Samstag, 29. Juli 2006

Mogelpackungen

Im Dutzend teurer: Großpackungen zum dreifachen Preis

Abzocke im Supermarkt: Laut einer aktuellen Untersuchung sind Produkte in Großpackungen teilweise bis zu 227 Prozent teurer, als wenn man sie einzeln kaufen würde. Die Galerie stellt zehn Wucherer an den Pranger.
Die Verbraucherzentrale Hamburg hat eine neue Untersuchung zum Thema Preise von Großpackungen veröffentlicht. In einer ähnlichen Studie hatte sie bereits vor einem Jahr zum Erstaunen vieler Verbraucher festgestellt, dass Produkte in Großpackungen nicht selten teurer sind als in der Einzelpackung. Fazit: Es hat sich in der Zwischenzeit nichts geändert.

Gerade preisbewusste Verbraucher und Familien mit großem Bedarf an Lebensmitteln und anderen Haushaltsartikeln tappen somit leicht in die Einkaufsfalle. Wer würde auch schon vermuten, dass Hersteller ihre Waren verteuern, wenn man ihnen mehr davon abnimmt. Ein ebenso einfacher wie dreister Trick, der jeder gängigen Vorstellung fairen Verkaufens widerspricht.

Um sich wirksam davor zu schützen, rät die Verbraucherzentrale ganz genau die Grundpreise innerhalb der Packungsgrößen zu vergleichen. Die stehen im Kleingedruckten am Regal oder auch in den Werbeprospekten. Dort muss der Preis für ein Kilogramm, 100 Gramm, einen Liter, 100 Milliliter oder pro Stück angegeben sein. Um den Preisvergleich jedoch zu erschweren, lassen schlaue Marktmanager die verschiedenen Packungsgrößen häufig an unterschiedlichen Orten im Markt platzieren.

Die Verbraucherzentrale ruft nicht nur Kunden zur Vorsicht beim Kauf von Großpackungen auf, sondern rät auch Einzelhändlern, solche Verkaufstricks nicht einzusetzen. Letztlich schädigen sie dadurch nicht nur ihre Kunden, sondern auch ihren eigenen Ruf.

Die komplette Liste der 55 Testkäufe als PDF-Download sowie eine Galerie der großen Mogelpackungen finden Sie oben verlinkt

Freitag, 28. Juli 2006

Fundstücke

Kaum zu glauben, aber wahr: im Zuge der Gleichberechtigung wurde das erste Männerpissoir geschlossen. Immerhin haben wir Männer dann bald wie die Frauen Warteschlangen an den Toiletten. Na, wenn das mal kein Fortschritt ist.

Im Deutschlandradio hat Astrid von Friesen, früher einmal EMMA-Mitarbeiterin, einen lesenswerten Kommentar zur Erziehungskrise inklusive der Forderung nach Männerquoten gebracht.

"Jeder im Südlibanon ist ein Terrorist" - dass diese Meinung das Denken vieler Israelis leitet, war bekannt, aber dass es nun auch noch öffentlich gemacht wird, ist neu.

Über die Grenzen der Ausgewogenheit - bei der Berichterstattung über den Israelkrieg - berichtet die taz. Aus der gleichen Quelle die Polemik "Und, wo stehen Sie?"

Mit Dank an Arne Hoffmann für die Links.

Über die hervorragende all-inclusive-Berichterstattung der Israelis berichtet der Spiegel, ohne Selbstkritik zwar, aber immerhin von den Fakten her nur wenig verdreht.

Mal wieder ein linker Artikel, dem ich gar nicht zustimmen kann ist dieser hier, der sich um die Frage der Regierungsbeteiligung linker Parteien dreht.

Mittwoch, 26. Juli 2006

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

In der Asylpolitik hält Deutschland wieder einmal einen traurigen Rekord: 0,9% der Asylgesuche werden positiv beantwortet, Abschiebungen finden sogar in hochgefährdete Bereiche statt.

Ein 9/11-kritischer Bericht ist beim WDR "verschwunden" und nicht mehr affindbar, was besonders verwundert, wenn man sich die Begleitumstände ansieht.

Eine neue Forsa-Umfrage ergab, dass die Bürger zwar unzufrieden mit der Arbeit der Großen Koalition sind, aber auch keine Alternative sehen. Spitzenpersonal der Opposition ist kaum bekannt, was aber den Spiegel weniger zur Selbstkritik als vielmehr zur Häme an den Kleinen animiert. Derweil drücken die Flügel der Grünen die Partei auseinander: ein Teil der Partei drückt mit aller Macht nach rechts, während Künast die Koalition mit der Linkspartei ins Spiel bringt, gleichzeitig zurückrudernd und von einer "Notlösung" sprechend. Der Spiegel will aus den Reihen der Linkspartei "Häme" erkannt haben. In einer Zeit-Analyse wird wieder einmal berichtet, dass der CDU die bürgerlichen Wähler wegbrechen. Besonders durch Franz Walter hört man das derzeit oft diese These, jetzt wartet man eigentlich nur auf das Ergebnis.

Groteske Zahlenschiebereien bei der Bundesagentur für Arbeit. Diese rechnet mit einem Jahresplus von rund 6 Milliarden Euro und hat bereits bisher 3,4 Milliarden erwirtschaftet. Die Behörde hatte diesen Betrag 2004 noch als Misse gehabt. Dieses Wunder erklärt sich durch massive Kürzungen am Arbeitslosengeld, die in diesem Artikel auch noch als Gewinn verkauft werden und einer Verlagerung der Kosten an das Ministerium für Arbeit. Das sind Erfolge, die sich sehen lassen können.

Gesundheit:

Die Politik fordert eine Null-Promille-Grenze für Autofahrer, durchgesetzt nun bei Fahranfängern. Dies sei ein "falsches Signal", so der ACE. Ich persönlich mag es.

Das Rauchverbot an Schulen zeigt Wirkung.

Wirtschaft:

Die ersten Euro-Fighter sind angekommen. Welche Geldverschwendung das ist und woran das liegt, steht im Artikel.

Die WTO will einen neuen Forderungskatalog zur Zollsenkung der Entwicklungsländer durchdrücken, scheitert jedoch bisher an Indien und Brasilien.

Politik (Ausland):

Weitere Hiobsbotschaften in Nahost: "schwere Verluste" (9-12 Mann) haben die Israelis hinnehmen müsen, als sie in einer libanesischen Stadt einmarschiert sind. Dass dabei wieder einmal "Extremisten" getötet wurden mag für manche eine gute Nachricht sein, Zivilisten hat es jedoch wieder einmal ebenfalls erwischt, dieses Mal ein kleines Mädchen. Davon einmal ganz abgesehen sind Angriffe auf Krankenhäuser laut Genfer Konvention verboten, aber klar, Israels besondere historische Position lässt über so etwas natürlich locker hinweg sehen. Nach einem tödlichen Angriff auf einen lange bekannten UNO-Posten, bei dem vier UNO-Beobachter getötet worden waren hatte Olmert sich bei Annan entschuldigt und zeigt sich nun "befremdet", dass man ihm Vorwürfe macht. Die Hisbollah künigt indessen eine Ausweitung der Kämpfe an, welche vom Spiegel als "düstere Drohungen" bezeichnet werden. Wie düster diese Drohung angesichts des israelischen Truppenaufmarsches ist, sei einmal dahingestellt. Bei der Aufstellung der auf rund 20.000 Mann geplanten UN-Friedenstruppe schließt der Zentralrat der Juden eine deutsche Beteiligung aufgrund der historischen Rolle Deutschlands aus. Abgesehen davon, dass das dummes Geschwätz ist, kann man über ein Raushalten Deutschlands da nur froh sein, und davon abgesehen wäre der Einsatz für Deutschland ohnehin nicht interessant, muss man doch unter UN-Mandat zumindest rudimentär Menschenrechte beachten. Die Schäden im Libanon beziffern sich mittlerweile auf Milliardenhöhe. Derweil macht Washington Eile mit der neuen Waffenlieferung an Israel über 6,1 Milliarden Dollar, vorrangig Bomben.
Weitere Quellen:
Die Zeit
Die Welt
JungeWelt

Im Kongo sind die Bundeswehrsoldaten zum ersten Mal in eine ernsthafte Demonstration geraten; wider erwarten haben sie aber nicht geschossen.

