Samstag, 31. März 2007

Fundstücke

Vermehrte Kritik an Flatratepartys oder Blinder Aktionismus der Politik.
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Guter Artikel zur Mohnhauptdebatte bei der SZ und einer von der Zeit.
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Zum Thema Hauptschulmisere.
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Edit War um Friedrich Merz.
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Zum neuen Kindergartenkonzept BW.

Schäubles neue Großoffensive

Die Ein-Mann-Parallelgesellschaft Schäuble (Wut!) befindet sich derzeit mal wieder im Wolkenkuckucksheim. Die letzten Bastionen des Datenschutzes müssen endgültig fallen, das scheint man sich auf die Fahnen geschrieben zu haben.
Nicht nur soll das BKA bei Rasterfandungen künftig "Präventivbefugnisse" für die Telekommunikationsüberwachung erhalten und wurde die Terrordatei freigeschalten, in der er leider fehlt, sondern der Plan, die Mautdaten von Toll Collect zu nutzen ist bereits im Endstadium der Verhandlungen!
Was wurde nicht alles gewarnt und prophezeit, dass dieses System der Mauterfassung in Wirklichkeit der Überwachung der Bürger dient! Nun ist es sozusagen amtlich - nicht nur soll das BKA einfach mal präventiv, will heißen ohne Gerichtsbeschluss in jeder beliebigen Privatsphäre herumschnüffeln können, sondern auch noch der Bürger auf Schritt und Tritt überwacht werden. Na toll.

Kundenfreundlichkeit bei der Bahn

Die DB will als Geldsparmaßnahme die Möglichkeit abbauen, in Regio- und Interregioexpress Karten im Zug zu kaufen. Für viele Menschen gibt es damit keine Möglichkeit mehr, bei einem Menschen ein Ticket zu kaufen, und wer sich einmal mit den Touchscreens herumärgern durfte weiß, dass oftmals der Zug bereits weg ist, wenn endlich die Karte ins Ausgabefach fällt.
Begründet wird die Servicewüste damit, dass das Zugpersonal dann "mehr Zeit für Beratung und Service" habe, was von einigen Interessensverbänden auf Seiten der Kunden mit "einem schlechten Aprilscherz" treffend abqualifiziert wird.
Service und Beratung? Von Fahrkartenkontrolleuren? Nachdem ich also die Strafe bezahlt habe, kein Ticket dabeizuhaben, berät man mich gerne, welches ich nehmen soll? Hallo?

Freitag, 30. März 2007

Fundstücke

Wer hätte es gedacht: die Flughafensicherheitshysterie ist ein nutzloses Placebo.
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Sozialliberal zur Dialektik der Aufklärung.
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Perspektive2010 zum Hartz-IV-Test.
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Die Neue Rheinische Zeitung zur Männerbenachteiligung (via Arne Hoffmann).
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Wie dumm die Deutsche Bundesbank argumentiert.
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Der Niedergang der Privatunis (via NachDenkSeiten).
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Es scheint, als ob die Grenze zwischen Iran und Irak gar nicht genau festgelegt sei, wo die Briten gefangen wurden. Von den Koordinaten her ist der Iran näher (via Fefe).
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Zum umstrittenen Mahlzahn-Artikel von Mein Parteibuch und hier von Feynsinn.
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Feynsinn rät: Sterben verbieten!
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Sit-In der Plattenindustrie

Jedes Jahr das gleiche Spiel:
1) Die Plattenindustrie stellt die neuesten Umsatzzahlen vor.
2) Diese scheinen gegenüber dem Vorjahr gesunken.
3) An allem sind die Raubkopierer schuld.
4) Härtere Strafen werden gefordert.
5) Schmiergeld wechselt den Besitzer.
6) Gesetzesnovellen passieren den Bundestag.
Auch dieses Jahr läuft es ähnlich. Aber wer sich die Statistiken einmal ansieht, wie das Telepolis getan hat, dem fällt vor allem eines auf: ein Sektor hat zugelegt - die nicht kopiergeschützte Klassische Musik. Das gesamte Argumentationsgebäude fällt damit in sich zusammen, denn die CDs, die reißenden Absatz finden, lassen sich auch kostenlos und legal aus dem Internet ziehen.
Ebenfalls interessant:

Ansässig ist die erfolgreiche Firma [für die klassische Musik, Anm. d. Verf.] in den Niederlanden, die die EU-Urheberrechtsrichtline weit weniger industriehörig umsetzen als Deutschland. So stellt etwa das Anbieten von Umgehungstechnologie in den Niederlanden zwar eine unrechtmäßige Handlung dar, aber zivilrechtliche Gegenmittel wurden als angemessen und ausreichend angesehen. Anstatt strafrechtliche Sanktionen einzuführen, wurden die Verbote aus der Richtlinie mittels des bürgerlichen Rechts als "unrechtmäßige Handlungen" umgesetzt.

[extern] Kamiel Koelman und Menno Briët vom Institut für Informatik und Recht an der Freien Universität Amsterdam fassen die Debatte, die zu dieser Entscheidung führte, wie folgt zusammen:


"Der niederländische Gesetzgeber hielt es für unangemessen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit einzuführen, weil das einen fundamentalen Grundsatz des Strafrechts verletzt hätte: Strafvorschriften müssen klar und eindeutig sein. Die Beschreibung einer strafbaren Handlung darf keine vagen oder mehrdeutigen Begriffe enthalten. Da die Bedingungen der Richtlinie [...] nicht besonders klar sind, kam der Gesetzgeber zu dem Schluss, dass es nicht angemessen sei, hier eine strafrechtliche Verantwortlichkeit einzuführen. Zudem kam während der Debatten im Parlament zu Ausdruck, dass die Durchsetzung von Urheberrechten Privatsache sei und bleiben solle."

Der niederländische Justizminister stellte außerdem klar, dass auch der Download von Musik oder Filmen via P2P keine strafbare Handlung ist. Privatkopien, wie sie in analoger Form erlaubt sind, wurden explizit auch für die digitale Form bestätigt. Und diese digitale Form beinhaltet auch P2P-Downloads, oder, um es in den Worten des holländischen Justizministers zu sagen: "Das trifft auch zu, wenn eine Privatkopie von einem unrechtmäßig zugänglich gemachten Original ohne Zustimmung des Autors angefertigt wurde."

Bild auf Kreuzzug, Teil VII

Die BILD ballert gerade aus allen Rohren reichlich ungezielt in Richtung Brigitte Mohnhaupt. Zur Erinnerung: juristisch korrekt war die Frau nach 24 Jahren Haft entlassen worden. Man kann sich damit abfinden oder eben auch nicht; die Stimmungsmache jedenfalls hatte Erfolg: 50% der Deutschen halten die Freilassung für falsch, nur 31% für richtig.
Die BILD ihrerseits ließ sich auch von einer Abmahnung nicht einschüchtern: unverblümt werden Fotos der Freigelassenen neben Fahndungs- und andere RAF-Fotos gestellt, die Frau, die nun in eine Resozialisierungsphase kommen soll penetrant als "Mörderin" bezeichnet. Besonders hervor tut sich dabei der stets widerliche Franz Wagner mit seiner Post, die eigentlich niemand interessiert, in der er abseits jeden guten Geschmacks und tief unter der Gürtellinie einen schmutzigen Gossenkrieg ficht.
Schlimm ist das hier insofern, als dass die Debatte der deutliche Beweis einer reinen "Mediendemokratie" und der Macht des Vulgärblatts ist: wenn die BILD es nur unterstützt, würden 50% auch für eine neue Diktatur stimmen.

Irrweg G8

Die Klagen über das G8 (das achtjährige statt dem neunjährigen Gymnasium), das in BW und Bayern fröhliche Urstände feiert häufen sich: der Druck auf die Kinder, neun Stunden Schule am Tag mit vielen Hausaufgaben lösen zu müssen, ist enorm und belastet in immer stärkerem Maße das Familienleben.
Damit war zu rechnen. An die 40 Wochenstunden für Fünft- und Sechstklässler, damit diese "schneller in den Beruf" kommen können (eine Totschlagstandardlegitimation für jeden bildungspolitischen Unsinn) ist eine Tortur, die durchzuhalten kaum möglich ist, besonders wenn man den krassen Sprung von der durch den Methodenirrsinn verunstalteten Grundschule bedenkt. Es wäre langsam wirklich Zeit, dass der sinnlose Aktionismus eingestellt wird - egal, wie sehr sich eine Schavan dadurch profilieren kann.

Die Macht der Blogger

Von Blogs ist immer häufiger die Rede. Nicht nur entstammen ihnen mittlerweile mehr Enthüllungsgeschichten als der Presse (!), sie erringen mit diesen Enthüllungen auch immer mehr Raum und Macht im Geschäft um Meinung.
Jüngstes Beispiel: WPP-Manager Sorrel. Der Brite, der das zweigrößte Werbeholding der Welt leitet, wurde über Blogs in Karikaturen durch den Schmutz gezogen - wegen eines Verhältnisses mit einer ehemaligen WPP-Managerin, bei dem wohl auch handfestere Unternehmensstrategien im Spiel waren. Die Blogger machten diese Geschichte publik - und übten ordentlich Druck auf Sorrel aus.
Es wird sich zeigen, ob die Blogger eine Revolution oder ein Phänomen der Nachrichtenwelt sein werden.

Donnerstag, 29. März 2007

Perverse Methoden bei Walmart

In der SZ findet sich ein Bericht, nach dem Walmart inzwischen eine eigene Truppe von Ex-FBI- und CIA-Agenten unterhält, die das Privatleben der Angestellten beschnüffeln. Eine Richtlinie von Walmart besagt nämlich, dass es keine persönlichen Kontakte geben darf.
An und für sich kann und darf so etwas nicht gesetzlich sein, aber das nennt man wohl Marktmacht. Die Walmartschnüffler jedenfalls lauschen an Wänden und Türen, brechen in Emailaccounts ein und tun noch viele andere Dinge die, wenn sie nicht von solch großen Steuerzahlern initiiert werden würden, als Hacking strafbar wären.

Einkommensverteilung

Wieder einmal haben aktuelle Studien eine deutliche Steigerung der Spitzeneinkommen bei gleichzeitiger Stagnation bzw. Rückgang der Einkommen von "Normalverdienern" konstatiert. Die Schere öffnet sich derzeit rasant weiter.
Ebenfalls besorgniserregend ist, dass Deutschland im internationalen Vergleich noch gut dasteht, was die Gerechtigkeit der EInkommensverteilung angeht.

Tödliches Saufgelage

Darüber kann man sich eigentlich echt nur aufregen: in Berlin ist ein Sechzehnjähriger nach einmonatigem Koma verstorben, weil er sich bei einer Flatratesaufenparty 4,8 Promille mittels 50 (!) Gläsern Tequila angesoffen hatte. Eine fünfzehnjährige wurde bewusstlos mit 4,1 Promille eingeliefert.
Dieser Trend, auch mit der "Alles billig"-Welle, verbrämt als Flatratesaufen, ist oftmals tödlich, wie der aktuelle Fall beweist. Die sozialen und gesundheitlichen Auswirkungen sind deutlich bedrohlicher. Mit Verboten ist dem nicht beizukommen, auch wenn diese nun todsicher wieder gefordert werden - die beiden hätten ohnehin nicht dürfen, und das Saufen fand in einem Lokal statt. Verfahren sind anhängig.

