und China nutzt das, weil es gerade in der Wirtschaftskrise ist, um seine Unternehmen weltweit expandieren zu lassen. Und das Problem ist,

00:04:22.98
Marco Herack
dass sie diese Überkapazitäten subventionieren. In der Folge, die Waren also viel billiger auf andere Märkte schwappen, als sie grundsätzlich sein sollten.

00:04:36.12
Marco Herack
Und die EU, aber es ist nicht nur die EU, es sind auch südostasiatische Staaten, also die direkt physischen Kontakte mit China haben, sagt jetzt, naja, also da müssen wir gewisse Ausgleichszolle zumindest für die Investitionen machen, die subventioniert vom Staat, von diesen Unternehmen getätigt werden.

00:04:57.69
Marco Herack
Und dann haben sie sich einen Konstrukt überlegt, wo es diverse Abstufungen gibt und quasi gesagt, naja, sagt uns mal, wie viel an Subventionen ihr erhaltet und dann werden wir genau das bezollen. Und daneben waren da mehr oder weniger kooperativ, deswegen hat man dann gesagt, naja, also wenn ihr nicht kooperativ seid, dann machen wir einfach einen sehr hohen Zoll und unterstellen euch, dass der eben

00:05:25.20
Marco Herack
derjenige ist, den ihr erhaltet. Und dann waren die Unternehmen doch wesentlich kooperative. Dann wurden auch einige Zölle schon mal gesenkt. Das Ganze nennt sich dann Ausgleichszölle. Also das dient dazu, faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Was im Vergleich zu Trump, der einfach nur seinen Markt schützen will und Produktion daheim haben will, dann doch nochmal eine ganz andere Form des Zölles ist.

00:05:52.64
Stefan Sasse
Sehen die Chinesen das auch so, dass es zwei verschiedene Sachen sind oder ist für die im Endeffekt Zoll gleich Zoll und die sehen alles als Angriff?

00:05:59.96
Marco Herack
Ja, das ist eine gute Frage, weil die Chinesen würden, wenn man mit ihnen verhandelt, natürlich nie sagen, dass das alles fair ist. Also sie müssten es wissen. Und China ist, sage ich mal, wesentlich realistischer, als man es ihnen unterstellt. Allerdings sind sie auch sehr harte Verhandlungspartner und versuchen natürlich ihre Macht, die sie haben, auszunutzen. Und auch die Ängste, die es in Europa gibt, explizit in Deutschland.

00:06:28.52
Marco Herack
um dann, naja, uns quasi zu sagen, ihr betrügt uns, ihr wollt uns nur fertig machen und hängt an Trump und dann entsprechend eine harte Verhandlungsposition aufbauen. Also da brauchen wir auch schon ein bisschen Widerstandskräfte.

00:06:43.52
Stefan Sasse
Okay. Ich möchte jetzt nochmal zu der grundsätzlichen Geschichte erstmal zurück, weil ich bin ja schon ein bisschen älter. Und ich bin quasi in den 2000ern politisch sozialisiert worden hauptsächlich. Und da wurde mir immer erzählt, dass eigentlich die ganze Zukunft im Freihandel liegt. Dass Zölle allen schaden und das ist Stichwort WTO und Welthandelssystem und so weiter, dass alles darauf rauslaufen muss, dass man Zölle eigentlich weitgehend abschafft. Freier Warenverkehr und all das.

00:06:59.75
Marco Herack
Mhm.

00:07:12.16
Stefan Sasse
Und irgendwie ist das ja gerade wirklich massiv auf dem Rückzug. Also dieses alte Handelssystem scheint gerade auf dem absteigenden Ast. Ist das jetzt eine Art Rückschritt? Oder müssen wir einfach sagen, unser altes System war schon immer falsch oder funktioniert es vielleicht einfach nur nicht mehr? Also wie müsste ich das einordnen?

00:07:32.91
Marco Herack
Ja, ist eine gute Frage, weil im Grunde stellt sich ja jetzt raus, dass die neuen Arbeitsplätze, die in den westlichen Gesellschaften geschaffen wurden, also wenn man die Produktion quasi nicht mehr hat, was gibt es dann Dienstleistung? Das hat sich herausgestellt, dass diese Dienstleistungen im Regelfall nicht so hochwertige Arbeitsplätze sind mit so einer großen Wertschöpfung wie die in der Produktion.

00:07:58.20
Marco Herack
Daher kann man den Standpunkt verstehen, dass es eine gewisse Grenzsetzung geben muss, wenn man Menschen mit hochwertigen Arbeitsplätzen versorgen möchte im eigenen Land.

00:08:13.20
Marco Herack
Nun dürfte die Wahrheit vielleicht nicht unbedingt in der Mitte liegen. Sie liegt aber sicherlich nicht da, dass alles nach China ausgelagert wird. Wenn man sich mal vorstellen würde, dass die ganzen VWs und die ganzen Mercedes, also die ganzen Autos nur noch in China produziert werden und dann quasi irgendwo weltweit umverteilt werden, dann können wir uns ja ungefähr vorstellen, wie gut wir in Sachen Arbeitsplätze hier in Deutschland noch aufgestellt sind.

00:08:42.06
Marco Herack
Und die USA haben, das ist halt auch Teil der Wahrheit, seit 2000 dann massiv Arbeitsplätze verloren. Also gerade in diesem Zeitbereich um die zwei Millionen in der Produktion und das macht sich natürlich in vielen Landstrichen bemerkbar. Und da fehlt den Menschen die Arbeit, hochwertige Arbeit, also von der sie gut leben können.

00:09:04.75
Marco Herack
Und deswegen muss man da irgendwo einen Mittelweg finden. Also es gibt einfach Waren, glaube ich, die man daheim produzieren sollte. Und da kommt jetzt das zweite Ding rein. Wenn China alle Waren produziert, also gehen wir mal von diesem extremen Beispiel aus, was in manchen Branchen aber bereits der Fall ist. Also Aznai ist gerade so ein

00:09:26.44
Marco Herack
wo sehr viel diskutiert wird, dass einzelne Sachen fast nur noch in China produziert werden, dann hat man irgendwann ein Problem, wenn man sich nicht einig ist mit China. Also wenn man sagt, naja, also stopp mal, was ihr da im südchinesischen Meer macht, das gefällt uns gar nicht. Und auch die Philippinen haben ein Anrecht auf das ihnen völkerrechtlich zugesprochene Land. Und dann sagt China, ja, ist ja schön, aber dann liefern wir euch keine Drohnen mehr.

00:09:52.80
Marco Herack
oder geben wir euch keine Rohstoffe, dann hat man da vielleicht die Überlegung, dass man dann einknicken würde gegenüber China, weil man davon abhängig ist. Das heißt, es macht ohnehin Sinn, diverse Dinge da zu produzieren, wo man sicher ist, dass man sie dann auch erhält, wenn man sie braucht.

00:10:13.88
Marco Herack
Ich glaube, es gibt keine einfache Antwort auf deine gestellte Frage, sondern es ist sehr viel Einzelfall und es ist aber auch eine strategische Überlegung und dann am Ende aber auch die Frage, naja, wie sieht es denn in Sachen Arbeitsplätzen aus und irgendwo muss es da einen Mittelweg geben, wo sehr preiswerte Waren vielleicht dann in China produziert werden und man aber guckt, dass man die hochwertigen Sachen, die auch sicherheitsrelevant sind und

00:10:41.30
Marco Herack
Arbeitsplatz relevant, dass man die dann in den eigenen Gebieten produziert.

00:10:46.48
Stefan Sasse
Das ist schon so ein bisschen ein Paradigmenwechsel, weil früher hat man ja quasi gesagt, ja das ist gar kein Problem, also diese Arbeitsplätze werden verlagert, aber dafür werden ja die Waren unglaublich viel billiger und deswegen profitieren da ja irgendwie alle von.

00:11:01.48
Stefan Sasse
Und gleichzeitig entstehen ja bei uns diese neuen tollen Hightech-Arbeitsplätze. Aber all diese Grundannahmen, diese Prämissen, die tragen ja nicht mehr so wirklich. Also ja, wir haben ja billigere Waren sozusagen, aber das hilft dir halt auch nur eingeschränkt, wenn du es dir effektiv kaum mehr leisten kannst einerseits. Und auf der anderen Seite

00:11:20.13
Marco Herack
Mmh.

00:11:24.07
Stefan Sasse
haben wir halt das andere Thema, dass China ja zunehmend eben nicht mehr nur quasi die Werkbank der Welt ist, wie es dann früher immer so schön hieß, sondern ja auch selber in die Hightech-Bereiche geht. Also gerade bei den Autos wacht Deutschland ja so ganz ganz langsam aus diesem Dornröschenschlaf auf und stellt fest, dass sogar andere Länder in der Lage sind Autos zu bauen und vor allem eben Länder, von denen man bisher maximal irgendwie so die Sitzgarniturbezüge sich geholt hätte gefühlt.

00:11:53.72
Stefan Sasse
Und ich glaube, das hängt auch da damit zusammen, dass dieses Freihandelsregime schon so ein bisschen ein Schönwettersystem aus unserer Sicht war, oder?

00:12:02.79
Marco Herack
Ja, da sind jetzt mehrere Aspekte drin. Also die deutsche Automobilindustrie ist, glaube ich, sehr langsam. Also wenn du dir mal die Entwicklungszyklen anguckst, ist es eine Katastrophe. Und das kann man natürlich machen, wenn man der Platzhörsch ist, aber wenn dann auf einmal Konkurrenz aus China da ist, die jedes Jahr ein neues Modell raushaut, und da sind vielleicht die Verbesserungen nicht so mega groß, aber die Fahrtechnik verbessert sich, der Antrieb verbessert sich,

00:12:33.24
Marco Herack
Die Technik generell ist wesentlich weiter in Sachen Software, also man kann viel mehr mit so einem Auto machen. Das mag dann auf so einen deutschen Puristen manchmal wie Spielerei wirken, aber es interessiert halt gerade in anderen Regionen der Welt. Also da müsste man auch vielleicht mal mehr aus sich rausgehen und gucken, wie andere so leben.

00:12:54.82
Marco Herack
Das ist glaube ich das eine. Also man ist da, naja, halt einfach jetzt in einer Konkurrenzsituation, die man vorher nicht kannte. Das andere ist natürlich, dass man da faire Preise für braucht, wenn man bestehen will. Und das ist jetzt so die große Erkenntnis, die ja im Grunde logisch ist. Also wenn du dir die Hightech-Arbeitsplätze anguckst, die du gerade erwähnt hast, die da hätten entstehen sollen. Also in Deutschland sind auch ein paar entstanden.

00:13:21.03
Marco Herack
Aber das sind halt bei Weitem nicht so viel wie in der Produktion. Also da sitzen halt ein paar Leute und entwickeln was und designen ein paar Chips, aber es sitzt die zehnfache Menge an Leuten da und produziert den Chip.

00:13:36.13
Marco Herack
Und vielleicht da an der Stelle auch noch, China ist nicht mehr billig in der Produktion. Also da gibt es wirklich andere Regionen wie Vietnam, weil die Arbeitskräfte einfach zu teuer geworden sind in China. Also auch da gibt es Kosten, die auffallen.

00:13:51.82
Marco Herack
Aber was China halt auch gemacht hat, und das ist, glaube ich, in der Form etwas recht Neues, sie haben halt nicht nur Produktionsstätten aufgebaut, sondern Produktionsökosysteme. Und zwar in einer Skalierung, die kein anderer Staat der Welt in der Form tun kann. Das heißt, da gibt es teilweise Fabriken, die Linke ist sanktioniert, die Rechte ist nicht sanktioniert.

00:14:17.26
Marco Herack
Und dann produzieren die jeweils etwas und dann wird das von A nach B geschüppt und hinten dran stehen dann noch Fabriken mit 100.000 Leuten.

00:14:26.41
Stefan Sasse
Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021

00:14:32.64
Marco Herack
machen erlaubte Waren an Skalierung. Also man kann innerhalb dieser Ökosysteme auch eine Effizienz reinbringen, die einerseits sehr schwer zu sanktionieren ist, also das was wir gerade aus den USA gegenüber China auch sehen, und auf der anderen Seite aber auch als gesamtes Ökosystem einfach schwer zu toppen ist, selbst dann, wenn die Löhne steigen.

00:14:55.43
Marco Herack
Und ich glaube, da liegen viele Probleme, dass wir jetzt nicht einfach nur Produktionsstätten aufbauen müssten, wozu ja die Zölle dienen würden, sondern dass wir auch die dazugehörigen Ökosysteme in Sachen Rohstoff, in Sachen Entwicklung, in Sachen Zulieferer und so weiter da hinstellen müssten. Und daran scheitert gerade auch vieles.

00:15:19.38
Stefan Sasse
Dann stelle ich einfach mal ganz naiv die Frage, warum? Also was scheitert da in Deutschland genau? Hängt das an der Expertise? Hängt das am politischen Willen? Hängt das einfach an den Ressourcen? Also wo liegt da das Problem? An welcher Stelle im System?

00:15:34.41
Marco Herack
Ich glaube, oftmals sind es die Ressourcen und das meint aber dann auch Geld. Also, wenn wir uns jetzt mal angucken, wie hilflos die Bundesregierung darauf reagiert hat, dass sie jetzt gerne irgendwie mehr Chip-Produktionen in Deutschland haben möchte, aus sicherheitstechnischen Gründen, ja, dann sehen wir, dass dann so eine Intel da eingekauft wurde. So, Intel gibt man einen Riesenbetrag, 10 Milliarden, bau da mal deine Fabrik.

00:16:04.72
Marco Herack
In der Ship-Produktion ist das so Cutting Edge, was Intel da macht. Das brauchst du für ganz bestimmte Sachen. Aber die meisten dieser Dinge, die man da produzieren müsste, sind halt quasi sogenannte Mittelbauch. Also das ist gar nicht so fancy.

00:16:23.34
Marco Herack
Aber es ist halt eine Fabrik, die sich irgendwie finanzieren müsste und das kannst du eigentlich nur mit staatlichen Subventionen hinkriegen. Sonst ist der Anreiz für die Unternehmen sehr hoch, diese Fabriken zu schließen und nach China zu verkaufen, was dann die Bundesregierung wieder verbietet.

00:16:40.62
Marco Herack
Im Grunde läuft es halt auf Geld hinaus. Und was mich an der ganzen Sache wundert ist, wenn man feststellt, als einzelner Staat ist es sehr schwierig, das zu bewältigen, dann ist doch vielleicht die Frage, ob man sich da nicht europäisch koordinieren müsste.

00:16:57.96
Marco Herack
Das ist aber als Prozess so langwierig, dass da bisher noch nichts Gescheites bei rumgekommen ist. Es gibt dann halt wieder so eine Förderung über EU-Ebene, wo dann wieder jeder Staat Geld kriegt und sein eigenes Ding macht. Dass man vielleicht sagt, naja, dann ist es halt Rumänien, die dies machen, Ungarn macht das, Deutschland jenes. Das wäre dann vielleicht eher die Herangehensweise. Und genau das würde aus meiner Sicht fehlen.

00:17:25.49
Stefan Sasse
Ich habe erst letzthin wieder einen Artikel gelesen im Spiegel, wo es gesagt wurde, von Michael Sauga war der, glaube ich, der über Habeck Subventionsbilanz sich ausgekotzt hat und das quasi als Beleg genommen hat, dass diese ganze Subventionsgeschichte ja grundsätzlich falsch sei sozusagen, weil das nicht klappt sozusagen, wenn man da einzelnen Unternehmen Geld gibt. Jetzt sagst du aber gerade, das müsste man ja eigentlich tun, wenn ich das richtig verstehe. Wie passt denn das zusammen?

00:17:33.16
Marco Herack
Hm.

00:17:56.24
Marco Herack
Das ist ja immer die Frage, was will man haben? Willst du die Fancy Ship Fabrik hier stehen haben oder nicht? Willst du hier ein Ökosystem aufbauen, in dem vielleicht dann auch noch mehr entsteht oder willst du das nicht?

00:18:14.12
Marco Herack
Ich sehe nicht, dass die Frage politisch beantwortet ist, sondern ich sehe immer nur so Einzelaktionen. Aber man kann das halt nicht in dieser Schipfabrik von Intel denken, sondern man muss es dann halt auch wie China in diesem Ökosystem denken. In den USA ist das Problem recht ähnlich. Da gibt es dann die Förderung für die großen Fabriken, TSMC und hast du nicht gesehen, kriegen dann alle Geld. Aber die Zulieferer, die ja auch schon in den USA da sind,

00:18:41.73
Marco Herack
die dann

00:18:43.92
Marco Herack
Dinge zuliefern müssten, die kriegen kein Geld. Die müssen das quasi von sich aus finanzieren. Bei all den Risiken, dass die große Fabrik dann vielleicht nicht kommt, weil da gibt es ja starke Marksschwankungen bei den Chips, die wird es auch weiterhin geben. Und das ist einfach wenig durchdacht. Und da kannst du überall durchgehen. Es gibt keine kohärente Strategie. Und in Deutschland wäre halt der erste Schritt überhaupt mal zu sagen, naja, wir schaffen das nicht alleine.

00:19:12.38
Marco Herack
Aber ich habe immer das Gefühl, in Deutschland will man immer alles machen. Da gibt es so eine Diskussion über etwas. Oh, oh, die Chips, das ist jetzt ganz wichtig. Naja, und dann macht man halt mal irgendwas und dann kommt genau das bei raus und dann ist halt der Habeck schuld.

00:19:27.79
Marco Herack
Aber ich meine, der Habeck war in der Regierung aus drei Parteien. Da gab es noch einen Kanzler, der sich persönlich da hingestellt hat und gesagt hat, ich habe die geile Schipffabrik hierher gebracht. Und naja, der wird irgendwie dafür nicht angeballert, weil es halt gerade geil ist, den Habeck zu bashen. Also da ist halt diese öffentliche Debatte auch einfach sehr schlecht.

00:19:49.41
Stefan Sasse
Ja, da trägst du bei mir so ein bisschen Eulen nach Athen, weil ich beklag diesen Mangel an Wirtschaftsstrategie ja schon länger. Dass ich einfach so das Gefühl hab, da ist einfach gar nichts. Es wäre ja eine Sache, wenn ich mich darüber beklagen könnte, dass die deutsche Wirtschaftsstrategie schlecht wäre oder so. Aber mein Gefühl ist immer, da ist einfach gar keine. Und zwar ganz bewusst nicht quasi. Also das ist als was,

00:20:12.38
Stefan Sasse
Anstößiges gilt, sich sozusagen in die Richtung irgendwelche Gedanken zu machen, dass da ein richtiges Tabu auch drauf liegt. Diese ganze Vorstellung von Industriepolitik, dass man quasi sagt, wir wollen Branche XY haben und wir müssten uns jetzt quasi Gedanken machen, wie wir das, wie du das nennst, das Ökosystem herkriegen. Das scheint etwas zu sein. Das ist im wahrsten Sinne, das Wort ist undenkbar in weiten Teilen unserer Politik.

00:20:18.75
Marco Herack
Mhm.

00:20:41.80
Stefan Sasse
Einfach weil da ideologische Überzeugungen dahinterstehen. Das ist das, was ich vorher meinte, mit diesem Freihandel und so weiter. Man hat jetzt einfach 20, 30 Jahre lang ist man davon ausgegangen, dass der Staat eben sich auf gar keinen Fall einmischen darf, dass das auf jeden Fall zu schlechten Ergebnissen führt und so weiter und so fort. Und jetzt steht man das so ein bisschen blank da, weil man halt auch kein Alternativrezept dafür hat.

00:21:06.20
Stefan Sasse
Also es ist ja schön, wenn ich sage hier, wir sollen nicht subventionieren und wir sollen keine Zölle erheben und so weiter. Aber auf der anderen Seite steht da ja keine Überlegung, wie man das hinkriegen soll. Da wird dann zwar rituell quasi die Macht des Marktes oder die Kraft freier Märkte oder sowas beschworen. Aber wie quasi von dieser Beschwörung zu einer fertigen Fabrik auf die Lüneburger Heide kommen soll, da sind wir unklar.

00:21:34.64
Marco Herack
Ja, mehr kann ich dazu fast schon nie sagen. Ich glaube, wirklich der erste Schritt wäre zu sagen,

00:21:45.63
Marco Herack
Was ist uns wichtig? Der zweite Schritt wäre zu sagen, was schaffen wir? Und der dritte Schritt, wen können wir damit einbinden? Und da ist natürlich die erste Idee immer die Europäische Union und die zweite Idee dann die anderen Partner, die man so hat. Also es gibt ja auch noch Japan, es gibt die USA, auch wenn das unter Trump sicherlich schwierig wird.

00:22:06.22
Marco Herack
Aber am Ende sind wir ja noch in einer gewissen Wertegemeinschaft und diese Wertegemeinschaft, die sich ja dann über Staaten definiert auch, müsste da halt mehr zusammenarbeiten.

00:22:21.60
Marco Herack
Und es sind ja manchmal auch so Sachen, an die man gar nicht denkt. Also so eine deutsche Autoindustrie ist zum Beispiel ein großer Abnehmer von Sensorik und ähnlichem, was man dann auch immer wieder mal in der Waffenindustrie findet. Also da gibt es einfach Überschneidungen auch von Branchen. Das heißt, wenn wir die deutsche Autoindustrie kaputt machen, haben wir auch sicherheitstechnisch

00:22:43.51
Marco Herack
die eine oder andere Fragestellung zu bewältigen. Also das sind recht weitreichende Konsequenzen. Also Rheinbeteil hat nicht umsonst eine Automobilzulieferersparte.

00:22:54.80
Stefan Sasse
Jetzt sind wir wieder bei der fehlenden Strategie, dass das alles auch überhaupt nicht gesehen, nicht diskutiert wird, dass diese Interessen bestehen letzten Endes. Ich habe immer das Gefühl, das gilt als schmutziger, da ist ein Tabu drauf, eine generelle Undenkbarkeit sozusagen. Und ich kann ja durchaus zu dem Ergebnis kommen nachher.

00:23:15.78
Stefan Sasse
dass es quasi nicht gut ist, wenn der Staat da direkte Subvention macht. Da habe ich ja grundsätzlich erstmal kein Problem damit, aber ich brauche halt irgendeine Antwort drauf. Und gerade auf diese Frage mit der Reaktion auf die unfairen Handelspraktiken der Chinesen,

00:23:34.55
Stefan Sasse
Da gab es halt lange Zeit echt gar nichts irgendwie. Da hat man, glaube ich, irgendwie drauf gehofft, dass sich das von alleine löst oder das ist einfach kein Thema. Also ich bin etwas unsicher und muss jetzt so hoppla hopp mit diesen Zöllen da drauf reagieren, wo die EU sicher auch uneins ist. Also diese Abstimmung, die ging ja zwar für die Zölle aus, aber die war ja weit von einheitlich entfernt.

00:23:45.38
Marco Herack
Ja.

00:23:59.36
Marco Herack
Ja, was halt auch daran liegt, dass die führenden Nationen sich da auch nicht einig waren. Also Frankreich wollte sie und Deutschland nicht. Und in Deutschland besteht bei solchen Sachen halt auch immer Angst. Also wenn man mal diese Diskussion da verfolgt hat, das war ja quasi eine Selbstdemontage ohne Ende. Man hat nach außen gespiegelt, dass man sich vor chinesischer Vergeltung mehr fürchte, als quasi seinen eigenen Standpunkt dadurch zu setzen.

00:24:29.19
Marco Herack
Sicherlich gibt es da auch Interesse in der Automobilindustrie und das ist ja auch alles legitim, aber von der politischen Führung müsste man da schon Klarheit verlangen. Und die fehlt halt, also die fehlt ja in sehr vielen Dingen diese Klarheit. Und das liegt nicht an der Ampel an sich, sondern die war unter Merkel auch nicht da.

00:24:49.56
Marco Herack
Und ja, also da muss man vielleicht mal zum Psychologen gehen und die Ängste abbauen, die man da so hat und lernen irgendwie den eigenen Standpunkt zu vertreten. Ich verstehe das ja nicht so ganz. Das scheint mir in vielerlei Hinsicht auch ein sehr deutsches Problem zu sein, was sich dann aber auch in der EU widerspiegelt. Und es ist halt kein Zufall, dass Deutschland auch innerhalb der EU massiv an Einfluss verloren hat in den letzten Jahren. Also genau deswegen.

00:25:17.12
Stefan Sasse
Also das siehst du in direktem Zusammenhang sozusagen. Also ist es dann, weil wir uns mit unserer Position isolieren oder ist es, weil wir gar nicht in der Lage sind, unsere Position durchzusetzen?

00:25:29.62
Marco Herack
Ja, weil wir oftmals gar keine Position haben. Also was die FDP da teilweise gemacht hat, war ja selbst interne Beschlüsse der Regierung zu sagen, wir gehen jetzt den und den Weg mitzutragen und dann irgendwie eine Woche später zu kommen, ach nee, jetzt sind wir doch dagegen in der EU und damit dann wieder alles neu aufzumachen.