In Afghanistan wurden wieder 600 "mutmaßliche Extremisten" getötet. Stört eigentlich außer mir noch jemanden diese Bezeichnung?

In den USA verschärft sich die Debatte um die US-Außenpolitik: die wenigen verbliebenen Neocons haben ein übergreifendes Bündnis organisiert, das die Politik als "zu schwach" geißelt, man rede nun, und überhaupt fehlt es am alten "drauf und später Fragen stellen".

Fundstücke

Heftig.

Adenauers Anti-Antifa.

Sonntag, 23. Juli 2006

Fundstücke

fIn einem katastrophalen Essay rechtfertigt Matthias Küntzel den israelischen Angriffskrieg, zu dem es jedes Recht habe. Lesenswert im Hinblick auf Propaganda und Tatsachenverdrehung.

Sehr interessant ist der Spiegel-Bericht über Freital in Sachsen, eine Stadt, deren sozialdemokratische Strukturen von der SED vollkommen zerstört wurden und die bis heute vollkommen am Boden ist.

Laut etwas zweifelhaften Quellen setzt Israel Giftgas gegen den Libanon ein. Eine zeitliche Dokumentation zeigt die israelische Forderung nach einem Atomkrieg gegen den Iran.

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Müntefering belebt die Mindestlohndebatte. Mit der zu erwartenden Routine fahren die Parteien die Geschütze auf: die FDP und andere Wirtschaftler reden von Sozialismus und veraltet, behaupten, dass es nur Jobs kostet. Dass sämtliche westeuropäischen Nachbarn dadurch Jobs gewannen, zählt in der Debatte wohl nicht.

Politik (Ausland):

Die Kritik an der israelischen Kriegsführung wächst. Der stellvertretende UNO-Generalsekretär für humanitäre Hilfe hat sich die Zerstörungen im Libanon angesehen und ist entsetzt. Die Spekulationen über das Waffenarsenal der Hisbollah werden hier kommentiert. Die zu erwartende Bodenoffensive könnte zu schweren Verlusten führen. Mit der üblichen pro-israelischen Rhetorik berichtet der Spiegel dabei über die Vorgänge im Gaza, die derzeit komplett unter den Tisch fallen.

Samstag, 22. Juli 2006

Fundstücke

Zum 30. Todestag Gustav Heinemanns wird an diesen erinnert.

Für die Frage nach gerechter Entlohnung hat uebergebuehr.de einen ZEIT-Artikel vom März online gestellt.

Skandinavien wird nicht nur im Bildungs-, sondern auch im Wirtschaftsbereich gern als Vorbild genannt. Warum das so ist steht hier und hier.

Über den Gegenpol vom Gewerkschaften und Reformen berichtet dieser Text.

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Im Sommer 2007 sollen WASG und Linkspartei.PDS vereinigt werden. Schon jetzt kann das ursprüngliche Ziel des Prozesses als gescheitert angesehen werden, so die Linke Zeitung, die eine vernichtende Kritik abgibt.

Weiterhin machen die Grünen auch nach dem Abgang Joseph Fischers mit der Kriegstreiberei weiter. Ein zynischer Kommentar im Artikel.

Es gibt noch Hoffnung mit der FDP: diese hat ausnahmsweise das liberale wiederentdeckt und kritisiert den Bürgerrechte beschneidenden Kurs in der Bundesregierung. Wenn man die Freiheit endlich einmal wieder allumfassend und nicht nur als Freiheit des Marktes verstehen würde, hülfe das schon einiges.

Die öffentliche Brandmarkung von Arbeitslosen hat in Hessen (wo auch sonst) einmal mehr eine Verschärfung angenommen: so hat die Behörde Briefumschläge mit eindeutigen Formulierungen versehen, die den Status des Empfängers deutlich machen und somit zu Diskriminierung und Ausgrenzung führen. Hessische Datenschützer haben erfolgreich dagegen interveniert.

Sogar Die Zeit lässt sich herab, die größer werdende Armut, natürlich immer fleißig relativierend, zur Kenntnis zu nehmen. Echte Lösungsvorschläge hat sie aber auch nicht.

Das Innenministerium möchte einmal mehr "Leistungsmissbrauch" verhindern. Immerhin, und das sind gänzlich ungewohnte Töne vom rechten Rollstuhlfahrer, könnte man Kinder, die in Deutschland geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen sind nicht einfach "irgendwohin abschieben". Ebenfalls interessant: der Welt-Artikel spricht von "Fremdarbeitern", nutzt also jenes böse, böse Nazi-Wort, das man Lafontaine so sehr anlastete.

Gesundheit&Wirtschaft:


Der Streit um die Stammzellenforschung spaltet die selbst ernannte "zivilisierte Welt". Anette Schavan versucht derzeit ein EU-weites Verbot durchzubringen, während in den USA Bushs Veto gegen die Experimente steht. Doch die Fronten bröckeln: während Schavans Offensive kaum mehr als ein Lippenbekenntnis für den Wähler ist, wird die Stammzellenforschung in den USA Wahlkampfthema.

Politik (Ausland):

Und noch ein Krieg: die Türkei bereitet sich auf einen Einmarsch im Nordirak vor, vornehmlich im Kampf gegen den Terror, in Wahrheit jedoch wohl eher im Kampf zur Einflussnahme auf die dortigen Ölquellen und zur Eindämmung kurdischer Autonomiebewegungen.

Israel wird ein demokratischer Schurkenstaat, behauptet eine italienische Tageszeitung. Hier die Übersetzung des Artikels. Derweil gehen die Planungen für eine Bodenoffensive unvermindert fort; im Libanon sind rund 500.000 Menschen auf der Flucht - und das bei einer Bevölkerung von 4,5 Millionen. In Israel sind die Menschen ebenso in Furcht wie im Libanon, nur müssen sie lange nicht um so viel Angst haben wie ihre Nachbarn. Ein libanesischer Schriftsteller äußert sich, wie der Terror im eigenen Land wahrgenommen wird. Um internationale Kritik, auch von Seiten Annans, schert man sich bisweilen überhaupt nicht. Ungeachtet aller Ereignisse beschließt die EU, ihr Engagement im Nahen Osten zu verstärken. Die absolut menschenverachtende Strategie der Israelis kommentiert Der Spiegel und bezeichnet Auslandseinsätze als fragil.

Ahmadinedschad hat einen weiteren Brief geschrieben, dieses Mal an Merkel. Die Interpretierer sind fleißig am Werk: im Brief wird gesagt, Deutsche und Iraner seien prädestiniert dafür, den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu lösen. Glasklar: hier ist natürlich keine diplomatische Offerte gemeint, sondern es handelt sich um eine Anspielung auf den Holocaust und ist eine Leugnung des Existenzrechts Israels. Unglaublich.

Im Kongo zeigt sich die "politische Neutralität" der kongolesischen Armee ungewohnt deutlich:
"Ja, wir dürfen nicht wählen, aber unsere Frauen dürfen wählen. Außerdem können wir der Bevölkerung sehr gut klarmachen, welche Kandidaten wir uns wünschen." Ein Glück ist die deutsche Armee vor Ort, um die demokratischen Wahlen zusammen mit dieser Truppe zu sichern.

Donnerstag, 20. Juli 2006

Fundstücke

Kaum zu glauben, aber wahr: Während der US-Kongress in weiterhin blind-fanatischem Marktglauben eine Anhebung des Mindestlohns (immerhin haben die so was!), der inflationsbereinigt auf dem Stand von 1955 stagniert, verneint, damit sich die Armen "nicht auf die faule Haut legen", hat man sich selbst unter Verweis auf die hohen Lebenshaltungkosten in Washington eine Gehaltserhöhung um rund 30.000$ gegönnt; und das läuft nun bereits jährlich seit 1997 so. Sogar dem Spiegel ist das inzwischen aufgefallen, und das will einiges heißen.