Fundstücke

Die Grundeinkommensdebatte bekommt immer mehr Fürsprecher.
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Zum französischen Wahlkampf.
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So viel kostet das Studium.
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Ein Fall für den Verfassungsschutz

Gemeint ist die EU-Verfassung. In dieser Zeit selten gehörtem Klartext zeigt Telepolis auf, wie die geplante EU-Verfassung, vom führenden EU-Verfassungs-Lobbyist und CDU-EU-Parlamentssprecher Brok mit teils sehr zwielichtigen Methoden vorangetrieben (er unterband beispielsweise die Berichterstattung über einen Korruptionsfall seiner selbst mir Bertelsmann) das Grundgesetz in entscheidenden Punkten aushebelt. So fallen unter anderem die Schulen und Wasserversorgung als öffentliche Einrichtung, das Verbot eines Angriffskrieges und der Sozialstaat als Grundlage des gesamten Systems. Wenn diese "Verfassung" ratifiziert wird, stehen den EU-Bürgern einscheidende und durch die Bank negative Effekte ins Haus. Einige Beispiele:
1) Der Schutz geistigen Eigentums wird nicht mehr an dessen soziale Verwendung gekoppelt wie im GG. Das wird zu einer Ausweitung der bestehenden Praxis führen, großen Konzernen und Lobbykartellen die Oberhoheit über die Öffentliche Meinung zuzugestehen.
2) Weniger für EU-Bürger als vielmehr für Bürger von EU-Interessensgebieten ist die Forderung (!) bedeutend, eine gemeinsame Armee für operative Aufgaben einzurichten - ein klarer Verstoß gegen das Verbot eines Angriffskriegs.
3) Bedenklich stimmt außerdem, dass die Verfassung keine Gewaltenteilung vorschreibt - stattdessen heißt es: "Die Organe arbeiten loyal zusammen." Effektiv ist das die Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats auf europaweiter Ebene.
4) Die Volkssouveränität wird empfindlich beschnitten: haben Wahlen heute schon bereits nichts mehr auszusagen, so hebelt der Verfassungsentwurf die Grundlage der Demokratie vollständig aus: verantwortlich - ohne Kontrolle und Gewaltenteilung - sind Organe und Kommissionen, die nach undurchsichtigen Regeln operieren und zusammengesetzt werden.

Diese kurze Aufzählung alleine sollte reichen um erkennen zu lassen, dass die EU-Verfassung die größte Bedrohung der Demokratie und des Rechtsstaats seit dem Dritten Reich ist. Die Folgen sind fast unabsehbar, und die Chancen auf Widerspruch sind klein. Selbst LiPA-Abgeordnete gehören zu den Befürwortern, so pervers es sich anhören mag. Zivilcourage und Widerstand ist angesagt, so schnell und entschlossen wie möglich.

Die Preise hinter den Preisen

Ist ja schon Wahnsinn: da kostet ein Flug von Stuttgart nach Berlin nur 20 Euro. 20 Euro?! 20 Euro. Aber natürlich sind nur die wenigsten Kunden so dumm zu glauben, für dieses Geld allein wäre der Flug drin. Da kommen ja noch Flughafengebühren dazu und ähnliches.
Aber das vergisst die Airlines selbst. Die wollen nämlich Geld verdienen, viel Geld. Und das machen sie, indem sie einfach bisher selbstverständliches unglaublich teuer machen. Da sind Beispiele bekannt geworden; zweijährige Kinder zahlen den selben Preis wie Erwachsene. Damit Eltern und Kinder zusammensitzen können, müssen sie pro Kind 20 Euro bezahlen. Das Freigepäck wurde um die Hälfte reduziert. Und schnell summieren sich die Kosten für den "Billig"-Flug auf stattliche Summen, bei denen es sich angeboten hätte gleich eine normale Airline zu nehmen.

Siemens-Vorstand weiter bezahlen?

Nach deutschem Arbeitsrecht darf ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer sofort das Gehalt streichen, wenn dieser ins Gefängnis kommt (keine Arbeit, kein Lohn), da der Arbeitnehmer als schuldig gilt. Der Arbeitgeber ist aber in der Lage, trotzdem weiter zu bezahlen, wenn er die Unschuld für erwiesen hält. Selbst im Falle eines Freispruchs jedoch wird er das Geld vom Staat nicht zurückerhalten.
Stellen wir einfach die naive Frage, ob im Falle eines normalen Arbeitnehmers eine Lohnfortzahlung geschehen würde. Und dann sehen wir uns an, was im Fall des speziellen Arbeitnehmers Feldmeyer mit einem Gehalt von 2,6 Millionen im Jahr passiert.
Komisch, nicht?

Dienstag, 27. März 2007

Nahles im Wolkenkuckucksheim

Nicht, dass ich etwas gegen Andrea Nahles hätte. Wer in der SPD noch ernsthaft wenigstens ab und an den Versuch unternimmt, sozialdemokratische Politik zu machen, dem gebührt Anerkennung und Respekt.
Aber in einem Interview mit Robert Misik gibt sie einige Sätze von sich die, mit Verlaub, Bullshit sind - oder Bollocks, wie der Engländer sagen würde. Beispiele gefällig?
Hartz IV hat 900.000 Menschen aus dem Abstellgleis Sozialhilfe herausgeholt!
Ein prächtiger Erfolg, denn diese 900.000 wurden ja nur zusammen mit 5 Millionen Leidensgenossen auf das neue Abstellgleis Hartz-IV geparkt.
Auch auf das Grundeinkommen wird Nahles angesprochen und weiß zu erwidern:
Weil wir das Ziel der Vollbeschäftigung nicht aufgegeben dürfen. Natürlich wissen wir, dass wir Vollbeschäftigung in den nächsten Jahren nicht leicht erreichen, aber es ist noch einmal ein großer Unterschied, ob wir das Ziel aufgeben. Wenn wir dieses Ziel aufgeben, wird es ganz schnell sehr schwierig, die Finanzierung für Qualifizierung, Berufsrückkehr-Hilfen, Arbeitsmarktförderung usw. zu sichern. Wenn wir das Ziel der Vollbeschäftigung abgeben, wird die gesamte Tektonik des Sozialstaates untergraben, die ja immer erwerbszentriert war.
Ahja. Stellen Sie sich vor, Frau Nahles, das Ziel des bedingungslosen Grundeinkommens ist es ja eben, diese hoffnungslos überholte Stütze zu entfernen.
Ich könnte noch weitermachen. Frau Nahles scheint ein bisschen in einer eigenen Parallelwelt zu leben, zwischen vernünftigen Ideen und Fraktionszwang und ohne allzuviel Bestechungsgelder. Schade drum.

Wie der Brokkoli die Welt verändert

Seit sieben Jahren beansprucht Monsanto (für Insider kein allzu unbekannter Name; bei allen gentechnischen Schweinereien ist die Firma vorne dran) ein Patent auf Schweine. Und hat eines auf Brokkoli. Diese groteske Situation ist durch Schwächen des EU-Patentrechts entstanden, und es steht eine Grundsatzentscheidung an, ob diese Patente auf Pflanzen und Tiere rechtmäßig sind.
Nichts wäre verheerend. In den USA überzieht Monsanto die Bauern seit Jahren mit Klagen, ohne echte Grundlage außer dieser hoch umstrittenen Patente. Sollten die Gerichte diese Patente bestätigen, so sind nur minimale genetische Veränderungen notwendig um sich eine komplette Spezies patentieren zu lassen - abgesehen von der grotesken Art des Vorgangs an sich hat das unabsehbare, aber mit Sicherheit sehr negative Folgen für die Menschheit. Abgesehen von den Managern von Monsanto, natürlich.

Farce "Neues Ausländerrecht"

Wie bereits berichtet, hat die Regierung ein neues Ausländerrecht beschlossen. Nun findet sich in der Zeit ein Interview mit Renné Abul-Ella, Leiterin eines Ausländerberatungsvereins. In diesem spricht sie Tacheles über den "Kompromiss", der viele Asylbewerber effektiv chancelos lässt.
Denn seit 1980 besteht ein Arbeitsverbot für Asylbewerber. Diese sind inzwischen im Schnitt 15 Jahre Zwangsarbeitslos, können kaum Deutsch - sie dürfen ja mit niemandem sprechen - und ihre Kinder konnten mangels Schulpflicht, die ebenfalls 1980 für sie aufgehoben worden war nur selten eine Schule besuchen. Zudem bekommen sie häufig nur Lebensmittelmarken anstatt Geld, was die Stigmatisierung weiter fördert. Diese vollkommen ins Abseits gestellten Menschen sollen nun plötzlich, nach 27 Jahren Arbeitsverbot, in anderthalb Jahren eine Stelle finden, die das Niveau von Hartz-IV überschreitet. Allein die Vorstellung ist grotesk.

Fundstücke

Inzwischen schwenken auch Teile der CDU auf den Mindestlohn ein, derweil Bofinger mit aller Macht versucht, eine Trendwende herbeizuschreiben.
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100 Jahre KaDeWe - ein Porträt.
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Ackermann erneut Topverdiener in Deutschland - sein Gehalt stieg um über eine Million.
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Freiheit durch Sicherheit? fragt Telepolis.
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Perspektive 2010 über McKinseys "Beitrag" zum Klimawandel.
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Es geht hoch her um Siemens: Erste Verhaftungen im inneren Zirkel.
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Symptom Lafontaine

Feynsinn hat einen Artikel über Lafontaine und die SPD geschrieben, der so gut ist, dass ich ihn in voller Länge zitieren will:
Die SPD ist die alleinberechtigte Volkspartei zur Vetretung der Arbeitnehmerschaft. Sie weiß, was Arbeitnehmer wollen, solange sie welche sind, sie ist die Partei der Gewerkschaften, denn der Vorsitzende der “Einheitsgewerkschaft” sagt das so. “Unverschämt”, so sagt ihr Sekretgeneral Heil, Hubertus, ist hingegen einmal mehr der Exchef , Oskar Lafontaine, weil der sie schon wieder geärgert hat. Der letzte Linke mit Verstand in der SPD, Ottmar Schreiner, warnt indes, die Linkspartei könnte nicht nur doof sein und stinken, sondern für ehemalige SPD-Stammwähler eine ernsthafte Alternative. Andrea Nahles hingegen weiß es besser. Sie ist nämlich “Vetreterin der SPD-Linken”, erfolgreiche Intrigantin und weiß einfach alles besser. Die Linkspartei verharre bei acht Prozent, hat sie beizutragen.
Abgesehen davon, daß ein Verharren der Linspartei bei acht Prozent bedeuten dürfte, daß die SPD in ihrer derzeitigen Verfassung nie wieder regieren wird, es sei denn als Appendix der CDU/CSU, klingt so das Pfeifen im Walde. Die Grünen sind beizeiten bei 13%. Wieviel Platz bleibt da noch für die SPD?
Aber das ist Arithmetik, und wer die schon erschreckend findet, muß sich erst einmal die politische Sachlage zu Gemüte führen. Warner werden überschrien, die Erosion im gemäßigt linken Lager wird bagatellisiert oder gar befürwortet: “Wenn wir linker tun, als wir eigentlich sein sollten, wäre das falsch”, weiß ein “Netzwerker”, das sind die aufstrebenden Modernisierer, die der Schröderismus nach oben gespült hat. Was sie verbindet, ist der zweite Bildungsweg, will heißen: Ehrgeiz und innerparteilicher Machtinstinkt.
Die bedrückende Ideenlosigkeit des Wracks, das der Genosse der Bosse hinterlassen hat, läßt sich derzeit nur deshalb noch kaschieren, weil die Feinde rundum für soviel Negation sorgen, daß die Sozialdemokratie sich eine Identität vorheucheln kann: Sie ist nicht neoliberal, nicht konservativ, nicht links und nicht grün. Das reicht ihr erst einmal. Leider sieht sie nicht, was sie noch alles nicht ist: kreativ, zukunfstweisend oder auch nur halbwegs geordnet. Was sie ist? Vor allem beleidigt. Weil sie mit aller Gewalt verdrängen muß, was ihr täglich in Oskar Lafontaine als Symptom begegnet. Nahles kreischt: “Lafontaine spaltet das Arbeitnehmerlager”. Die Klassenbeste sagt damit brav auf, was der Lehrer ihr eingebläut hat. Der heißt Schröder und hat die SPD gespalten.