00:25:50.35
Marco Herack
Das ist das eine, das andere ist aber, dass zum Beispiel Kanzler Scholz hat sich jetzt beispielsweise nie groß

00:26:02.60
Marco Herack
um die EU gekümmert in der Form. Da gab es ein paar Kleinigkeiten, aber das war nie seine Priorität dort als Deutschland Führung aufzubauen, sich zu koordinieren. Auch die neuen Machtverhältnisse im Sinne von die osteuropäischen Staaten sind auch da und haben eine Meinung.

00:26:22.04
Marco Herack
anzuerkennen und da Brücken zu bauen, das hat er ja alles ignoriert. Frankreich, Macron mochte halt nicht, also hat man sich da mehr gekappelt. Das war ja teilweise eine Katastrophe. Und ich wundere mich immer, dass da so auf dem Habeck rumgehackt wird, aber ich glaube, über die anderen beiden Protagonisten in der Ampel hat man da auch sehr viel zu sagen. Und diese, so wie wir da stehen, kommt ja nicht von ungefähr und durch Einzelpersonen.

00:26:51.08
Stefan Sasse
ist jetzt vielleicht ein bisschen ein Seitenthema, aber denkst du, das hätte, wäre mit einem Kanzler Laschet anders gelaufen?

00:26:56.33
Marco Herack
Ach du, das weiß man nicht. Das liegt auch an der Art, wie der Koalition sind. Also ich glaube, niemand hätte vorweg wirklich erwartet, dass die FDP das ideologisch so durchzieht. Also dass sie, obwohl die

00:27:14.14
Marco Herack
Quasi Zustimmungsraten, Viaumfragen und auch Ergebnisse in den Landtagswahlen permanent sinken bei dem, was sie tut, einfach bleibt und dann einfach versucht mehr davon zu tun. Das ist ja auch nicht unbedingt eine logische Reaktion darauf. Also das ist eine Spekulation, weiß ich nicht. Schwarz-Grün hätte vielleicht mehr Konsistenz gehabt.

00:27:36.08
Stefan Sasse
Okay. Ja, das ist ziemlich sicher, aber das stand ja seinerzeit nicht in den Karten. Und jetzt irgendwie auch nicht. Ich meine, erneut, das führt uns ein bisschen vom Thema weg, aber ich habe auch dieses Gefühl, schwarz-grün wäre eigentlich gerade die natürliche Regierungskoalition, aber da ist diese ziemlich irrationale Ablehnung da, aber erneut anderes Thema.

00:28:00.65
Marco Herack
Es ist nicht ganz weg vom Thema, weil im Grunde braucht es eine politische Konsistenz und die sehe ich nicht.

00:28:10.09
Marco Herack
Wir sagen das immer so leicht, da muss sich jemand mal hinsetzen und sich einen Kopf machen und eine Gesamtstrategie. Aber wir haben ja unter Merkel, haben wir immer, das hat sie jetzt in ihrem Buch auch noch mal wunderbar bestätigt, eine Politik des Möglichen. Das heißt keine Politik, die irgendwie im Großen denkt und versucht, etwas zu erreichen, sondern eine Politik, die das Mögliche umsetzt. Und damit bist du natürlich führungslos.

00:28:34.24
Marco Herack
Und mit der Ampel haben wir das im Grunde als Fortsetzung gehabt. Nur etwas explosiver, weniger ruhig, weniger betäubend. Und aus dem müssen wir rauskommen. Deswegen habe ich gerade auch gesagt Konsistenz. Also diese Schwarz-Grün als konsistentere Variante von Politik.

00:28:42.81
Stefan Sasse
Vielen Dank.

00:28:55.50
Marco Herack
ist aktuell tatsächlich das einzige, wo ich noch so ein bisschen Hoffnung sehen würde, weil wenn ich mir vorstelle, dass die CDU sich jetzt wieder mit der SPD einigen muss, wir erinnern uns an die Zeiten der Großen Koalition, wüsste ich jetzt nicht, wo da diese Konsistenz herkommen soll. Und davon ausgehend über alle außenpolitischen Sachen, über die wir da reden oder auch über alle außenwirtschaftlichen Sachen,

00:29:21.21
Marco Herack
Dafür braucht es halt diese Konsistenz. Das kannst du nicht in drei, vier Jahren denken. Die Chinesen haben das über Jahrzehnte gedacht, was sie da aufgebaut haben. Wir im Westen auch. Allerdings war das eine viel einfachere Entscheidung. Wir lassen mal alle machen. Sondern gucken wir, was dabei rauskommt. Also das ist ja tatsächlich keine Steuerung, die irgendeinen Aufwand erfordert.

00:29:36.51
Stefan Sasse
Ja.

00:29:42.96
Marco Herack
Die Chinesen haben da aber sehr gut drauf hingearbeitet. Ich glaube auch, dass sie sich in den Kopf gemacht haben. Und ich sehe, was die Wirtschaftspolitik in China betrifft, das ist zwar alles wesentlich langsamer als, in Anführungszeichen, die Märkte sich das erhoffen. Aber es gibt ein stetses Reformen,

00:30:03.88
Marco Herack
Begehren und auch Umsetzung dieser Reform. Und es ist nicht alles verkehrt und sozialistisch was die da treiben oder kommunistisch, sondern das sind Marktreformen, die durchaus Sinn ergeben und die China auch in gewisser Weise stärken.

00:30:22.19
Marco Herack
Und dadurch wird dort keine Diktatur aufhören, aber es gibt eine Marktsteuerung. Und diese Marktsteuerung ist dann aber weitestgehend zum Vorteil der chinesischen Unternehmen. Das muss man halt auch sehen, die dann wiederum mit dieser Marktpower, die sie aus diesem Riesenmarkt China gewinnen, die erinnern, dann in die Welt hinausgehen.

00:30:43.30
Marco Herack
Und daraus ergeben sich ja alle Folgeprobleme. Und darüber muss man sich halt als Politik Gedanken machen. Und da können wir halt nicht über Bürgergeld streiten und dass wir jetzt auch noch die letzten 10.000 Leute irgendwie in Arbeit kriegen, die das verweigern. Das sind halt die falschen Diskussionen.

00:31:02.23
Stefan Sasse
Ich habe immer so das Gefühl bei der deutschen strategischen Diskussion an der Stelle, wir haben das so ein vulgär Schmittianismus, mit diesem wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Diese Vorstellung, dass das ganz fui bä ist, solche Zukunftsplanungen überhaupt.

00:31:19.13
Stefan Sasse
anzugehen. Und ich komme immer wieder auf den gleichen Punkt heraus, dass das einfach undenkbar ist, dass da Hürden und Blockaden in dem gesamten öffentlichen und politischen Diskurs sind. Und auf der anderen Seite hast du dann eben sowas wie Frankreich, die solche Sachen zwar ständig raushauen, aber halt erstens auch mit der ganzen Beständigkeit eines Macron, also der macht zwar ständig große Visionen, aber die gehen in unterschiedliche Richtungen,

00:31:46.10
Stefan Sasse
Und zum zweiten halt auch immer mit einem so offensichtlichen, das dient uns als Frankreich Vibe da drin, dass da sich auch niemand dranhängen kann, gefühlt.

00:31:57.53
Marco Herack
Ja, aber das wäre ja ein europäischer Aushandlungsprozess. Man geht ja da durchaus mit Gedanken für sich selber rein und findet dann eine europäische Lösung. Und dieser Prozess, den Macron ja im Grunde schon unter Merkel begonnen hat, also er hat ja schon unter Merkel immer wieder dieses Angebot gemacht, zu sagen, lasst uns Europa anders aufstellen. Er war auch derjenige, der gesagt hat, die NATO ist Hirntot und nachdem was wir da sehen, war sie das auch.

00:32:29.78
Marco Herack
Es gab die Angebote, es gab das Bestreben und Macron hat da bei aller Wankelmütigkeit, die er so hat, durchaus die richtigen Worte gefunden. Es hat halt in Deutschland nie verfangen, unter Merkel nicht, aber auch unter Scholz nicht.

00:32:44.58
Marco Herack
Und jetzt kommt halt Friedrich Merz, muss man vielleicht dazu sagen, ich bin kein CDU-Fan, aber irgendwie kommt jetzt auf einmal der Merz und sagt, naja, dann lass uns mal hier Weimarer Dreieck und so weiter. Und fängt da schon mal an, die Leute zu treffen, sodass man auch die Konturen sehen kann.

00:33:07.52
Marco Herack
Das ist schon erstmals jetzt eine andere Sprache. Und es ist glaube ich eine sehr interessante Sache, dass wir als Deutschland, das ja ein Kernland der EU war, gerade unter Merkel, die ja eigentlich als explizit europäische Kanzlerin auch immer galt, im Grunde unsere eigene Stellung in der EU überhaupt nicht genutzt haben, sondern sie eher abgeschafft haben.

00:33:34.87
Marco Herack
Obwohl wir jetzt eine Kommissionspräsidentin schon in der zweiten Runde stellen. Aber das hilft uns ja auch nicht weiter.

00:33:41.07
Stefan Sasse
Du brauchst halt, du musst halt irgendwas mit der Macht machen, die du da hast. Und Deutschland ist irgendwie sehr gut, gerade da drin so ein Vakuum entstehen zu lassen. Und da gehen dann eben gegebenenfalls andere Leute rein.

00:33:54.26
Stefan Sasse
und wird sich zeigen. Aber ja, ich meine Außenpolitik, das ist wirklich so ein Thema, da ist die SPD einfach super schlecht aufgestellt. Und deswegen meine ich, das sind die Parallelen und die Gemeinsamkeiten zwischen Schwarz und Grün deutlich größer. Das hatte jetzt, glaube ich, Merz war es ja selber, der das gesagt hat, dass sie da deutlich mehr Gemeinsamkeiten mit den Grünen haben als mit der SPD.

00:34:17.70
Stefan Sasse
Und, eingedenkt dessen, welche Bedeutung, und da sind wir dann jetzt wieder bei dieser ganzen Zollgeschichte, der Umgang und das Neuaufstellen einerseits Deutschlands, aber andererseits auch der EU in Zukunft hat, finde ich halt, da ist die SPD ziemlich sackgassig unterwegs. Wir haben das auch in der ganzen Ukraine-Geschichte gesehen, wo die nicht in der Lage waren, irgendeine kohärente Position hinzukriegen und wo sie hauptsächlich stolz darauf waren, an jeder Ecke zu bremsen sozusagen.

00:34:43.70
Marco Herack
Vielleicht fangen wir mal bei Donald Trump an in Sachen Zöllen, weil ich glaube die wichtigste Feststellung ist, das wird jetzt nicht mehr weggehen. Also das ist eine grundsätzliche Veränderung in der US-Politik, die auch von den Demokraten mitgetragen wird. Also Biden hat jetzt ja auch gerade nochmal neue Zölle gegenüber China verhängt.

00:35:08.92
Marco Herack
Also das ist nichts, von dem wir ausgehen dürfen, dass sich diese Lage ändert, jedenfalls nicht in naher Zukunft. Das heißt, man hätte jetzt schon drei Jahre darüber nachdenken können, auch mit dem Sehen, dass das Biden ja auch Sachen gemacht hat in diesem Inflation Reduction Act, die nicht gerade sehr europafreundlich waren.

00:35:32.38
Marco Herack
diese Geschichten, dass es da nur US-Produktion gefördert wird bei Batterien und Elektroautos. Das sind ja schon Sachen, die europäische Konzerne sehr stark getroffen haben, wo sie auch ihre Lieferketten begonnen haben zu verändern.

00:35:51.12
Marco Herack
Das wird sich nicht mehr ändern. Das heißt, wir müssen jetzt überlegen, wie verhalten wir uns in dieser neuen Welt. Und die Hoffnung ist irgendwie immer, naja, China, wenn die dann wieder wachsen und dann ihren Stimulus machen nächstes Jahr, da wird es uns dann auch besser gehen. Und dann kommen wir aus dieser misslichen Lage irgendwie schon raus. Aber das ist natürlich keine Strategie, weil man dann auch befürchten muss, dass Donald Trump irgendwann hergeht und sagt, naja, Leute, also

00:36:19.84
Marco Herack
Ihr könnt ja gerne in der NATO bleiben und wir helfen euch, aber dann müsst ihr uns auch gegenüber China helfen. Und es ist eigentlich völlig klar, dass die NATO sich wird auch um Asien kümmern müssen in naher Zukunft. Das heißt, wir stehen vor so einer Situation, wo wir sehr starke Investitionen in Militär haben werden. Das wird auch Arbeitsplätze schaffen, das ist nicht ganz verkehrt.

00:36:43.71
Marco Herack
Wir werden aber auch sehen, dass diese Sache mit der Produktion in China oder und oder in Südostasien, also in den Ausweiszonen, auch kein Selbstläufer mehr sein wird. Das heißt, die Unternehmen sind ja noch zusätzlich davon bedroht, dass sie jetzt Investitionen in Regionen machen, die sie in zwei, drei Jahren vielleicht gar nicht mehr für Produktionen nutzen können, weil überall die Zölle hochgefahren worden sind. Dann verlieren die ja auch noch mal zusätzlich Geld und müssen

00:37:13.88
Marco Herack
Geld investieren in Produktion in anderen Orten. So von daher sehe ich jetzt aktuell noch nicht, dass die Politik in Deutschland und oder Europa sich wirklich darauf eingestellt hat, aber auch mit der Überlegung, wie man denn wirtschaftlich dann damit umgeht. Weil das stellt die Wirtschaft in Anführungszeichen ja dann doch vor sehr starke Herausforderungen auch finanzieller Natur.

00:37:43.54
Stefan Sasse
Ok, angenommen du wärst jetzt quasi in einer Position, dass du vielleicht nicht entscheidest, aber doch zumindest stichwortgebend sozusagen bist, für wer auch immer da in Deutschland künftig zuständig ist. Was ist sozusagen die Strategie, die wir fahren sollten? Also was machen wir? Wir haben jetzt schon ein paar Mal festgestellt, irgendwas müssen wir tun. Und es wird auch nicht mehr weggehen. Also die USA fahren diese eher protektionistischere Politik.

00:38:10.17
Stefan Sasse
Von daher müssen wir das auch tun. Müssen wir quasi einen europäischen Wirtschaftsblock bauen. Müssen wir versuchen, uns an die USA ranzuhängen. Oder sagen wir, fuck it, wir werden jetzt die neue Außenstelle von China. Also in welche Richtung geht das sozusagen?

00:38:24.55
Marco Herack
Ich glaube nicht, dass wir uns aktuell zwischen einem der Blöcke entscheiden müssen. Wir hängen halt mehr an den USA dran. Das sind Fragen der militärischen Sicherheit, gerade jetzt mit dem Krieg in der Ukraine. Deswegen ist die USA da mehr gesetzt als China. Wir müssen aber schon gucken, dass wir so eine gewisse Offenheit gegenüber China behalten. Das ist halt unser wichtigster oder zweitwichtigster

00:38:52.45
Marco Herack
Handelspartner, da kommen wir auch nicht raus. Also für Deutschland ist aktuell USA der wichtigste. Wenn allerdings Trump dann anfängt, irgendwelche Zölle da auf europäische Waren rauszuballern, dann kann sich das ja auch ändern.

00:39:09.22
Marco Herack
So und dann erst sind wir in dieser Zwickmühle zu entscheiden, wie gehen wir damit um. Das heißt also die Strategie muss ja erstmal grundsätzlich sein, dass man möglichst offen gegenüber China bleibt, aber auch beginnt seinen Standpunkt klar zu machen. Und die Ausgleichszölle, es sind ja keine Strafzölle wie oftmals gesagt wird, sondern es gleicht eine Ungleichheit aus.

00:39:32.21
Marco Herack
Das ist der Beginn dieser Entwicklung des Standpunktes.

00:39:40.38
Marco Herack
Und daraus ableitend wäre ja eigentlich die Aufgabe, Einigkeit in der EU zu schaffen. Und selbst wenn man das nicht mit allen hinbekommt, weil in Orban halt immer irgendwie den Arbitrage-Trade fährt, ich mecke in der EU und hole mir dann Geld aus Russland und China zusätzlich, dann muss man trotzdem eine größtmögliche Einigungsmasse herstellen.

00:40:04.77
Marco Herack
Was Deutschland betrifft ist für mich aber auch klar, dass wir diese chinesischen Autos brauchen. Nicht nur, weil wir irgendwie die Elektrifizierung des Automarktes wollen, sondern weil die deutschen Unternehmen so dermaßen lahm sind und nicht in die richtige Richtung wanken.

00:40:09.62
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:40:20.62
Marco Herack
dass sie halt diese Konkurrenz brauchen. Und die Konkurrenz aus China macht denen ziemlich Beine. Also die haben jetzt richtig Angst und beginnen zu investieren. Nicht, weil wir CO2-Bepreisungen machen, nicht weil wir sagen, dass Verbrenner auskommen. Nee, es ist der Konkurrenzdruck am Ende. Das ist halt auch eine Wahrheit.

00:40:40.59
Marco Herack
Und da wird man sicherlich überlegen müssen, ob CO2-Bepreisung dann noch ein Weg ist, dass man also den Unternehmen Geld wegnimmt, während sie investieren müssen. Das ist eine Diskussion, die ich für 2025 erwarte. Sie deute sich jetzt auch schon im Wahlkampf an. Es gibt ja diese

00:41:03.10
Marco Herack
Es gibt ja nicht nur die CO2-Bepreisung, sondern dann auch noch die Emissionen, die da bei den Automobilherstellern rechtlich in Frage stehen, also wo dann auch nochmal Strafen oben drauf kommen. Also das ist so ein Gesamtkomplex, den man sich einfach heute angucken muss. Dann ist die Frage aber grundsätzlich...

00:41:20.06
Marco Herack
Was sind die wichtigen Branchen? Und Automobil gehört für Deutschland dazu. Behört übrigens auch für Ungarn dazu, weil viele Fabriken und Fertigungen halt auch in Ungarn stattfinden und in Osteuropa. Und das ja auch ein Leverage ist, das man mal ausspielen könnte. Aber das ist eine wichtige Branche. Und dann ist halt die Frage, was ist noch? Also Verteidigung natürlich.

00:41:42.57
Marco Herack
Wenn wir über künstliche Intelligenz reden, dann mag das vielleicht wichtig sein, aber da werden wir in Deutschland, wenn wir da nichts haben, haben wir da nichts. Das ist eine Frage für Europa. Das muss europäisch koordiniert werden. Da können wir jetzt nicht anfangen, unsere eigenen Firmen aufzubauen.

00:42:02.99
Marco Herack
Bei der Ship-Produktion haben wir ja in Dresden schon mal ein Ökosystem, das man erweitern kann und da würde ich viel kleiner denken. Nicht so Intel-mäßig, sondern ich würde in den kleineren Unternehmen denken. Was sind wirklich wichtige Bereiche, die wir brauchen?

00:42:21.75
Marco Herack
Brauchen wir als Deutschland Cutting Edge, also brauchen wir Intel oder brauchen wir es als Europa? Wenn wir es als Europa brauchen, müsste das nicht europäisch koordiniert sein. Warum muss dann Deutschland alles machen? Also so müssen wir halt die Branchen durchgehen und so würde ich sie durchgehen. Was ist uns wichtig? Was können wir leisten? Und wenn wir es nicht leisten können, würde ich halt immer gucken, ob man es auf europäische Ebene heben kann.

00:42:47.65
Marco Herack
Und das ist aber ein grundsätzlicher Umschwung in der Politik. Das haben wir aktuell nicht, dieses Denken. Nicht mal in der Verteidigungspolitik, die ja naheliegend ist, haben wir das aktuell. Da fängt das langsam an. Und das ist auch ein gutes Zeichen, dass das da anfängt. Aber es braucht ein grundsätzliches Neudenken von Politik in diesen Bereichen.

00:43:12.50
Stefan Sasse
Ja, das ist immer das große Thema in Deutschland. Wir kommen immer bei dem gleichen Punkt raus mit diesem von wegen Strategie und das müsste man überhaupt erst mal akzeptieren, dass das okay ist sozusagen.

00:43:28.18
Marco Herack
Ja, aber das ist ja wirklich der Punkt. Also wenn man politisch sagt, ich sehe das anders und ich akzeptiere das nicht und der Markt muss das regeln und ich mache da zwei, drei Fabriken hin und dann wird das schon, dann wird das Ergebnis halt eben so sein, wie es ist. Und man kann aktuell schwer klare Maßnahmen ableiten.

00:43:48.97
Marco Herack
wenn das grundsätzliche Denken noch nicht mal da ist, dass man die sehen könnte. Weil jede Einzelmaßnahme, die umgesetzt wird, wird am Ende dazu führen, dass sie potenziell scheitert oder bei Weiben nicht das beiträgt, was sie gedacht beitragen sollte.

00:44:04.79
Marco Herack
solange nicht dieser grundsätzliche Schwenk in der Ausrichtung da ist. Und das ist für Deutschland als größtes Wirtschaftsland in der EU vielleicht auch schwerer, weil, naja, man würde ja gerne alles bestimmen und man ist ja wirtschaftlich so stark und warum braucht man überhaupt Hilfe? Aber das ist halt nun mal die Realität und der Fun-Fact an der ganzen Sache ist, dass das eigentlich auch seit Jahrzehnten der Grund für Europa war.

00:44:05.23
Stefan Sasse
Copyright WDR 2021

00:44:34.07
Marco Herack
Man hat immer gesagt, wir brauchen diesen Wirtschaftsblock Europa.

00:44:37.81
Marco Herack
Wir brauchen den, weil nur so können wir zwischen China und den USA bestehen. Und die Umsetzung hapert aber irgendwie. Also da geht es nicht voran. Das wird nicht allgemein gedacht. Es gibt nur diese Regulierungswut, das ist dann quasi die Ausweichhandlung, dass man alles versucht, europäisch zu regeln, damit es einheitlich ist dann mit Abstrichen, also der Umsetzungsdifferenzen. Aber

00:45:06.54
Marco Herack
Es braucht jetzt halt den nächsten Schritt. Und von dem ausgehend kann man dann auch konkret sagen, wie es gehen wird. Und ich finde, Friedrich Merz hat da jetzt schon mal, als er da angefangen hat, das Sicherheitspolitik, sozusagen das Weimarer Dreieck muss zurück. Das ist ein erster Schritt dahin, dass die EU-Kommission jetzt in Sachen Rüstungsindustrie eine Koordination aufbaut, ist ein erster Schritt dahin.

00:45:33.20
Marco Herack
Und das wird jetzt ganz hart erkämpft werden müssen, dass man daraus weitere Schritte ableitet. Da wird es Unternehmen geben, an denen mehrere Staaten beteiligt sind. Ein Beispiel aus der Raumfahrt.

00:45:58.28
Marco Herack
Da ist es ja aktuell so, da gibt es irgendwie einen Topf an Geldern, da schmeißt jeder was rein und dann kriegt er aber auch anteilig wieder Gelder zurück ins Land, die dann von Unternehmen vor Ort dann umgesetzt werden und produziert werden, weil da jeder irgendwie seine Arbeitsplätze und Technik und so weiter haben will. Das sind halt Sachen, die in der Form wahrscheinlich nicht haltbar sind, weil das einfach nicht effizient genug ist.

00:46:23.63
Stefan Sasse
Aber das höre ich jetzt in Sachen Verteidigung ja auch schon echt lang. Das ist so ein ganz großes Problem der europäischen Verteidigungspolitik auch und irgendwie ändert sich da trotzdem aktuellen Druck ja eher wenig. Also Kooperation im europäischen Rüstungswesen oder sowas. Das bleibt ja schon so ein bisschen der weiße Wal, den man zwar immer verfolgt, aber der nicht näher zu kommen scheint.

00:46:47.11
Marco Herack
Es läuft noch nicht so, wie man sich das grundsätzlich vorstellen würde. Normalerweise würde man sagen, man fusioniert da Unternehmen und dann wird das schon irgendwie. Aber die Strategie aktuell scheint eher zu sein, man gründet neue Unternehmen, Joint Ventures zwischen verschiedenen Staaten.

00:47:02.46
Marco Herack
Es sind ja schon einzelne Unternehmen, an denen dann Staaten beteiligt sind, die dann aber entsprechend zugeordnet sind und darüber findet das eher statt. Also das ist so ein verdecktes Zusammenwachsen, würde ich sagen. Und das ist natürlich alles ein sehr langfristiger Prozess. Also wir reden da halt nicht über die vier Jahre, wo jemand gewählt ist, sondern wir reden halt wirklich über 20, 30 Jahre.

00:47:15.62
Stefan Sasse
Oh, okay.

00:47:27.21
Marco Herack
Das ist interessanterweise auch genau der Zeitraum, innerhalb dem sich Lieferketten verändern. Lieferkettenprozesse sind immer Prozesse über Jahrzehnte. Donald Trump wird das jetzt mit den Zöllen wieder beschleunigen, weil die Unternehmen ja darauf reagieren müssen.