Und wieder einmal Zentralrat der Juden: wie berichtet hat der Zentralrat Wieczorek-Zeul heftig kritisiert; hier die Originalquelle. Gleichzeitig verbittet sich der Zentralrat "einseitige Kritik an Israel". Die Zeitschrift "Jüdische Stimme" derweil sieht die Sache deutlich differenzierter.

Mittwoch, 19. Juli 2006

Fundstücke

No comment.

Ein Artikel über den "neuen Mann", man kann davon halten, was man will.

Enttäuschende Uni-Politik

Letzten Donnerstag war Vollversammlung des Fachs Geschichte. Aus Berichten anderer Studierenden war klar, dass nicht allzu viele Leute da sein würden (es waren rund 30). Trotzdem - oder gerade deshalb - ging ich hin, weil es ja vielleicht nützliche Informationen geben würde, vielleicht sogar Gelegenheit zu produktiver Mitarbeit. Einige Punkte der Tagesordnung:
Bachelor und Master: die beiden verstümmelnden Studienabschlüsse sollen nun auch noch für das Lehramt eingeführt werden. Wie das aussehen soll, weiß keiner, nur, dass es 2010 kommen muss.
Studentenwahlen: Letzten Monat hatte ich es bereits davon, nun sind die Ergebniss da. Die Wahlbeteiligung liegt bei giganitischen 14,2%, die Fachschaften haben zugunsten der parteinahen Hochschulgruppen weiter an Einfluss verloren. Dies zeigte sich an der folgenden Debatte, in der die fortschreitende Politisierung der Asten diskutiert wurde. Die anwesenden Parteivertreter warfen den Fachschaften Festhalten am Alleinvertretungsanspruch vor und sich gegenseitig altbackene Argumente an den Kopf. Mein Einwand, dass bei einer Wahlbeteiligung von 14,2% solche Äußerungen eigentlich vollkommen daneben seien schien ihnen einem verbalen Tritt gleichzukommen.
Studiengebühren: Im Zuge des Protests wurde das Schloss Hohentübingen besetzt. Hinter dem offiziellen Forderungskatalog der Besetzer, verabschiedet im demokratischen Konsens, steht niemand, aber immerhin verabschiedete man in der Vollversammlung eine Resolution, die sich mit allerhand wortreichen Phrasen um eine Anerkennung der Forderungen drückt und nur den Protest gegen die Studiengebühren unterstützt.

Alles in allem ist bereits hier zu sehen, wie der Einfluss der Parteipolitik vernünftige Dinge im Keim erstickt. Und das sind nur Uni-Hobby-Politiker. Wie es da in Berlin zugeht, will man eigentlich gar nicht mehr so genau wissen.

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Eine kleine Lektion in Sachen Zynsismus gefällig? Kein Problem. Anette Schavan jubelt, dass die Studienkredite eine so hohe Ressonanz fänden und genau in die Marktlücke getroffen hätten. Keine Kunst, hat man diese Marktlücke doch bewusst erst selbst geschaffen, indem man das Bafög kastrierte und durch die Einführung der Studiengebühren einen entsprechenden Druck schaffte.

Wie die Situation mit der Arbeitslosigkeit in Deutschland tatsächlich aussieht, und wie mit dem angeblichen Missbrauch Propaganda gemacht wird, in diesem Artikel.

Der Verfassungsschutz bespitzelt nicht nur die Bürger, sondern auch die Politiker. Bevor man nun in Hähme ausbricht und sich diebisch über das Bild von Spionen im CDU-Vorgarten freut sollte man sich der Tatsache öffnen, dass natürlich nur die Linkspartei überwacht wird, unter anderem Oskar Lafontaine, der nun wirklich niemals Stasi-Spion war.

Nachdem die Regierungen in Deutschland jahrelang Frühverrentung und Verjüngung in deutschen Unternehmen gefördert hatten, wird genau dieser Umstand nun beklagt und soll reformiert werden.

Ganz im Sinne Arne Hoffmanns dürfte die Kritik an der Kritik an Wieczorek-Zeul sein, die die Angriffe Israels auf den Libanon berechtigterweise als "völkerrechtlich völlig inakzeptabel" bezeichnete. Der Zentralrat der Juden, die CDU und die Grünen - also die üblichen Verdächtigen - schossen sofort los, dass dies antiisraelische Bestrebungen seien und man sich israelfeindlicher Klischees bediene. Die SPD hüllt sich in Schwiegen, lediglich ein Abgeordneter stärkte Wieczorek-Zeul den Rücken.

Wie bestellt zur aktuellen Diskussion hier im Blog: Die Frankfurter Rundschau wurde verkauft. Das ist nicht die wirklich beeindruckende Neugigkeit, die liegt vielmehr in dem verlinkten Artikel, der unter anderem berichtet, dass der Käuferverlag ab 1933 die Nazis unterstützte und dann ab 1949 Adenauers Antikommunismus, womit immerhin klar wäre dass nicht nur "linke Wurfblätter" unschöne Feigenblätter zwischen die Beine klemmen.

Gesundheit:

Die Große Koalition will die Krankenkassenbeiträge für viele Jahre festschreiben. Dadurch soll der Wettbewerb unter den Kassen gefördert werden. Im üblichen Zynismus verlautet es aus der CDU, dass es nicht schlecht sei, wenn einmal eine Kasse verschwinde.

Politik (Ausland):

Der G8-Gipfel, den man im Vorfeld bereits als reines Formalitätentreffen abgehakt hatte, hat sich durch den Nahostkrieg zum echten Brennpunkt entwickelt. Tatsächlich hat man eine Resolution verabschiedet, in der die Hisbollah zum Ende der Feindseligkeiten und Israel zur Herausgabe der Gefangenen aufgefordert wird. Interessant ist wiederum die eindeutige Schuldzuschreibung an die "extremistische Hisbollah".

Während israelische Armeeverbände "punktuell" die Grenze überqueren und eine größere Bodenoffensive "nicht ausgeschlossen" wird, bombardiert die israelische Luftwaffe die Innenstadt von Beirut. Angeblich befinden sich dort "Hochburgen" der Hisbollah, doch bisher wurden wohl vor allem Zivilisten und deren Wohnungen getroffen. Neben einer Rückkehr Fischers wird jetzt auch noch ein NATO-Einsatz in Nahost gefordert. Das Flüchtlingsdrama im Libanon weitet sich derweil aus, rund 120.000 Menschen sind auf der Flucht.
Derweil glauben die USA, die Sache durschaut zu haben: der Iran steckt dahinter und versucht, sein Atomprogramm zu verbergen. In den USA erhält das Lager der militanten Kriegsbefürworter mit dem Iran wieder starken Zulauf, unterstützt vom medialen Feuer der Leitmedien nur selten kritisiert. Auch Syrien gerät nun ins Fadenkreuz Israels wie der USA. Dazu passen zahlreiche Großdemonstrationen für Israel in den USA, an denen sich auch die Prominenz beteiligt. Europäische Diplomaten haben bestätigt, dass die USA Israel für eine weitere Woche Rückendeckung geben und jede Kritik blockieren. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Angriffe von Beginn an mit den USA abgesprochen waren und diese beim G8-Gipfel und anderen Gelegenheiten jede Möglichkeit für eine friedliche Lösung blockierten. Durch einen Fauxpas konnte man die wahre Meinung Bushs und Blairs erfahren, die nicht gerade auf eine friedliche Lösung zu drängen scheinen.
In Israel selbst stehen 81% der Bevölkerung hinter dem Krieg, zumindest, solange nur gebombt wird. In Deutschland stellen derweil juristische Experten vielerlei Couleur fest, dass der Krieg Israels völkerrechtswidrig ist. Der israelische Historiker Segev derweil verurteilt den Krieg ebenfalls aus schärfste.

Wieder einmal provoziert der Iran weiter: man werde nur mit der EU, nicht mit den USA reden. Was sich Ahmadinedschad dabei denkt, bleibt schleierhaft.