Montag, 26. März 2007

Kollektivschuldthese auf Britisch

Der Londoner Blogger Stef (Famous for 15 megapixels, mit Dank an Besitzstandwahrer für den Link) macht sich zum Anlass des 200. Jahrestags der Abschaffung der Sklaverei Gedanken über die Kollektivschuldthese und die Intention der Abschaffung der Sklaverei.
Die Intentionen sind bekannt und nicht wirklich neu:
After all, slaves represent a significant fixed cost. They have to housed, clothed and fed by their employer. Factory workers don’t. And in an industrialised economy there are plenty of ways to effectively enslave people without being responsible for their welfare. Oh yes.
Deswegen möchte ich, obwohl die Sklavereifrage die Hälfte des Artikels einnimmt, nicht weiter darauf eingehen; wer die Zusammenhänge nicht kennt, dem sei die Lektüre anempfohlen. Wirklich interessant ist, dass Stef die Frage der Kollektivschuldthese aufgreift, die wir Deutsche ja allzugut kennen.
Der Beitrag beginnt mit der Schilderung einer Veranstaltung zu Ehren dieses Jahrestags, bei der der Bischof die Verantwortung der Briten betonte und dass man schuldig sei und nie vergessen dürfte, das bekannte Programm eben. Daraufhin stelle Stef die provokante Frage: warum sollte ich mich schuldig fühlen? An dieser Stelle weicht die Argumentation naturgemäß von der heimischen Debatte ab, da Stef zu Recht anmerkt, dass die Profiteure der Sklavenhalterschaft wenige waren, die zudem den Rest des Volkes ausbeuteten - dessen Nachfahren sich heute schuldig fühlen.
Interessant ist der Beitrag deswegen, weil er zeigt, dass nicht nur die Deutschen Probleme mit Kollektivschuldthesen haben, sondern das Phänomen sich auch auf Großbritannien erstreckt - wobei es hier kaum zu rechtfertigen ist, während in Deutschland die Situation anders gelagert ist - aber das ist eine andere Geschichte.

Alkohol und Zigaretten gefährlicher als Kokain?

Definitiv, wenn man dem Deutschen Ärzteblatt und der zitierten Studie Glauben schenken darf. Demnach haben britische Forscher eine neue umfassende Studie gemacht, da bisherige Studien eher unzuverlässig sind. Und dabei ist verblüffendes herausgekommen:
Insgesamt gab es also neun Kategorien für die Schädlichkeit der Drogen. Eine Reihe von mit dem Drogenproblem befasste Fachleuten – von Chemikern, Pharmakologen, Gerichtsmedizinern bis zu Psychiatern, Drogenberaten und Ärzten – wurden dann gebeten, eine Reihe von 20 Drogen in jeder der neun Kategorien mit 0 bis 3 Punkten zu bewerten.

Das ergab dann eine Reihenfolge, die in den nächsten Wochen und Monaten für Gesprächsstoff sorgen dürfte. Die Spitzenplätze belegten zwar Heroin und Kokain, was niemand bezweifelt, gefolgt von Barbituraten und Straßen-Methadon, auch hier herrscht Konsens. Auf Rang 5 folgte jedoch bereits Alkohol, der in den meisten Ländern, wenigstens bei Erwachsenen keinerlei gesetzlichen Restriktionen unterliegt. Es folgen Ketamin und Benzodiazapine, fast gleich auf mit den im allgemeinen als gefährlicher eingestuften Amphetaminen.

Auf Position 9 folgt Tabak, das im Sprachgebrauch nicht als Droge bezeichnet wird, obwohl das Abhängigkeitspotenzial allgemein bekannt ist. Danach folgt Buprenorphin. Unter den zehn am wenigstens gefährlichen Substanzen befinden sich gleich drei, deren Besitz in den meisten Ländern strafrechtlich verfolgt wird. Es sind dies 4-MTA (ein Amphetamin), LSD und – an Position 18 – Ecstacy. Am ungefährlichsten ist nach Einschätzung der britischen Experten das in einigen arabischen Ländern gekaute Khat.
Besonders der Platz 5 für Alkohol ist erschreckend. Er hängt damit zusammen, dass die Studie nicht nur die direkten körperlichen Schäden, sondern auch die Schädigung des sozialen Umfelds bei Abhängigkeit und die Suchtgefährdung als solche miteinbezog. Das soll jetzt nicht wieder sofort in den Ruf nach mehr Verboten ausarten - aber ein verantwortungsvollerer Umgang mit Alkohol, vielleicht mit eingeschränkter Verbreitung oder ähnlichem, wäre definitiv angesagt. Prinzipiell kann ich jetzt besser verstehen, warum die Jungdemokraten die Forderung auf das Recht auf Rausch (die Legalisierung ALLER Drogen) im Programm haben...

Geldverschwendung

Arbeitslose sollten ab sofort das Glücksspielen sein lassen. Denn wenn sie etwas gewinnen, nimmt der Staat es ihnen weg.
Ein Arbeitsloser aus Dortmund hatte ein Auto gewonnen, woraufhin ihm solange, bis der Vermögenswert verbraucht war, das ALG-II gestrichen wurde. Der Mann versuche zu klagen, dass es sich um einen Vermögenswert handle, aber das Sozialgericht wies die Klage ab.
Nicht nur Konfirmations- und Weihnachtsgeschenke, sondern auch Lotteriegewinne sackt der Staat also ein - während Unternehmergewinne immer häufiger verschenkt werden. Tolles System.

Gesetzesinitiative für REITs im Bundestag, Nachtrag VII

In der taz ist ein Interview mit dem Leiter des Finanzministeriums Stuttgart erschienen. Der kritisiert die REITs. Besonders erhellend folgende Sätze:
Es ist sehr auffallend, dass bisher alle Gesetze der großen Koalition oder auch der rot-grünen Regierung von der Wirtschaft zerrissen wurden. Aber eigenartig: Bei REITs hört man überhaupt keine handwerkliche Kritik. Das kann nur bedeuten, dass die steuerlichen Vorteile für die Firmen extrem günstig sein müssen.
[...]
Wo verorten Sie das Steuergeschenk an die Firmen?

Bei der "Exit Tax". Schon das Wort ist ungewöhnlich für das deutsche Steuerrecht, weil es sich gar nicht um eine echte Steuer handelt. Stattdessen geht es eigentlich um ein Steuerprivileg. Wer in den nächsten drei Jahren Gewerbe-Immobilien an einen REITs verkauft, der muss nur die Hälfte seines Gewinns versteuern.

Wie hoch werden die Steuerausfälle sein?

Das kann ich nicht abschätzen. Aber es dürften hunderte von Millionen Euro sein. Schließlich werden hier nicht schrottige Pkws verkauft, sondern lukrative Firmengrundstücke. In den Gewerbe-Immobilien verbergen sich hohe stille Reserven. [...]

Sie leiten ein großes Finanzamt. Was bedeutet REITs für die Steuerverwaltung?

Angestrebt war eine transparente Besteuerung - stattdessen wird es zu einer intransparenten Nichtbesteuerung kommen. Es sind weitere hohe Steuerausfälle zu befürchten. Denn die REITs sind komplett steuerbefreit - sie müssen keine Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zahlen. Dafür müssen sie 90 Prozent ihres Gewinns sofort an die Anleger ausschütten, die dann ihre Erträge voll versteuern sollen.

Und wo ist das Problem?

Wir erfahren gar nicht, welcher Anleger wie viel Dividende erhalten hat. Das muss der Anteilseigner freiwillig in seiner Steuererklärung angeben. Denn das Gesetz sieht keine Kontrollmitteilungen an das Finanzamt vor. Man vertraut also auf die Steuerehrlichkeit der Anleger. Das ist sehr seltsam, denn bei anderen Bevölkerungsgruppen ist der Gesetzgeber nicht so gutgläubig: Bei den Rentnern, zum Beispiel, sollen bald Kontrollmitteilungen ans Finanzamt gehen. [...]

Es klingt nicht, als hätte Ihre Stellungnahme im Ausschuss irgendeinen Effekt gehabt.

Mein Eindruck war, dass unter den Bedingungen einer großen Koalition sowieso schon alles vorher festgelegt ist.

Die Mietervereine feiern es immerhin als Erfolg, dass erreicht werden konnte, dass reine Wohnimmobilien nicht an deutsche REITs verkauft werden dürfen.

Diese Freude hat mich gewundert. Denn es gibt ja kein Veräußerungsverbot für die Kommunen. Sie können ihre Wohnungen doch auch an normale Immobilien-Fonds verkaufen - oder an ausländische REITs. Und das tun sie auch im großen Stil.


Terrordatei läuft über

Die "Mutter aller Terrordateien" läuft inzwischen geradezu über. Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich die Anzahl der Daten vervierfacht, wie Telepolis berichtet.
In der Liste finden sich dabei so sinnvolle Einträge wie Cat Stevens (der ja zum Islam konvertiert ist, gefährlich, gefährlich) und zumindest 2006 fanden sich noch 14 der 17 Flugzeugentführer vom 9/11. Doof auch, dass das System zu Verwechslungen neigt: die Frau des Abgeordneten Ted Stevens, Catherine Stevens, wird gerne mit Cat Stevens verwechselt, was dann immer einen Terroralarm am Flughafen auslöst.
Ein viel größeres Problem als diese offenkundigen Albernheiten ist aber, dass es praktisch unmöglich ist einen einmal in der Liste befindlichen Namen wieder zu löschen. Die Terrordatei unterliegt keiner externen Kontrolle, wie das in einer Demokratie eigentlich sein müsste und entzieht sich damit jeglichen juristischen Zugriffs. Und genau diesem Problem wird sich der deutsche Bürger mit einer deutschen Terrordatei auch gegenübersehen.