00:47:46.10
Marco Herack
10 Jahre, nicht 30. Aber man baut diese Fabriken halt auch nicht einfach mal so hin und man siedelt Produktion nicht einfach mal so an, sondern das dauert alles etwas länger. Von daher gibt es auch in der Wahrnehmung, die man dann hat,

00:48:07.76
Marco Herack
Es gibt selten mal so einen großen Bang, wo man sagt, jetzt haben wir mal was geschafft, sondern das ist ein sehr schleichender Prozess, den man immer wieder explizit sichtbar werden lassen muss, um ihn noch wahrzunehmen.

00:48:19.99
Stefan Sasse
Wie muss ich mir das denn dann eigentlich konkret vorstellen? Also was ist denn da dann die Rolle des Staates in diesem Prozess? Wenn wir sagen, wir brauchen diese Ökosysteme etc., läuft es über Subventionen? Läuft es über, ich weiß nicht, steuerliche Anreize? Was macht man über? Was ist denn der strategische Werkzeugkasten, den wir da überhaupt zur Verfügung haben?

00:48:42.58
Marco Herack
Grundsätzlich ist es erstmal die Entscheidung, was will ich. Und von dort ausgehend gibt es im Grunde einen riesigen Werkzeugkasten, da kannst du alles Mögliche machen. Du kannst politisch begleiten, das Unternehmen fusionieren. Das sieht man ja zum Beispiel an der Commerzbank, dass man das politisch begleiten oder eben auch verhindern kann.

00:49:03.36
Marco Herack
Man kann natürlich steuerliche Anreize setzen. Das Problem mit steuerlichen Anreizen ist halt immer, da muss auch erstmal jemand Geld verdient haben. Also wenn ich da eine Fabrik hinstelle, die da neu ist, dann hat die erstmal noch nichts verdient, sodass sie da von den Steuervorteilen was genießen könnte. Also da muss man dann genau hingucken, ob das überhaupt sinnvoll ist.

00:49:31.31
Marco Herack
Man kann natürlich Subventionen geben für die Ansiedlung oder für diverse andere Dinge, also das ist glaube ich immer das politisch beliebteste, was gemacht wird. Ich denke aber auch, dass es halt ein klares Commitment braucht, ein verlässliches Commitment, weil

00:49:55.92
Marco Herack
zu sagen, wir subventionieren hier jetzt was, ist kein klares Commitment. Das ist eine Einzelmaßnahme. Und mein Beispiel, wenn du so eine Cutting-Edge-Technologie ansiedeln willst, da gibt es so diverse Berechnungen, da kann man dann sagen, naja, wenn man dauerhaft, also nicht nur diese eine Generation, sondern wenn man die dauerhaft haben will in der Region, dann kostet das über die Zeit 50 Milliarden.

00:50:21.41
Marco Herack
Also reden wir halt nicht über 10 Milliarden für den Fabrikbau, sondern das, was noch drum herum gehört und das ständige Reinvestieren darin. Das heißt also, die 50 Milliarden sind eigentlich nur die Schaffung des Ökosystems für diese eine Fabrik und dann geht es fröhlich weiter. Weil es wird ja in der Region weiterhin nicht profitabel sein.

00:50:43.35
Marco Herack
So deswegen muss man da halt erstmal grundsätzlich dieses Commitment haben und den Unternehmen sagen, pass auf, wir finanzieren das dann eben auch weiter. Und man bräuchte halt die Überlegung, was kann man denn hier profitabel aufbauen und genau da rein fördern.

00:51:01.41
Marco Herack
Also vielleicht mal ein Beispiel alter Natur. Wir diskutieren sehr viel darüber, ob wir hier unsere Solarzellen selber aufbauen müssen, Solarzellenproduktion in Deutschland. Also wenn China das so billig macht und der andere Partner USA das auch mittlerweile aufbaut, ist ja vielleicht die Frage, ob nun unbedingt wir in Deutschland jetzt auch noch so eine Solarzellenproduktion aufbauen müssen.

00:51:27.86
Stefan Sasse
oder ob wir sie einfach kaufen.

00:51:29.62
Marco Herack
Genau. Und ob das wirklich etwas ist, was wir nicht bekommen werden. Im Zweifelsfall. Weil das wage ich zu bezweifeln bei Solarzellen. Also so eine Frage. Das andere ist dann natürlich Rohstoffversorgung. Also wenn es Handelskriege gibt und China Rohstoffe dominiert, dann müssen wir halt gucken, dass die Rohstoffversorgung gesichert ist.

00:51:57.00
Marco Herack
Das wird Geld kosten. Und deswegen sollte man das auch nicht als Deutschland alleine tun, sondern eben auch wieder europäisch koordiniert. Also das sind auch Maßnahmen, die gar nicht so offen dastehen. Aber auch das gehört halt dazu. Das andere Thema ist Fachkräfte. Also es braucht ja irgendwo eine Projektion, dass wenn wir jetzt diese ganzen Sachen hier ansiedeln, dass dann auch die Fachkräfte dafür da sind.

00:52:15.69
Stefan Sasse
ist die

00:52:26.10
Marco Herack
Und das fängt dann halt, naja, also wenn wir sagen, wir finanzieren die schulische Bildung in Deutschland nicht gescheit, das ist ja aktuell der Fall, dann brauchen wir die halt von außen, die Fachkräfte. Da muss man sich darauf einstellen, dass man dann halt aus anderen Ländern Leute reinholt. Das will der Deutsche ja auch wieder nicht. Also da muss man halt dann gucken, dass man das selber generiert, die Fachkräfte. Also da sind so ein paar Fragen, da sind sehr widersprüchliche Antworten da.

00:52:57.24
Marco Herack
Aber auch da bräuchte es dann halt eine Entscheidung. Und da muss ich dann auch sagen, wenn die politische Entscheidung ist, naja, wir setzen nicht auf die Schule oder lassen die Schule da weiter verrotten und gehen dann auf die ausländischen Fachkräfte. Da kann man schon verstehen, warum Leute auch wütend werden. Weil es ja im Endeffekt heißt, naja, also ihr seid jetzt nicht das bevorzugte Gut, an dem wir uns orientieren. Das ist für die Politik eine krasse Aussage.

00:53:24.99
Marco Herack
Also damit wird sie halt auch lernen müssen, umzugehen. So, jetzt können wir immer weitermachen, aber ich glaube, das so als Erstindruck reicht das mal ganz gut, oder?

00:53:34.72
Stefan Sasse
Ja, was ich so mitnehme sozusagen, ist wirklich dieses Commitment, was da dahinter steht. Also, dass quasi die Maßnahme an sich gar nicht mal so das Entscheidende ist, sondern mehr der Mentalitätswechsel, dass ich quasi als ein Unternehmen oder so darauf bauen kann, dass unabhängig von der konkreten Maßnahme letzten Endes,

00:53:57.19
Stefan Sasse
Ich sagen kann, der Staat teilt, hat quasi diese Zielrichtung. Die wird laufen für die nächsten XY Jahre, Jahrzehnte. Und ich kann quasi einfach mal drauf bauen, dass meine Lobbyisten und Lobbyistinnen immer einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin im Ministerium haben werden, die grundsätzlich aufgeschlossen sind und in die gleiche Richtung denken. Und wir werden uns dann schon einig, so nach dem Motto. Ist das quasi so die hauptsächliche Richtung, was aktuell vermisst wird?

00:54:20.33
Marco Herack
Mhm. Mhm.

00:54:29.70
Marco Herack
Ja, also Lobbyisten würde ich jetzt vielleicht da nicht mit einbeziehen, weil die haben ja ein ganz klares Ziel und das muss ja sich nicht immer mit meinem Ziel decken. Aber ja, also das Commitment ist erstmal grundsätzlich wichtig. Dann die Infrastruktur. Das habe ich jetzt ein bisschen über Rohstoffe abgedeckt, aber dazu gehören natürlich auch funktionierende Straßen, funktionierender Güterverkehr, Brücken, die nicht bröseln und so weiter.

00:54:58.24
Marco Herack
Also das gehört halt auch dazu. Und Stromversorgung, dass die gesichert ist und alles so ein Kram. Also wenn man eine gute Infrastruktur hat, schützt das vor sehr viele. Wenn man so ein bisschen durch die Welt reist, wird man nämlich feststellen, die meisten Länder haben keine gute Infrastruktur. Da fackeln dann alle paar Monate mal irgendwo die Häuser ab und die Fabriken, weil die Stromleitungen halt scheiße gelegt sind und so weiter.

00:55:25.62
Marco Herack
Also es gibt viele Hebel, die so Grundlagensachen sind. Dazu übrigens auch gehören Grundlagenforschung, wo man auch nicht unbedingt genau sein sollte. Also ich glaube, wenn man es mal vielleicht aufdröselt, die Grund-, die Schaffung der Grundlagen ist das Wichtigste.

00:55:50.98
Marco Herack
zusätzlich zu der Entscheidung, was ich überhaupt alles machen möchte. Und ab dem Punkt sind manche Sachen Selbstläufer, um die man sich dann gar nicht mehr kümmern muss und weil einfach der Wettbewerbsvorteil dieser funktionierenden Infrastruktur sehr groß ist und andere Sachen, die man befördern muss.

00:56:10.83
Marco Herack
Also zum Beispiel die Subvention, die Steuervorteile, Schaffung von Fachkräften und so weiter. Also das ist ja das, was ganz klassische Politikarbeit ist. Und ja, Punkt. Das Problem ist, dass es was kostet.

00:56:30.20
Stefan Sasse
Es klingt doch soweit eigentlich ganz stabil, also überhaupt kein Problem. Wir müssen die Infrastruktur finanzieren.

00:56:37.38
Stefan Sasse
Genau, das meine ich. Ich habe gerade auch den Ironiemodus ausgepackt, weil die Kosten sind ja gigantisch. Wir wollen auf der einen Seite, brauchen wir eine gescheite Infrastruktur. Das heißt, wir müssen am besten eine grüne Energiewende hinlegen. Wir brauchen mehr Strom und der darf weniger fossil sein. Dann müssen wir gucken, dass die Internetinfrastruktur passt. Die Brücken sollten idealerweise nicht zusammenstürzen. Wenn über die Schienen einen Zug irgendwann mal pünktlich fährt, wäre auch ganz gut.

00:57:03.32
Stefan Sasse
Dann haben wir das Thema, dass wir teilweise direkt subventionieren müssen, weil, wie du sagst, manche Sachen sind einfach nicht profitabel. Das ist natürlich gleichzeitig auch wieder ein gigantischer Mentalitätswechsel, weil allein die Vorstellung, dass man ganz bewusst sagt, wir fördern ein absehbar nicht profitables Unternehmen, das ist ja auch wieder ein komplettes Tabu innerhalb von Deutschland. Das heißt, du hast da an so vielen Ecken und Enden im Endeffekt

00:57:32.100
Stefan Sasse
ein erforderliches Umdenken. Ich werfe mal wieder das böse Wort Schuldenbremse in den Raum und die Herausforderungen sind ja quasi gigantisch.

00:57:42.89
Marco Herack
Ja, man kann natürlich sagen, wir schaffen einen Markt. Das meinte ich mit Ökosystem. Wenn man manche Sachen durchkalkuliert, könnte man auf die Idee kommen, wenn man das gescheit strukturiert, würde das auch in Europa laufen. Aber natürlich nicht als Einzelfabrik, sondern wenn man das als Ökosystem aufbaut.

00:58:05.45
Marco Herack
und dann natürlich da auch entsprechend einkauft. Also da muss ja nicht immer direkt Geld fließen, das kann ja auch Abnahmegarantien sein und so weiter und so fort. Also da gibt es ja verschiedene Möglichkeiten. Gerade die Rüstungsindustrie funktionierte zum Beispiel so und so kann man dann halt auch mit einer normalen Schöpfabrik irgendwas ausdehlen.

00:58:25.16
Marco Herack
Die Frage ist dann, ob man die Sachen dann noch verwenden kann und so weiter. Also da gibt's so Folgefragen, und aus dieser Idee der entstehenden Märkte, da kann man ja ganz gezielt darauf hinarbeiten, dass die sich auch selber tragen. Ich finde, die Automobilbranche ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Wir sehen ja in China, dass da sehr viel darauf geworfen wurde, wir wollen jetzt Elektroautos haben. Das hat verschiedene Gründe gehabt, auch wettbewerbstechnischer Natur für die chinesischen Automobilhersteller. Aber das war so eine Grundsatzentscheidung und da haben die Geld drauf geworfen, auch in dem Wissen.

00:59:52.91
Marco Herack
Wenn der Markt dann da ist, dann haben wir die Hersteller, die werden dann Geld verdienen und dann haben wir die Arbeitsplätze und die Produktion und müssen da nichts weiter nachschießen, sondern haben dann sogar noch Steuereinnahmen. Und so kann man natürlich auch denken. Man muss dann nur, wenn man das als Deutschland macht, berücksichtigen, dass Deutschland selber nicht China ist. Das ist ein kleiner Markt. Deswegen auch immer wieder mein Plädoyer. Man muss da zumindest mal europäisch denken.

01:00:24.34
Stefan Sasse
Okay, verstanden, soweit. Dieses Ökosystem als Stichwort, ich glaube, das ist was, das wird mich noch eine ganze Weile mit begleiten. Wenn ich quasi die Quintessenz aus unserem Gespräch jetzt rausnehmen müsste, das ist das, was ich vorher nicht so wirklich auf der Pfanne hatte und wo ich sagen würde, dass das tatsächlich der relevante Punkt ist.

01:00:43.73
Stefan Sasse
Und da, um quasi den endgültigen Bogen zurückzustangen, das ist ja das, wo letztlich dann auch die Zölle wieder helfen können auf der einen Seite. Und eben auch die Herausforderungssinnen mit den Lieferketten und dem ganzen Kram, weil die da interferieren und wo man dann eben auch wirklich gesamtheitlich denken muss.

01:01:01.01
Marco Herack
Aktuell machen wir ja nur Ausgleichszölle gegenüber China. Es gibt jetzt so die ersten Überlegungen, die in diese Richtung gehen, wenn chinesische Autohersteller hier Fabriken aufbauen wollen, dann müssen sie auch irgendwie Partnerschaften mit europäischen Unternehmen machen oder ein Technologietransfer, also das, was wir früher gemacht haben, nur andersrum.

01:01:28.22
Marco Herack
Und ich glaube, ab einem gewissen Punkt wird dann halt auch die Frage sein, ob es Schutzzölle gibt. Ich bin der Sache nicht so hundertprozentig abgeneigt, weil

01:01:42.65
Marco Herack
aus meiner Sicht schon Industriearbeitsplätze halt eben das sind, was die meiste Wertschöpfung in der Wirtschaft schafft und wir nicht darauf verzichten können auf diese Industriearbeitsplätze. Aufgrund des Skalierungsproblems gegenüber China wird es aber auch immer teurer sein, in Europa zu produzieren. Also du kannst ja anfangen beim Strom, der da einfach teurer ist als da die Kohle in Xinjiang.

01:02:09.36
Marco Herack
Und ähnliches. Wir werden da höchstwahrscheinlich nicht darum herumkommen, anders denken zu müssen. Zumindest dann, wenn wir sagen, das soll nicht alles ein komplett freier Markt sein, in dem dann grundsätzlich alles zum Stärkeren wandelt.

01:02:26.65
Stefan Sasse
Das ist doch ein gutes Schlusswort. Ich danke dir wahnsinnig für dieses Gespräch. Es war sehr erhellend. Und wer mehr solche erhellenden Einsichten von dir haben möchte, der muss einfach nur in die Show Notes gucken. Da verlinke ich deine anderen Podcasts. Ich danke dir und hoffentlich sehen wir uns bald wieder.

01:02:41.34
Marco Herack
Ja, gerne. Bis als bald. Tschüss.

 

Habeck erschüttert die Gewissheit des Silicon Valley mit norwegischen Ladesäulen und alten Theorien internationaler Politik - Vermischtes 12.12.2024

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Dienstag, 10. Dezember 2024

RFK normalisiert in Zusammenarbeit mit Reform die Subventionierung von Opernhäusern durch NIUS - Vermischtes 10.12.2024

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Fundstücke

1) Strategiepapier enthüllt: AfD sieht „Normalisierung“ ihrer Positionen

Ein internes Strategiepapier des AfD-Bundesvorstands zeigt, wie die Partei ihre Positionen „normalisieren“ und Anschlussfähigkeit zu anderen Parteien herstellen möchte. Laut der „Welt“ behauptet die AfD, dass etablierte Parteien zunehmend Forderungen übernehmen, die zuvor als extremistisch galten. Dies interpretiert die AfD als Bestätigung ihrer politischen Ausrichtung und als Zeichen wachsender Koalitionsfähigkeit. Im Papier betont die AfD, sie wolle im Wahlkampf sowohl ihre Alleinstellungsmerkmale hervorheben als auch Schnittmengen mit anderen Parteien betonen, um ihre Glaubwürdigkeit zu stärken. Gleichzeitig plant sie, gezielte Provokationen einzusetzen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Wähler zu mobilisieren, ohne jedoch die Werte ihrer Kernanhänger zu gefährden. Mit aktuellen Umfragewerten von 18 bis 19,5 Prozent wäre die AfD vor der Bundestagswahl im Februar zweitstärkste Kraft hinter der Union. Dennoch lehnen alle anderen Bundestagsparteien weiterhin eine Zusammenarbeit mit der AfD ab. Der Fokus auf Provokation und Normalisierung deutet auf eine strategische Zuspitzung im Wahlkampf hin. (dpa, Tagesspiegel)

Das ist für mich jetzt keine große Neuigkeit. Ich habe schon lange kritisiert, dass die CDU mit ihrer Anbiederung an die AfD eine Normalisierung ihrer Positionen betreibt und ihr damit effektiv in die Karten spielt. Die Verschiebung des Overtonfensters hilft den Populisten, weil die immer eine Stufe drauf legen können - jedenfalls so lange, wie das jeweilige Thema wahlentscheidend ist. Und das Migrationsthema ist dies aktuell noch. Solange das der Fall ist, werden die Populisten immer das "eins mehr als du"-Spiel treiben. Egal wie harsch die geforderten Maßnahmen, die AfD wird immer eins drauflegen können - weil die Übernahme ihrer alten Forderungen gleichzeitig die Grenze des Vorstellbaren verschiebt. Das funktioniert ja auch in alle Richtungen: in den 2000er Jahren war die Forderung nach 8€ Mindestlohn durch die LINKE radikal. Als er mit seinerzeit rund 9€ eingeführt wurde, forderte die SPD im Wahlkampf 2013 einen von 12€ - und die LINKE einen von 13€. Selten ist das "+1"-Prinzip so deutlich, aber es ist ein Spiel, das man nicht gewinnen kann. Aber: gleichzeitig muss das nicht der Übernahme widersprechen; auch Populisten fordern ja manchmal grundsätzlich sinnvolle Dinge. Man muss sich nur im Klaren darüber sein, welche Dynamiken man da gegebenenfalls lostritt.

2) RFK Jr. Is a Bellwether

Robert F. Kennedy Jr. steht im Zentrum mehrerer politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen, die den Wandel in den USA prägen. Trotz seines elitären Namens verkörpert er Anti-Elitismus und hat sich vom Umweltanwalt zum prominenten Kritiker von Regierung und Wissenschaft entwickelt. Seine Haltung gegen Impfungen spiegelt die Politisierung von Skepsis wider, die von einer hippiehaften Gesundheitsideologie zur konservativen Verteidigung individueller Freiheiten verschoben wurde. Kennedy verbindet diese Positionen mit Misstrauen gegenüber etablierten Institutionen wie der FDA und Big Pharma, während er ungetestete Nahrungsergänzungsmittel und alternative Therapien unterstützt. Er ist auch Vorreiter einer „performativen Gesundheitspolitik“, die maskuline Stärke und Individualismus betont, was ihn bei jüngeren Männern populär macht. Diese Fitness-Ästhetik fügt sich in die zunehmend konservative Ausrichtung der GOP ein, die Institutionen und Wissenschaft skeptisch gegenübersteht. Gleichzeitig nutzt Kennedy seinen Insiderstatus, um sich als Außenseiter darzustellen – eine Strategie, die auch prominente Trump-Unterstützer wie Elon Musk und Marc Andreessen verfolgen. Kennedys Aufstieg demonstriert die Wirksamkeit eines Anti-Establishment-Stils, der Misstrauen gegenüber Regierung und Institutionen mit einer romantisierten Idee persönlicher Freiheit kombiniert. Seine spezifischen Positionen mögen umstritten sein, doch seine politische Methodik spiegelt zentrale Trends im modernen Amerika wider, von postpandemischer Frustration bis hin zur Verschmelzung von Populismus und Elitismus. (Derek Thompson, The Atlantic)

Der Anti-Eliten-Elitismus ist ein faszinierendes Phänomen, der einmal mehr zeigt, dass Kohärenz in politischen Forderungen und Positionierungen deutlich überschätzt wird. Wenn irgendwelche Millionäre oder gar Milliardäre als aufrechte Kämpfer gegen die Elite posieren, ist das natürlich auf der einen Seite völlig albern. Auf der anderen Seite aber auch nicht: ich wiederhole immer wieder, dass Trump trotz seiner offensichtlichen Zugehörigkeit zu den Reichen und Mächtigen ein glaubhafter Anti-Eliten-Kämpfer ist, weil er deren Kultur ablehnt - und die ist eben das, um was es vielmehr geht als Macht und Einfluss (fälschlicherweise, wenn man mich fragt, aber mich fragt man nicht). Wenn Trump Burger wendet oder BigMac futtert, ist das ein wesentlich eindeutigeres Signal als wenn Kamala Harris über ihre Studierendenjobs redet. Gesucht werden Champions gegen die Elite, nicht Leute wie du und ich. Das ist ein fundamentales Missverständnis (weswegen übrigens schon in den 2000er Jahren die Kritik an Wagenknecht als "Salonkommunistin" mit Hummer und Co abprallte). Und Trump, Musk, Kennedy und Konsorten sind Champions. Für diesen Status wird ihnen viel verziehen  schlechte Policies, Korruption, Inkompetenz und mehr. - Siehe zu RFK auch diese scharfe Kritik an seiner Impf-Desinformation und ihren tödlichen Folgen.

3) Die Millionen des verschwiegenen Geldgebers

Der Artikel beleuchtet die finanziellen und strategischen Herausforderungen des von Julian Reichelt geleiteten Medienprojekts „Nius“, das maßgeblich durch den Unternehmer Frank Gotthardt finanziert wird. Nach seinem Aus bei der „Bild“ positionierte Reichelt „Nius“ als stark meinungsgetriebenes Online- und TV-Medium mit ideologischer Ausrichtung. Gotthardt, der als alleiniger Großinvestor auftritt, hat bisher Millionen in das Projekt gesteckt, jedoch schrumpft sein Vermögen drastisch, was die langfristige Finanzierung infrage stellt. Gotthardts bisherige Medienprojekte, darunter regionale Fernsehsender in Rheinland-Pfalz, zeigen ein ähnliches Muster: anfängliche Investitionen, gefolgt von Kürzungen und dem Rückzug bei ausbleibendem Erfolg. Auch bei „Nius“ bleibt das Geschäftsmodell unklar, da polarisierende Inhalte Werbung und Abonnenten erschweren. Branchenbeobachter zweifeln an der Rentabilität und verweisen auf erste Anzeichen, dass Gotthardts Interesse nachlassen könnte. Die Expansion von „Nius“ umfasst teure Studios, prominente Mitarbeiter und Beteiligungen wie beim österreichischen „Exxpress“. Dennoch häufen sich Verluste, und prominente Persönlichkeiten distanzieren sich. Der Artikel unterstreicht, dass „Nius“ stark von Gotthardts ideologischer Motivation abhängt, und warnt vor einem möglichen Scheitern des Projekts, wie es bei früheren Vorhaben des Investors bereits der Fall war. (Lars Wienand/Jonas Mueller-Töwe, T-Online)

Der Einfluss der Milliardäre auf die Medien ist, ich wiederhole mich, ein riesiges Problem. Dass Gotthardt sich hier mit NIUS eine persönliche Dreckschleuder aufbaut, ist eine Sache; das Ding ist zum Glück weiterhin ein Nischenphänomen - wenngleich der bisher erfolgreichste Versuch, rechts der Springerpresse etwas zu etablieren; man kann nur hoffen, dass es nicht gelingt. Ähnlich wie mit der CDU ist es gut, wenn der rechte Rand der Republik aus Welt und BILD besteht statt aus AfD und NIUS. In den USA sind wir über den Punkt längst hinaus. Da ist aber auch das Problem ein ganz anderes: Jeff Bezos' persönliche Intervention im Wahlkampf, um ein endorsement Harris' durch die Washington Post zu verhindern, schlug einige Wellen. Es war eine kluge Business-Entscheidung; Bezos fällt beim Weg in Trumps Allerwertesten ja quasi über die eigenen Füße. Noch krasser ist das Beispiel der LA Times, deren milliardenschwerer Besitzer ebenfalls massiven Einfluss auf die Berichterstattung nimmt. Dieser Trend von Oligarchen, die die Medienlandschaft nach rechts zerren (ob aus Überzeugung oder wie bei Bezos aus blankem Opportunismus) ist mehr als besorgniserregend. Im Falle von Opportunismus wie bei Bezos schon alleine wegen der Asymmetrie: da die Democrats die Partei des Rechtsstaats sind, müssen die Milliardäre von ihr nichts befürchten - entsprechend werden sie auch keinen Linksrutsch forcieren, wenn sie an die Macht kommen, sondern im Gegenteil sich durch kritische Distanz profilieren. Aus dieser lose-lose-Situation gibt es für die Progressiven auch keinen Ausweg.