In Afghanistan verschärft sich die Lage weiter: während Jung bei einem Truppenbesuch mit harscher Kritik der Truppe rechnen muss, wird die Bundeswehr immer häufiger Ziel von Anschlägen. Die Kritik an Jung liegt hauptsächlich bei der herbeigeführten Isolation der Soldaten und der mangelnden Absprache von Ordern mit Bundeswehroffizieren.

Mittwoch, 12. Juli 2006

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Der allgemeine Fußballwahnsinn ist noch nicht zu Ende: nach Sepp Blatter soll auch Jürgen Klinsmann mit dem Bundestverdienstkreuz ausgezeichnet werden. Die deutsche Mannschaft erhält mit dem silbernen Lorbeerblatt die höchste deutsche Sportauszeichnung. Doch im WIndschatten dieses Glamours zeigt sich das Bürgerrechtsdemontiererbündnis Schäuble/Beckstein von seiner hässlichen Seite: gerade WEIL das "auf Prävention angelegte" Konzept hervorragend funktioniert habe, sein eine Ausweitung der Befugnisse des BND dringend notwendig, um das "Notwendige" zur Sicherheit des Landes zu leisten. Besonders geht es dabei um die Frage nach dem Abfragen von Flugdaten. Was die mit dem Erfolg der WM zu tun haben sollen, bleibt schleierhaft. Auch Franz Josef Jung hat mittlerweile endügltig seinen Beitritt zu diesem Bündnis verkündet: er fordert im Weißbuch der Bundeswehr, dass bei terroristischen Angriffen der Verteidigungsfall ausgerufen werden dürfe. Diese gravierende GG-Änderung würde ein deutliches Machtmittel an die Regierenden übertragen, dass niemals in deren Hände gelangen soll und darf. Glücklicherweise regt sich in der Opposition wie der SPD Widerstand. Die Zeit schreibt gerade über die fragwürdige Legitimation dieser neuen Gesetze.

Die Demontage des Sozialstaats geht ununterbrochen weiter: um die ausufernden Kosten für Sozialrechtsfälle bei den Sozialgerichten einzudämmen, die durch die unglaublich fehlerhafte Verwaltung überhaupt erst entstanden ist, soll nun eine Verfahrensaufnahmegebühr erhoben werden. Diese verfolgt das durchsichtige Ziel, die Arbeitslosen vom Prozessieren abzuhalten und willfährig gegenüber den Entscheidungen der Politik zu machen.


Neue schlechte Nachrichten im Streit um die Studiengebühren: Anette Schavan, die sich schon als Kultusministerin von BW durch beispiellose Inkompetenz auszeichnen durfte, bezeichnet Studiengebühren als absolut überfällig und zeitgemäß. Wie immer bedienen ausgerechnet die neoliberalen CDU-Abgeordneten ihre Nasen und schwadronieren von sozialer Gerechtigkeit, wenn es an den Kahlschlag von sozialen Leistungen geht. Der ekelerregende Gestank umweht bereits jeden.

Der Bush-Besuch in Stralsund nimmt konkretere Formen an: 500 Polizisten mehr als geplant sind im Einsatz, nicht einmal das Jüdische Museum in Berlin hat soviel Sicherheitsmaßnahmen.

D
ie Umfragewerte der Großen Koalition wie der Union sind im Jahrestief angelangt. Über die Hälfte der Bürger entziehen der Großen Koalition demnach ihr Vertrauen. Die CDU/CSU würden derzeit nur 31% der Bürger wählen.

Die neue Umfrage des EU-Politbarometers ergibt katastrophale Nachrichten für Deutschland: niemand weiß so wenig über die EU wie die Deutsche, hier besonders die Ostdeutschen. Während diese aber immerhin noch wegen des "Hineinschlitterns" durch die deutsche Einigung entschuldbar sind, gibt es für den Westen mit rund 50 Jahren Erfahrung keine Entschuldigung. Überraschend: junge Ostdeutsche sind sehr optimistisch, was ihre Zukunft anbelangt.


Wirtschaft:


Bei Bosch werden voraussichtlich rund 2500 Stellen abgebaut. Dies hängt vordergründig vor allem mit dem Auslaufen von zwei Aufträgen durch VW zusammen. Da Standortvergleiche gerade schwer in Mode sind und Feuerbach wenig Chancen hat, beim Preisdumping zu gewinnen sieht die Zukunft düster aus.

Politik (Ausland):


Eine Analyse der derzeitigen polnischen Politik liefert der Spiegel wie auch die jungeWelt. Diese beruft sich vor allem auf die wechselvolle Geschichte des Landes und die Wurzeln der Deutschfeindlichkeit in derselben. Interessant ist dabei vor allem die Gläubigkeit des Volkes in die EU, die gepaart mit deren tiefer Ablehnung durch die Machthaber ein äußerst groteskes Bild ergibt.

Nun führt Israel auch noch Krieg gegen den Libanon. Nachdem die Hisbollah zwei israelische Soldaten entführt hat, wurde das altbewährt-nutzlose Konzept des Bombardierens und Einmarschierens nun auch auf dieses Land ausgeweitet. An einer ernsthaften Deeskalation scheint Israel genausowenig interessiert zu sein wie der Libanon oder irgendein anderes Land in der Region. Was allerdings die Araber gegen das hoch technisierte und mit bedingungsloser Rückendeckung der selbst ernannten zivilisierten Welt ausgestattete Israel erreichen will, verstehe ich nach wie vor nicht.

Im Irak wird der Krieg auch gegen Oppositionelle geführt: sowohl die örtlichen Milizen als auch die US-Soldaten foltern und töten Oppositionelle, um den Widerstand zu brechen.

Eine Einigung mit dem Iran ist "überraschenderweise" wieder in weiter Ferne gerückt. Während die westlichen Mächte dessen mangelnde Flexibilität beweinen, wirft der Iran dem EU-Botschafter Javier Solana vor, nicht alle Fragen beantwortet zu haben. Die Antwort der EU: wenn das richtig ist, dann liegt das daran, dass nicht genug Fragen gestellt wurden. Währendessen schwingt Schäuble sich wieder zum Wetlrichter auf und spuckt Gift und Galle Richtung Ahmadinedschad, der "eine Schande für ein so wunderbares Land wie den Iran" sei und, wäre er kein Staatsoberhaupt, bei seinem Besuch in Deutschland "sofort verhaftet" werden würde.

Neue Gewaltspirale in Afghanistan: die deutschen Soldaten sollen nun auch wegen der Anschläge der letzten Zeit die Möglichkeit bekommen, präventiv zu schießen. Wie allerdings dadurch die Gewalt eingedämmt werden soll, bleibt schleierhaft, denn dass es zu Todesschüssen auf Unschuldige kommen wird ist so sicher wie das Amen in der Kirche - und diese provozieren, das lehrt die Erfahrung nun wahrlich oft genug, erst Recht Anschlagsserien.

Ein Novum: die USA erkennen die Genfer Konvention für die Gefangenen des "Kriegs gegen den Terror" an und verkünden gleichzeitig glattzüngig, daraus würde sich für sie keine große Änderung ergeben, da man Gefangene schon immer menschlich und nach diesen Grundsätzen behandelt habe. Gleichzeitig wurde bekannt, dass nicht nur 450 Gefangene in Guantanamo, sondern insgesamt rund 1000 Gefangene in aller Welt in solchen Geheimgefängnissen darben.
Gleichzeitig jedoch wollen sie ausgerechnet Craddock zum Chef der NATO ernennen, der bisher vor allem durch die Deckung und Verschärfung des Guantanamo-Terrors negativ auffiel.

Ambivalente Lage in Seoul: Derzeit wird in Südkorea über ein neues Freihandelsabkommen verhandelt, gegen das weite Teile der Bevölkerung wie auch Teile der Regierung protestieren, den USA jedoch gute Vorteile bringen würde.

Dienstag, 11. Juli 2006

Fundstücke

1) Ein Artikel, der auf den Zusammenhang zwischen Medien und Krieg während des Kosovokriegs 1999 eingeht.
2) Ein Artikel, der die Vorgeschichte des aktuellen Krieges in Israel beleuchtet.