Die EU und der Verfassungsvertrag

Für viele ist es unverständlich, was derzeit in der EU für ein Hickhack um den Verfassungsvertrag entsteht, wie so vieles an der EU unverständlich für den Außenstehenden ist. Die Wurzeln für die derzeitigen Probleme liegen, wie so oft, tief in der Geschichte. Es ist der alte Streit der Ansichten über die EU als solche. Politisches System oder doch nur Freihandelszone? Der Streit zerfällt in traditionelle Lager, doch seit der Osterweiterung sind mehr hinzugekommen.
Während die "alte EU" um Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Länder seit jeher der politischen Integration zuneigt und somit eine Einigung des Kontintents auf vielen Ebenen, nicht nur wirtschaftlich, präferiert - eine Kerbe, in die ja auch GASP schlägt -, stand Großbritannien stets auf der Gegenseite: für die Briten wäre die EU am liebsten eine große Zollunion, Absatzmarkt und Freihandelszone, aber weitergehende Verpflichtungen oder gar die Abgabe von Souveränität ist für die Briten seit jeher ein delikates Thema.
Nun haben sie Unterstützung bekommen: besonders Polen stellt sich definitiv auf Abweichlerkurs. Wegen seiner verhältnismäßig großen Bevölkerung (der mit Abstand größten der neuen Beitrittsländer) verlangt es ein gewisses Mitsprache- und Stimmrecht. Dabei fällt die Häufigkeit der bilateralen Verträge und Abkommen mit den USA im scharfen Gegensatz zu den meisten EU-Staaten auf, die auch Großbritannien auszeichnet.
Würde nun eine Verfassung festgelegt, welche die politische Integration weitgehend festschreibt, untergrübe dies die Interessen der Integrationsgegner. Und das ist weitgehend auch der Hauptgrund, warum sie die Verfassung ablehnen respektive die entsprechenden Passi getilgt sehen wollen. Die Ablehnung in den Niederlanden und Frankreich hingegen war zum größten Teil Ausdruck eines Unbehagens über den stark ökonomisch ausgerichteten Verfassungstext und, vor allem, Ausdruck der Unzufriedenheit über die aktuelle Politik und die Distanz der EU, der so schlagkräftig Ausdruck verliehen wurde. Die Konsequenz der beiden Staaten: das nächste Mal wird die Verfassung im Parlament durchgepeitscht, anstatt das Volk zu befragen.
In die gleiche Kerbe schlägt die Debatte um eine europäische Armee: der Gedanke war bereits 1952 - am Widerstand des ewig chauvinistischen Frankreichs - zerbrochen, ist aber aktueller denn je, besonders wenn man den Vormachtsanspruch der USA in der NATO bedenkt, die europäische Konsultationen nicht dulden wollen. Gleichzeitig stehen auch hier Definitionsfragen ebenso im Vordergrund wie die Aufgabe der nationalstaatlichen Souveränität, die dieser Schritt mit sich bringt - und neue Bruchlinien innerhalb der EU.

Fundstücke

Iran vor der Eskalation? Ich versetze die Überschrift mit einem Fragezeichen.
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RAF: Die doppelte Verdrängung. Gnade und Terror im Widerstreit, analysiert von der Zeit.
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Warum funktionieren eigentlich die ganzen Diäten nicht?
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Die absurde Welt der Pharmareferenten.
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Wut! zum Thema Drogen.
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Gegen SafeID wird wegen gefälschter Umsatzzahlen ermittelt. Besonders pikant: die Firma ist maßgeblich für die biometrischen Pässe verantwortlich - und im Aufsichtsrat sitzt Otto Schily.
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Stimmungskanonen.
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Feynsinn zum Thema Unterhaltsrecht.
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Die Süddeutsche bringt einen Überblick über die gestiegenen Managergehälter: das Kabinett des Grauens.
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Perspektive 2010 zum Thema Erziehung.
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Zwei nette Spiegel-Fotomontagen. Via Perspektive2010.
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Trockene Satire auf das jüngste Tagesgeschehen. Via Arne Hoffmann.

Mohnhaupt verstoibert

Nun ist Brigitte Mohnhaupt also frei. Prompt meldet sich Mister Ede "Es gibt keine Grundrechte" Stoiber zu Wort, da er das Zypries-Wort, alles sei juristisch korrekt abgelaufen so natürlich nicht unkommentiert stehen lassen kann. Einige besondere Passagen sollen dabei kommentiert werden.
„Das ist rechtlich in Ordnung, aber es widerspricht dem Rechtsempfinden von mindestens 80 Prozent der Menschen in Deutschland."
Das mag schon sein, Herr Stoiber. Mindestens 80 Prozent der Deutschen empfinden es aber als rechtlich nicht in Ordnung, dass Manager ihre Gehälter um 30% steigern und gleichzeitig Entlassungen bei glänzenden Geschäften anordnen. Aber das ist auch jedem scheißegal. Es ist vollkommen irrelevant, was 80% des Volks für rechtmäßig hält - Deutschland ist ein Rechtsstaat, im guten wie im schlechten, und die Gerichte prüfen unabhängig von irgendwelchem Volksempfinden, dass von Hobby-Demagogen wie Ihnen immer gerade dann ausgepackt und geschürt wird, wenn es Ihnen in den Kram passt.
„Wir wollen, dass „lebenslänglich“ heißt: mindestens 20 Jahre.“
Wiederum nur ein billiger populistischer Ritt auf der zuvor fleißig mitentfachten Welle "gesunden Volksempfindens". Eine Begründung nennt er Stoiber für diesen Schritt indes nicht. Ist aber auch nicht nötig. Das ist ja keine Forderung, die man ernstlich durchsetzen will, sondern eine, mit der man ein biergesättigtes "Jawoll, so isses!" von Stammtischen einholen will - und Kreuze für die CSU am Wahltag.
"Mohnhaupt hat zwar insgesamt 24 Jahre in Haft verbracht. Auch dies ist angesichts ihrer Taten aber eine zu kurze Zeit und für viele Menschen nicht nachvollziehbar. Immerhin werden alle Urteile im Namen des Volkes gesprochen."
Im Namen des Volkes. Richtig. Nicht mit der Stimme des Volkes. Ansonsten gilt das bereits oben gesagte.
"Mohnhaupt darf nun kein Forum in den Medien für ihre Schilderungen gegeben werden. Auch in Talk-Shows darf sie keine Bühne haben."
Wäre ja auch nochmal schöner, wenn das Recht auf freie Meinungsäußerung so unterstützt wird, nicht wahr? Nicht, dass die Frau irgendwas von Wert zu sagen hätte, aber angesichts der sonst üblichen Sex- und Spermageschichten in Talkshows wäre das wahrscheinlich sogar ein Qualitätsgewinn.

Fazit: Wieder einmal zeigt sich Stoiber als echter bayrischer Pfundskerl: da wird durchgegriffen! Um solchen Schmarrn wie Gesetze und Grundrechte braucht man sich ja nicht zu kümmern, schließlich steht ja hier das Urteil "des Volks" und eines Ede Stoiber, und das ist gewiss unanfechtbar. Noch mal flugs mit Verweis auf die Opfer auf die Tränendrüse gedrückt und zack, das gewünschte Ergebnis ist da. Es ist ein Armutzeugnis, dass solche Gestalten den Diskurs beherrschen.

Sonntag, 25. März 2007

Fundstücke

Aus Zeitmangel vorerst nur Fundstücke, vielleicht komme ich ja heute abend wieder zum Bloggen.

Müntefering will in Infrastruktur investieren.
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Die Debeka versuchte mit falschen Informationen, Krebspatienten zu einer experimentellen Behandlung zu überreden, an der sie finanziell profitiert hätte.
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Die DB vermeldet Rekordumsätze; aus irgendeinem Grund beschleunigt das den Börsengang.
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Im Meer des Nichts-Krieges titelt die Telepolis ein Essay.
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Die Zeit widmet sich dem Atheismus.
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Samstag, 24. März 2007

Sklavenhandel boomt

Nur auf den ersten Blick verblüffend: nach dem Drogen- und Waffenhandel ist das Geschäft mit Sklaven das drittprofitabelste des Organisierten Verbrechens. Und Sklaven sind so billig wie nie zuvor, weil sich selbst das die Kriminalität nach den Regeln des Freien Markts richtet - der hier in grausamer Konsequenz zeigt, dass die versprochene Freiheit nur für die Wenigsten gilt.
Das Phänomen ist in Afrika und ganz besonders in Asien weit verbreitet. Rund 80% der Sklaven sind Frauen, insgesamt 50% unter 18 Jahre. Es ist ein Geschäft, das hauptsächlich mit Sex und der Arbeitskraft von Kindern betrieben wird, die in Afrika in großer Zahl von ihren Eltern verkauft werden - oft mit falschen Versprechen der Sklavenhalter, die Kinder könnten sich Geld für die Ausbildung verdienen. Sie schuften auf Plantagen und in Privathaushalten, ohne Bezahlung, nur für einen Schlafplatz und karge Nahrung. Die Behörden sind korrupt, und trotz der bestehenden Gesetze gegen Sklaverei helfen die Polizisten bei der Jagd und dem Wiedereinfangen entflohener Sklaven.
Besonders auffällig ist der geringe Preis der Sklaven, sowohl materiell als auch in ihrem Wert. Während ein Sklave für den Plantagenbesitzer aus Alabama 1850 eine echte, pflegenswerte Investition war und umgerechnet rund 30.000 Euro kostete, gehen heute in Afrika Kinder für 20 bis 30 Euro "über den Ladentisch", und selbst für Erwachsene muss selten mehr als 300 Euro bezahlt werden. Grund dafür ist das simpelste aller Gesetze des Freien Markts: Angebot und Nachfrage. Und dank der Überbevölkerung und dem Elend, durch den Freien Markt erst produziert, ist das Angebot entsprechend groß.

Zitat des Tages

Bei Arbeitsverträgen geht es nicht um Arbeit, sondern um Lohn.
Würde es um Arbeit gehen und nicht um Lohn, würde man ja gar keine Verträge machen.
Ein Arbeitsvertrag ist kein Arbeitsvertrag, sondern ein Lohnvertrag.
Daher ist auch nicht sozial, was Arbeit schafft, sondern sozial ist, was Lohn schafft.
- HenryI., Politikforum

Das Niemandsland links der Mitte

Die Grünen haben rund 18 Jahre gebraucht, um wirklich und voll im „Establishment“ des politischen Alltags anzukommen. Rechnet man solche Zeiten als Standard, ist es kein Wunder, dass die Linkspartei derzeit so kontrovers diskutiert wird, ihr solch unversöhnliche Hassschwüre entgegengeschleudert werden. Teile der Debatte heute erinnern in der Tat an die Spontizeit der Grünen. Aber ich greife vor.