4) Fights on the right

Der Artikel analysiert die wachsende Bedrohung, die die Reform Party unter Nigel Farage für die britischen Konservativen darstellt, und betont die strategischen Herausforderungen und Möglichkeiten für die Tories. Reform hat sich von einer Randpartei zu einem ernstzunehmenden Gegner entwickelt, der konservative Hochburgen angreift, unzufriedene Tory-Wähler anspricht und organisatorisch an Stärke gewinnt. Prominente Überläufer und Gerüchte über erhebliche finanzielle Unterstützung verdeutlichen den Aufstieg der Partei. Ein zentraler Kritikpunkt an den Konservativen ist ihre mangelnde Abgrenzung zu Reform. Sie sehen Reform vor allem als Wahlstörenfried, nicht jedoch als politischen Gegner mit klaren Zielen. Dies führt dazu, dass sie Gefahr laufen, Reform nachzuahmen, anstatt eine eigene, attraktive Vision zu entwickeln, die auch breitere Wählergruppen anspricht. Ideologische Unterschiede zwischen den beiden Parteien bieten jedoch Chancen zur Differenzierung. Reform propagiert Isolationismus, eine Skepsis gegenüber internationalen Institutionen und leugnet den menschengemachten Klimawandel – Positionen, die sich deutlich von den konservativen Ansätzen abheben, welche traditionell Wirtschaft und Umwelt in Einklang zu bringen versuchen. Diese Unterschiede könnten die Tories nutzen, um sich als pragmatische Alternative zu Reform zu präsentieren. Der Artikel kritisiert zudem, dass die Konservativen oft die Macht um ihrer selbst willen anstreben, ohne klare Ziele für deren Nutzung zu haben. Um Reform wirksam entgegenzutreten, müssten die Tories eine klare Vision entwickeln, die ihre Stärken betont und verdeutlicht, warum Reform eine schädliche Wahl für das Land wäre. Reform müsse nicht nur als Konkurrenz für Wählerstimmen betrachtet werden, sondern als Gegner mit fundamental anderen Werten und Zielen. Die Konservativen müssen eine Strategie verfolgen, die sowohl eine selbstbewusste politische Plattform bietet als auch ideologisch von Reform abgrenzt. Dadurch könnten sie enttäuschte Wähler zurückgewinnen und ihre Relevanz in der britischen Politik stärken. (Joxley)

Ähnlich wie in Fundstück haben wir hier mit der Reform-Party die Fragestellung, wie man als Konservative mit den Rechtspopulisten umgeht. Ein Zitat aus dem Artikel - der in seiner Gänze lesenswert ist - möchte ich besonders hervorheben: "They need to reciprocate the relationship and see the insurgent party as opponents rather than just as allies who are going through a phase." Die Vorstellung, dass die Rechtspopulisten, -radikalen oder gar -extremisten quasi die "ungezogenen Kinder" sind, aber generell zum eigenen Lager gehören und nur wieder zurückgeholt werden muss, ist ein gefährlicher Irrweg. Er ist es auch, dem die Konservativen und Reaktionären in Weimar auf den Leim gingen. Der Ansatz, den Joxley hier nennt, ist daher eine relevante Gedankenstütze: die Rechtsradikalen nicht nur als Wählendenreservoir begreifen, sondern als Konkurrenten, die man inhaltlich stellen und deren Differenzen man erkennen muss. Dann erst sieht man, wo man gegebenenfalls auch eine Koalition machen kann - oder eben nicht. Und wie will man etwa als CDU eine Koalition mit einer Partei eingehen, die aus der EU austreten will...?

5) Wann begreift auch Deutschland, dass es von Kunst profitieren könnte?

Der Artikel thematisiert die widersprüchliche Wertschätzung von Kunst und Kultur in Deutschland und vergleicht diese mit den ambitionierten Investitionen in Museen und Kulturprojekten am Golf. Während dort Milliarden in Kunst als Zukunftsinvestition fließen, dominiert in Deutschland ein Sparzwang, der Kultur oft als entbehrlich behandelt. Aktuelle Kürzungen in den Kulturetats von Berlin bis Süddeutschland zeugen von einem Mangel an Vertrauen in den kulturellen Wert als Standortvorteil. Der Artikel kritisiert insbesondere die Einsparungen wie die Streichung des kostenfreien Museumssonntags und eine fehlende kreative Nutzung bestehender Ressourcen. Museen wie das Berliner Bode-Museum ziehen trotz beeindruckender Sammlungen wenige Besucher an, was auf mangelndes Marketing und Engagement zurückzuführen sei. Beispiele wie die Tate Modern in London oder die Elbphilharmonie in Hamburg zeigen hingegen, wie Kultur Städte und deren Image positiv verändern kann. Besorgnis äußert der Artikel über die möglichen Folgen einer wachsenden politischen Polarisierung, insbesondere durch die AfD, die kulturfeindliche Sparmaßnahmen weiter verschärfen könnte. Als Gegenbeispiel nennt der Text Projekte wie die interaktive Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, die als Investition in die kulturelle Zukunft verstanden wird. Die Schlussfolgerung lautet, dass Deutschland dringend strategische Ansätze braucht, um seine kulturellen Schätze besser zu nutzen und Kultur als unverzichtbaren gesellschaftlichen Wert zu erhalten. (Ulrike Knöfel, Spiegel)

Ich halte nur wenig von dieser Argumentationslinie. Hochkultur existiert nur dank Subventionen. Entweder durch staatlich oder privates Mäzenatentum. Oder beides. Aber sie wird nie profitabel oder massentauglich sein. Sonst wär's ja auch keine Hochkultur. Man kann darüber diskutieren, ob man sich das leisten will. Aber klar sein muss einem das. Letztlich ist es etwas, das man sich leistet. Als Gesellschaft, weil man sagt, dass wir das für unsere Kultur und so weiter erhalten wollen, oder eben als Individuum, weil ich nicht weiß, wohin sonst mit meinem Geld. Klar, für Tourismus spielt das ein bisschen eine Rolle, aber Hochkulturförderung machen wir nicht aus Gründen der Ökonomie, sondern aus Identitätsgründen. Wir finden, dass es etwas über uns aussagt, dass es uns Prestige gibt. Anders ist die Elbphilharmonie kaum zu erklären. Kunst existiert und wird um ihrer selbst willen gefördert. Oder eben auch nicht.

Resterampe

a) Bekloppte Abschiebungen, nur um die Quote zu erfüllen (ARD). Kreis investiert 12.000€ in Ausbildung, ist erfolgreich durch, dann wird abgeschoben.

b) Enshittification bei Musik (FT). Auch spannend mit den Punkten zu KI.

c) Guter Punkt zu "unpolitischem" Essen (Bluesky).

d) Der Chef der Bundesbank (!!!) spricht sich für eine Lockerung der Schuldenbremse aus (Bluesky). DER BUNDESBANK. Dem Hort der Stabilität!

e) Das New York Magazine hat ein gutes Porträt von Milei.

f) Beim Project Syndicate gibt es eine vernichtende Kritik an Merkel und ihrem Buch.

g) Diesen Politiküberdruss kann ich nachvollziehen (Bluesky).

h) Analyse der MAGA-Ästhetik (ZEIT).

i) Gehobener Unfug um Feuilleton (ZEIT).

j) Ich teile die Kritik politisch ja gar nicht, aber sie ist zutreffend. (X)

k) Grüne Jugend: So plante der Ex-Vorstand den Bruch mit der Partei (Spiegel). Einmal Tragödie, einmal Farce.

l) Backlash? Lehrkräfte setzen digitale Medien im Unterricht deutlich seltener ein – und sind skeptisch gegenüber KI (News4Teachers). Hervorragend, ist ja nicht die Zukunft oder so.

m) Here’s how wokeness hurts centrist Democrats (Kevin Drum).

n) The Supreme Court’s naked partisanship continues today (Kevin Drum). Ja.

o) Pampigkeit gab es immer, aber heute fühlt sich jeder gleich beleidigt (Welt). Mich fasziniert an diesen Artikeln ja immer der Mangel an Selbstreflexion. Diese beleidigte Pampigkeit ist wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal der Linken!

p) Social-Media-Verbot unter 16 Jahren in Australien: Ein Vorbild für Deutschland? (Spiegel) Ich halte das für eine Phantomdebatte, schon allein, weil es in Australien schwere Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit gibt.

q) Friedrich Merz verspielt die konservative Erneuerung der CDU (Welt). Poschardt natürlich. Wie weit rechts soll die CDU auch rutschen? Merz will Kanzler werden, nicht Vorsitzender vom Poschardt-Fanclub. Die Grünen orientieren sich auch nicht an den Leitartikeln von Ulrike Herrmann.

r) Urteil gegen Arbeitszeitkonto für Grundschul-Lehrkräfte wird bald rechtskräftig – und dann? (News4Teachers) Radikale Idee (auf die es ja auch rauszulaufen scheint) - geleistete Arbeitszeit einfach bezahlen? Verrückt, ich weiß. Aber das würde das Problem weitgehend lösen.

s) Schreckgespenst Habeck (Spiegel). Echt albern. Aber passt zu dieser Milei- und Musk-Liebe, die Lindner gerade raushaut.

t) Guter Thread zu den Grünen 2021 (Bluesky).


Fertiggestellt am 07.12.2024

Montag, 9. Dezember 2024

Bohrleute 96 - Musk und Milei kaufen mit der Bezahlkarte in Syrien eine Entschuldigung für Terroristen, mit Ariane Sophie

 

Nachdem wir in Folge 73 zum ersten Mal des Konzept der Blogbeiträge des Vermischten in Podcastform übertragen hatten und tatsächlich immer wieder gefragt wurden, ob wir das noch einmal machen, haben wir in leicht veränderter Form eine Neuauflage gewagt. Ariane und ich sprechen über Themen, die wir im Blog nicht diskutiert haben. Heute geht es um die Bezahlkarte für Geflüchtete, die Lindner'sche rhetorische Umarmung von Musk und Milei, eine Studie zu Politiker*innenentschuldigungen, die Auswirkung des Falls von Assad auf die Geflüchteten in Deutschland und den Mord am CEO einer amerikanischen Versicherungsfirma. Lasst uns wissen, was ihr vom Format haltet.

Shownotes

Wie die Bezahlkarte Geflüchtete einschränken soll

Der Artikel analysiert die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete in Deutschland, die ursprünglich als Verwaltungsvereinfachung angekündigt wurde. Recherchen von ZEIT ONLINE und FragDenStaat zeigen jedoch, dass die eigentliche Motivation eher in der Kontrolle und Einschränkung der Geflüchteten liegt. Die Karte, die schrittweise in 14 Bundesländern eingeführt wird, erlaubt nur eingeschränkte Bargeldabhebungen und limitiert die Nutzung auf bestimmte Ausgaben. Offizielle Dokumente belegen, dass die Karte nicht nur der Verwaltungsentlastung dienen soll, sondern gezielt genutzt wird, um Geldtransfers und Ausgabenmöglichkeiten von Geflüchteten zu kontrollieren. Maßnahmen wie die Begrenzung der Bargeldabhebung auf 50 Euro pro Erwachsenem und die Sperrung von Onlinekäufen oder Überweisungen erschweren die Lebensführung der Betroffenen erheblich. In Hamburg hat eine Familie bereits Klage eingereicht, unterstützt von Pro Asyl und dem Verein Gesellschaft für Freiheitsrechte. Die Einschränkungen führen zu erheblichen Problemen im Alltag, etwa beim Zurückzahlen geliehener Beträge oder dem Kauf von Alltagsgegenständen. Der Artikel zeigt, dass die Karte nicht nur migrationspolitische Ziele verfolgt, sondern auch rechtliche Fragen aufwirft, wie etwa die Zulässigkeit der Bargeldbegrenzung. Unterschiedliche Ausgestaltungen in den Bundesländern schaffen zudem einen Flickenteppich, der die ursprünglich angestrebte Einheitlichkeit untergräbt. Obwohl die Karte die Verwaltung entlasten soll, bleibt die tatsächliche Wirksamkeit fraglich. Gleichzeitig verschärfen die Einschränkungen die Situation der Geflüchteten und gefährden grundlegende Rechte wie das Existenzminimum und die Gleichbehandlung. Die Einführung wird von Experten als problematisch bewertet, da migrationspolitische Ziele überwiegen und rechtliche Grauzonen bewusst in Kauf genommen werden. (Christina Schmidt, ZEIT)

Why Politicians Won’t Apologize: Communication Effects in the Aftermath of Sex Scandals

Die Studie untersucht, warum Politiker nach Sexskandalen selten öffentliche Entschuldigungen aussprechen, obwohl solche Gesten zur Versöhnung beitragen könnten. Anhand von Umfragedaten mit über 10.000 US-amerikanischen Teilnehmern analysieren die Autoren die Auswirkungen verschiedener Kommunikationsstrategien—insbesondere Leugnen und Entschuldigen—auf die Unterstützung für amtierende Politiker.

Die Ergebnisse zeigen, dass Wähler Politiker, die sich entschuldigen, stärker abstrafen, selbst bei weniger schwerwiegenden Vorwürfen. Zudem bieten Entschuldigungen keinen politischen Vorteil gegenüber dem Leugnen, selbst wenn Beweise für das Fehlverhalten vorliegen. Dies deutet darauf hin, dass Entschuldigungen in den meisten Fällen keine politisch tragfähige Kommunikationsstrategie darstellen.

Die Studie hebt hervor, dass das Fehlen von Entschuldigungen nicht nur die politische Unterstützung beeinflusst, sondern auch die gesellschaftliche Versöhnung erschwert und zur Polarisierung beiträgt. Dennoch scheinen die unmittelbaren politischen Kosten einer Entschuldigung für Politiker höher zu sein als die potenziellen langfristigen Vorteile für die Gesellschaft.

Insgesamt bietet die Studie wertvolle Einblicke in die Entscheidungsprozesse von Politikern im Umgang mit Skandalen und die Rolle von Wählerpräferenzen bei der Gestaltung politischer Kommunikationsstrategien. (Bence Hamrak/Gabor Simonovits/Alex Rusnak/Ferenc Szucs, Cambridge)

Natürlich muss Deutschland mehr Milei und Musk wagen

Der Artikel thematisiert die Kontroverse um Christian Lindners Aussage, Deutschland solle sich ein Beispiel an libertären Persönlichkeiten wie Javier Milei und Elon Musk nehmen. Während Lindner deren Innovationsgeist und Reformbereitschaft lobt, zeigt sich Friedrich Merz, CDU-Chef und möglicher zukünftiger Bundeskanzler, entsetzt über diesen Vergleich. Merz kritisiert Mileis Regierungsstil und Musks unkonventionelle Herangehensweise, ohne jedoch detailliert auf deren Erfolge einzugehen.

Die Autorin, Anna Schneider, stellt dem entgegen, dass Mileis erste Regierungsjahr in Argentinien wirtschaftliche Erfolge vorweisen könne, wie sinkende Inflationsraten und Handelsüberschüsse. Sie argumentiert, dass eine radikale Reformbereitschaft und Staatskritik in Deutschland notwendig seien, um Bürokratieabbau und Innovation voranzutreiben. Schneider sieht in Merz’ Reaktion ein Festhalten an konservativen Strukturen und kritisiert seine Unentschlossenheit gegenüber tiefgreifenden Veränderungen.

Der Artikel hebt hervor, dass die FDP im Gegensatz zur CDU eine klare Linie gegen Koalitionen mit den Grünen zieht und sich für mehr Freiheit und Reformbereitschaft einsetzt. Lindners Rückzieher, der Milei und Musk im Nachhinein relativiert, zeigt jedoch die Zurückhaltung, die in Deutschland gegenüber disruptiven Ideen besteht. Abschließend plädiert die Autorin für eine mutigere Reformpolitik und mehr Offenheit gegenüber unkonventionellen Ansätzen, auch wenn diese unbequem sind. (Anna Schneider, Welt)

Killing of insurance CEO reveals simmering anger at US health system

Der kürzliche Mord an Brian Thompson, dem CEO von UnitedHealthcare, vor einem Hotel in New York hat die Nation erschüttert und gleichzeitig die tiefe Frustration gegenüber dem US-amerikanischen Gesundheitssystem offengelegt. UnitedHealthcare, der größte Krankenversicherer des Landes, steht wegen seiner Geschäftspraktiken, insbesondere der Ablehnung von Leistungsansprüchen und der sogenannten „Vorabgenehmigung“, massiv in der Kritik. Dieses Verfahren erlaubt es Versicherern, Behandlungen zu prüfen und gegebenenfalls abzulehnen, bevor sie Kosten übernehmen.

Der Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund zunehmender Unzufriedenheit mit der Gesundheitsindustrie. Proteste vor dem Hauptsitz von UnitedHealthcare unterstrichen die Kritik, dass die Priorität auf Profit statt Patientenversorgung liege. Viele Versicherte berichten von abgelehnten Behandlungen, die zu finanziellen und emotionalen Belastungen führen. Studien zeigen, dass ein erheblicher Teil der Amerikaner mit Unerwartetem konfrontiert wird: abgelehnte Arztbehandlungen oder Rechnungen für vermeintlich abgedeckte Leistungen.

Die Reaktionen auf Thompsons Tod waren gespalten. Während einige Mitgefühl für seine Familie äußerten, nutzten andere den Moment, um Kritik an der Versicherungsindustrie zu formulieren. Einige Stimmen gingen sogar so weit, den Angriff zu rechtfertigen – ein Indikator für die tiefe Frustration gegenüber einem System, das als ungerecht und profitorientiert wahrgenommen wird.

Das Problem reicht über Thompson und sein Unternehmen hinaus. Das US-amerikanische Gesundheitssystem ist einzigartig kompliziert und teuer, was viele Menschen in medizinische Schulden stürzt. Selbst Versicherte kämpfen häufig mit unbezahlbaren Kosten oder verweigerten Ansprüchen. Untersuchungen und Klagen gegen UnitedHealthcare, etwa wegen des Einsatzes von KI zur frühzeitigen Beendigung von Behandlungen, verdeutlichen die systemischen Mängel.

Thompsons Tod und die Reaktionen darauf sind ein Spiegelbild der wachsenden Wut und Verzweiflung über ein Gesundheitssystem, das Millionen belastet und eine Reform dringender denn je macht. (Mike Wendling/Madeleine Halpert, BBC)

Syrien: Was der Umsturz für Flüchtlinge in Deutschland bedeutet

Der Umsturz in Syrien, der das Ende des Assad-Regimes markiert, wird von deutschen Politikern unterschiedlich bewertet. Norbert Röttgen (CDU) sieht eine "Befreiung" und hofft auf Stabilität, während Jürgen Hardt (CDU) optimistisch ist, dass eine heterogene Gruppe von Oppositionellen und Kurden den Staat neu aufbauen könne. Die Europäische Union solle diesen Prozess politisch und finanziell unterstützen.

Die Rückkehr syrischer Flüchtlinge nach Deutschland wird kontrovers diskutiert. Andrea Lindholz (CSU) fordert einen Aufnahmestopp und betont, dass Deutschland seine humanitären Verpflichtungen bereits übererfüllt habe. Dem entgegnet Michael Roth (SPD), dass eine populistische Debatte zur sofortigen Rückführung gefährlich sei, da viele Syrer gut integriert seien. Skepsis äußert auch Ralf Stegner (SPD), der warnt, dass Unterstützer Assads in Gefahr geraten könnten.

Die Bundesregierung verfolgt die Lage aufmerksam, äußert sich jedoch vorsichtig über mögliche neue Fluchtbewegungen oder Abschiebungen. Michael Roth hebt hervor, dass die europäische Politik vom Umsturz überrascht wurde. Für Russland und Iran sei das Ende Assads eine Niederlage, da Moskau aufgrund seines Ukraine-Krieges keine Unterstützung mehr leisten konnte.

Die Chancen auf eine stabile Demokratie in Syrien werden angesichts islamistischer Gruppierungen skeptisch bewertet. Der türkische Präsident Erdoğan, der die Rebellen unterstützte, gilt als Gewinner der Situation. Die Türkei könnte ihre syrischen Flüchtlinge nun zügig zurückführen wollen, während Deutschland rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichtet bleibt. (Christian Teevs, Spiegel)

Resterampe

Transkript

00:00:00.66
Stefan Sasse
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von den Bohrleuten. Ich habe heute meine vertraute Co-Pilotin dabei, die Ariane. Hi!

00:00:08.42
Ariane
Hallo Stefan, hallo liebe HörerInnen.

00:00:11.49
Stefan Sasse
Und ich möchte zum Beginn von diesem Format, das ist jetzt unsere zweite Folge, die wir machen zu einem vermischten Thema, aber dieses Mal möchte ich mich gar nicht auf die gleichnamige Serie in meinem Blog beziehen, wo ich ja auch immer so Artikel zusammenfasse und kommentiere, sondern ich möchte stattdessen über Sachen reden, die bisher nicht im Blog verbaut worden sind, sodass das quasi Podcast-exklusive Inhalte sind. Und zu Beginn möchte ich auch so ein ganz klein bisschen experimentell damit starten,

00:00:37.14
Stefan Sasse
dass ich dir einige Fragen stelle und die Sache ist, du darfst nur mit Ja oder Nein antworten. Das führt uns jetzt quasi hier in unser Thema hinüber. Und zwar ist das erste, die Bezahlkarte für Flüchtlinge, ist das eine gute Politik, um quasi die Flüchtlingsproblematik anzugehen? Ja oder Nein? PolitikerInnen, sollen die sich entschuldigen, wenn sie irgendein Skandal haben? Ja oder Nein?

00:00:56.90
Ariane
Nein. Ja. Nee, bitte nicht.

00:01:08.65
Stefan Sasse
Soll die FDP mehr Milai und Mask wagen? Und sollten Terroristen mehr CEOs töten?

00:01:20.25
Ariane
Das ist doch... Die passen doch gut zueinander.

00:01:27.30
Stefan Sasse
Das war jetzt quasi einmal der Querschlag, durch den wir in dieser Folge hin durchgehen wollen. Und natürlich war das jetzt alles unglaublich zugespitzt auf die böse Ja-Nein-Geschichte. Und wir werden mit Sicherheit, werde ich dir noch Gelegenheit geben mit deiner Position vor allem beim Morden von CEOs.

00:01:45.49
Stefan Sasse
noch ein bisschen auszuführen. Aber wir wollen heute eben sprechen über die neue Wahlkampfstrategie der FDP, sich quasi in die libertäre Richtung zu inszenieren. Wir wollen sprechen über Geflüchtete in Deutschland, zum einen durch die aktuellen Ereignisse in Syrien und zum anderen über die erste Bilanz und die Enthüllungen zum Thema Bezahlkarte. Wir wollen sprechen über den Mord,

00:02:11.68
Stefan Sasse
an dem CEO von UnitedHealthcare in den USA. Und wir wollen sprechen über eine Studie, die sich da damit befasst hat, welche Auswirkungen hat es eigentlich, wenn Politikerinnen sich für Skandale entschuldigen. Und alle diese Dinge fand ich super interessant, aber nichts davon war so ausführlich, dass es eine komplett eigene Folge rechtfertigt und deswegen machen wir heute einen bunten Korb vermischtes.

00:02:34.46
Stefan Sasse
Dann legen wir doch einfach mal mit deinem kontroversesten Ja-Statement gerade los. Und sprechen mal über die Frage von Terror. Weil, was ist passiert? Für diejenigen, die das nicht mitbekommen haben, weil das war jetzt hier in Deutschland keine so Riesen-Nachricht in den USA, schlägt es etwas höhere Wellen, da gibt es eine private Krankenversicherung. Die heißt United Healthcare. Und deren CEO, ein Mann namens Brian Thompson, ist direkt vor seinem Hotel in New York erschossen worden.

00:03:00.78
Stefan Sasse
von, wie es gerade ausschaut, dem üblichen Schema eines männlichen, nicht ganz kohärenten Einzeltäters. Die ersten Gedanken gingen dann so typisch in diese RAF-Richtung im Endeffekt. Ja, also linksradikaler Terrorist, der hier einen Unternehmensboss umlegt. Inzwischen ist rausgekommen, dass der ein totaler Fan von Musk und anderen Tech Bros ist. Das heißt, es passt an der Stelle hinten und vorne nicht. Es spricht genauso wie bei dem Trump-Attentäter. Auch eigentlich wissen wir gar nichts, was der Typ ist. Unvermutlich, es ist einfach ein Spinner.