Nachrichten des Tages

Vor den Nachrichten eine Meldung in eigener Sache: ab sofort werden wichtige Nachrichten farblich markiert, um sie von kleineren abzuheben. Richtige Schlagzeilen möchte ich nicht machen, ebensowenig eine absteigende Priorität.

Politik (Inland):

Das Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz, Verzeihung, Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz ist schon so gut wie beschlossen. Darin erhalten die Geheimdienste BND und MAD neben einer Verlängerung der bisherigen Regeln um fünf Jahre weitreichende Befugnisse, die dabei von Gummiparagraphen kaum umrissen werden.

Die SPD hat eine neue Leitlinie zur Ausländerintegration veröffentlicht, die sich dem Tenor nach von der grünen Multikultigesellschaft auf der einen und dem rechten Ausschließungsverfahren auf der anderen Seite abgrenzen will. Man kann von diesem ungemein klar umrissenen Programm erwarten, was man will, immerhin die derzeit sehr salonfähige Forderung nach Deutschkenntnissen ist enthalten. Interessant ist die Welt-Defintion eines guten Ausländers: er schafft Arbeitsplätze.

Die Sicherheitsmaßnahmen für den Bushbesuch in Stralsund nehmen immer groteskere Formen an: während das Hotel durch Pioniere mit Minenverhau und Stacheldraht in eine Hochsicherheitszone verwandelt wird, werden 2200 Gullydeckel zugeschweißt.

Trotz anhaltender Studentenproteste verkündet die CDU absolute Härte bei der Durchsetzung des Studiengebührengesetzes in Hessen. Die Asta der TU Darmstadt hat indessen Strafanzeige gegen Roland Koch eingereicht - wegen Verfassungsbruch.

Gesundheit:

Gute Nachrichten: 120 Abgeordnete stehen mittlerweile hinter dem allgemeinen Rauchverbot. Derzeit wird auch ein Verbot von Zigarettenautomaten diskutiert.

Politik (Ausland):

In beispiellosem Zynismus fordert Israel die Vernichtung der Hamas. Nicht nur, dass man frank und frei zugibt, nur mit einer genehmen Regierung verhandeln zu wollen, nein, auch die Motive der Hamas selbst werden im Sinne Israels uminterpretiert.

Über 5500 amerikanische Soldaten sind mittlerweile allein im Irak-Krieg fahnenflüchtig, so der Spiegel, der hier die Geschichte eines von ihnen dokumentiert. Über 200 haben in Kanada Zuflucht gefunden.

Großbritannien schickt 900 weitere Soldaten nach Afghanistan, um auf die gestiegene Bedrohungslage zu reagieren. Wirklich interessant an dem Artikel ist jedoch die Einführung, in der berichtet wird, dass wieder dutzende mutmaßliche Talibankämpfer getötet wurden. Man fragt sich, wer alles "mutmaßlicher Talibankämpfer" ist - alles, was auf zwei Beinen geht?
Gleichzeitig häufen sich die Anschläge auf die ausländischen Truppen, und, ein Novum, auch auf deutsche Soldaten. Die Bundeswehr reagiert darauf, indem sie sich weiter eingräbt.

Weiterhin scharfe Töne im Streit um Nordkorea: in einem wie üblich stark parteiischen Artikel berichtet der Spiegel über Vorwürfe Nordkoreas, die USA würden Kriegstreiberei betreiben und stellt als lächerlich dar, dass Nordkorea den USA Kriegsübungen in Hawai vorwirft. Auch eine Art, schwarz und weiß zu trennen.
Während Japan seine Drohungen von einem Präventivschlag wiederholt, fordern die USA eine Rückkehr zu den Sechs-Mächte-Gesprächen. Der Zynismus, Nordkoreas Raketentests als eine Bedrohung des Weltfriedens darszustellen, während die westlichen Staaten in Afrika, Asien und Europa Militäreinsätze am Laufen haben ist kaum noch zu übertreffen.

Sonntag, 9. Juli 2006

Fundstücke

"Der Markt ist Gott geworden", so der Titel eines Essays im Spiegel. Und damit hat er wahrlich nicht unrecht, denn diese gar nicht so unorthodoxe Argumentation erklärt viele Probleme, mit denen die westliche Welt gerade ringt.

Die Welt hat einen blendenen Artikel über Merkels und Köhlers vollkommen überflüssigen Spielfeldbesuch nach dem Italienspiel im Halbfinale geschrieben, in dem die Bedeutung dieses gar nicht zu überschätzenden Gestus analysiert wird.

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Erneut ist der Parteibildungsprozess zwischen Linkspartei.PDS und WASG von Entmachtungsversuchen überschattet. Zugunsten der Parteispitze soll die Basis zurückstecken. Was die Neue Linke frappant von den anderen Parteien unterschied - Demokratie - soll nun eingeebnet werden. Daumen runter.

Die Große Koalition hat 100 Millionen Euro für die Rüstungsforschung spendiert, Zielpunkte: Flüchtlingsabwehr an den EU-Grenzen und Polizeiausrüstung, natürlich beides unter dem Stichwort "Terrorabwehr".

Katastrophale Nachrichten für eine Demontage der Demokratie und Freiheitsrechte im großen Stil: die Große Koalition plant ein Gesetz, nachdem Kritik an Politikern strafbar werden könnte.

"Ich bin der Chef! Basta!" Wer könnte das gesagt haben? Wer jetzt spontan "Schröder!" ruft, liegt falsch, denn die Worte stammen von Angela Merkel. Die hat nun nämlich die Hierarchie gerade gerückt und schwadroniert wieder einmal vom Wählerauftrag, den sie angeblich erhalten habe. Nicht ganz so öffentlich gemachte Äußerungen verraten allerdings das Gegenteil.

Hurra, Hurra, eine neue Reform ist da! Dieses Mal handelt es sich um eine Abschaffung der Erbschaftssteuer für Betriebserben. Die SPD hat eine vage Zusage durchsetzen können, dass dieser Erlass an Arbeitsplatzerhalt gebunden sei, was die CDU prompt geißelt.

Wer wissen will, wie man demokraitsche Entscheidungen auch auf kleiner Ebene umgeht, sollte derzeit nach Hessen blicken. Obwohl die Proteste ungewöhnlich lange anhalten und nur noch mit massiver Polizeirepression unter Kontrolle gehalten werden können, die SPD, Junge Union, FDP und Jusos sowie die Linkspartei und WASG und die meisten Unisenate auf Seiten der Studenten sind, drückt Roland Koch nur aufs Tempo: in einer Woche soll das Gesetz durch den Landtag gepeitscht werden. In Mecklenburg-Vorpommern ist man derweil in gereizter Stimmung: 20 Millionen Euro hat der Bush-Besuch gekostet. Immerhin, man sei ein "demokratisches und tolerantes Land". Was das bedeutet, wird einen Satz später erklärt: jeder Staatschef eines demokratischen Landes sei willkommen. Na, das ist mal tolerant. Hier noch ein Bericht, wie die Sicherheit organisiert war. Derweil gerät ein totalitäres Polizeikonzept in Schleswig-Holstein zunehmend in die Kritk. Leider jedoch ist Polizeirepression nicht auf Schleswig-Holstein beschränkt: ein Bericht der jungenWelt zeigt, wie der Staat via Polizei illegal ihm nicht genehme Demonstrationen und Kundgebungen anderer Art zu unterbinden weiß.

In Hamburg wurde ein mutmaßlicher Al-Kaida-Anhänger festgenommen. Für Schäuble wieder ein willkommener Anlass, nach Bundeswehr im Inneren zu rufen.

Nachdem die Föderalismusreform unter Dach und Fach ist, macht man sich bereits bereit, die Neuordnung der Finanzen von Bund und Ländern anzugehen. Dabei soll, wie eilfertig von allen Seiten versichert wird, das Solidaritätsprinzip nicht in Frage gestellt und ein gnadenloser Wettbewerbsföderalismus verhindert werden, Bayern und Hessen haben jedoch bereits klar gemacht, weniger bezahlen zu wollen. Dabei waren im Bundesrat auch noch einige weitere Gesetze schnell noch vor dem WM-Finale beschlossen worden, die neben dem EU-Haftbefehl auch wesentlich verstärktere Sanktionen gegen Langzeitarbeitslose im Falle deren Einforderung der Menschenwürde vorsieht.