Die Wurzeln der Linkspartei liegen in der KPD, die sich als Folge der Spaltung der SPD 1917 im Jahre 1919 konstituierte. Ihre Lichtfiguren waren Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg; in deren Tradition stand sie jedoch nie. Sie KPD wurde sehr schnell eine rein moskauhörige Apparatschnikpartei, und sie wurde das auch nie los. In den späten 1930er Jahren versetzte sie in eifriger Zusammenarbeit mit der NSDAP der Weimarer Republik den Todesstoß, nachdem sie sich nie entscheiden hatte können, welche Richtung einzuschlagen war. Weltrevolution? Reform? Ein bisschen von beidem? Die Moskauhörigen gewannen; die KPD weigerte sich kategorisch, mit der SPD zusammenzuarbeiten, die sie als größten Gegner empfand – eine Feindschaft, die auf Gegenseitigkeit beruhte und sich als fatal erweisen sollte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der Kommunismus durch die nationalsozialistische Propaganda und die Erfahrungen mit der Roten Armee keinen leichten Stand; den Einzug in den ersten Bundestag schaffte die KPD jedoch gerade noch. Bereits 1956 wurde die marginalisierte Partei jedoch als verfassungsfeindlich verboten; ein umstrittener Akt, der vor allem in der Kommunismushysterie fußen dürfte. Besonders in den 1970er Jahren grassierte in der BRD die Szene der K-Gruppen, die aber nie wirklich Einfluss auf den politischen Prozess gewannen und relativ rückstandslos verschwanden. Der politische Einfluss der KPD konstituierte sich in der SBZ, wo sie auf Druck der UdSSR 1946 mit der SPD zur SED fusionierte. Obwohl die KPD an Mitgliedern deutlich ärmer war, kam sie an die Schaltstellen der Macht und richtete die SED dogmatisch nach Moskau hin aus („Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“). Auf den klaffenden Widerspruch zwischen Ideologie und Lebenswirklichkeit in der sich konstituierenden DDR brauche ich hier nicht näher eingehen; er ist hinlänglich bekannt. Die SED hielt sich als reaktionärste und konservativste, überaltete Funktionärspartei im gesamten Ostblock, ehe das Gebilde der Beharrung 1989/90 umso tösender in sich zusammenbrach. Geführt wurde die SED plötzlich von einer jüngeren Generation, von der man zuvor nie gehört hatte. Sie trug Namen wie Bisky und Gisy. Modrow als bekannterer Politiker zog sich bald aus dem Geschäft zurück.

Um die Schatten der Vergangenheit loszuwerden, zog die SED als „PDS“ (Partei des demokratischen Sozialismus“) in den Bundestagswahlkampf von 1990. Doch die Menschen wollten verständlicherweise nichts von ihr wissen. Bis 1998 streifte die PDS den alten Sozialismus von sich ab und wandelte sich in eine demokratische Oppositionspartei – nicht ohne einen starken linken Flügel, der von Trotzkisten über Anarchisten ein Sammelbecken an reichlich links stehenden Phantasten in sich vereinigte. 1998 gelang ihr knapp der Sprung in den Bundestag, aus dem sie bereits 2002 wieder herausflog; ausgenommen die drei Direktmandate aus Ostberlin.

Doch die Schröder’sche Agenda 2010 und der rapide Werteverlust der SPD ermöglichte der PDS neue Chancen. Ihr Problem war schon immer der Westen gewesen; im niedrigen einstelligen Prozentbereich dümpelte sie umher, ohne reelle Chance. Das änderte sich 2005, als der Protest gegen Hartz-IV und die Kahlschlagpolitik der SPD einen ersten Höhepunkt erlebte – und eine neues Gesicht erhielt. Mit Lafontaine stellte sich eine Figur des Westens an die Spitze der Protestbewegung, die ihren parteipolitischen Niederschlag in der WASG (Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit) fand. Gute Umfragewerte jenseits der 5%-Marke brachten die Debatte um einen Vereinigungsprozess voran – die PDS hatte ihren Einstieg in den Westen gefunden.

Gegner der PDS und der Neuen Linken polemisieren gerne damit, dass die PDS die Nachfolgepartei der SED (oder gar mit ihr identisch) sei. Das mag de iure stimmen. De facto aber hat die PDS das Gewand des Sozialismus überraschend schnell abgestreift. Der „demokratische Sozialismus“ fand sich bis 1958 regelmäßig in den Programmen der SPD, einer des Extremismus und der antidemokratischen Umtriebe wohl gänzlich unverdächtige Partei. Obwohl die PDS mit der alten SED so viel zu tun hat wie die SPD mit der alten SPD vor 1918, ist der Vorwurf nicht aus der Luft gegriffen. Zahlreiche Funktionäre der DDR-Zeit, teilweise mit Sicherheit an den Verbrechen der DDR schuldig, haben in der PDS überdauert. Sie haben keine Macht mehr; aber sie stellen einen nicht zu vernachlässigenden Anteil der rasch vergreisenden Basis der PDS. Liest man Gisys Erinnerungen an die 1990er Jahre, so wird klar, was für ein Mammutprozess damals abgelaufen ist, an dessen Ende die PDS noch lange nicht angekommen ist.

Die Parteiführung musste erkennen, dass das Label „PDS“ ihnen im Westen ein Negativimage verschaffte, während die Ostwähler gerade deswegen die Treue hielten. Dieser Konflikt sollte mit der Umbenennung der PDS 2005 in „Linkspartei.PDS“ gelöst werden. Die Aufnahme der WASG mit Quoten deutlich zugunsten der „Wessis“ sollte außerdem für eine breite Akzeptanz im Westen sorgen. Ein erster Achtungserfolg konnte mit den 8% bei der letzten Bundestagswahl in jedem Fall errungen werden.

Jedoch: wie für eine linke Partei typisch sieht sich die Linkspartei einer ganzen Reihe innerer wie äußerer Widerstände ausgesetzt. Ich möchte zuerst auf die inneren eingehen. Was sich nach außen gerne homogen als „neue Linke“ verkauft, besteht in Wirklichkeit aus einer extrem heterogenen Ansammlung der verschiedensten Interessen und Ideologien. Von pragmatischen Sozialdemokraten, oftmals Abweichler aus den eigenen Reihen, bis hin zu stramm funktionalistisch ausgerichteten Hardcorekommunisten. Dazu kommen die Konflikte zwischen den „traditionellen“ Ostdeutschen und den von völlig anderen Erfahrungen geprägten Linken aus dem Westen. Die Gegnerschaft gegen eine Fusion von WASG und Linkspartei (auf der einen Seite die Befürchtung eines Identitätsverlusts, auf der anderen die Befürchtung eines Untergangs linker Ideale) ist ein weiterer interner Knackpunkt.

Die Widerstände von außen sind schnell benannt: Establishment. Wie bereits eingangs erwähnt, sieht sich die Linkspartei derzeit mit den gleichen Problemen konfrontiert wie die Grünen Anfang der 1980er Jahre, mit der Ausnahme, dass die Linkspartei sich der Regierungsverantwortung nicht verweigert. Die einzelnen Parteien haben ganz individuelle Gründe, die Linkspartei abzulehnen, die allesamt nicht von Dauer sein können und sich allerspätestens mit der nächsten Politikergeneration (wie im Falle der Grünen mit dem Aufstieg Lafontaines und Schröders in der SPD und Joschka Fischers bei den Grünen), wahrscheinlich aber eher früher abgeschliffen haben werden.

Bei der SPD ist dies ganz klar die ideologische Konkurrenz, die die Linkspartei darstellt, und die noch immer nicht verheilten Wunden der Schröderära, an der Lafontaine dank seines Rücktritts nicht beteiligt war und deswegen quasi moralisch unbefleckt den Zeigefinger heben und auf die schwelende Wunde im Selbstverständnis der SPD-Basis legen kann. Es sind Fragen von verletztem Stolz und Eitelkeit, die die SPD von der LiPa Abstand nehmen lassen, verbunden mit der vagen Hoffnung, die Stimmen zurückgewinnen zu können – die aber von den SPD-Spitzen nicht mehr wirklich geteilt wird. An und für sich wäre die Linkspartei für die SPD ein idealer Koalitionspartner, da sie die Stimmen auffangen kann, die die SPD nicht mehr erhalten kann – nicht nach Hartz-IV und dem neoliberalen Ruck nach rechts, der Fokussierung auf die gut verdienenden Facharbeiter. Bei der SPD wäre dafür das Eingeständnis vonnöten, dass die Zeiten als Volkspartei endgültig vorbei sind. Eine andere Alternative wäre der von Lafontaine favorisierte Weg einer Wiedervereinigung – der aber extrem unwahrscheinlich ist.

Die Grünen haben sich von der Spontipartei zu einer Partei des gut situierten Bürgertums verwandelt. Diese Wandlung hängt emminent mit den Eliten der Grünen zusammen, die bereits seit den Gründerjahren dabei sind: diese sind gewissermaßen im Establishment angekommen – ebenso wie ihre Wähler. Auch hier ist der Umgang mit der Linkspartei zu großen Teilen eine Generationenfrage. Zudem sehen sich die Grünen gerade einer parteiideologischen Erosion ausgesetzt, da ihre Kernthemen von anderen Parteien besetzt werden: der Umweltschutz von CDU und SPD, der Frieden von der Linkspartei.

Die FDP ist auf den ersten Blick die vollkommene Antipode zur Linkspartei. Abseits der ideologischen Grabenkämpfe gibt es jedoch Schnittmengen, die aufgrund der derzeitigen Prioritätsverteilung bei der FDP jedoch nicht überwindbar sind: solange der Marktliberalismus vor dem allgemeinen Liberalismus steht, ist keine Zusammenarbeit denkbar. Würde die FDP sich jedoch mehr in Richtung sozialliberal bewegen, wäre eine deutlich größere Schnittmengen im gesellschaftlichen Bereich verfügbar.

Genau diese Schnittmenge existiert mit der CDU nicht und macht diese auf lange Sicht zum unnatürlichsten Koalitionspartner der Linkspartei (nicht jedoch zum unwahrscheinlichsten). Wirtschaftspolitisch ist sie kaum mehr von der SPD zu unterscheiden, im gesellschaftlichen Bereich ist jedoch die konservativ-christliche Wertunterfütterung der Partei der traditionell atheistischen Liberalität der Linken diametral entgegengesetzt.

Letztlich ist eine Regierungsbeteiligung der Linkspartei 2009 eher unwahrscheinlich, sofern die Positionen der Etablierten im Großen und Ganzen so bleiben, wie sie jetzt sind. Bei ähnlichen Wahlergebnissen droht vermutlich eine Fortsetzung der Großen Koalition. Sollte sich der Trend des Stimmenverlusts der „Volks“parteien fortsetzen und die kleinen Parteien an Macht gewinnen, dürfte einiges in Bewegung geraten; Jamaika ist dann allerdings immer noch wahrscheinlicher als rot-rot-grün oder gar eine Spanienkoalition (mein persönlicher Favorit).