00:03:30.48
Stefan Sasse
Aber für mich war das spannend einerseits wegen der Reaktionen, weil in der eher linksradikalen Bubble eine Mischung herrschte aus Schadenfreude und einem ehrlich gesagt erschreckend unverhohlenen Wunsch, dass das öfter passiert.

00:03:50.94
Stefan Sasse
Und als ich das so gelesen habe, kam mir dann auch so der Gedanke, das ist eigentlich echt weird, CEOs, besonders von solchen Firmen wie privaten Krankenkassen in den USA oder nehmen wir Banken oder sowas, die gehören jetzt nicht unbedingt zu den beliebtesten Menschen überhaupt. Aber eigentlich gab es seit der RAF in Deutschland sowieso keine Attentate mehr auf solche Leute und in den USA auch

00:04:14.26
Stefan Sasse
wenn überhaupt, glaube ich zum letzten Mal mit den Anarchisten Anfang des 29. Jahrhunderts. Also es ist eigentlich komisch, dass die nicht öfter Ziel von irgendwelchen Anschlägen werden. Und bitte nicht falsch verstehen, ich sage nicht, dass die das sollten. Sondern dass es einfach nur auffällig ist, dass die eigentlich als relativ prominente Personen einerseits und andererseits als Angehörige einer echt nicht beliebten Gruppe gar nicht mehr im Fadenkreuz stehen.

00:04:42.06
Stefan Sasse
Und ich hab da auch gar keine große Theorie dazu oder sowas, mir fiel's nur auf. Aber du hast dich da jetzt ein bisschen aus dem Fenster gelehnt und hast gesagt, ja, wir brauchen mehr davon. Magst du da ein bisschen elaborieren?

00:04:53.08
Ariane
Ja, also bevor ich verklagt werde oder so, ich bin nicht für Mord. Niemand soll, egal wer da wen ermordet, bitte darauf verzichten. Keiner soll sich jetzt aufgerufen fühlen. Aber ich glaube, es ist tatsächlich so, dass die CEOs oder die Manager auch in Deutschland, dass die sich sehr unsichtbar gemacht haben. Das ist mir schon häufiger aufgefallen.

00:05:20.79
Ariane
Egal ob das sowohl juristisch, das ist ja auch vielleicht noch schwieriger, irgendwas Gerichtsfest beweisen zu wollen, als auch in der gesellschaftlichen Debatte spielt, glaube ich, die Macht, die sie haben mit ihren Firmen, und dafür steht ja nun mal der Manager,

00:05:38.18
Ariane
Kommen die da echt immer so gut weg? Also ich hatte da in unserem Vorgespräch zum Beispiel VW erwähnt, wo ich auch gesagt habe, also da wird fünf Stunden lang über die Grünen diskutiert, was haben die Grünen da falsch gemacht und die Managementfehler, da wird so die Achseln gezuckt.

00:05:54.27
Ariane
Ja, hätte besser laufen können, aber wenn da Millionen Arbeitsplätze abgebaut werden, dann ist das nun mal mehr die Schuld der Manager als irgendwie der Grün. Und das haben wir und da spielt es eher in den juristischen Bereich rein, wo VW auch wieder dran ist, weil auch da geht das und da reden wir über Betrugsverwürfe. Da ist ja mittlerweile die Manager, wir wissen von nichts. Also ich glaube, der einzige, der da jemals beurteilt wurde, war irgendein Techniker.

00:06:20.98
Ariane
der den Motor gebaut hat und alle die, als hätte der sich das alleine ausgedacht in seiner Garage irgendwie, aber die, die das machen wollten, sind da komplett weggekommen und das haben wir bei ComEx genauso. Ich glaube oder es gab ganz viele bei den Banken auch im Nachgang der Bankenkrise. Die einzigen, die da glaube ich wirklich richtig verurteilt worden sind, sind irgendwelche kleinen Bankangestellten, die sich vertippt haben und versehentlich eine Billion Dollar irgendwie versenkt haben.

00:06:49.55
Ariane
Und das ist nun mal was ganz anderes als die Managementfehler. Und ich glaube, das ist tatsächlich was,

00:07:00.54
Ariane
Da ist keiner spezifisch schuld. Es ist, glaube ich, irgendwie ein Phänomen des Zeitgeistes, dass dann eher, entweder ist niemand, das ist so ein Aspekt, glaube ich, der Verantwortungsdiffusion. Entweder ist niemand schuld, alle haben ein bisschen schuld, oder man konzentriert sich dann irgendwie auf die Politik und dann ist bitte Robert Habeck persönlich schuld. Aber ich glaube, es ist tatsächlich ein Problem,

00:07:23.92
Ariane
Und wie gesagt, ich möchte nicht, dass das durch Mord geklärt wird. Aber ich glaube, es ist tatsächlich ein Problem, dass diese gesellschaftliche Machtstellung, die die haben, und wir reden hier, wie gesagt, von Großkonzernen. Und gerade was jetzt mit dem CEO passiert wird, Versicherungen haben so viel Macht auf die Leben von kleinen Menschen, der Machtunterschied ist einfach so riesengroß. Das ist ja nichts Persönliches, das ist ja auch immer so was. Hier Mafia-mäßig, der Pate ist just business.

00:07:51.61
Ariane
Aber das hat riesige Auswirkungen auf das Leben von Menschen. Und ich glaube tatsächlich, dieser Einfluss fehlt bei denen. Und nicht durch Mord, aber ich glaube, es wäre gut, den wieder zurückzubringen und zu sagen, die haben da auch eine Machtstellung, die sie verantwortungsvoll ausfüllen müssen. Heißt ja nicht, dass die Samariter werden müssen, aber ich glaube, einfach so zu tun, als wenn die gar nichts damit zu tun haben, ist auch falsch.

00:08:22.31
Stefan Sasse
Ja, also ich denke, da bin ich völlig bei dir. Diese Verantwortungslosigkeit sozusagen, die da herrscht und auch dieses Abschieben, das ist schon ziemlich auffällig. Das war auch schon während der Finanzkrise so. Vorher, die waren immer sehr gerne verantwortlich, wenn es darum ging, die ganzen Boni einzusacken und so.

00:08:37.76
Stefan Sasse
Aber als dann eine halbe Branche im Endeffekt Bauch oben geschwommen ist, da wollte es dann keiner gewesen sein. Und da ist dann noch auffällig, dass quasi auch bei dieser rechtlichen Geschichte das alles nicht zu greifen war. Wie jetzt bei Cum-Ex ja auch wieder. Irgendwie hat niemand irgendwas Unrechtes getan in einem Skandal, wo Milliarden Betrugsschäden entstanden sind. Wir sind noch nicht ganz krass auf dem Level, wie das in den 2000ern war, wo dann da Leute gefeuert wurden wegen 25 Cent Fund.

00:09:06.95
Stefan Sasse
die sie angeblich entwendet haben, während auf der anderen Seite halt so ein ackermannes Victory-Zeichen macht. Aber wir nähern uns schon irgendwie wieder ein bisschen diese unguten Geschichte an. Und die haben jetzt gelernt, die machen keine Victory-Zeichen mehr. Wie du schon sagst, die sind echt gut da drin, quasi aus der Öffentlichkeit zu verschwinden. Aber es ist schon ein echtes Problem, dass da quasi keinerlei Verantwortlichkeit herrscht.

00:09:29.87
Stefan Sasse
Und wie du schon sagst, das wird dann gerne auf die Politik auch irgendwie abgeschoben. Das war ja auch schon in der Finanzkrise so, da waren es dann die bösen Regulierungen. Da wird denen auch die Agency im Endeffekt komplett abgesprochen. Ja, als ob die nicht in der Lage wären, ggf. trotz beklopptere Regulierungen einfach offensichtlich ein Scheißnetz zu machen, ggf. Aber da heißt er dann ja gut, was sollten die machen? Die Gesetzeslage hat es ihnen halt erlaubt.

00:09:56.70
Ariane
Ja.

00:09:58.84
Stefan Sasse
Für eine politische Richtung, die üblicherweise sich so sehr für Eigenverantwortung ausspricht, ist da echt verblüffend wenig Eigenverantwortung, um das mal so zu sagen. Da wird immer diese Verantwortung abgeschoben. Und auch wie du schon sagst, bei VW ist es auch ziemlich albern, dass die da nie

00:10:16.75
Stefan Sasse
dass da angeblich die ganzen Großkopferten von nichts wissen. Das ist wie bei der FDP, wo Christian Lindner es schafft, als Parteivorsitzender den eigenen Plan zum Koalitionsbruch nicht zu kennen, angeblich. Das kannst du auch deinem Friseur erzählen, letzten Endes. Und so ist es da auch. Never ever ist das

00:10:29.94
Ariane
Ja.

00:10:38.62
Stefan Sasse
ist es in irgendeiner Art und Weise glaubhaft, aber genauso wie bei diesem FDP-Ding. Das Spiel ist quasi immer, man tut so. Also man akzeptiert sozusagen bis zum Beweis des Gegenteils diese Lügen. Und wenn dann aber das Gegenteil bewiesen wird, dann ist der Austrakismus umso härter.

00:11:00.62
Stefan Sasse
Was man ja auch aktuell an dem vergleichsweise harschen Umgang mit der FDP sehen kann, einmal mehr. Und ich möchte nicht in Lindners Haut stecken, wenn die jetzt tatsächlich irgendein Smoking Gun finden. Dann ist der als öffentliche Person ziemlich erledigt und ich glaube, der weiß es, der lebt gerade ziemlich auf gebotener Zeit. Aber ja, bitte.

00:11:16.46
Ariane
Ja, also ich glaube, also auch mit Lindner, ich glaube das nämlich auch, weil das ist nochmal kurz zu den Managern, weil das ist jetzt von denen, die das eher verteidigen. Ich bin ja eh links, ich bin ja alle in der Enteignung. Und da habe ich mich nämlich auch geärgert, weil alle sagen, die kriegen diese Boni und dieses Geld, weil die ja so viel Verantwortung tragen. Aber wie gesagt, das

00:11:39.50
Stefan Sasse
und Risiko eingehen, nicht zu vergessen.

00:11:40.81
Ariane
Genau und das Risiko, dass sie eingehen, das entsteht aber nie. Also wie gesagt, bei VW, der Winterkornprozess läuft ja noch. Ich habe mir das ein bisschen genauer angeguckt. Ich glaube, der ist jetzt auch unterbrochen. Also erstmal reden wir hier von Schäden und zwar nur, weil die USA da nicht so viel Spaß verstehen wie die Deutschen, von über 30 Milliarden Dollar, Euro, also viel mehr als die 4 Milliarden, die sie jetzt mal eben einsparen wollen.

00:12:09.86
Ariane
der auch wirklich empört ist, dass er überhaupt vor Gericht steht. Ich halte es für ziemlich ausgeschlossen, dass da irgendwie ein großer Schuldspruch bei rauskommt. Aber er ist schon ganz empört, dass er jetzt überhaupt vor Gericht steht. Und ich glaube, wenn man eben seine Boni, sein Geld, was man verdient mit diesem Risiko,

00:12:31.95
Ariane
verteidigt, dann muss man das auch auf der anderen Seite tragen. Und ich glaube, das ist nicht passiert. Und ich glaube, das ist eben auch, das fällt der FDP genauso auf die Füße. Das ist und ich verstehe die ehrlich gesagt auch nicht. Also ich glaube und ich habe ja mit Nein geantwortet, ob Politiker sich entschuldigen sollten.

00:12:49.97
Ariane
Obwohl ich ganz ehrlich da überlegt, weil die Entschuldigung an sich finde ich gar nicht so relevant. Und hier im FDP-Phase habe ich auch einfach, also vielleicht sollten Politiker auch einfach ein bisschen weniger degentlich sein. Also weil ich habe auch das Gefühl, das habe ich schon beim ersten Lindner-Interview gedacht,

00:13:09.41
Ariane
Es gibt da eine Diskrepanz. Es gab dieses Ding und es gibt, öffentlich wird Lindner ja von seinen FDP-Stärken nicht in Frage gestellt oder sehr wenig für das, was da abgelaufen ist. Aber was den Zeitartikel angeht, sind ja sechs Leute von zwölf zur Zeit gelaufen und haben denen genau erzählt, was passiert ist. Es wurde dieses Papier durchgestochen, es wurde ein Interna weitergegeben.

00:13:35.83
Ariane
wo ich schon gedacht habe, Mensch, das zeigt aber schon, dass das jetzt nicht alles so einhellig ist, wie man denkt und wo ich ziemlich sicher bin und es muss was geben, weil ich glaube, niemand denkt, dass die Hausmeister sich das alleine ausgedacht haben und Lindner und die anderen wussten davon nichts, wo ich nicht überrascht wäre, wenn in zwei Wochen kommt Bert Pausch oder der nächste an und sagt, guck mal, ich habe hier

00:13:58.70
Ariane
eine E-Mail gefunden von Lindner, wie er über das Papier redet oder so. Also wo ich dann wirklich auch das Gefühl habe, sie graben sich da immer tiefer ein. Wo ich auch, dass ich verstehe auch nicht, wieso, das alles wäre ja gar nicht so dramatisch gewesen, hätten die gleich gesagt, ja es gab das Papier, ist alles ein bisschen blöd gelaufen und wird das, glaube ich, gar nicht so. Aber sie haben sich ja auch

00:14:23.52
Ariane
direkt nach dem Rauswurf so auf Olaf Scholz und seine blöde Teleprompter Rede konzentriert. Und ich verstehe das nicht. Die wussten noch alle, dass sie diesen Sprengstoff in der Schublade haben. Und sowas kommt immer raus. Deswegen gibt es übrigens auch keine Verschwörung, weil kein Mensch kann die Klappe halten. Und ich glaube, da haben die sich da so

00:14:44.28
Ariane
eingebunkert, dass denen das jetzt ständig noch mal vor die Füße fällt. Das hätte schon längst erledigt sein können. Die hätten ja eigentlich nur sagen müssen, ja Ampel fanden wir scheiße, hat nicht so geklappt. Wir finden die Schuldenbremse supi.

00:14:47.67
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:14:58.18
Ariane
Und er wäre gut gewesen, glaube ich. Aber nicht schlimmer als jetzt zumindest. Der Witz an der ganzen Sache. Ich habe auch gesagt, das ist, als wenn ich die ganze Zeit in einem Tat-Artikel verstecke. Das ist ja für mich als jemand, der sowieso nicht der größte FDP-Fan ist, ist ja, die haben ja wirklich jedes Vorurteil und jedes Klischee, was man jemals über sie hatte, dreifach erfüllt. Muss man erst mal schaffen. Respekt.

00:15:21.30
Stefan Sasse
Ja. Und in dem Zusammenhang fand ich diese Studie so spannend, über die ich da im Netz gestolpert bin, die findet sich auch in den Show Notes. Die Studie heißt, lass mich den kompletten Titel zitieren, why politicians won't apologize, communication effects in the aftermath of sex scandals. Also es bezieht sich auf Sex-Skandale, aber ich glaube, das ist tatsächlich ziemlich allgemein erklärbar.

00:15:43.73
Stefan Sasse
Und was die Autoren und Autorinnen dieser Studie herausgefunden haben, ist, einerseits sich zu entschuldigen, schadet den PolitikerInnen in fast allen Fällen massiv. Das heißt, die Incentives, die Anreize, zu lügen und alles abzustreiten, sind gigantisch.

00:15:59.96
Stefan Sasse
Und das ist das Ergebnis, das mich überhaupt nicht überrascht. Weil das sage ich schon seit Jahren, wann immer jemand die Wahrheit sagt, der wird im Endeffekt dafür bestraft. Und da sind wir auch schon wieder bei dieser Verantwortungsgeschichte und bei dem, was wir gerade auch gesagt haben, wo es so komisch ist, dieser Unterschied zwischen den gigantischen Sachen, 30 Milliarden bei VW. Oder bleiben wir einfach mal im politischen Bereich.

00:16:22.79
Stefan Sasse
Wenn ich bedenke, welche Ministerinnen haben zurücktreten müssen in der Ampelregierung? Das war einmal die eine Spiegel, weil sie Urlaub gemacht hat. Und dann war das die Lamprecht wegen ihrem Flug nach Sylt mit dem Helikopter. Das waren quasi die beiden Sachen. Wer ist nicht zurückgetreten? Spahn, der offensichtlich korrupt sich bereichert hat im Maskenskandal.

00:16:44.53
Stefan Sasse
Dann eine ganze Latte von CSU-Verkehrsministern, die Milliarden verballert haben und eine Scheißpolitik vor dem Herrn gemacht haben. Das interessiert keine Sau. Irgendjemand, der im Cum-Ex-Skandal involviert war. Niemand. Scholz hat ja im Endeffekt nur ein Wattebäuschen-Interview dazu führen müssen und einmal bräsig sagen, ich weiß von nix. Oder wie auch immer man das mit einem Hamburger-Akzent macht. Ich kann das quasi nur auf Schwäbisch. Aber

00:16:46.56
Ariane
Tschüss!

00:17:11.37
Stefan Sasse
Damit hat es sich die ganze Sache. Es ist ziemlich offensichtlich, dass quasi der Punkt nicht ist, wie groß ist die Verfehlung oder wie bedeutend oder sonst irgendwas, sondern die Frage ist, können wir es klar beweisen? Und das war der für mich interessante Teil in der Studie, weil die haben das auch gesagt. Die Politiker, die müssen quasi zwei Dinge

00:17:33.83
Stefan Sasse
beziehungsweise die Wählenden andersrum gesagt, die überprüfen zwei Dinge. Nämlich zum ersten glauben sie, dass der jeweilige Politiker oder Politikerin schuldig ist und zum zweiten halten sie den Politiker oder die Politikerin verehrlich. Und beide Dinge sind völlig voneinander entkoppelt. Das ist die spannende Frage an der Geschichte. Denn wenn die Wählenden der Überzeugung sind, dass die Schuld sozusagen nicht

00:17:59.63
Stefan Sasse
gegeben ist gegebenenfalls ja weil sie aus parteilichen gründen oder so also wenn sie nicht 100 prozent von der schuld überzeugt sind dann ist die frage nach ehrlichkeit jacke wie hose komplett diese diese ehrlichkeitsfrage kommt erst dann wenn die schuld bewiesen ist das heißt

00:18:16.36
Stefan Sasse
Die einzige Situation, in der es für einen Politiker oder eine Politikerin die richtige Wahl ist, sich zu entschuldigen, ist, wenn es unmöglich ist, die Sachen zu leugnen und wenn völlig klar ist, dass Beweise vorliegen. Nur, das ist üblicherweise ja nicht der Fall. Also nicht, dass keine Beweise vorliegen, sondern dass du es vorher weißt. Also zum Beispiel ist es ja aktuell völlig unklar, ob wir eine Smoking Gun für Lindner kriegen oder nicht. Das heißt, es gibt für Lindner keinerlei Incentive, an der Stelle sich ehrlich zu machen.

00:18:44.75
Stefan Sasse
Null. Oder für Spahn oder für sonst irgendjemand. Und das war halt umgekehrt auch das Problem von Anne Spiegel oder Christine Lamprecht, weil die eine saß klar ein Helikopter und die andere war klar klar im Urlaub. Da gab es quasi nichts zu verleugnen. Da konnte man nur versuchen zu frameen, aller ist halt nicht schlimm oder so. Aber es war unmöglich sozusagen das abzustreiten. Deswegen mussten sie sich auf die Entschuldigungstour verlegen, was sie beide gemacht haben. Und in beiden Fällen hat es nicht funktioniert.

00:19:11.87
Stefan Sasse
während diejenigen, die sich hinstellen und alles leugnen, obwohl fucking offensichtlich ist, dass sie schuldig sind, Scholz, Spahn, jetzt Aiwanger, Lindner, ja total egal, die stellen sich hin und lügen offensichtlich und alle spielen dieses Spiel mit.

00:19:19.43
Ariane
Aivanger, die gute Sache.

00:19:29.86
Stefan Sasse
Und tun so, als ob man es glauben würde, bis zum Beweis des Gegenteils. Und das finde ich so eine ganz, ganz weirde Mechanik. Und wie gesagt, das ist nicht nur Medien. Das sind ja auch die Wählenden selbst, die diese Spiele mitspielen.

00:19:45.98
Stefan Sasse
und diese Anreize setzen für die Politik. Ich kann wirklich nur empfehlen, diese Studie sich komplett anzugucken. Die ist nicht lang, das sind nur zehn Seiten in dem PDF und die erste ist eh nur die Titelseite und hinten kommen da noch Fußnoten. Also das sind irgendwie acht Seiten, Max.

00:20:01.63
Stefan Sasse
Das ist echt spannend, sich das mal so anzuschauen, weil die das eben gemacht haben sozusagen und ein bisschen genauer aufgeschlüsselt. Aber das Fakt bleibt sozusagen. Ehrlichkeit wird in der Politik praktisch grundsätzlich bestraft.

00:20:17.98
Stefan Sasse
Und es gilt übrigens auch nicht nur für Skandale. Ich werde nicht müde zu betonen, dass Angela Merkel 2005 auf die harte Tour gelernt hat, dass konkrete Dinge im Wahlkampf sagen, konkrete Politikaussagen machen und ehrlich sein über das, was man vorhat.

00:20:34.53
Stefan Sasse
Das wird hartest bestraft von den Wählenden und von den Medien. Deswegen gibt es für Politikerinnen null Anreize, jemals eine konkrete Aussage im Wahlkampf zu machen. Und deswegen kann ich auch nur mittlerweile nicht mehr müde lachen, wenn da wieder der nächste Artikel rauskommt, wo sie sich beklagen, dass Politiker oder Politikerinnen im Wahlkampf wie Marmelade an die Wand nageln. Sorry, das sind die Mechanismen. Das ist das, was ihr wollt. Ihr behauptet zwar, ihr wollt was anderes.

00:21:04.53
Stefan Sasse
Aber es stimmt nicht. Das ist wie wenn Erwachsene sagen, wir wollen uns gesund ernähren und wir müssen mehr Gemüse essen. Wir essen aber trotzdem Schokolade. Und genau dasselbe ist hier auch der Fall. Und Politikerinnen sind halt auch nicht blöd. Die richten sich nach den Anreizen. Und genauso tun das auch CEOs, by the way.

00:21:12.94
Ariane
Ja.

00:21:24.22
Stefan Sasse
um quasi den Bogen wieder zurückzuschlagen zu der ganzen Geschichte. Erstens werden sie seltenst erwischt und schon gar nicht gerichtsfest. Weil das meiste, was die machen, ist eh offiziell nicht illegal, weil die Gesetze sind für dich und mich geschrieben und nicht für die oberen 0,1%.

00:21:39.86
Stefan Sasse
Und zum zweiten, wenn sie erwischt werden, dann übernimmt üblicherweise der Konzern praktisch sämtliche Folgen. Nur in wenigen Ausnahmefällen, in denen es quasi persönliches Fehlverhalten ist, müssen sie selber gerade stehen. Aber wenn sie sozusagen ihre Verbrechen für den Konzern begehen,

00:21:57.16
Stefan Sasse
übernimmt üblicherweise der auch die Kosten für das Ganze. Also noch einmal, diese Vorstellung von privater Verantwortlichkeit, die wird völlig ad absurdum geführt. Das war ja auch gerade bei dem VW-Ding. Da mussten ja auch die Manager irgendwelche riesigen Summen zahlen in diesen US-Prozessen und die wurden 100% entschädigt.

00:22:16.13
Stefan Sasse
von den Aktionären und Mitarbeitenden des VW-Konzerns. Und jetzt wirft man das den Grünen noch quasi vor die Tür. Einerseits das Marktversagen und das geschäftliche Versagen der Manager und Managerinnen von dem Niveau, das ist VW, das ist Manager. Und auf der anderen Seite dann eben die Folgen von deren Kriminalität. Und das ist schon ziemlich krass. Und das bin ich mit meinem Rant auch fertig.

00:22:41.65
Ariane
Ja, ich musste auch gerade, weil ich habe gerade kurz vorher noch, da geht es jetzt auch um, dass Politiker vor der Wahl halt nicht ehrlich sein können und ich habe gerade einen Artikel gelesen über März, dass sich das Handelsblatt sorgt, dass er jetzt so weich wird, weil er jetzt etwas kanzleresker kommt und ja schon einiges gesagt hat und

00:23:03.98
Ariane
etwas versucht, staatsmännisch darüber zu kommen, dass er jetzt vielleicht doch nicht, dass er jetzt vielleicht doch über die Schuldenbremse verhandeln will und das Deutschlandticket hat er ja durchgewunken und die Rente will er doch nicht kürzen oder was für Vorschläge die da hatten, wo ich auch gesagt habe, ja natürlich, die sind ja nicht ganz doof, wo ich mich schon die ganze Zeit bei Merz gefragt habe, meine Güte, die können doch nicht im Wahlkampf ziehen und

00:23:26.84
Ariane
einfach nur schreckliche Dinge fordern, weil dann verliert er doch. Natürlich musst du irgendwas im Petto haben, was die Leute auch wollen. Und das zweite ist ja genauso dieses, denn danach umzuhäulen. Oh Gott, der hat sein Versprechen gebrochen.