Eine blendende Analyse des Abfalls des neuen Bürgertums von der CDU liefert Franz Walter. Die traditonellen Seilschaften und Ortstrukturen der CDU, in denen die Forderung nach Flexibilität nur rhetorisch nach unten weitergereicht wird, kann damit nicht mehr mithalten. Das eigentlich anvisierte Klientel verlagert sich in Richtung FDP.

Immer mehr deutsche Soldaten kehren von Auslandseinsätzen traumatisiert zurück, Tendenz stark steigend bei großer Dunkelziffer.

Neues im Kopftuchstreit: das Stuttgarter Verwaltunsgericht hat das erste Urteil abgewiesen, die zum Islam konvertierte Lehrerin darf auch weiterhin ein Kopftuch tragen. Gegen dieses Urteil machen derzeit viele Leitmedien scharf, so auch der Radiosender SWR1. Hier wurde eine vermeintlich objektive Analyse von einem Experten abgegeben, der "im Interesse der Sicherheit unserer Kinder" unglücklich über das Urteil ist, denn: "wer weiß, welche bösen Gedanken unter dem Kopftuch ausgebrütet werden".

"Von Beruf Stimmungskiller" heißt es im Spiegel über einige WM-Spaßverderber. Ausnahmsweise sind es nicht die Linken, die hier dem Partypatriotismus einen Strich durch die Rechnung machen, sondern vielmehr irgendwelche Prominenten von Gottschalk über Jauch hin zu Merkel sowie natürlich die Wirtschaftsbosse. In irgendwelchen Sonderreihen sitzend lassen sie das Spiel über sich ergehen und nehmen interessierten Leuten den Platz weg.

Gesundheit:

Eine verblüffende Studie wurde in Frankfurt durchgeführt: durch kontrollierte Vergabe kleiner Heroindosen machte die Behandlung von schwer Süchtigen deutliche Fortschritte. Weniger verblüffend ist die Reaktion der Union, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema kategorisch ausschließt. Da die 30-Millionen-Euro-Studie im Juni ausgelaufen ist und man die Patienten aus Menschenfreundlichkeit (ein Begriff, welcher der Union bekanntlich fremd ist) nicht auf die Straße setzen will, führen die Kliniken ihn auf eigene Kosten fort.

Wirtschaft:

Die Zeit schreibt in einem großen Artikel von der Steuerflucht der Unternehmen und stellt die beinahe ketzerische Frage, ob man nicht etwas dagegen tun könne.

Der Ladenschluss fällt, vorerst höchstwahrscheinlich in BW und Berlin. Wie die neuen Ladenschlussgesetze Druck auf Angestellte ausüben, hier in einem erschütternden Beispiel.

Zu den großen Gewinner der WM zählt auch die Telekom. Bei der werden dafür im Ausgleich für die 350 Millionen Mehreinnahmen die Arbeitsbedingungen immer miserabler. Während bei der EU über eine Zerschlagung des Monopolisten nachgedacht wird - die hoffentlich nicht in die Tat umgesetzt wird - , bereiten sich die Mitarbeiter auf den vom Managment provozierten Arbeitskampf vor.

Nun kommt auch eine Steuer auf den Biodiesel: die Förderung für alternative Energiequellen wird programmgemäß abgebaut.

Politik (Ausland):

London hat beschlossenen, einen Hacker an die USA auszuliefern, der in deren Rechner eingebrochen war. Was ihn dort erwartet (70 Jahre Haft und 1,75 Millionen Dollar Strafe) ist abzusehen.
Wie die Bürgerrechte in Großbritannien in den letzten 9 Jahren unter der Labourregierung Blair vernichtet wurden, ist in diesem erschreckenden Artikel zu lesen.

Neue Geschmacksverirrungen aus der Rechten in Polen: der Präsident verglich auf der offiziellen Ministeriums-HP die taz mit dem Stürmer. Der Grund dafür war ein stairisches Porträt, in dem wohl auch seine Mutter eingebaut war. Seine Teilnahme an einem Dreiergipfel mit Frankreich und Deutschland hat er aber nur wegen einer "gesundheitlichen Unpässlichkeit" abgesagt, behauptet er. Dazu kommen innenpolitische Probleme, die den Staat lähmen.
Immerhin kann man nicht behaupten, dass Polen nicht von seinen westlichen Vorbildern lernen würde: um den saisonalen Arbeitskräftemangel bei der Ernte zu beheben, heuert man Hilfskräfte aus dem Osten an, anstatt den erbärmlichen Lohn so aufzustocken, dass es sich für Polen lohnt, dort zu arbeiten - die gehen gerade nämlich lieber nach Deutschland.

So sehen Neoliberale aus: Wieder einmal wurde der ehemalige italienische Regierungschef Berlusconi angeklagt, vor allem wegen Steuerhinterziehung und gefälschter Bilanzen. Dabei muss er sich dieses Mal tatsächlich vor Gericht verantworten, und die Chancen, dass er sich wie früher einfach aus der Affäre ziehen kann, sinken stark.

Nach der Abspaltung durch Refenderum Montenegros von Serbien zeigt sich, dass wie erwartet viel Schindluder am Werke war. So versprach man Häftlingen eine Amnesie, wenn sie für die Sezession stimmten und verweigert ihnen nun diese. Dass um deren Stimmen ging, macht die Sache ebenso pikant wie ihr begonnener Hungerstreik.

Immer noch nichts Neues im Gaza: während die deutschen Medien israelische Rechtsverstöße weiter decken, sterben Kinder im Raketenhagel. Beeindruckend erweist sich im Aufstellen von Zerrspiegeln dabei der Spiegel, wenn er feststellt, dass die Israelis die Offensive fortführen, da "diplomatische Bemühungen nicht fruchten", während einen Satz weiter die harte Einstellung Israels unterstützt wird, keine Verhandlungen zu führen. Ebenfalls aus dem gleichen Artikel: "Trotz der israelischen Offensive schossen Palästinenser erneut Raketen vom Norden des Gazastreifens auf israelisches Gebiet." Ach nein.
In einem aufrüttelnden und erstaunlich ideologiefreien Artikel der jungenWelt wird der ganze Konflikt anahnd von Expertenaussagen noch einmal thematisiert und analysiert. Überaus lesenswert!
Die deutsche Regierung hat sich zu ersten verbalen Verurteilungen des Konflikts herabgelassen. Wie hohl diese Phrasen sind zeigt sich daran, dass zeitgleich Waffen an Israel geliefert wurden, so mit 330 Millionen Euro subventionierte U-Boote, die nach einer Umrüstung auch Nuklearsprengköpfe tragen könnten.
Nur am Rande wichtig ist dabei, dass Israel das Training der palästinensischen Nationmannschaft verhindert hat.

In Ägypten demontiert man gerade lustig die Pressefreiheit, in dem man Angriffe auf den Präsidenten und generell Korruptionsvorwürde unter Strafe stellt.

Im Irak haben sich die Amerikaner erstmals für begangene Verbrechen entschuldigt. Angst brauchen sie trotz Kritik durch Iraks Premier nicht zu haben, schließlich haben sie vorsorglich die Immunität der US-Soldaten in die irakische Verfassung aufnehmen lassen.

"Der irrlichternde Präsident" wird Ahmadinedschad in einem Artikel des Spiegels genannt, der noch einmal scharf macht gegen den Iran in diesen Tagen, als das öffentliche Interesse zu erlahmen droht und eine angebrachte laissez-faire-Einstellung einzureißen droht. Dass die Vorwürfe gegen den Iran gerade deswegen so aberwitzig sind, weil genau die ihm vorgeworfenen "Verbrechen" vom Westen bereits seit Jahrzehnten praktiziert werden, geht in dem Getöse beinahe unter.