Ein Vorteil der Linkspartei gegenüber den Grünen der 1980er Jahre, der ihr derzeit oft als Nachteil nachgeschrieben wird ist das Durchschnittsalter ihrer Funktionäre. Von Lafontaine, Gisy und Bisky sind keine Revolutionen zu erwarten, Straßenschlachten oder utopische Forderungen, wie sei seinerzeit die Grünen geradezu definierten. Für viele Wählerschichten besonders mittleren Alters ist die Linkspartei damit eine deutlich einfachere Alternative als es die Grünen damals waren.

Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Linkspartei wieder aus dem Bundestag verschwinden wird. Der Fusionsprozess wird aller Wahrscheinlichkeit nach ohne große Probleme über die Bühne gehen, und bei der nächsten Wahl könnte die Linkspartei ihren Stimmanteil auf 10-15% ausbauen. Auf die Dauer wird sie eine Partei wie jede andere werden – und in die Koalitionsverhandlungen einbezogen werden; spätestens jedenfalls, wenn sich das Zeitalter der neoliberalen Reformer dem Ende zuneigt.

Entfesselter Finanzkapitalismus

Das Platzen der Immobilienblasen in den USA, Großbritannien und Spanien kam hierzulande als kaum mehr als ein entferntes Grollen an. Besonders interessant sind jedoch die Hintergründe, die dieser Artikel der SZ aufdeckt:
Demnach haben windige Hypothekenbanken mittels zahlreicher betrügerischer Manöver versucht, farbige Rentner auszupressen - und dies in vielen Fällen auch geschafft. Das läuft so: die Banken machten sich das natürlich bestehende Informationsgefälle zwischen Bank und Kunde zu nutze, das am größten in der Gruppe "weiblicher farbiger Rentner" besteht. Diesen wurden teure Hypotheken aufgeschwatzt. Um die Kredite überhaupt und zu den günstigen Konditionen bekommen zu können, brauchten die kleinen Hypothekenbanken die Hilfe der gr0ßen Banken. Um diese über das Risiko hinwegzutäuschen, wurden die Unterlagen frisiert, um die Kunden kredtiwürdiger zu machen; so wurde einer Rentnerin in einem Fall die Führung einer Kindertagesstätte angedichtet, die ausgesagt hatte, sich "um ihre Enkel zu kümmern". Dabei sind die monatlich zu bezahlenden Raten oftmals grotesk höher als die Gesamtrente, die die Rentner erhalten (die meist zwischen 700 und 1000 Dollar liegt, während die monatlichen (!) Rückzahlraten bereits die 2600 Dollar locker übersteigen). Durch massive Drohungen und Einschüchterungen, darunter auch Terroranrufe mitten in der Nacht, wurden die Rentner zur Unterzeichnung gezwungen.
Nun verkauften die Hypothekenbanken die frisierten Kredite an die Großbanken, die diese wiederum auf den Immobilien- und Aktienmarkt brachten.
Und diese ganze Chose bricht gerade bemerklich geräuschlos in sich zusammen.
Auffällig und abstoßend ist dabei, in welcher Leichtfertigkeit hier die Zukunft, das gesamte Leben von Menschen hier weggeworfen wird, um den schnellen Reibach zu machen, nur um des Profites willen. Rund 20% der Hypothekenbanken haben inzwischen Konkurs gemacht - egal, ihre Besitzer sind reich und verschwunden. Die Kreditnehmer wider willen indessen können in der überragenden Merhzahl der Fälle nicht einmal nachvollziehen, wohin das Geld verschwunden ist - das Informationsgefälle greift. Stattdessen bürdet man ihnen noch zum Gutteil ebenfalls gefälschte Kosten auf, die von angeblichen Anwälten entstehen, und Forderungen kommen von Seiten, von denen die Rentner nie zuvor gehört haben.

Müntefering im Wolkenkuckucksheim

Müntefering hat verkündet, dass er eine Koalition mit der LiPa 2009 kategorisch ausschließt und stattdessen entschlossen ist, die Stimmen für die SPD zurückzugewinnen. Lafontaine wird wie üblich als Populist abgeurteilt und die Linkspartei als SED.
Das ist natürlich Bullshit. Die Bedrohung durch die LiPa ist der SPD ein echter Dorn im Auge. Gleichzeitig sind es potenzielle Wähler. Das Bemühen ist insofern verständlich. Die "Argumente" eines Müntefering jedoch sind es nicht. Im besten Fall sind sie hochgradig irreführend, aber eigentlich sind sie nur platt und dumm. Und entlarvend. So sagt Müntefering: "Nicht die kommunistische, sondern die sozialdemokratische Idee hat eine große Mehrheit in Deutschland und muss im Alltag in die Tat umgesetzt werden."
Starke Worte. Dummerweise wird die kommunistische Idee derzeit von der MLPD vertreten, die dafür auch Stimmen im kleinen Nullkommabereich erhält. Die Sozialdemokratische Idee hingegen vertritt derzeit die LiPa, deren designierter Vorsitzender Lafontaine ja auch festgestellt hat: "Wir vertreten heute die Positionen der SPD von 1998."
Die SPD dagegen wird hoffentlich weiter an Stimmen verlieren. Diese kommen derzeit hauptsächlich der CDU zugute, aber die gebährdet sich bisweilen ja bereits progressiver als die SPD.

Freiwillige Kastration vor Sicherheitsverwahrung?

In Bayern hat sich ein Mann freiwillig kastrieren lassen, um so der Sicherheitsverwahrung zu entgehen. Der Sextäter war mehrfach rückfällig geworden und erhoffte sich durch diesen Schritt Freiheit, sowohl vom Staat in Form einer Bewährungsstrafe als auch von seinen dunklen Trieben. Er hat aber die Rechnung ohne das bayrische Rechtssystem gemacht, das mit viereinhalb Jahren nur ein Jahr unter der Höchststrafe blieb. Er will nun in Berufung gehen.
Ich sehe das Ganze mit Sorge. Derzeit scheint Bayern die Sache im Griff zu haben: nur drei Männer haben freiwillige Kastration beantragt, und bei einem wurde es abgelehnt, ein Verfahren ist noch anhängig. Aber wer weiß, wie schnell CSU-Hardliner (gibt es überhaupt andere?) auf die Idee kommen, das ganze einfach zu koppeln und zum Usus zu machen?

Tonking in den persischen Golf verlegt!, Nachtrag

Fefe hat eine ganz interessante Verbindung gezogen, die nicht gezogen zu haben ich mich ohrfeigen könnte. Aber ich habe dieses Fakt schlicht vergessen.
Vor recht kurzer Zeit nämlich haben die USA mehrere Offiziere der "revolutionären Garden", aka der iranischen Armee, entführt. Der Iran hat daraufhin eine Gegenentführung angedroht, wenn man die Offiziere nicht freilässt. Scheint, als wäre die nun da. Wenn da tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht, wird das derzeitige hysterische Geschreibsel noch dümmer, als es ohnehin ist - die Eskalation wird gerade gezielt von den USA betrieben.
Denn gleichzeitig wird im UNO-Sicherheitsrat gerade über schärfere Sanktionen gegen den Iran verhandelt, die einstimmig angenommen wurden - obwohl der Iran eigentlich selbst vielleicht auch gerne mitgeredet hätte. Ging aber nicht - die USA haben Ahmadinedschad einfach effektiv das Visum verweigert. Auf die Art und Weise wird man Gegenstimmen natürlich auch los.

Nachtrag: Angeblich haben die Briten die Grenzverletzung gestanden.

Fundstücke

Es gibt keine Opposition in der BRD.
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Was ist so viel besser am finnischen Schulsystem?
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Phyrrussieg der Konservativen beim Unterhaltsrecht.
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George W. Bush vermehrt unter Druck.
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taz-Kommentar zum neuen Unterhaltsrecht.
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Die FDP streitet ab, Tabaklobbyisten zu sein. Den Forderungen der tabaklobby gibt sie aber willfährig mit der Entschudligung nach, dass sie CDU und SPD ja auch mitmachen.
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Wut! über die Allgegenwart von Werbung.
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Die Zeit zum Mythos RAF und seiner Verankerung im bürgerlichen Milieu.
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Privatisiert die JuLis!

Via Perspektive2010.

Da die JuLis (mal wieder) die Privatisierung des ZDF fordern, wird nun zurückgeschlagen: die Forderung nach einer Privatisierung der JuLis wurde erhoben:
Das Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) fordert die Privatisierung der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (Julis). "Es gibt keine Notwendigkeit für eine fünfte, teilweise öffentlich-finanzierte, Partei-Jugendorganisation", sagte ZDF-Intendant Markus Schächter am Freitag in Kiel laut Faketicker. [...]
"Der Fernsehrat steht geschlossen hinter dem Antrag. Da gibt es einen breiten Konsens", sagte Schächter. Die Spasspartei FDP sei jedoch "noch nicht bereit", den Umfang der öffentlich-rechtlichen Versorgung (mit Partei-Jugendorganisationen) in demselben Maße infrage zu stellen.
Dazu der passende Kommentar:
Die JuLis sollten mit ihrer Mutterpartei privatisiert und an eine Investorengruppe verkauft werden. die könnte dann "Umstrukturierungsmaßnahmen" durchführen, um "Anpassungen" an die "Zwänge der Globalisierung" vorzunehmen. Mehrarbeit wäre dann natürlich auch erforderlich, um sich an das Niveau chinesischer und
polnischer Parteien anzupassen. So könnte etwa Johannes Vogel neben
seiner gewöhnlichen Tätigkeit auch noch die Hausmeisterfunktion
übernehmen oder in der JuLi-Zentrale ab und an feucht durchwischen.
Ok, OT:
Meine Güte, was gibt es Schlimmeres als liberale Hackfressen, die nie
auf die Idee kommen, dass ihr "vor-Liberalität-kaum-geradeaus-gehen-können" auf die eigene
privilegierte Position zurückzuführen ist. Wer in Luftigkeit und ohne Zwang lebt, der kann auch den liberalen Rebellen verkörpern.

In eigener Sache

Endlich hat die Zahl der Blogbesucher einmal wieder die 300er Marke durchbrochen. Zwar konnte der Rekord vom letzten Mal nicht ganz gebrochen werden, dafür aber ein neuer errungen werden: zum ersten Mal ist der Tagesdurchschnitt über die 200 gestiegen. Zwar wird er wohl wieder fallen, da ich nicht mit einem Allzeithoch rechnen darf, aber es ist schon einmal eine neue, erfreuliche Leistung. Der Aufwärtstrend hält an, und ich sage allen Besuchern: Danke!

Freitag, 23. März 2007

Tonking in den persischen Golf verlegt!

Iranische Kriegsschiffe sollen zwei britische Schlauchboote in iranische Gewässer gezwungen und die Besatzungen interniert haben. Großbritannien beteuert, man habe sich in irakischen Gewässern aufgehalten und fordert die Freigabe der Soldaten.
Das könnte noch heiß werden. Bislang lässt sich schwer erkennen, was genau passiert ist.

Nachtrag: Indessen ist in der SZ davon die Rede, dass im Iran Uneinigkeit herrscht und die rechte Hand nicht weiß, was die Linke tut. Mit dem dämlichen Verweis, das Land habe bald Atomwaffen.