00:23:40.42
Ariane
Ja, weil ganz ehrlich, wenn der vorher sagt, ich will keine Ahnung, die Rente kürzen, dann will den halt auch keiner. Also das ist ja auch das Spiel. Ich finde, das ist immer sehr heuchlerisch, denn eben so zu tun, als wüssten nicht alle, wie die Regeln funktionieren. Und wie gesagt, alle wollen das eben auch.

00:23:55.56
Stefan Sasse
Ja, total. Die wollen ja nicht.

00:23:59.24
Ariane
Kein Mensch glaubt, Lindner hat diese Sache. Ich habe da auch überhaupt keinen Bock zu diskutieren, ob er vielleicht wirklich nichts wollte, wo ich auch gesagt habe, wenn er es nicht zugibt und wenn wir jetzt keine rauchende Gans haben, okay. Aber ich möchte jetzt nicht diskutieren, das hatte Jonas Scheible, glaube ich, so schön gesagt. Wenn man sich wirklich auf dieses Spiel einlässt, hat man ja eine Riesenverschwörungstheorie, die Hausmeister haben das irgendwie und keiner wusste davon.

00:24:23.08
Ariane
Aber wo ich finde, man muss gar nicht eine auf naiv machen und so tun, als wäre das irgendwie tatsächlich der Fall. Genauso wie das Iwangas Puga da irgendwas gemacht hat. Also dann kauft man das und dann ist es halt so. Aber ich möchte mich da gar nicht in Diskussion verwickeln lassen, ehrlich gesagt. So sind die Regeln und so will man das scheinbar auch haben.

00:24:41.61
Stefan Sasse
Ja, das ist grotesk, grotesk albern. Ja, wirklich. Auch bei, gerade bei der, bei der CDU in, da Ulf Poschart hatte da jetzt so einen tollen Leitartikel, wie der gestern, glaube ich, ist. Oder sogar heute, ich bin etwas unsicher.

00:24:59.00
Stefan Sasse
mit diesem März verspielt die Chance auf eine konservative Erneuerung. Die waren nie in den Karten. Der möchte Kanzler werden und nicht der Vorsitzende von diesem drei Personen-Fanclub in der Weltredaktion.

00:25:15.72
Stefan Sasse
Das ist dieser Vorwurf, den man üblicherweise auf der Linken gerne macht. Aber doch Gottes Willen sind die in einer Blase drin, wenn die sich vorstellen, dass Friedrich Merz Kanzler werden könnte in diesem Land, indem er das, was Ulf Poschart möchte, öffentlich in 1 zu 1 Version verkündet. Das ist eine lächerliche Vorstellung.

00:25:39.33
Stefan Sasse
Und ich weiß auch nicht, ob Oposchad da sein eigenes Cool-Aid trinkt. Ich glaube nämlich fast schon. Genauso wie Anna Schneider auch. Die bläst ja ins Gleiche. Das ist wirklich grotesk. Auch, dass die da jetzt überrascht sind, dass März plötzlich da die Möglichkeit zieht, dass man vielleicht doch mit den Grünen zusammenarbeiten muss. Ja, no shit.

00:25:39.84
Ariane
Natürlich.

00:26:00.16
Stefan Sasse
Das ist ein aktuell sehr realistisches Szenario und wenn man nämlich gerade mal in die Umfragen guckt, das ist, wir haben ja noch vor zwei oder drei Wochen darüber gesprochen, dass es der absolute Treppenwitz wäre, wenn die Grünen stärker werden, als die SPD uns nachher nur für Schwarz-Grün reicht. Und ich meine, der Trend gerade.

00:26:16.37
Stefan Sasse
läuft schon in die Richtung ein bisschen. Ich glaube nicht, dass es so kommt, aber nichtsdestotrotz, die Möglichkeit ist da und Merz wäre völlig bekloppt, würde er nicht eine grundsätzliche Absicherung dagegen betreiben. Das war von Anfang an eine Sackgassenstrategie für die CDU, das war ein Riesenfehler letzten Endes.

00:26:16.54
Ariane
Ja, das ist es.

00:26:35.71
Stefan Sasse
taktisch gesehen, strategisch gesehen, nicht taktisch, aber strategisch gesehen, quasi die Grünen als Hauptfeind auszurufen. Es macht taktisch Sinn, weil man damit quasi erstmal ein paar kurzfristige Punkte holen kann, aber es macht halt auf der anderen Seite wahnsinnig viel kaputt und baut eine riesige Hypothek für die Zukunft auf, sodass es halt die Frage ist, ob diese kurzfristige politische Gewinn wert war. Siehe Sachsen!

00:26:56.77
Stefan Sasse
Da hat man es erfolgreich geschafft, die Grünen aus dem Landtag zu drängen. Jetzt führt man eine Minderheitenregierung mit der SPD an, anstatt dass man eine stabile Dreierkoalition mit den Grünen hätte haben können. War das so clever? Ich bin unsicher. Und solche Sachen haben wir eben permanent. Dagegen, und das ist ja unser nächstes Thema, mehr Milai wagen bei der FDP. Weil ich glaube, ich verstehe, was die tun. Und ich halte das für gar nicht blöd.

00:27:07.79
Ariane
Eher nicht. Ich auch nicht. Ich habe nein gesagt, weil ich da keinen Bock drauf habe, aber als Strategie ist es klüger als das, was sie, gut alles ist klüger als das, was sie aktuell, also von daher. Aber es könnte klappen, finde ich.

00:27:30.49
Stefan Sasse
Ja, okay. Genau, low bar to clear. Also worum geht's? Kurze Erklärung für diejenigen, die in diesen ideologischen Grabenkämpfen nicht ganz so firm sind. Milai ist ja dieser große südamerikanische Reformer, den wir da gerade haben. Ihr merkt gerade, ich weiß nicht mehr, ist das Argentinien oder Chile? Ich schmeiße die beiden gerade zu Argentinien, danke schön.

00:27:53.10
Ariane
In Argentinien. Hoffe ich, weiß auch nicht genau.

00:27:55.14
Stefan Sasse
Ich hoffe auch. Ich glaube, es ist Argentinien. Da ist der ja Präsident geworden. Der ist so ein... Ich weiß gar nicht, wie man den einordnen will. Der passt überhaupt nicht in unsere Schema-Tereine. Er ist definitiv ein Populist. Aber er ist weder konservativ, noch liberal, noch links, noch sonst irgendwas. Der Typ ist im Endeffekt ein Paleo-Liberaler. So ein bisschen. Aber gleichzeitig auch ein Autokrat. Also es ist ein ganz, ganz weirder Mix, der sich in den typischen deutschen politischen Kategorien einfach nicht einordnen lässt.

00:28:24.56
Stefan Sasse
Und der Mann macht gerade einen absolut radikalen, gerade zu extremistischen Kurs, der vielleicht funktionieren kann oder vielleicht auch nicht, der jetzt dafür gesorgt hat, dass die Armutsrate in Argentinien offiziell über 50% geklettert ist. Aber das ist jetzt quasi das, was die Befürworter von ihm sagen würden.

00:28:43.28
Stefan Sasse
Die Situation war halt auch absolut beschissen und die Hoffnung ist jetzt halt quasi, dass er sozusagen durch eine absolut radikale Kur sozusagen zwei Jahre lang härte und dann geht's aufwärts. Das ist so das Versprechen, mit dem er auch angetreten ist, aber der war ehrlich, muss man sagen. Er hat nie gesagt, dass das nicht passieren würde. Von daher, wir werden sehen, ob es dann auch klappt oder nicht. Das steht aktuell völlig aus. Aber...

00:29:04.56
Stefan Sasse
Das ist offensichtlich kein Rezept für Deutschland. Schon allein deswegen, als politisch völlig unmöglich ist. Also du wirst ja nicht eine Koalition hier finden, das ist immer wieder bei Friedrich Merz, die bereit ist, sowas zu machen. Dafür brauchst du so ein Präsidialsystem einerseits, wie sie es in Argentinien haben, und zum anderen brauchst du da eine Situation, die echt so verzweifelt ist, dass du das da durchziehen kannst.

00:29:26.07
Stefan Sasse
Und auch dann hat es halt diese ganzen Flohschäden, dass du halt einen Autokrat an der Macht hast, der neben den ganzen staatlichen Bürokratieauswechsen und so weiter halt auch gleichzeitig den Rechtsstaat mitwechselt. Das ist halt die andere Seite der Medaille.

00:29:38.27
Ariane
Ich wollte mal sagen, du brauchst eine ganz neue Verfassung.

00:29:42.08
Stefan Sasse
Und auf der anderen, Elon Musk, muss ich glaube ich nicht erklären, aber der hat ja jetzt dieses Doge, oder Doge, oder wie auch immer man das ausspricht, D-O-G-E, Programm gestartet, das im Endeffekt ein ähnliches Programm für die USA vorsieht. Da bin ich sehr zuversichtlich darin zu prognostizieren, dass das krachend scheitern wird. Und zwar innerhalb des ersten halben Jahres 2025. Also ich mag mich natürlich hier täuschen, wie immer, aber da bin ich halbwegs zuversichtlich, dass der Mann mit Karacho gegen die Wand fahren wird.

00:30:10.04
Stefan Sasse
Und da ist ein ähnlicher Plan dahinter, also einfach dieses mit dem Rasen mehr sozusagen sämtliche staatlichen Ausgaben kürzen in den Bürokratien, einfach massenhaft Leute entlassen, das entlassen ist und überall radikal zusammenkürzen. Und da ist jetzt seit, ich würde das sagen, ungefähr eine Woche in Deutschland ein ganz, ganz merkwürdiger konzertierter Kommunikations-Push einerseits von der FDP,

00:30:38.48
Stefan Sasse
wo der Lindner sich hingestellt hat und ein paar andere dann ihn sekundiert haben, mit dem Deutschland muss mehr Masken und Milai wagen. Damit hat es angefangen. Und dann haben quasi die, wie soll man das sagen, die Schützenbrigade aus der Welt, also Anna Schneider, Ulf Poschart vor allem, und jetzt neuerdings auch noch Christina Schröder, das ist das Trio Infernale von den Weltkolumnisten.

00:31:01.30
Stefan Sasse
Und die haben jetzt quasi angefangen, das zu sekundieren und hauen einen Artikel nach dem anderen raus, dass selbstverständlich Deutschland von den beiden lernen muss. Und Anna Schneider hat sich ja nicht entblödet, einen Leitartikel anzufangen mit Deutschlands Problemen, das sind vergleichbar mit denen von Argentinien. Ich denke so, äh, nein.

00:31:17.41
Stefan Sasse
Also wirklich, du kannst mir im Deutschland ja sagen, was du willst, aber das ist ja ein so bekloppter Vergleich. Wie wenn ich sagen würde, keine Ahnung, Deutschlands Militär ist vergleichbar mit dem von Russland, weil in beiden sind Menschen in Uniformen und tragen Waffen oder so. Also weiter gehen ja die Gemeinsamkeiten da echt nicht.

00:31:36.68
Stefan Sasse
Und jetzt hat auch noch der Linnemann, also der CDU-Generalsekretär, er hat das Gleiche gesagt. Und wenn ein Generalsekretär was sagt für diejenigen, die sich so in diesem politischen Prozess nicht auskennen, das ist ein Versuchsballon. Generalsekretäre und Generalsekretärinnen, das sind immer die mit den Ballons in der Hand, die haben immer so ein bisschen Narrenfreiheit im Bullshit sagen.

00:31:56.78
Stefan Sasse
Das gehört ja auch zu diesem politischen Spiel, was alle mitspielen. Wenn ein Generalsekretär oder eine Generalsekretärin was sagt, das wird nie so ernst genommen wie das von allen anderen Leuten aus der ersten Reihe. Dafür sind die da. Das ist zum Beispiel Kevin Kühnert, der konnte ja auch die Sozialisierung von Unternehmen fordern, ohne dass das Olaf Scholz schadet. Und genauso kann der Linnemann irgendeinen Scheiß raushauen und die entsparen natürlich sowieso, weil dem sein Hobby ist ja eh Dinge fordern.

00:32:15.26
Ariane
Ja. Der ist nicht mal Generalsekretär, glaube ich. Der ist einfach offizieller Clown.

00:32:22.06
Stefan Sasse
Nein, nicht mal, aber der fordert einfach immer nur. Der ist offizieller Clown der CDU gerade, würde ich auch sagen. Und jetzt lange Erklärung für den Punkt, warum halte ich das für clever aus oder zumindest nicht dumm aus Sicht der FDP. Schaue ich auf die aktuellen FDP-Umfragen, sehe ich drei oder vier Prozent dastehen. Das heißt, der Kampf der FDP ist nicht wie bei der CDU, werden wir Kanzler oder nicht. Der Kampf ist, kommen wir in den Bundestag und überleben als Partei.

00:32:51.46
Stefan Sasse
Und da ist die Frage, ob man nach der Bundestagswahl in Regierungsverantwortung irgendwas umsetzen wird müssen, ob man einen Koalitionspartner wird finden müssen. Das ist für die FDP in der Wahl 2025 Jacke wie Hose. Das ist total egal. Für die steht keine Regierungsbeteiligung in den Karten?

00:32:52.81
Ariane
Vielen Dank.

00:33:08.75
Stefan Sasse
Für die steht keinerlei Macht in irgendeiner relevanten Weise in die Karten. Da geht es ums blanke Überleben. Und für das blanke Überleben der 5%-Hürde, das können sie schaffen, wenn sie ihre Truppen beisammenhalten und ihre Kernwählenden schafft, ihr Kernklientel mobilisieren. Das liegt um die 5%-Hürde rum. Das haben wir schon öfter diskutiert, auch im Blog. Das ist das Kleinste von allen Parteien, abgesehen von der Linken. Aber die teilen sich es halt gerade auch mit dem BSW.

00:33:36.27
Stefan Sasse
Aber das ist super klein, aber es kann reichen. Das heißt, was die FDP gerade macht, ist sich auf ihre Kernwellenenschaft konzentrieren, also quasi in einem reinen Basiswahlkampf und damit halt versuchen über die 5%-Hürde zu kommen. Ich denke, das ist die beste Option, die sie gerade haben. Und wo wir gerade bei der Linken sind, die haben heute die Vier-Tage-Woche gefordert.

00:33:55.47
Stefan Sasse
Go figure. Gleiches Prinzip. Man versucht eben quasi durch eine möglichst klare Frontstellung sozusagen, weil jegliche Regierungsbeteiligung ausgeschlossen ist, da die eigenen Leute an die Wahl ohne zu bringen. Und es geht überhaupt nicht um Appeal in irgendwelche anderen Gruppen oder so. Das ist meine Interpretation von dem, was da gerade mit diesem Milai-Mask-Blödsinn läuft, weil ansonsten hat es für Deutschland eigentlich keine relevante Anwendung.

00:33:56.41
Ariane
Ja.

00:34:22.28
Ariane
Nee, also da fand ich es auch eher, also da finde ich die CDU merkwürdiger. Aber erst mal kurz zur FDP. Ich finde, es ist, wie du schon sagst, sie haben nichts mehr zu verlieren. Und meine Hauptkritikpunkt an der FDP war ja immer, dass sie jetzt auf zu vielen Hochzeiten spielen, dass sie sich immer so ein bisschen die seriöse Genscher Partei und dann sind sie die jungen Wilder, dass da immer zu viel

00:34:46.05
Ariane
Sachen gleichzeitig irgendwie versucht worden zu machen. Und ich glaube, es ist für die wirklich jetzt gar nicht so blöd. Mit der Seriosität hat sich das ja eh alles erledigt. Ich glaube wirklich, wenn Lindner jetzt da voll durchzieht und wirklich hier morgen einen Werbespot mit einer Kettensäge macht, dass das für den tatsächlich gar nicht blöd wäre.

00:35:08.10
Ariane
weil A. ist das eindeutig und B. hat das nicht, du kriegst damit keine zehn Prozent oder so. Es geht ja wirklich nur, die müssen ja nur über die Hürde kommen, die müssen ja nur ihre fünf Prozent zurück haben. Und ich glaube, das ist tatsächlich, weil es gibt

00:35:24.48
Ariane
Einerseits hat das immer noch was Junges, Wildes. Das haben sie, wie gesagt, die Leute mit einem sehr kurzes Gedächtnis haben, weil das hat jetzt bei der Ampel auch, haben sie sich ja auch irgendwie wieder in alte weiße Männer verwandelt. Aber es ist was, womit man zumindest an dieses Junge, Wilde, Verrückte anspielen kann. Es ist eben was, was Leute wie Ulf Posch hat.

00:35:45.33
Ariane
Alte weiße Männer in der Midlife-Crisis, sorry an die Männer, aber es wirkt auf mich einfach so, aber auf die wirkt das eben auch, das hat einen Appeal und es wirkt eben auch auf Leute und ich glaube deswegen auch diesen Milai, auch wenn man den nicht so einordnen kann, dieses

00:36:02.35
Ariane
Tabula rasa Ding, das hat einen unglaublichen Effekt. Also damit kannst du Leute erreichen, auch wenn es totaler Quatsch ist. Ich meine, wie gesagt, ich halte es als Taktik irgendwie ganz klug, weil es halt eh nicht so kommt. Aber ich glaube dieses, ja das ist alles so kaputt und man muss das einmal alles wegsäbeln, egal was passiert und dann baut man das neu auf und dann machen wir Tabula rasa.

00:36:24.48
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuhören!

00:36:29.22
Ariane
Das gibt es auch auf linker Seite übrigens. Ich glaube, das gibt es überall. Aber das hat auch noch einen Appeal drauf. Und es ist ja noch mit Milay und Maast, das hat ja noch irgendwie so eine, ich weiß nicht, so eine kokaingeschwängerte Aufregung auf Männer zumindest. Also weiß ich nicht. Also das ist, glaube ich, was.

00:36:51.53
Ariane
was, was, wie gesagt, eine Peel hat. Und ich glaube, für die, als Taktik ist das für die FDP gut. Was ich überhaupt nicht verstehe, ist, was die CDU damit, ich weiß nicht ganz ehrlich, weil dafür sind die, das ist die, also A, müssen die halt wirklich regieren. Im Gegensatz zur FDP, also sie müssen tatsächlich dann auch irgendwie

00:37:11.92
Ariane
seriös sein. Und wenn du mich fragst, was der CDU gerade absolut fehlt, ist ein bisschen Seriosität und Integrität und Kanzlerschaft. Also, dass sie da jetzt noch mit draufsteigen, verstehe ich eigentlich überhaupt nicht, aber sei es darum mir ja egal, sollen die machen. Und das ist, muss man sagen, das kann sich die FDP leisten, weil die halt nur noch reinkommen. Also, ich glaube, für

00:37:34.68
Ariane
für die CDU auch, weil Merz ja auch am Anfang noch versucht hat, ein bisschen Schützenhilfe zu geben und der hätte gerne Lindner weiterhin als Finanzminister, was ihn wahrscheinlich gleich von Prozent der Stimmen kosten will. Aber damit ist die FDP raus. Also gut, die haben ja auch, die können sich dann ja absolut wieder umentscheiden und müssen erst mal reinkommen. Aber ganz ehrlich, mit solchen Leuten kann es halt keine Regierung bilden. Genau.

00:37:58.32
Stefan Sasse
Ja, aber wie gesagt, ich glaube, das ist eh egal. Ich verstehe allerdings tatsächlich, was März da antreibt letzten Endes, weil März ist ja tatsächlich jemand, der gerne antreten möchte mit einem Programm von deutlich rechter als die bisherige CDU.

00:38:14.87
Stefan Sasse
Von daher muss er das ein bisschen machen und das ist ja auch das, womit er angetreten hat, womit er gewählt hat, womit er die jetzt auch an die 30 Prozent wieder ran geführt hat. Der muss diese Flanke schließen. Das verstehe ich schon. Und deswegen schickt er auch so Leute wie den Linneman da dann im Endeffekt vor und dann kommen halt diese, ja schon so ein bisschen, aber vielleicht nicht ganz so krass, ja.

00:38:33.15
Stefan Sasse
Also so dieses typische Abschwächen sozusagen, was da betrieben wird. Man verwirft es nicht komplett in Bausch und Bogen, aber man versucht quasi, sich dann nicht von der FDP das Wasser abgraben zu lassen, weil der Merz mag zwar persönlich den Lindner sicherlich, aber andererseits hat er ja auch keinen Bock, mit drei oder vier Prozent von CDU die FDP zu stützen. Das will der ja auch nicht machen. Von daher würde ich vermuten, dass das die Dynamik ist, die da an der Stelle abläuft.

00:39:03.46
Ariane
Ja.

00:39:04.71
Stefan Sasse
Okay, damit können wir dann glaube ich auch zu unserem letzten Thema überkommen, was wir ebenfalls aus so einer Wahlkampfbrille betrachten müssen, weil es ist gerade eben Wahlkampf und im Wahlkampf liegt der Bullshit tief. Und in diesem Falle ist es wieder ein kleiner Skandal, für den 100 Pro auch niemand schuld ist und für den sich niemand entschuldigen wird. Den hat die Zeit aufgedeckt. Das habe ich verlinkt hier.

00:39:28.11
Stefan Sasse
Und zwar geht es darum, das ist ein Artikel von Christina Schmidt, und die hat beschrieben, wie diese Bezahlkarten, die in den verschiedenen Bundesländern eingeführt worden sind, wir erinnern uns, vor einem halben, dreiviertel Jahr war das ein Riesenthema, dass quasi die Geflüchteten kein Bargeld kriegen sollen, sondern nur so, wie soll man sagen, so eine EC-Karte leidt, im Endeffekt, um zu verhindern, das war quasi die Begründung dafür.

00:39:53.83
Stefan Sasse
dass die Geld ins Heimatland überweisen, wovon man sich dann versprochen hat, dass weniger Geflüchtete herkommen. Und es wird alle Beteiligten überraschen, dass das natürlich gelogen war. Weil schon damals klar war, dass es praktisch keinerlei signifikante Überweisungen ins Ausland gibt, wie auch

00:40:14.14
Stefan Sasse
Ich meine, das sind Beträge von 200 oder 300 Euro im Monat. Von denen kannst du in Deutschland nicht besonders toll leben. Also selbst wenn du echt richtig hart sparsam bist, dann überweist du halt 30, 40 Euro pro Monat ins Ausland. Oder wenn es eine Familie ist, dann sind es halt mal 100 oder 150 oder was weiß ich. Aber das sind ja keine riesigen Beträge, die da zusammenkommen und schon gar nicht auf dem Level. Und das hat das dann eben ergeben. Die Bundesländer wussten, es sind immerhin sieben Prozent aller Geflüchteten, die überhaupt irgendwas überwiesen haben.

00:40:42.36
Stefan Sasse
Und das hat noch gar nichts über die Größe der Überweisungen aus. Sprich, es ist ungefähr so wie Bürgergeldbetrug, es ist ein absolutes Minderheitenphänomen. Und der nächste Punkt ist, was damals schon Kritiker und Kritikerinnen der Bezahlkarte ja von Anfang an gesagt haben, da kann ich mich auch daran erinnern, das selber im Blog ein paar Mal geschrieben zu haben, und auf echte Empörung da teilweise gestoßen zu sein, dass es hauptsächlich darum geht, den Leuten das Leben zur Hölle zu machen.

00:41:08.75
Stefan Sasse
Und genau das ist jetzt belegt durch interne Papiere aus diversen Bundesländern, dass genau das das Thema war. Und dass da dabei rechtliche Bedenken und Umsetzungsbedenken und alles vom Tisch gewischt wurde und dass es darum ging, den Leuten das Leben unangenehm zu machen. Das war Ziel numero uno. Darum ging es. Aus natürlich innenpolitischen Gründen.

00:41:32.00
Stefan Sasse
Weil Menschen mit brauner Hautfarbe weh zu tun, ist halt elektoral ein Erfolgsrezept. Das muss man ganz klar sagen. Und das haben wir jetzt quasi schwarz auf weiß. Und erneut, das wird nichts ändern. Weil das Leugnen wird weitergehen, weil es nicht genau genug ist. Da sind wir bei diesem Schuldig, was wir vorher hatten. Man kann es nicht genau genug machen bei sowas. Deswegen wird das Abstreiten weitergehen. Aber es ist ziemlich offensichtlich, was da passiert ist.

00:41:59.41
Stefan Sasse
Und dass es eben auch komplett sinnlos war. Genauso wie, was wir hier in diesem Format auch schon öfter angesprochen haben, diese Abschiebeoffensiven, die dann nur die gut integrierten Leute treffen, weil man bei denen weiß, wo sie wohnen und weil die sich an Regeln halten, wie etwa, wenn du einen Abschiebebescheid kriegst, dann musst du halt gehen. Während diejenigen, die man eigentlich treffen will, die tauchen halt dann gegebenenfalls unter oder du hast eh keinen Wohnplatz und es wäre tatsächlich anstrengend, die zu finden.