Die FDP mokiert über den Afghanistaneinsatz: die deutschen Soldaten seien nicht mehr sicher; dadurch, dass man nur noch in gepanzerten Fahrzeugen losfährt geht der Kontakt mit der Bevölkerung verloren und bald wird man deutsche Soldaten nicht mehr positiv sehen. Alles eigentlich offensichtlich, doch Konsequenzen gezogen werden natürlich nicht.

Heute ist die deutsche Bundeswehrtruppe Richtung Kongo ausgerückt. Die einen behaupten, Weihnachten seien alle wieder zu Hause, die anderen, man könne eigentlich gar nichts sagen, die dritten, dass man es auf eine langfristige Strategie anlege und die vierten, dass man dem Kongo bereits militärische Hilfe auch für die Folgezeit zugesagt habe und ein 90-Millionen-Euro-Programm (jährlich!) stelle. Im Kongo selbst nimmt die Ablehnung bereits jetzt immer mehr zu. Die Grünen versuchen derweil, Aufklärung über Ziele bei der Ausbeutung kongolesischer Rohstoffe zu erhalten.

Packen wir einmal eben die Ironie aus: Verblüffenderweise hat niemand harte Sanktionen gegenüber Indien angedrohnt, das gerade einen erfolgreichen Raketentest für Atomwaffen durchgeführt hat und nachweislich funktionsfähige Atomwaffen besitzt. Stattdessen feiert der Spiegel das "gestiegene Drohpotenzial" Indiens. Am Ende des Artikels steht die Information, dass Indien derzeit mit China um die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt streite. Na dann ist ja alles in Ordnung.
Gleichzeitig "weiß die internationale Gemeinschaft nicht, wie sie reagieren soll", was Nordkoreas Tests angeht, so der Spiegel. Vielleicht so wie in Indien auch?
Japan jedenfalls hat seine Antwort gefunden und droht unter Einbezug eines Verfasungsbruchs glattzüngig einen militärischen Erstschlag. Das gesamte Vokabular Asos hat man dieser Tage schon häufig genug gehört; erfrischend wirken da die scharfen Mäßigungsrufe aus Südkorea.
Eine etwas fragwürdige Analyse der jungenWelt beschäftigt sich mit der Frage, ob Nordkorea als Katalysator dienen könnte, Russland wieder zu einem eigenen Machtfaktor aufsteigen zu lassen.

Die Amerikaner haben immer größere Probleme mit dem Rechtsradikalismus innerhalb der Armee. Die wegen des Rekrutenmangels stark gelockerten Bestimmungen werden von den Rechten massenweise benutzt, um eine hevorragende Ausbildung an der Waffe zu bekommen.

Mittwoch, 5. Juli 2006

Gefälliges Neoliberales Gedankengut

Ja sieh mal einer an, da gibt es doch tatsächlich eine neoliberale Idee, die mir richtig gut gefällt, und dann ist die auch noch von meinem besonderen Freund Milton Friedman, äh, Milton Friedman. Dabei handelt es sich um die so genannte Negative Einkommenssteuer.
Diese besagt im Groben (Details siehe Link), dass ein bestimmter Einkommenssteuerbetrag erhoben wird, der nicht direkt von irgendwelchem Erwerb abhängig ist, sondern auf der immer gleichen Formel beruht. Wer viel verdient, gibt dementsprechend mehr ab als jemand, der wenig verdient, und, der Clou, wer unter einer bestimmten Grenze verdient, also eine negative Einkommenssteuer hat, bekommt die Differenz ohne jegliche Prüfung vom Staat überwiesen. Damit ist die Negative Einkommenssteuer das amerikanische Pendant von der hiesigen Idee des Bürgergelds. Warum aber gerade diese brauchbarste Idee des gesamten neoliberalen Konzepts nie aus der Schublade herausgeholt wird, das weiß Qwertzxx allein.

Dienstag, 4. Juli 2006

Neues aus dem Zentralrat der Juden

Es ist schon immer wieder verblüffend, wie sehr sich der Zentralrat der Juden erblöden kann. Hier gleich zwei wundersame Beispiele:

Nachdem die FDP aus irgendeinem Grund auf den Trichter kam, eine verstärkte Fokussierung des Geschichtsunterrichts und der Lehrerausbildung auf den Holocaust zu fordern, einschließlich verpflichtender (!) KZ-Gedenkstättenbesuche, setzte Knobloch gleich noch eins drauf. Sie forderte ein bundesweites Fach "Nationalsozialismus", da ja in den deutschen Schulen nicht genug auf dieses Thema eingegangen werde. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber den Nationalsozialismus und den Holocaust hat man in der Schule bis zum Erbrechen behandelt. Vielleicht nicht in Geschichte, aber dafür in Deutsch, Religion, Gemeinschaftskunde, Ethik, und was der Möglichkeiten mehr waren. Das mangelnde Fachwissen sowohl von FDP als auch von Knobloch ist frappant.

Gleichzeitig gibt Knobloch auch noch ihren vollkommen unangebrachten Senf zur Patriotismusdebatte hinzu. Ausgerechnet der Zentralrat der Juden, der sich aus derartigen Fragen bisher tunlichst herausgehalten hat, mischt sich nun in solche Belange ein. Der politische Opportunismus dieses Wildern in fremden Revieren ist geradezu ekelhaft. Unisono fällt Knobloch in den Chor der GEW-Verächter ein, gibt ungefragt Unbedenklichkeitsbescheinigungen für Fähnchenschwenkende Fußballfans aus und mahnt die richtige Balance an, während sie danach die gramgebeugte Kummermiene aufsetzt und auf rechtsextreme Umtriebe in Sachsen verweist.

Fundstücke

Ein Hintergrundbericht über die Geschichte der Philippinen in den letzten 60 Jahren mit deutlicher Referenz auf ihre aktuelle Rolle in der "Terrorbekämpfung".

Als 1947 das Grundgesetz geschaffen wurde, weigerte sich die KPD zu unterschreiben:
»Wir unterschreiben nicht«, hatte der damalige KPD-Vorsitzende Max Reimann 1947 im Parlamentarischen Rat gesagt, der die Nachkriegsverfassung der BRD beschloß. »Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die es angenommen haben.«

Angela Merkel hat entgegen meinem bisherigen Wissensstand doch tatsächlich einmal eine Wahl gewonnen, nämlich die um die Erststimmen 1990.

Nachrichten des Tages

Nachdem der Blog wegen Krankheit die letzten Tage stillgelegt war, geht es jetzt wieder weiter.

Politik (Inland):


Neue Proteste gegen Studiengebühren und Kindergeldkürzungen in Baden-Württemberg. Besonders in Wiesbaden wurde dabei wieder exzessiv Polizeigewalt angewandt.

Still und heimlich wird an den Grundrechten herumdemontiert: Die große Koalition hat ein weiteres Paket verabschiedet, das den Vergleich zum Patriot Act nicht zu scheuen braucht. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung wird dabei an den bisherigen Rechten abgebaut, was möglich ist.

Die derzeitige Hysterie mit Fußball und Gesetzen erfasst auch die Wirtschaftsforscher. Diese überschlagen sich vor Zustimmung mit der Bundesregierung und geben massenweise falsche, aber politisch opportune Stimmungsbilder ab.

Noch verspätet ein Meinungsbild der jungenWelt zur Föderalismusreform. Dazu ein Interview mit Petra Pau. Ebenfalls passend ist ein Interview mit einem Kölner Soziologen, der auf die soziale Schieflage des neuen Elterngeldes hinweist.

Franz Walter schreibt in einem Essay über die Folgen der Großen Koalition für die Parlamentskultur und das Selbstverständnis der Abgeordneten.

Wer braucht die Große Koalition? Diese Frage stellt sich der Spiegel, irgendwo auch zu Recht.

Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit wird wieder einmal beschränkt: beim Bush-Besuch sind Demonstrationen untersagt.

Die Landesregierung von NRW hat einen 20-Punkte-Plan zur Integration vorgelegt. Die Meinungen sind geteilt, es geht jedoch wohl zumindest in die richtige Richtung, besonders, weil es sich um das erste derartige Papier mit konkreten Ansätzen handelt.