Kinderland Deutschland

Wir Deutschen haben, so die allenthalben zu hörende und wahrscheinlich nur der Rentenkampagne mit ihren unsinnigen Demographieargumenten geschuldete Argumentation. Betreuungsmöglichkeiten müssen geschaffen werden, so das Credo, damit Beruf und Familie vereinbar bleiben.
Vielleicht würde es gelegentlich reichen, die ARGE nicht mit willkürlich-diktatorischen Vollmachten auszustatten. Wie dieser Fall erzählt, macht die ARGE Druck auf ein junges Elternpaar - weil das Kind krank ist. Die Mutter, arbeitlos, bekommt - wieder einmal - ein unbezahltes Praktikum mit vager Hoffnung auf Festanstellung angeboten. Dieses Praktikum aber muss bei der ARGE abgesegnet werden - warum auch immer. Und diese droht nun mit Sanktionen, sollte das Praktikum wegen erneuter Krankheit des Kindes abgebrochen werden müssen. Was, nebenbei gesagt, illegal, aber wegen der Machtfülle der ARGE kaum bekämpfbar ist - offensichtlich politisch gewollt.
Wieder einmal wird hier Politik gegen die Arbeitslosen statt gegen die Arbeitslosigkeit betrieben und, doppelt schändlich, auf dem Rücken eines kleinen Kindes und seiner jungen Eltern. Die ARGE verlangt, dass sie dafür sorgen, dass es nicht mehr krank wird. Als ob das in ihrer Macht läge.

Gesetzesinitiative für REITs im Bundestag, Nachtrag IV

Keine große Überraschung: die REITs sind durch den Bundestag. Wer noch einmal die Hintergründe nachlesen möchte:
Link 1
Link 2
Link 3
Link 4

Wenig überraschende Wendung im Babymord

Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben hier BILD-gerecht die Schlagzeile:
"Illegaler wirft Baby aus zehntem Stock!" So oder ähnlich die Grundlage.
In Hamburg hatte die Polizei die Leiche eines frisch geborenen Babys gefunden, das in einer Plastiktüte aus dem zehnten Stock eines Hochhauses geworfen worden war. Die Mutter beschuldigte ihren 23jährigen mazedonischen Freund und den Vater des Kindes, das in einem unkontrollierten Wutausbruch getan zu haben. Alles passt; der Mann ist Illegaler, mehrmals durch Straftaten und Schlägereien aufgefallen. Dummerweise war er es nicht; die Polizei hat die Fahndung eingestellt. Die 26jährige Mutter steht nun unter Tatverdacht, was aus mehreren Gründen heraus interessant ist.
Zum einen ist da ntürlich das alte Problem, dass der Mann erst einmal als der natürlichste Täter gilt; im vorliegenden Fall jedoch scheint das System zur Abwechslung einmal relativ schnell funktioniert zu haben.
Viel schlimmer ist, dass die 26jährige Polin streng katholisch erzogen wurde. Da es sich um eine uneheliche Schwangerschaft handelt, war die Frau in einer ungünstigen Situation. Wie es in solchen Situationen oft geschieht, verdrängte sie die Schwangerschaft, bis zum Moment ihrer Geburt - und in dem folgte dann der Kindesmord als Panikreaktion.
Dabei wäre das gar nicht nötig. Es gibt zahlreiche Stellen, die anonym ungewollte Kinder annehmen. Die Kombination aus schlechten Lebensumständen, Unbildung und streng katholischer Erziehung hat hier ein weiteres Mal tödliche Sprengkraft entwickelt.

Fundstücke

Oskar Lafontaine kommt derzeit wieder häufiger zu Wort, hauptsächlich im Zusammenhang mit der Fusion der WASG und LiPa.
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Der Militärhistoriker Dietmar Herz besuchte den Irak und hat erschütternde Erkenntnisse und Erlebnisse aufgeschrieben.
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Man muss seine Feinde kennen, meint Sozialliberal.
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Arbeiten Al Gore und George W. Bush in Wahrheit als Böser Bullle - Guter Bulle zusammen? Schrille Theorie von Wisnewski.
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Weitere Munoz-Kritik.
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Die Reaktion der NachDenkSeiten auf den Entwurf von Glos.
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Zum Thema Medienmacht und Machtignoranz im Umfeld der INSM.
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Lobby-Control zum Thema Automobilindustrie und EU-Lobbyregister.
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Deutschland-Debatte zur Struck-Kritik.
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Besitzstandswahrer mit interessantem "konstruiertem Zusammenhang".
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Auch Feynsinn widmet sich dem Glos-Konzept.
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Der Nachtwächter denkt über Straßenbahnen nach.
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Der Jurastudent erklärt, warum Merkels geheimer Schießbefehl kein geheimer Schießbefehl ist. -----
Zum Telekomstreit.
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Zur Korandebatte

Was wird nicht alles für Unsinn geschrieben und gesagt dieser Tage über das angebliche Koran-Urteil der Richterin Datz. Diese habe, so der stete Vorwurf, eine marokkanischen Ehefrau mit Verweis auf die durch den Koran legitimierte Praxis zu deren prügelndem Ehemann zurückgeschickt.
Dabei ist das von der Wahrheit weit entfernt. Die Frau lebt seit Mai 2006 von ihrem Ehemann getrennt und beantragte einen Härtefall, um vor Ablauf des obligatorischen Ehejahrs von ihrem Mann getrennt werden zu können, das im Mai 2007 ausläuft. Da die Richterin gegen diesen bereits ein Kontaktverbot ausgesprochen hatte, das das Nähern auf 50m beinhaltet, sah sie diesen Härtefall nicht als gegeben an und lehnte den Antrag ab. Das sind die unbestrittenen Fakten.
Ebenso unbestritten ist die durchaus strittige Begründung der Richterin. Da Ehemann und Ehefrau aus dem marokkanischen und damit muslimischen Kulturkreis entstammen und das Prügeln der Ehefrau durch den Koran legitimiert sei, liege kein Härtefall vor - die Frau sei das ja gewohnt und die Schutznaßnahmen ausreichend.
Nicht nur der letzte Halbsatz wird gerne weggelassen. Sämtliche Politiker, Aktivisten und Journalisten (im weitesten Sinne), die sich gerade über diesen Fall ereifern, konstruieren gerne das falsche Bild einer Richterin, die die Frau zurück zu dem prügelnden Mann sendet - aus ganz unterschiedlichen Positionen und Intentionen. Unter den Kritikern finden sich Muslime, Feministen und konservative Christen in seltener Eintracht vereint.
Die Feministen befinden sich dabei in der schwierigsten Position - wurde das Urteil doch von einer Frau gefällt. So können sie nur mit allenfalls halber Kraft gegen den Islam feuern und mit Wortakrobatik die Richterin als Fakt einfach ausklammern - was bisweilen zu wirklich komischen Reaktionen führt.
Die Muslime spalten sich in zwei Gruppen: die abgeschworenen Muslime, säkular, liberal und intellektuell nutzen die Gelegenheit, sich zu profilieren und gegen den Islam zu wettern, dem sie längst abgeschworen haben (weswegen auch ihre Bezeichnung an und für sich widersinnig ist). Die eher konservativen und praktizierenden Muslime schweigen bislang eher.
Die konservativen Christen, besonders aus dem Umfeld der CDU/CSU und diverser Internetnetzwerke wie Honestly Concerned, Politically Incorrect oder der Achse des Guten sind diejenigen, die sich am medienwirksamsten in Pose setzen - Kunststück bei der Medienmacht, die sie auf sich vereinigen. Sie instrumentalisieren den Fall wie die vielen anderen Fälle zuvor und versuchen durch einseitiges Weglassen von Fakten und Verdrehen der Wahrheit, bisweilen sogar Lüge, Präzedenzfälle zu konstruieren, die ihnen als Munition für den "Kampf der Kulturen" dienen - einen Kampf, der bisher nicht stattfindet. Genau das wurmt die konservativen Christen am meisten. Trotz aller "Beweise" für ein "Einknicken" des Rechtsstaats vor den "Fundamentalisten" gelingt es ihnen nicht, den "Kulturkampf" vom Zaun zu brechen. Dabei steht ihnen auch ihr eigenes Selbstverständnis im Weg. Sie betrachten sich als Vorkämpfer der säkular-liberalen westlichen Zivilisation, als Verteidiger des Rechtsstaats, und übersehen dabei völlig, dass sie selbst Fundamentalisten sind - Mehrheitsfundamentalisten gewiss - Deutschland besteht zum überwiegenden Großteil aus Christen -, aber dennoch Fundamentalisten. In ihrem Eintreten gegen den Islam, seine (angeblichen) Werte und seine Symbole vertreten sie meist noch im selben Atemzug eine Stärkung des Christentums, seiner (angeblichen) Werte und seiner Symbole, und sei es nur das Aufhängen von Kruzifixen in der bayrischen Pampa.
Diese Entwicklung ist aus vielerlei Gründen gefährlich. Der "fundamentalistische Islam", dessen Anhänger meist pauschal als "Islamisten" abqualifiziert werden, existiert so nur in der Vorstellungswelt der christlichen Fundamentalisten. In ihrer Vorstellung stemmt sich dieser Fundamentalismus den aufgeklärten und "guten" Werten des Westens gegenüber. Aber der Islam ist nicht homogen. Man muss nur einen Blick auf die zahlreichen Strömungen des Christentums werfen um zu erkennen, dass sich eine Religion zersplittert. Und im Islam ist der Konflikt um ein vielfaches schärfer, wie die Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten gerade im Irak zeigen.
Um auf den aktuellen Fall zurückzukommen: das Urteil der Richterin ist aus mehreren Gründen falsch. Nach Ansicht von Experten wurde es aus Bequemlichkeit gefällt, da eine Gefährdung dank des Kontaktverbots nicht gegeben war und sich die Sache im Mai ohnehin erledigt hätte. Doch das ist nicht der springende Punkt. Die Richterin, die von den konservativen Christen gerade so angefeindet wird, ist in Wahrheit eine der ihren. Ohne tatsächliche Grundlagenkenntnis argumentierte sie mit einem Bild des Koran und der muslimischen Welt, das der Wirklichkeit in keiner Sekunde standhält. Das Eherecht in Marokko ist eines der säkularsten überhaupt; es entspricht unseren Standards im wesentlichen vollkommen. Schon allein diese Begründung ist falsch. Zum anderen ist die Amateuerexzegese, die Datz am Koran zu leisten versucht zumindest umstritten, denn einen klar definierten Passus im Koran, der das beständige Prügeln der Frau durch den Mann vorsehen würde gibt es nicht. Und zum dritten lebt das Ehepaar seit ihrer Geburt in Deutschland, war also nie Mitglied des "marokkanischen Kulturkreises", auf den die Richterin sich bezieht.
Der Rechtsstaat hat im Übrigen wunderbar funktioniert. Die Anwältin der Betroffenen stellte warf der Richterin Befangenheit vor, der daraufhin der Fall entzogen wurde. Spätestens in der nächsten Instanz wäre das Urteil ohnehin nichtig gewesen.
Doch dieses Ende ist den "Kulturkämpfern" natürlich nicht dramatisch genug, es bestätigt in keinster Art und Weise ihr beständiges Credo von einem Einknicken des westlichen Rechtsstaats gegenüber des islamischen Fundamentalismus'. Deswegen wurde es nötig, diesen Medienzirkus mit vollkommen falschen Argumentationen zu entfachen und all die Fälle aus der Vergangenheit wieder herauszukramen, in denen der Staat angeblich auch "einknickte". Solche Fälle gibt es, ohne Zweifel. Doch nicht immer ist es der fundamentalistische Islam, vor dem der Rechtsstaat einknickt.