00:42:25.59
Stefan Sasse
Die Bezahlkarten laufen in genau das gleiche Ding rein. Und eigentlich alles, was die KritikerInnen gesagt haben, ist eingetroffen. Es schafft eine riesen Bürokratie. Es ist ein heilloses Chaos. Die Hälfte der Geschäfte nimmt es nicht an. Ich meine, in Deutschland habe ich ja eh schon Probleme mit normalen EC-Karten zu bezahlen. Aber mit denen

00:42:43.32
Stefan Sasse
Wo dann auch noch lauter Beschränkungen drauf sind, die teilweise die Läden gar nicht umsetzen können und wollen, weil es teuer ist. Also das ist einfach völlig praxisfern und das hat die Leute, gerade bei CDU und FDP, nie interessiert. Bürokratie, nutzlose Regeln, ist für alle Beteiligten katastrophal, das war völlig egal. Und da haben wir mal wieder diese übliche Heuchelei, wo ich immer sage Prinzipien, niemand hat Prinzipien.

00:43:08.03
Stefan Sasse
Egal wo. Die werden immer angepasst, um die jeweiligen zugrunde liegenden politischen Ziele umzusetzen. Das werden wir gleich auch noch mal sehen bei dieser Syrien-Debatte, zu der wir gleich kommen. Wir kriegen dann auch gerne wieder beide Seiten ihr Fett ab. Aber bei der Bezahlkartendebatte, ich meine, das war einfach so absehbar und so offensichtlich. Ich weiß gar nicht, hast du da noch weitere Punkte dazu?

00:43:33.17
Ariane
Ja, auch etwas, was nicht da erwähnt wurde. Also erstmal gebe ich dir total recht. Mir war das auch von Anfang an klar, dass das, wie gesagt, nur dazu da ist, den Leuten das Leben schwer zu machen. Ich habe auch, es ist manchmal ein bisschen schwer, das zurück zu verfolgen, weil irgendwie gab es eine Ministerpräsidentenkonferenz, aber jetzt macht doch wieder jedes Bundesland sein eigenes Ding. Ich habe gar nicht genau verstanden, wozu sie jetzt diese Ministerpräsidentenkonferenz dazu brauchten.

00:43:58.81
Ariane
Und es ist tatsächlich, wenn man manchmal regional, was die, was in dem Artikel eben auch erwähnt wurde, dass da tatsächlich überlegt wurde, Sachen komplett rauszunehmen, das regional zu beschränken, dass man, wenn man im anderen Landkreis ist, nicht mehr einkaufen kann und so, wo ich, das haben sie dann ja auch wieder fallen lassen, wo ich teilweise dann, als das kurz mal eine Diskussion war, was auch, wie du sagst, mit dem Generalsekretär, was oft vorher schon als der Suchsballon mal losging,

00:44:28.11
Ariane
Wo ich auch gedacht habe, das ist richtige Dystopie teilweise. Und wirklich nach dem Motto, auch bei Flüchtlingen kann man das ja machen. Und wo ich darüber gestolpert bin, ich weiß leider nicht welches Bundesland das war. Das war nämlich ein regionales Problem, was ich gar nicht so auf der Pfanne hatte, wo darüber geredet wurde, weil das Sachen betrafen,

00:44:48.22
Ariane
die kein Mensch irgendwie über Bargeld oder so bezahlt, die aber jetzt durch diese Bezahlkarte und diese Beschränkung alle einzeln genehmigt werden müssen. Das waren teilweise Sachen wie das Deutschlandticket.

00:45:00.88
Stefan Sasse
Abos, ja.

00:45:01.80
Ariane
Abos, genau das Deutschlandticket, das gilt als Abo. Das waren Sachen wie den Telefonanschluss, der ja auch schon, also meiner ist noch relativ günstig mit 35 Euro, aber wenn du jetzt noch ein Handy oder so rechnen wir auch mal mit 50 Euro. Und das waren alles Sachen, die ich gar nicht so auf der Kette hatte, weil wenn man Bargeld hört, denkt man ja gut, da geht es irgendwie um den Einkauf oder so. Aber alle diese Sachen, was im Artikel auch erwähnt wird, so Sportvereine oder so, wo man regelmäßige Beiträge leisten muss.

00:45:29.04
Ariane
Das zählt da auch mit dazu. Das war, wie gesagt, das ist, ich weiß gar nicht, ich glaube, in Bremen wird das auch erwähnt, da haben sie ja auch gleich die Grenze erhöht, damit eben nicht so viele einzeln waren. Das waren dann alles Sachen, wo teilweise monatlich ein Mitarbeiter sowas freigeben musste, dass die Überweisung stattfinden darf. Wo ich auch gesagt habe, das ist ja irre. Und was ja vollkommen normale Sachen ist, wo es auch irgendwie überhaupt nicht so die Idee gab, man macht da irgendwas pauschal oder einfach man lässt den Leuten eigentlich die Wahl, wofür sie denn ihr Geld ausgeben.

00:46:00.52
Ariane
was total hinten angegangen wäre und wo ich auch gesagt habe, das geht auch nicht, also es tut mir leid, es möchte mich damit gar nicht zu beschäftigen. Wenn man einfach nur möchte, dass Flüchtlinge ein scheiß Leben hier haben, dann soll man bitte AfD wählen. Fertig.

00:46:03.15
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:46:19.05
Ariane
Ich möchte darüber gar nicht diskutieren. Wenn man da Bock drauf hat, soll man zur AfD gehen und mich damit in Ruhe lassen. Und fertig. Und ich finde, das sind dann eben Sachen, wo man wie gesagt, ah, es ist ja überhaupt nicht praktikabel. Diese Menschen, die haben ja, das sind ja auch keine Flüchtlinge, die irgendwo in einem Flüchtlingsheim leben, sondern die hier seit, meinetwegen zwei Jahren leben, in einer ganz normalen Wohnung, wo man ganz normale

00:46:44.17
Ariane
Ausgaben hat, die ich sie auch habe. Und wo ich auch sage, es tut mir leid, auch wenn ich ein Sozialhilfeempfänger bin, möchte ich nicht für jede Überweisung, die ich tätige, für mein Deutschland-Ticket, für meinen Telefonanschluss, für meine Miete, für meinen Strom, möchte ich nicht für jede einzelne Überweisung zum Amt gehen und mir das noch mal genehmigen lassen. Jeden Monat wieder. Was ich überhaupt nicht verstehe. Wie gesagt, das ist einfach schon, vom Arbeitsaufwand ist das schon komplett bescheuert.

00:47:14.75
Ariane
Von der Demütigkeit, von dieser Demütigung, die da mit einhergeht, finde ich eben auch ganz ehrlich, das ist Dystopie.

00:47:22.02
Stefan Sasse
Ja, die ist ein Feature. Die ist ja genau das, warum man es macht. Das ist ja der Grund. Ja, also die ist kein Bug. Sondern die ist genau der Grund, warum man es gemacht hat.

00:47:28.54
Ariane
Nee, nee, das war ja so. Ja, und ich, es tut mir leid, wie gesagt, wer das geil findet, der soll den AfD wählen und dann bezeichne ich die als Arschlöcher und Gutes. Ich möchte mich damit gar nicht befassen, ehrlich gesagt. Aber irgendwie das hat, und es ärgert mich, weil natürlich kann das niemand in echt sagen. Das ist ja, jeder will beschützen werden. Deswegen erzählen die ja, oh, das ist bestimmt eine super Idee, um die Verwaltung zu entlasten. Weil keiner sagt, wir finden ja alle scheiße und wir wollen die behandeln wie Arschlöcher. Aber

00:47:58.88
Ariane
Es tut mir leid, das ist halt keine Politik. Also das ist ja genauso mit Abschiebeoffensiven. Ich erwarte von der Politik. Ich nehme das alles mit hin und ja, das gibt billige Punkte und ist ja schön für euch, dann bringt man Spruch. Aber wenn ihr wirklich mit Gesetzen und Hampeleien da was macht, dann möchte ich was haben, was ein bisschen

00:48:21.25
Ariane
Sinn und Verstand hat, weil darum geht's ja. Wenn die da sich hinstellen und ein paar populistische Sprüche ablassen, okay, finde ich auch blöd, aber das hat nicht solche Auswirkungen. Aber wenn man tatsächlich am Problem, die wir haben, mit Flüchtlingen und Migration arbeiten möchte, dann muss man ja, erwarte ich schon, dass da ein bisschen Sinn und Verstand kommt und keine Gesetze gemacht werden, allein dieser Verwaltungsaufwand nur für diesen Scheiß. Das sollen sie dann wirklich in den Talkshows ablassen und

00:48:50.93
Ariane
Ernsthafte Politik bitte ernsthaft betreiben. Genau.

00:48:53.70
Stefan Sasse
Und dann reden sie im gleichen Atemzug von Bürokratieabbau und Entbürokratisierung und Kettensäge und haste nicht gesehen. Die brauchst du ja dann auch alle für die Bezahlkarten.

00:48:59.46
Ariane
und wollen die Hälfte der Behörden mitarbeiten. Und ganz ehrlich, wenn du mich fragst, ein Großteil, ja, habe ich auch gesagt, ein Großteil der Bürokratie ist heute schon das Problem, dass wir in jeder Behörde eigentlich doppelt so viele Menschen bräuchten, die das Ganze bewältigen. Und wenn du solchen Kram machst, brauchst du dreimal so viele Leute, die da einzelne irgendwelche Sachen prüfen. Also das ist halt, wie gesagt, da

00:49:22.74
Ariane
Wenn es um konkrete Gesetze geht, diesen Populismus, den kann ich noch ab, aber wie gesagt konkrete Gesetze hätte ich gerne mit etwas mehr Sinn und Verstand.

00:49:34.38
Ariane
Und dann haben wir halt so Sachen, das ist ja auch das, was du auch sagst mit den Abschiebeoffensiven, die dann gerne die falschen Leute treffen, wo ich dann denke, wo sie sich nicht trauen, sinnvolle Änderungen einzuführen, weil das vielleicht auch heißen würde, dass Leute hier bleiben können. Also wir hatten ja diesen Fall, dass zehn Kolumbianer abgeschoben werden sollen und das waren, glaube ich, die Hälfte des Pflegepersonals aus einem Heim.

00:49:57.82
Ariane
Und das liegt einfach daran, dass es keine einzige rechtliche Möglichkeit gibt, diesen Spurwechsel zu vollziehen. Dass wenn man keine Möglichkeit gibt auf Asyl, dass man dann sagen kann, okay, dann switchen wir die in einen anderen und lassen die als Fachkräfte hier zum Beispiel. Das gibt es rechtlich nicht.

00:50:18.11
Stefan Sasse
die gerade die was du gerade ansprichst diese kolumbianischen pflegefachkräfte das wird ja noch absurder weil deutschland gerade versucht in kolumbien pflegefachkräfte anzuwerben ja

00:50:19.60
Stefan Sasse
SWISS TXT AG, 2020

00:50:26.05
Ariane
Genau. Sie könnten sich abschieben lassen und in fünf Jahren anwerben lassen. Aber es geht nicht, solange sie hier sind. Das macht überhaupt keinen Sinn. Aber irgendwie scheint keiner das mal für eine gute Möglichkeit zu halten oder so. Nö, wird einfach gesagt. Nö, sorry, diese Möglichkeit gibt es nicht. Ist auch nicht geplant. Pech gehabt. In fünf Jahren können wir sie mal anwerben.

00:50:46.22
Stefan Sasse
Wie gesagt, total beglaubt. Und diese ganze Geschichte hat noch eine zweite Dimension, die viel zu wenig diskutiert wird in dem Zusammenhang. Ich kam da zum ersten Mal drüber, also über diese Diskussionslinie bin ich zum ersten Mal gestolpert im Zusammenhang mit amerikanischen Maßnahmen.

00:51:02.02
Stefan Sasse
Die machen das schon viel länger. Diese absurdharte Politik, die zwar keinerlei Erfolge hat in der oder sie hat nicht keinerlei Erfolge, aber zumindest stehen die Erfolge in der Reduzierung der Einwanderung nicht in einem Verhältnis zu den Flurschäden, die da angerichtet werden. Die haben da ja diese Behörde, das Akronym ist ICE, also ICE. Das ist die Immigration Control irgendwas. Ich weiß gar nicht, für was die stehen, leider.

00:51:29.92
Ariane
Ich kenne das auch nur als Eis.

00:51:31.25
Stefan Sasse
Genau, also die ICE. Und auf jeden Fall, die machen ja schon quasi seit mehreren Jahren. Das hat er unter Obama angefangen, muss man ganz klar auch sagen. Der hat ja quasi seine rechte Flanke da so ein bisschen geschlossen, indem er auch möglichst hart abgeschoben hat und möglichst hart an der Grenze war. Womit er sich dann das politische Kapital gekauft hat, um sowas wie den Dream Act zu machen und denen zu helfen, die da sind. Was ich politisch verstehen kann, was aber moralisch, ethisch

00:51:56.19
Stefan Sasse
zumindest problematisch ist. Und das ging dann eben natürlich entsprechend weiter unter Trump, hat sich auch weiter verschärft unter Biden und wird jetzt mit Sicherheit noch mal eine Spur hochgerüttelt unter Trump Nummer 2. Und das auffällige daran ist, dass die Warnungen von dem, was eigentlich so die Aktivisten und Aktivistinnen am linken Rand sind,

00:52:18.40
Stefan Sasse
dass die auch zugetroffen haben. Und dass das immer offensichtlicher ist, nämlich, dass diese Maßnahmen, wenn du quasi den Rechtsstaat erodierst gegen Menschen, die keine StaatsbürgerInnen sind. Das ist ja erst einmal etwas, das kannst du grundsätzlich machen, weil die haben ja quasi diese ganzen Rechte nicht. Deswegen sind sie ja keine StaatsbürgerInnen. Soweit so gut. Aber wenn du das machst,

00:52:46.01
Stefan Sasse
dann blutet das irgendwann rüber in dein eigenes System. Und das ist quasi der Part, das beginnt dann quasi an den Rändern. Wenn du einmal sozusagen, wenn du so illegale Migranten in Lager packst, in denen quasi der Rechtsstaat aufgehoben ist, dann liegt irgendwann der Schluss nahe, dass du das in deinen eigenen Gefängnissen ja auch tun könntest.

00:53:09.51
Stefan Sasse
Und dann geht es weiter, dass du das vielleicht mit Sozialhilfeempfängern tun könntest und so weiter. Und das sehen wir jetzt zum Beispiel bei dieser Bezahlkarte eins zu eins. Weil auch hier, was immer geleugnet worden ist von denen, die die einführen wollten und von den Behörden und jetzt schwarz auf weiß vorliegt, dass die von Anfang an eingepreist haben, dass sie das System, dass es quasi ein großer Test ist effektiv und dass sie es auch auf SozialhilfeempfängerInnen, also BürgergeldempfängerInnen ausweiten wollen.

00:53:36.88
Stefan Sasse
Und das ist das. Diese Sachen, die kommen immer zurück nach Hause. Und es ist so lange egal, wie du nicht in diese Mühle reingerätst. Und als so ein durchschnittlicher Bürger oder Bürgerin in Deutschland gerätst du in diese Mühlen auch normalerweise nicht rein. Es sei denn, es kommt zu einem autoritären Takeover. Aber das steht ja zum Glück gerade nicht in den Karten. Zumindest außerhalb von Thüringen nicht.

00:53:59.96
Stefan Sasse
Du lachst, aber auch hier gibt es diverse Regelungen. Die sind erstmal für deutsche StaatsbürgerInnen ziemlich harmlos, weil sie sind üblicherweise nicht betreffend. Aber in den Händen von solchen Leuten werden die wahnsinnig schnell zu Waffen.

00:54:01.88
Ariane
Ja.

00:54:16.75
Stefan Sasse
Und das werden viele Amerikanerinnen und Amerikaner in den nächsten vier Jahren merken, dass da plötzlich Sachen sie betreffen, die bisher immer die anderen betroffen haben. Und es ist in Deutschland genau das gleiche. Das ist genauso wie die Sozialstaatsgeschichte in Deutschland. Wir früher an die Hartz-IV-Bürokratie zurückdenken. Diese heilige Empörung, die Leute hatten, wenn sie plötzlich ins Hartz-IV-System gerutscht sind aufgrund eines Schicksalsschlages, dass sie genauso behandelt werden wie alle anderen auch.

00:54:47.06
Stefan Sasse
Die, die da immer war, wo du dann immer so die Stories hattest, so ja, keine Ahnung, hier hattest mal so einen Vermögensberater und bei dem ist Scheiße gelaufen und jetzt war er plötzlich auf Hartz IV und hat dann festgestellt, wie Scheiße er da behandelt wird. Und da war es dann plötzlich nicht mehr okay, weil da betrifft es mich. Und genau dasselbe passiert hier eben auch. Ja, so eine Bezahlkarte, das ist ganz toll, solange du sie nicht hast.

00:55:08.39
Stefan Sasse
Aber diese Systeme, wenn die einmal etabliert sind, solche Sachen haben ja eine Tendenz sich fortzuschreiben. Und ich weiß ganz genau in was für einer prekären Lage ich bin, wenn ich das sage, weil ich bin ja normalerweise eher so für Regulierung und mehr staatlichen Einfluss und so weiter. Also mir ist das völlig klar. Aber an der Stelle ist es eben dann für mich, sicherlich auch aufgrund meiner ideologischen Vorprägung, ziemlich offensichtlich, welche Gefahren da existieren, wenn man das tut.

00:55:36.35
Stefan Sasse
Und deswegen zeigt sich das hier eben ziemlich deutlich.

00:55:41.03
Ariane
Ja, also das muss ich auch sagen, es war, ich weiß gar nicht, in Bayern oder Hamburg, da wurde ja schon, das haben sie zwar alles wieder feilen lassen, aber da wurde ja auch schon getestet, geht das für Sozialhilfeempfänger, sprich Bürgergeld, ich glaube richtige Sozialhilfeempfänger gibt es gar nicht mehr.

00:55:58.27
Ariane
Und ich finde auch, man muss sich genau angucken, was da überlegt wurde und jetzt schon im Vorfeld wieder fallen gelassen wurde, um zu sehen, was für eine Dystopie das ist. Weil das ist wirklich, wo ich auch gesagt habe, auch diese regionale Begrenzung. Also ich wohne hier zum Beispiel total an der Grenze, also ich weiß,

00:56:15.98
Ariane
Ich weiß gar nicht genau, wo hier die Grenzen genau verschwimmen, weil ich wohne direkt an der Grenze zum Landkreis Rothenburg. Das sind fünf Kilometer und zu Bremen direkt, was ein anderes Bundesland ist. Das wäre ja irre, wenn ich jetzt fünf Kilometer weiter nicht mehr einkaufen dürfte. Muss man sich mal vorstellen. Und wie gesagt, denn eh nur mit einer Karte, die kann man aktuell, glaube ich, nur da benutzen, wo Visa erlaubt ist, was eben nicht die normale IT-Karte ist.

00:56:40.30
Ariane
Man kann gerne mal probieren hier, ich wohne ländlich, hier kann ich bestimmt nirgendwo mit Visa bezahlen. Hier laufe ich irgendwo rein und frage, ob ich überhaupt mit einer normalen ET-Karte bezahlen kann und bin ich überrascht, wenn die nein sagen. Und das ist, und wie gesagt, auch dieses, wo wirklich schon ganz spezifisch überlegt wurde, komplette Artikel rauszunehmen, wo es ja gar nicht mehr um die Summen ging, sondern, hey, das ist ja super, denn dürfen die keinen, das fing an,

00:56:42.07
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuhören.

00:57:07.76
Ariane
wie man echt die letzten Vorurteile mit Tabak und Alkohol, ging dann aber wie gesagt ein Streaming-Abo, ein Red Bull braucht man auch nicht, wo wir denn wirklich hier, ich weiß gar nicht, ob das Spahn oder jemand von der FDP waren, wo wir wirklich wieder bei, der kriegt ein Stück Brot, ein Schluck Wasser und sein Stück Seife. Wir sind deutsche Reinlichkeit hier und mehr denn nicht. Und das ist, wie gesagt,

00:57:11.85
Stefan Sasse
Emo.

00:57:34.17
Ariane
Ich glaube tatsächlich, dass es tatsächlich was ist, wo man das, wenn man damit einmal anfängt, so ein System zu etablieren und wo du auch sagst, es kommen dann immer mehr Sozialhilfeempfänger und dann sind wir doch schon, sie kriegen dann vielleicht kein Bürgergeld, weil da wird ja auch schon nicht mehr überlegt übrigens, ob das normale Arbeitslose sind.

00:57:53.88
Ariane
oder irgendwie Frührentner, die aber noch drei Jahre zu jung sind oder Aufstocker oder was und ich. Und dann haben wir noch die Leute, oh ha, wer kriegt denn hier Wohngeld und wer hat denn hier BAföG und das sind dann irgendwann sehr, sehr viele Leute, die da mit reinkommen. Und ich glaube tatsächlich, das ist auch

00:58:15.06
Ariane
Ganz ehrlich, dass sich Leute das überlegen. Das Problem ist, dass das halt wirklich die Punkte macht. Das finde ich viel schlimmer. Es lohnt sich ja, solche Überlegungen anzustellen. Und wer losgeht und sagt, hey, ich fände das total gut, wenn weder Flüchtlinge noch Bürgergeldempfänger über ihr eigenes, und wir reden ja hier echt nicht über Summe, wir reden ja nicht mal über das ganze Geld, wir reden ja hier wirklich tatsächlich über diesen Anteil, der zur freien Verfügung gedacht ist. Egal ob bei Flüchtlingen, egal ob bei

00:58:24.02
Stefan Sasse
Ja.

00:58:45.92
Ariane
Bürgergeldempfängern, es ist ja so gedacht, dass ein Teil ist quasi, es gibt ja immer so einen Warenkorb und wir reden hier jetzt tatsächlich über die letzten 100 bis 200 Euro, die wirklich dafür gedacht sind, Dinge des täglichen Bedarfs und man darf selber auswählen, ob man sein Streaming-Abo haben möchte oder ein teureres Duschgel. Wir reden ja gar nicht über das Geld, was für die Miete gedacht ist.

00:59:10.32
Ariane
sondern wirklich über das Geld, das man hat, um normal zu leben, wo man auch, wo es ja auch dazu gehört, selber zu entscheiden, ob man dann von irgendwie teures Essen kauft oder lieber sein Streaming abocht. Und das ist auch nicht schlimm. Also das ist wirklich, glaube ich,

00:59:28.39
Ariane
eher das Problem, sowas zu etablieren. Und was du auch kurz als letztes jetzt noch, das ist eben das, wo ich auch, glaube ich, es ganz gefährlich finde, diese Unterschiede aufzumachen mit den verschiedenen Grundrechten. Das ist in Deutschland ein bisschen anders geregelt, aber auch in unserem Grundgesetz haben wir ja Grundrechte, die für deutsche Staatsbürger gelten und die für

00:59:51.69
Ariane
alle Menschen gelten. Die Menschenwürde zum Beispiel, die ist nicht ans Staatsbürgerrecht gekoppelt. Und ich glaube, das ist wirklich gefährlich. Ich weiß gar nicht, irgendein FDPler hatte das, glaube ich, mal irgendwie. Da ging es um Demonstrationsrecht. Ich glaube, es ist wirklich gefährlich, sich da zu sehr drauf zu verlassen, was auch rechtlich gar nicht haltbar ist, weil wir ja auch in der EU sind und die allgemeinen Menschenrechte auch noch haben. Aber es ist, glaube ich, wirklich zu gefährlich, hier so zu tun, als wenn das Menschen zweiter Klasse wären.

01:00:18.28
Ariane
Also auch wenn das rechtlich, vielleicht werden da Unterschiede gemacht, aber ich glaube, die dürfen nicht so in diese Gesetze rein. Also ich glaube, ganz ehrlich, das wurde auch meistens feingelassen, weil unsere Gerichte sind ja doch okay. Also ich glaube, die ersten Bezahlkarten, Gerichtsurteile, da sind die auch krachend gescheitert. Aber das muss nicht immer so sein. Siehe Thüringen, Siehe Amerika, also wir können uns nicht darauf verlassen, dass wir die Politiker machen, dass die Politiker machen können, was sie wollen, nur weil unsere Gerichte gerade noch

01:00:48.79
Ariane
das Grundrecht lesen können. Das kann sich auch alles ändern. Das ist auch keine Entschuldigung. Also tut mal leid dafür. Haben ja diese Leute im Parlament, dass die bitte vorher noch mal überlegen und sich nicht darauf verlassen. Die Gerichte regeln das denn schon.

01:01:00.86
Stefan Sasse
Das zeigt im Übrigen auch die völlig neutrale Haltung von Behörden, weil du gerade immer auf die Politik abgestellt hast. Aber der ganze Kram kommt ja aus den Behörden, da kommen jetzt auch die Dokumente her. Und das zeigt mir einmal mehr, dass wenn die Anweisungen von oben kommen,

01:01:19.60
Stefan Sasse
Die Beamten in den Behörden setzen das um. Zwangsläufig. Und wenn dann von oben kommt, ignoriert diese rechtlichen Bedingungen. Die schreiben dann ihr ein schönes Memo. Die schreiben hier, was ihr uns hier sagt, ist unserer Einschätzung nach rechtmäßig nicht möglich. Und dann sagt Politiker XY, Scheiß drauf, macht es trotzdem.