Was weitere Bundeswehrauslandseinsätze anbelangt (beispielsweise den im Sudan), gibt man sich glücklicherweise zurückhaltender, da das allgemeine Meinungsbild dem ganzen ebenso glücklicherweise doch stark widerspricht. Jung allerdings will davon wenig wissen: wo die EU-Battlegroup ist, da sei auch die Bundeswehr.

Der Mitgliederschwund ist gestoppt, erstmals treten verstärkt jüngerer Menschen in die Parteien ein. Ob allerdings eine Trendwende erkennbar ist, vermag auch der Artikel nicht zu klären.

Medialisierung der Politik, so mahnt Die Zeit an, wurde vor allem durch Sabine Christiansen betrieben. Nun, mit Günther Jauch als neuem Talkmaster, würde sie endgültig zur flachen Show. Soweit nichts Neues, nur besticht der Artikel durch die Analyse, dass es der Zuschauer resp. Bürger ist, der diesen Trend will. Ein weiterer Artikel über Jauch selbst findet sich hier.

Die Fußballhysterie wird immer absurder: nur halb scherzhaft fordert Die Zeit eine Steuerprämie für Fußballfans und stellt wieder einmal jene ins verbale Abseits, die sich dem allgemeinen Fußballwahn nicht anschließen wollen. Es ist wahrlich nicht so, dass ich etwas gegen Fußball oder wie WM allgemein hätte, aber dieses Gesinnungsschießen nimmt derzeit doch stark überhand. Dieser Trend wird von der jungenWelt kritisiert. Eine soziologische Untersuchung im Zusammenhang mit dem Film "Der Untergang" kam zu überraschenden Ergebnissen. Stark geifernd wendet sich die jungeWelt nun sehr radikal zu Wort.

Gesundheit:

Trotz nur minimaler Zugeständnisse an die Kritiker wittert die Genlobby Verrat Horst Seehofers: dieser habe mit den neuen Gesetzen ihre Erwartungen nicht erfüllt, sondern bringe eher die Verbraucher gegen sie auf, die gleichzeitig eine Absenkung gewisser Mindestwerte fordern. So was aber auch! Wie kann er es wagen!

Verdi lernt aus dem Ärztestreik: möglicherweise geht es in der nächsten Runde statt um die Ärzte um die Pfleger.

Einer der echauffiertesten Kritiker der Gesundheitsreform ist derzeit Westerwelle. Sachliche Kommentare hat er eigentlich nicht anzubringen, dafür spielt er altbekannte liberale Schlagworte ab: gegen sozialistische Umverteilungspolitik, gegen überhaupt alles, für die Freiheit, macht Neuwahlen, die Koalition schadet Deutschland, etc. pp. Sogar Massendemonstrationen sieht Westerwelle, wäre da nicht die WM. Wie gut, dass das nie auf den Prüfstand muss. Für die Grünen ist der Kompromiss eine Krankheit. Auch in der Linken regt sich der Unmut, inbesondere über einen weiteren Schritt auf dem Weg der Umverteilung von unten nach oben. Auch in der Politik regt sich Kritik: während Struck Merkel Wortbruch vorwirft (ausgerechnet!), meckert auch der SPD Gesundheitsbeauftragte daran herum: Merkel habe eine Chance verpasst. Die jungeWelt wittert gar in einer gewagten Interpretation den Beginn des Scheiterns der Großen Koalition.

Wer gewinnt und verliert bei der Gesundheitsreform eigentlich? Ein sehr guter Artikel der Welt gibt Aufklärung. Anbei eine kleine Auflistung der Eckpunkte. Generell fällt dem Spiegel auf, dass sich beide Seiten hauptsächlich mit dem brüsten, was sie verhindert haben. Laut dem FDP-Gesundheitsexperten ist eigentlich alles klar: die Wirtschaft verliert.

In einem Kommentar zur Kostendebatte um die Gesundheitsreform mahnt Die Zeit Sparpotenziale beim System selbst an. Wie diese allerdings genau aussehen sollen, darüber schweigt man sich wohlweislich aus. Steinbrück mahnt derweil an, dass die Finanzierung immer noch unklar ist. Heinz Windisch äußert sich dazu im Interview.

Politik (Ausland):


Kaum vorstellbar, warum ausgerechnet Deutschland sich gegen eine Teilabschaffung des Vetorechts in der EU wendet, die derzeit von Finnland betrieben wird. Finnland will in seiner bis Dezember dauernden Ratspräsidentschaft auch die Beziehungen zu Russland verbessern.

Das Ansehen Amerikas in Großbritannien war noch nie so gering wie jetzt. Selbst nach dem Vietnamkrieg hatten doppelt so viele Briten eine positive Stimmung für die USA gehegt, die nun hauptsächlich als niveaulose Barbaren dastehen.

Während Israel nun auch scharfe Töne gegen Syrien findet, geht die Offensive im Gaza ununterbrochen weiter. Ein Kampfhubschrauber feuerte eine Rakete in ein Regierungsbüro. Was in jedem anderen Land als barbarisch gelten würde, wird in Israel als legitimes Recht verkauft. Auch eine Universität wurde bombardiert, da sie als eine der Keimzellen des radikalen Terrors angesehen wurde. Generell fällt auf, dass jedes Angriffsziel dem Stopp des Terrors gilt. In einem verstümmelten und furchtbar einseitigen Welt-Interview erklärt ein arabischer Menschenrechtler palästinensische Ansichten. Die Palästinenser wollen Israel nun in Den Haag verklagen. Währenddessen geht den Familien das Wasser aus und die Bundesregierung gibt Israel einen Blankoscheck. Israel kennt keine Gleichheit, sagt dagegen Jonathan Hooke. Währen die Israelis weiterhin auf die palästinensische Infrastruktur zielen und dabei immerhin von der Schweiz politisch angegriffen werden, versuchen sie propagandistisch die Rolle von Täter und Opfer zu verdrehen: Wasser und Strom würden von Israel geliefert, und die Palästinenser würden versuchen, das Kraftwerk zu sabotieren. Auch die UNO und das IRK appellieren an Israel, wenigstens humanitäre Hilfe durchzulassen. Olmet hat derweil die Weisung ausgegeben, dass "niemand im Gaza Schlaf finden soll". In Flüchtlingslagern in der Türkei wächst der Protest.

Nordkorea hat zwei Raketen abgefeuert, die im Pazifik versunken sind. Damit wurde die Drohung vom Raketentest bedingt wahrgemacht; scheinbar handelt es sich jedoch nur um Mittelstreckenraketen. Für den Fall eines Langstreckenraketentests kündigten die USA Konsequenzen an, u.a. die Einschaltung des UN-Sicherheitsrats.

Die USA machen wieder gegen den Iran scharf und setzen ein neues Ultimatum. Der Iran hat eine Antwort ca. drei Wochen später zugesagt. Im Pentagon streiten sich unterdessen Falken und Tauben über die überhaupt vorhandenen Möglichkeiten.

Der Einsatz im Kongo hat begonnen, die ersten 120 Soldaten richten sich ein. Dass es an Ausrüstung mangelt, ist natürlich ein Gerücht. Die Opposition in dem Land kann wegen des Wahlkampfs (Plakate oder ähnliches sind nirgends zu sehen) nicht mit Jung reden. Die Bundeswehr hat auch das Ziel, einen drohenden "Staatsstreich" zu verhindern. Es drängt sich die Vermutung auf, dass hier nicht wirklich Wahlen, sondern vielmehr ein bestimmtes Ergebnis abgesichert werden sollen. Lühr Henken, Vorsitzender des Hamburger Friedensforums, äußert sich dazu im Interview.


In den USA wird derzeit ein Gesetz diskutiert, welches das Internet effektiv in zwei Klassen spalten kann: höhere Gebphren für jene, welche Breitband nutzen wollen. Was auf den ersten Blick vernünftig klingt, birgt die Gefahr der starken Zensur ungewünschter Inhalte und damit die quasi Abschaffung der Freiheit des Internets.