01:01:22.62
Ariane
Ja, das weiß ich gar nicht.

01:01:41.72
Stefan Sasse
Und dann machen die das. Das erwarte ich von Behörden ehrlich gesagt auch. Es wäre ein Drama, wenn die einfach eigenständig entscheiden würden, wir sind heute keine Exekutive oder so. Aber das zeigt dir eben, da hast du relativ wenig Stops drin. Also wenn, dann ist es die Judikative, die das bei uns ja auch häufig stoppt.

01:02:02.94
Stefan Sasse
Aber, und das wird eben zusammen mit der AfD auch häufig diskutiert, und wir sehen das ja in den USA ganz massiv, wenn dann die Extremisten das einmal schaffen, so weit ihren Fuß in das politische System reinzukriegen, dass sie quasi die Behörden ausstaffieren können mit ihren eigenen Leuten, ja dann kriegst du nämlich nicht mehr den Brief hoch, von wegen das ist unrechtmäßig, sondern dann kriegst du einen, sollen wir vielleicht noch weiter verschärfen? Oder einen, wir machen einfach mal.

01:02:27.62
Stefan Sasse
Und vielleicht holen wir jetzt noch eine Miliz dazu, die das durchsetzt oder so ein Scheiß, was in den USA ja gerade ernsthaft diskutiert wird. Die wollen ja im Endeffekt die SA wieder einführen. Und solche Geschichten kriegst du dann da plötzlich. Und das ist wirklich einfach, man sollte das im Hinterkopf behalten. Das sind alles Instrumente und die kann man für gute Dinge einsetzen und die kann man für schlechte Dinge einsetzen.

01:02:51.75
Stefan Sasse
Aber die sind grundsätzlich erst einmal neutral. Deswegen halte ich auch gar nicht von dieser Kettensägen-Metaphorik. Ganz unabhängig davon, ob ich der Überzeugung bin, dass der Staat zu viel ist oder zu wenig oder was auch immer. Da gibt es mit Sicherheit Dinge, die man streichen kann. Aber quasi wie das Milai- oder Mask-Tun oder sowas. Oder jetzt eben Lindner für seine Rhetorik. Den Staat quasi per se zum Feind zu erklären ist Bullshit. Der Staat ist ein Werkzeug. Und ich kann den gut einsetzen und ich kann den schlecht einsetzen.

01:03:18.44
Stefan Sasse
genauso wie manche Firmen gute Produkte bieten können, die den Leuten das Leben besser machen. Wie beispielsweise Nutella. Oder ich kann Firmen haben, niemand hat jemals versucht den CEO von Nutella zu ermorden. Ich hab bewiesen. QED. Und auf der anderen Seite hast du dann so Firmen wie dieses UnitedHealth. Mir fällt gerade auf, wir haben gar nicht erwähnt, was das Problem eigentlich war. Die haben nämlich

01:03:41.37
Stefan Sasse
eine KI-Routine entscheiden lassen, welche Ansprüche an die Versicherung abgewiesen werden. Also letzten Endes ist es nur eine Stufe über Würfeln. Vielleicht ist es sogar schlimmer, weil die da ja im Endeffekt mit reinprogrammiert haben, dass letztlich auch völlig berechtigte Sachen abgelehnt werden. Einfach nur um Geld zu sparen.

01:03:50.13
Ariane
Mh.

01:04:05.71
Stefan Sasse
Da habe ich übrigens auch letztendlich, ich glaube, ich habe das sogar in die Show Notes mit reingefragt, wenn nicht, dann werde ich das sofort noch nachholen. Nein, ich habe es mit rein. Da hat jemand auf Blue Sky, hat der geteilt die Geschichte von seiner Mutter, die an Krebs gestorben ist in den frühen 2000er Jahren, wo die Versicherung in den 90er Jahren einen Deal hatte mit den Ärzten, zu denen sie die Frau geschickt haben, Krebsdiagnosen zu verschweigen, um die nicht bezahlen zu müssen.

01:04:34.24
Stefan Sasse
Und wenn du solche Geschichten liest und die Frau hätte überlebt, wenn man das entsprechend früh diagnostiziert hätte. Weil die hat dann später einen neuen Mann kennengelernt und der war reicher und der hat sie zu einem zweiten Mensch geschickt und dann hat man das alles gefunden und hat es behandelt und dann hieß es dann quasi, hätten wir vier Jahre früher gemacht dann. Und dann ist die gestorben. Und die haben Non-Disclosure Agreements unterzeichnet mit dem Healthcare Provider, damit sie wenigstens noch ein bisschen Geld kriegen. Und deswegen, und quasi das Kind hat die aber logischerweise nicht unterschrieben und jetzt sind die Eltern tot und jetzt kann es quasi alles erzählen.

01:04:35.18
Ariane
Das ist es.

01:05:02.60
Stefan Sasse
Und wenn du solche Geschichten liest, das war quasi auch mein Einstiegsding, dann fragst du dich echt, warum nicht noch mehr von denen ermordet worden sind. Weil da muss ich echt sagen, wenn du solche Dinge liest, das ist einfach so pure evil. Und es ist systemisch. Da arbeiten Menschen, die schreiben die Algorithmen für sowas, da sitzen Leute hinter Schreibtischen, die Krebsdiagnosen vertuschen, weil das ihr Job ist.

01:05:13.81
Ariane
Ja.

01:05:27.41
Stefan Sasse
wirklich das sind leute die können noch ein kz betreiben das muss man ganz klar sagen und da hört bei mir alles auf also wirklich da da fühle ich mich

01:05:38.68
Stefan Sasse
als Mensch irgendwie so beleidigt. Weißt du, wie ich meine? Das ist ganz, ganz, ganz, ganz schrecklich an der Stelle, was da abläuft. Aber ich möchte noch einmal zurück zu der Flüchtlingsthematik kommen, weil das unser Abschluss dann auch für heute ist, weil ja diese Entwicklungen in Syrien, die ich im letzten Podcast mit dem Alex Clarkson debattiert habe, falls das noch jemanden interessiert, da ist jetzt das Assad-Regime zusammengebrochen. Innerhalb von Tagen. Und

01:06:06.75
Stefan Sasse
Wir wissen effektiv so gut wie nix. Also hört dem Alex zu im letzten Podcast, der erklärt das auch ganz schön, weil dieser Yolani, der da jetzt quasi der große neue starke Mann in Syrien ist, der ist ja ein ex-Al-Kaida-Typ. Also die Wahrscheinlichkeit, dass die in Syrien vom Regen in die Traufe kommen, ist nicht ganz gering, um es mal milde auszudrücken. Und wir wissen,

01:06:30.64
Stefan Sasse
nichts, wie die Lage in Syrien aussieht. Und der Linnemann und der Spahn und Lauterbach und alle Leute machen irgendwelche riesen Claims, was wir jetzt mit unseren syrischen Flüchtlingen in Deutschland machen sollen. Und wir wissen nichts. Und diese Claims sind alle bekloppt.

01:06:49.77
Stefan Sasse
Der Spahn fordert eine Rückkehrprämie von 1000 Euro pro Nase und möglichst schnell alle in ein Flugzeug setzen. Da ist noch nicht mal irgendeine Regierung, geschweige denn ein Flughafen. Heute hat die israelische Luftwaffe syrische Häfen angegriffen, um Ersatzschiffe zu versenken, einfach damit die Rebellen die nicht haben.

01:07:07.81
Stefan Sasse
Und hat so einen Berg besetzt. Also in Syrien ist noch volle Latte Krieg. Und wir haben keine Ahnung, was da noch weiter passiert. Und die debattieren halt einfach mal drauf, in irgendwelche Flugzeuge, einfach random, irgendwelche Syre reinzusorgen, den 1000 Euro in die Hand zu drücken und dann zu sagen Sayonara.

01:07:23.68
Stefan Sasse
Und auf der anderen Seite, also was einfach nicht geht, was wir wissen, weil wir es jetzt echt oft genug durchdiskutiert haben. Und auf der anderen Seite hast du dann jemand wie Lauterbach, der einen Tweet rausschickt, wo dann auch irgendwie dem sein Teamer wieder nicht schnell genug war, dem Karl da sein Laptop wegzunehmen, wo er dann so schreibt, ja Vorsicht, wir dürfen die jetzt auf gar keinen Fall abschieben, weil wir brauchen ja diese ganzen syrischen Ärzte, sonst bricht ja unsere Gesundheitsversorgung zusammen. Da hat der Frank Lüberding auf Twitter auch nur so einen schönen Kommentar gemacht, weil in Syrien brauchen die keine Ärzte.

01:07:55.60
Stefan Sasse
Erstens ist das eine unglaublich heuchlerische Position, weil die Linken ja eigentlich immer eher so auf der Menschenrechts- und humanitären Geschichte sind, aber wenn unsere Krankenhäuser billige syrische Ärzte brauchen, dann müssen die wohl hinten anstehen.

01:08:12.00
Stefan Sasse
Natürlich auf der anderen Seite, wir wissen ja gar nicht, ob die gehen wollen oder nicht. Also das ist schon wieder, die Syrer, die werden schon wieder als komplette Objekte gehandelt. Man fragt, man sollte vielleicht mal mit denen reden. Wollen die überhaupt zurückkehren? Ich habe keine Ahnung. Können die zurückkehren? Das ist alles völlig unklar. Aber Hauptsache, irgendwelche Forderungen rausgeknallt. Und das als letztes, aus der eher linkeren Aktivisten-Place, also wo wir dann so an der Basis von SPD und vor allem natürlich Grünen sind, da kommen dann jetzt schon diese Warnungen von, auf gar

01:08:41.72
Stefan Sasse
keinen Fall dürfen wir da irgendjemanden jetzt hinbringen, weil die Lage ist ja jetzt sehr unklar und deswegen können auf gar keinen Fall Rückkehrer kommen und eigentlich müssen wir eher mehr Menschen aus Syrien aufnehmen. Leute habt ihr eigentlich den Schuss gehört. Also selbstverständlich wird das dazu führen, dass die Zahl der syrischen Geflüchteten in Deutschland sinken wird.

01:09:06.92
Stefan Sasse
Und das BAMF hat heute verkündet einen kompletten Stopp der Bearbeitung aller syrischen Geflüchteten und Asylanträge. Was auch völlig nachvollziehbar ist. Weil in der Situation gerade, die ist unklar, wir machen einfach gar nichts mehr. Das ist das Sinnvollste, glaube ich, an der Stelle. Aber ich würde mal die Prognose wagen, dass nächstes Jahr die Zahl an Syrern und Syrerinnen in Deutschland ziemlich deutlich runtergehen wird.

01:09:20.86
Ariane
Ja.

01:09:32.11
Stefan Sasse
und dass das als ein Geschenk in Schoß von März fallen wird, der dann verkünden kann, dass seine Abschiebeoffensive diesen Erfolg gebracht hat. Das ist eine Prognose, da bin ich 100% sicher. Egal was passieren wird, März wird sagen, dass sie es waren und dann wird die SPD da stehen und sagen, ja wir übrigens auch, das wird niemand gutieren, aber sie werden es tun. Das ist quasi meine Prognose an der Stelle.

01:09:53.81
Ariane
Ja, also erstmal, ich war ja jetzt auch noch das ganze Wochenende unterwegs und das ist ja alles wirklich innerhalb von zwei Tagen passiert. Ich hab dann echt immer nur so zehn Minuten mal durch und wo ich auch gesagt hab, Alter, ich mein, da fällt das ganze Assad-Regime, was du auch im letzten Podcast, kann ich dir empfehlen, ich hab den Podcast nachgehört mit Alex Clarkson und dir, gesagt hast, wo man gar nicht mehr so damit gerechnet hatte. Man hatte das ja so ein bisschen vergessen, oh, vielleicht gibt's da immer noch ein paar Chorden und so.

01:10:18.86
Ariane
Aber eigentlich war für mich zum Beispiel auch klar, ja, Assad hat das Ding jetzt, das ist durch. Die letzten drei Jahre hat sich erledigt. Wo alles gefallen ist und wo tatsächlich erstmal das Wichtigste ist, kommen jetzt mehr oder weniger Flüchtlinge, wo ich auch schon gedacht habe, Leute, nun wartet doch erstmal. Ich habe auch gesagt, das kann sich ja eine Stadt zu erobern.

01:10:39.50
Ariane
Und ein Land zu führen, sind zwei ganz verschiedene Sachen. Ich habe auch gesagt, das kann, in zwei Monaten kann sich das komplett gedreht haben. Also das können entweder die Milize, die stellen sich super an, die liberale Regierung, yay, es kann auch sein, die machen ein zweites Afghanistan, es kann auch sein, es kommt irgendein anderer Möchtegerngeneral aus dem Bunker und sagt, ich mach das jetzt. Das kann alles sein. Das ist halt, das ist jetzt eine ganz fragile Phase und

01:11:05.40
Ariane
wo ich mich echt ein bisschen aufgeregt hab, weil ah, hab ich absolut keinen Bock auf dieses, ach den Assad kennen wir jedenfalls, ne, vielleicht hätten wir den lieber behalten sollen. Hab ich gesagt, nee, scheiß drauf, hoffentlich ist er ja noch, ist sein Flugzeug noch abgestürzt auf dem Weg nach Moskau. Dass der weg ist, ist erstmal ein Grund zur Freude und mehr weiß man nicht, fertig.

01:11:23.50
Ariane
Und mit den Flüchtlingen A, wir warten jetzt vielleicht einfach mal ein bisschen ab, was passiert, weil man braucht minimum ein paar Monate, es gibt ja überhaupt noch keine Regierung, irgendwelche Milizionäre haben ein paar, ich glaube nicht mal das Gefängnis ist schon komplett befreit, also vielleicht warten wir erstmal, dass sich überhaupt, ich weiß gar nicht, ob sich dieser ex-Al-Qaeda-Mensch, der ja immerhin wohl nicht so ein super Afghanistan-Typ ist,

01:11:45.62
Ariane
hinstellt. Ich weiß gar nicht, ob er sich schon hingestellt hat und sagt, ich bin jetzt der Chef, ich mache das jetzt alles und selbst dann braucht er noch ein paar Mitchefs, um Land zu regieren. Und was das Zweite war, wie gesagt auch dann und ich hoffe, ich weiß gar nicht, ob dieses Gesetz noch durchgekommen ist, was wäre jetzt wirklich ein Problem, wenn wir dieses Gesetz durchgebracht hätten, das allen Flüchtlingen verbietet, ins Ausland zu reisen. Weil ich glaube, wenn ich mir vorstelle, ich wäre das,

01:12:10.93
Ariane
und müsste für ein paar Jahre mein Land verlassen, habe woanders ein bisschen Fuß gesetzt. Ich würde nämlich erstmal da ein paar Wochen hinfahren und gucken, was steht denn da noch? Gibt es die Leute noch, die ich mal kannte? Gibt es mein Häuschen noch? Wer regierte eigentlich? Es ist ja auch nicht so, dass Assad komplett Syrien unter Kontrolle hatte, wo auch keiner weiß. Wie gesagt, Israel hat jetzt ein paar Schiffe.

01:12:31.24
Ariane
versenkt hat, die Höhle angegriffen, die Kurden sitzen da noch, ISIS ist da noch irgendwo an der Ecke, keiner weiß, bleiben die da? Wenn die nämlich von da geflohen sind, wo ISIS gerade noch ist, dann ist das scheißegal, ob Assad gerade noch in Damaskus sitzt oder nicht, das weiß ja auch kein Mensch. Ist ja wirklich hier die Frage von, wo aus Syrien sind die denn?

01:12:48.68
Ariane
Und das wäre ja ganz normal, dass dann erstmal quasi einer hinfliegt, guckt, was steht da noch, kann ich da wieder aufbauen, weil das viele das möchten, glaube ich, unbedingt. Aber ist halt die Frage, steht da ein Haus noch, kennen die die Leute noch, kommen die einfach in so ein zerbombtes Dorf, wo vielleicht irgend so ein lokaler Warlord sitzt, dann überlege ich mir das vielleicht doch nochmal.

01:13:10.60
Ariane
Also das finde ich, ich weiß nicht, das ist wieder diese typisch verrückte deutsche Art. Das ist scheißegal, was der Außenpolitiker probiert. Hauptsache wir schicken erst mal Flüchtlinge von links nach rechts und jeder ist auch noch komplett anderer Meinung.

01:13:25.14
Ariane
Ja, ich finde, das ist erstmal ein Grund zur Freude. Wie gesagt, schön, dass Assad weg ist. Das ist erstmal ein Grund zur Freude, auch wenn man nicht weiß, was kommt. Und ich freue mich, und das ist auch das, was ich wünsche, dass die Flüchtlinge vielleicht jetzt zum ersten Mal seit zehn Jahren ihre eigene Entscheidung treffen können. Ich habe kein Problem, wenn die sagen, hey, ich habe hier Fuß gefasst, vielleicht bleibe ich doch lieber hier oder, wie gesagt, ISIS sitzt noch in meinem Dörfchen.

01:13:50.84
Ariane
Gerne, aber ich freue mich, dass Sie Ihre eigene Entscheidung treffen können, ob Sie das, und ich finde, Ihnen muss die Möglichkeit auch gegeben werden, denn in fünf Jahren kann man ja nochmal drüber reden, aber zumindest ein Jahr lang, dass Sie Ihre eigene Entscheidung treffen dürfen, dass Sie sich Gedanken darüber machen. Ich möchte auch nicht, dass wir die, die jetzt zehn Jahre lang hier waren, 2015 war die große Flüchtlingskrise,

01:14:10.33
Ariane
dass sie auch bitte das etwas Geordnete angehen dürfen, weil das ist ja ein Schritt, selbst wenn die das unbedingt möchten, dass wir die nicht einfach mit 1000 Euro bar auf die Hand in ein Flugzeug setzen, sondern denen die Möglichkeit geben, da vielleicht erst zweimal hinzufliegen. Die arbeiten, viele arbeiten ja ganz normal. 70 Prozent der syrischen Flüchtlinge sind ganz normal in Arbeit. Das sind ja jetzt nicht mehr irgendwelche verlotterte Flüchtlinge barfuß auf dem Weg von Ungarn oder wo sie damals hergekommen sind.

01:14:36.94
Ariane
Also, dass wir denen die Möglichkeit geben, da erst mal ein paar Mal hinzufliegen und wenn sie zurückkommen möchten, das auch geordnet, so gut wie möglich vorbereitet zu tun.

01:14:49.62
Stefan Sasse
vollständig bei dir. Ich finde, du hast gerade zwei sehr gute Punkte noch aufgebracht, die ich einfach noch einmal bestätigen will sozusagen. Das eine ist diese Geschichte von Wegen, die mit dieser Eigenständigkeit sozusagen, dass die ihre eigenen Entscheidungen treffen können.

01:15:05.09
Stefan Sasse
dass die hier ja auch teilweise wirklich schon zu großen Teilen arbeiten und alles. Da fehlt auch schon wieder dieses Undurchdachte. Wir brauchen diese Leute ja. Also gerade die, die arbeiten, würden die jetzt alle plötzlich weg sein. Also könntest du die quasi mit den Fingerschnitten wegfüllen.

01:15:18.90
Ariane
Jetzt sind das plötzlich alles Ärzte.

01:15:21.30
Stefan Sasse
Ja, also nicht nur die Ärzte, sondern ihr von dem, was die meisten von denen sind. Also in irgendwelchen nicht so geilen Jobs, sehr Pflegefachkräfte und hast du nicht gesehen, wo die eben alles ihr Auskommen gefunden haben. Das sind ja, die würden uns nachher fehlen. Das werden die Amerikaner jetzt auch merken unter Trump, dass da plötzlich Leute abgeschoben werden, die sie brauchen. Und der zweite Punkt ist,

01:15:46.20
Stefan Sasse
Und das, was du gesagt hast mit diesem Gesetz, dass diese undurchdachten populistische Kackscheiße, wo auch dieser Punkt von vorher, den du da gemacht hast, von wegen, ihr könnt ja quasi die Parolen raushauen, aber lasst wenigstens die Finger weg von Gesetzen. An der Stelle kann man wirklich hervorragend sehen, welche Konsequenzen das haben kann. Wenn wir das denen jetzt tatsächlich verbieten würden sozusagen, dann würden die alle hier bleiben.

01:16:10.72
Stefan Sasse
Dann würden die eben nicht rübergehen. Also wir werden wahrscheinlich viel mehr Flüchtlinge haben, die Geflüchtete haben, die zurückkehren, dadurch, dass wir die Gesetze nicht gemacht haben, als dadurch, dass wir welche gemacht haben. Und das finde ich schon auch so ein bisschen bedenkenswert an der Stelle.

01:16:30.33
Ariane
Und was auch, wie gesagt, gerade mit dem Gesetz, wo ich dann wirklich gedacht habe, da sieht man mal, auch wohin Vorurteile führen, wo man dann gar nicht an andere Möglichkeiten denkt, weil irgendwie war ja auch diese ganze populistische Kackscheiße immer nur, ach die tun erst so, auch verfolgt und machen dann aber lustig Urlaub oder so und eben gar nicht dieses

01:16:52.70
Ariane
Was ja, ich glaube, was auch jeder tun würde, also oder geht dir das auch so? Ja, wenn du dir überlegst, du müsstest jetzt ein Land von wo du jetzt 20 Jahre nicht warst, wird doch jeder erst mal hinfahren und das untersuchen, oder? Genau. Stimmt so was, der Telefonvertrag?

01:17:04.41
Stefan Sasse
Ja, vermutlich, also ich würde halt zuerst mal rumpfragen, kann ich da überhaupt hin sozusagen, aber das wissen die ja vermutlich schon, weil die sind ja in Kontakt mit irgendwelchen Leuten vor Ort. Das sind wir dann wieder bei den Smartphones, die man ihnen immer wegnehmen wollte.

01:17:18.10
Stefan Sasse
Ja, aber wenn du das hast sozusagen, dann würde ich, glaube ich, da schon auch checken. Ich meine, ich bin jetzt nicht in der Situation, deswegen, ich kann mir nicht vorstellen, nicht wirklich vorstellen, was ich machen würde, wenn ich ein Flüchtling wäre. Das ist jetzt auch ein bisschen vermessen sozusagen. Aber ich halte es, ich finde es zumindest plausibel, dass die das tun würden und dass das Sinn macht in dieser Situation. Ob das wirklich so ist, da komme ich zu meinem Punkt von vorher, wäre halt schön, wenn man mal mit denen reden würde, anstatt immer nur über sie.

01:17:48.10
Stefan Sasse
Das wäre vielleicht schon auch gar nicht mal so schlecht.

01:17:48.76
Ariane
Ja. Und wie gesagt, das sind ja keine Dofis, also nicht mehr als der Durchschnitt, würde ich mal sagen. Also ich finde, es ist da auch vollkommen legitim zu sagen, macht wie ihr meint. In fünf Jahren kann man ja noch mal denken, aber ich finde, man muss sie jetzt weder

01:18:08.47
Ariane
den einreden hier zu bleiben, weil wir dringend Fliegepersonal brauchen noch die mit einem Fußtritt und 1000 Euro nach Hause. Ich glaube, man kann sich auch darauf verlassen, dass die das schon so machen, wie die das denken. Also ich weiß gar nicht, ich finde das sehr übergriffig, irgendwie jetzt über deren Kopf das auch hin und her zu überlegen, weil ich finde, das sind ja eigenständige Menschen.

01:18:31.61
Ariane
die ihre eigene Entscheidung treffen können. Also ich habe da auch keinen Grund, irgendwie zu denken, dass sie das nicht hinbekommen. Besser als ich, wenn ich das jetzt für die entscheiden müsste. Genau. Auf keinen Fall.

01:18:41.29
Stefan Sasse
Die sind nicht unsere Verfügungsmasse. Diese Objektivierung ist schon ein echtes Problem. Bin ich völlig bei dir. Ariane, wie so häufig, ich danke dir fürs Gespräch. Wir konnten jetzt auch klären, du bist nicht modlustig. Das ist gut zu wissen. Sonst hätte ich mir Gedanken machen müssen. Aber das haben wir an der Stelle, glaube ich, hoffentlich ausräumen können. Das war ein sehr spannendes Gespräch. Ich hoffe, dass es für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer

01:19:07.36
Stefan Sasse
Auch interessanter, das war sowieso ein bisschen ein experimentelleres Format. Von daher lasst uns gerne Feedback da. Diskutiert über die verschiedenen Themen, die wir hier gebracht haben. Schaut euch die Sachen an, die wir in den Show Notes verlinkt haben. Und bis zum nächsten Mal. Dankeschön. Ciao.

01:19:22.41
Ariane
Danke auch und gern überall raten und nette Kommentare hinterlassen. Kritik wie immer an Stefan. Für mich nur die Herzchen. Bis bald. Tschüss.