Sanftes Aufbegehren

Seit Jahren zum ersten Mal erwirtschaftet Deutschland wieder etwas mehr Steuern. Entgegen jeder wirtschaftlichen Vernunft will die GroKo um Peer Steinbrück am rigiden Sparkurs festhalten. Nun regt sich sanfter Widerstand von Fraktionschef Struck, der eine leichte Erhöhung der Ausgaben anmahnt, besonders in den Bereichen Umweltschutz und Wiederaufbau in Afghanistan. Erfolg wird ihm genausowenig beschieden sein wie dem Kurs.
Dabei ist es dieser Sparkurs, der seit seinem Beginn im Jahr 2000 einen echten wirtschaftlichen Aufschwung verhindert, gepaart mit einer falschen, ja schädlichen Leitzinspolitik der EZB. Die Unternehmen freut es: sie fahren Jahr für Jahr gestiegene Gewinne ein, zumindest, wenn wir von den großen Unternehmen reden - den Multis. Die mittelständischen Betriebe gehen genauso ein wie der Mittelstand per se.

Donnerstag, 22. März 2007

Zitat des Tages

Wenn der ehemalige Verteidigungsminister Struck den törichten Satz geprägt hat, Deutschland werde auch am Hindukusch verteidigt, dann kann die Antwort der Afghanen sein: Der Tod meiner Verwandten wird auch in Deutschland gerächt.
- Oskar Lafontaine

Der Irrsinn zu Gast in Berlin

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, planen die Minister Glos (Wirtschaft) und Müntefering (Arbeit und Soziales) neue Reformen. Besonders Glos' Modell (ja, der Ich-hab-keinen-Blassen-Schimmer-von-Internet-Glos) wird derzeit "von Gutachtern" gelobt. Diese "Gutachter", die von der SZ nicht genau spezifiziert sind, entstammen dem Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit. Dieses schreibt sich die Arbeitsmarktökonomie und deren Vermittlung "an die interessierte Öffentlichkeit" ebenso auf die Fahnen wie die Ökonomisierung der Hochschulen. Das ganze natürlich "in enger Kooperation" mit den staatlichen Unis. Kurz: es handelt sich wie bei der INSM um einen reinen Lobbyistenverband. Aber zur Sache:
Glos Vorschlag klingt nicht neu. Er läuft darauf hinaus, dass alle Arbeitslosen eine Pflicht zur Arbeit erhalten (womit er bereits vor einiger Zeit in den Schlagzeilen landete). Diese soll entweder über einen regulären Job laufen oder ein Ein-Euro-Job sein. Wer arbeitet, aber zuwenig verdient, soll das auf das ALG-II-Niveau aufgestockt werden.
Müntefering hingegen plädiert für eine Umsetzung des Konzepts von Bofinger und Walwei. Dieses sieht eine staatliche Förderung von Geringverdienern durch teilweise Erlassung und Rückerstattung der Sozialbeiträge vor. Gleichzeitig werden die Suventionierung der Minijobs sowie die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger stark gekürzt.
Für Glos' Modell rechnet das IZA mit Einsparungen von bis zu 25 Milliarden Euro und 1,4 Millionen neuen Stellen - für Geringverdiener. Für Bofimüntefeweis Modell rechnet sie mit 146.00 Stellen und einer Milliarde Einsparungen.
Wie die IZA auf diese Zahlen kommt, steht in den Sternen; der Artikel erwähnt es nicht. Der Vorschlag von Glos sei aber "hochgradig wirksam", weil er die (angeblich bis dato nicht vorhandenen) Anreize für Hartz-IV-Empfänger erhöhe, sich Vollzeitstellen auch im Niedriglohnsektor zu suchen.
Das IZA betreibt seine Propaganda hier mit mehreren interessanten Aspekten.
1) Wieder einmal wird die alte Mär vom Sozialschmarotzer ausgepackt. Obwohl die Zahl der tatsächlichen Hartz-IV-Missbrauchsfälle verschwindend gering ist, wird beständig dieses Phantom hochgehalten um die zahlreichen Drangsalierungen, Kürzungen und Sanktionen zu rechtfertigen, die sämtliche Hartz-IV-Empfänger treffen.
2) Das Konzept von Müntefering läuft wieder einmal auf eine Umverteilung von unten nach oben hinaus. Der Staat subventioniert das Lohndumping der Unternehmen, indem er das fehlende Geld zum Sozialhilfeniveau (!) zuschießt. Gleichzeitig aber werden die vielzitierten Arbeitsanreize für Hartz-IV-Empfänger tatsächlich zerstört, da jeder Euro auf das ALG-II angerechnet wird.
3) Beide Minister nehmen ausschließlich Vorschläge der neoliberalen Lobbyisten auf. Sozialdemokratische Konzepte finden sich überhaupt nicht.
4) Der Kernpunkt von Glos' Konzept ist die Arbeitspflicht. Die Ein-Euro-Jobs sind offensichtlich herausgerechnet worden, aber woher die Zahl der 1,4 Millionen neuen Stellen stammt bleibt völlig offen. Wie so oft wird hier in der falschen Annahme geschwelgt (die beinahe immer mit der Annnahme 1) korreliert), dass die Jobs einzig aufgrund der zu hohen Kosten fehlen. Das ist aber nicht richtig. Die letzten Jahre haben eindeutig gezeigt, dass sinkende Lohn- und Standortkosten nicht zu neuen Arbeitsplätzen beitragen. Arbeitsplätze entstehen durch das simple Spiel von Angebot und Nachfrage. Wenn keine Nachfrage existiert, kann der Lohn so niedrig sein, wie er will - neue Arbeitsplätze entstehen trotzdem nicht.
Im Endeffekt verteilen beide Konzepte die Last einseitig von der Wirtschaft weg zum Staat und der Bevölkerung. Die Arbeiter müssen weiteres Lohndumping durch ihre Steuern refinanzieren, den Arbeitslosen wird der Einstieg in den Arbeitsmarkt weiter erschwert. Besonders erschreckend ist, wie ein sozialdemokratischer Minister sich so vollständig zur Hure der Wirtschaft macht und keinerlei sozialdemokratische Elemente mehr erkennen lässt. Die Forderung der Gewerkschaften nach einem Mindestlohn (der ohnehin zu niedrig angesetzt ist), der nachweislich auf Erfahrung unserer Nachbarn hin Arbeitsplätze schafft und die arbeitende Bevölkerung deutlich besser stellt, was wiederum zu einer Ankurbelung der Binnennachfrage führt - nichts. Stattdessen wird ein Moloch einseitig befördert und begünstigt, der offensichtlich in höchstem Maße schädlich ist. Das Krebsgeschwür wird nicht entfernt, nicht einmal eingedämmt, sondern im Gegenteil immer weiter genährt - gut genährt. Denn die Ärzte sind auf seiner Seite und haben den Patienten längst dem langsamem und qualvollem Tode preisgegeben.

US-Regierung mischte sch massiv in Tabak-Prozess ein

Wie SpOn berichtet, hat sich die Bush-Regierung unter Federführung von Skandalminister Gonzales massiv in den Prozess gegen die Tabakindustrie eingemischt.
Nach Aussagen einer beteiligten Staatsanwältin wurde durch massive politische Einflussnahme die Strafforderung von 130 auf 10 Milliarden gesenkt und die Forderung, die Manager abzusetzen ersatzlos gestrichen.
Solche Eingriffe unterminieren Tag für Tag den Rechtsstaat - und sie sind beileibe nicht auf die US of A beschränkt.

Waffengesetze in einigen US-Bundesstaaten deutlich aufgeweicht

Einige US-Bundesstaaten, darunter der übliche Verdächtige Texas, haben das Recht auf tödlichen Waffeneinsatz bei Selbstverteidigung erheblich ausgeweitet. Nicht nur, dass nun auch das eigene Fahrzeug und der Arbeitsplatz als "zuhause" gelten, wenn es um Waffenbenutzung geht, auch die Annahme, es könnte zu tödlicher Gewalt kommen rechtfertigt bereits den tödlichen Schuss.
Jeglicher Einbrecher kann in den USA also nun straffrei erschossen werden. Es ist anzunehmen, dass dieses auf gewaltigen Druck der NRA hin beschlossene Gesetz die Zahl der durch Schusswaffen Getöteten in den USA von bisher 30.000 jährlich deutlich anschwellen lassen wird.

Fundstücke

Nachworte zum Landowsky-Prozess bei der taz und der LiPa.
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Nachwort zum Munoz-Bericht.
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Kopierschutz für's Fernsehen.
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Beißende Satire für zukünftige Maßnahmen gegen Arbeitslose.
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Leben "wir" über unsere Verhältnisse?
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Arne Hoffmann hat sein Blog "Hinter meinem Schreibtisch" umbenannt und berichtet über Islamophobie. Aktuelles Beispiel: Scharia am Main?
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"Lückenlose Aufklärung"

Um in einer bayrischen Kleinstadt den Raubmord an einem Supermarktmanager aufzuklären, wurden über 2000 Männer zur Speichelgentestprobe geladen.
Besonders auffällig: bei den meisten herrschte Unbehagen, aber sie sahen es als ihre staatsbürgerliche Pflicht. Unangenehm ist in der Sache jedoch, dass Männer, die zu dem freiwilligen Test nicht erschienen sind (aus welchem Grund auch immer) sofort als verdächtig galten. Soweit normal. Alarmierend ist aber die Aussage des Polizeisprechers: von diesen werde man sehen, dass man "auf andere Art und Weise an den Speichel zu kommen" versuchen wolle. Da kriegt man doch eine Gänsehaut.

IU Bruchsal vor dem Aus

Der Untergang der Privatunis schreitet spürbar voran. Nun steht nach Berichten von SpOn die nächste Privatuni vor dem Aus: die "International University of Germany" in Bruchsal bei Karlsruhe. Gründe dafür sind mangelnde Sponsorengelder und zu wenig Studenten.
Es ist gut zu nennen, dass sich die Privatunis nicht als Erfolgsmodell erweisen und damit dem Bezahlstudium endültig den Weg ebnen. Sieht man sich die Statements von Wissenschaftsminister Frankenberg an, so erhält man erhellende Einsichten in das Selbstverständnis der Neoliberalen:
Baden-Württembergischs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) äußerte sich angesichts der Probleme der IU skeptisch zur Zukunft der privaten Hochschulen. Sie seien zwar wichtig für die Reform des Hochschulwesens gewesen, würden nun aber möglicherweise dem verschärften Wettbewerb zum Opfer fallen: "Sie haben vielleicht ihre Rolle in der Evolution der Hochschulen gespielt und werden jetzt von den stärkeren Dinosauriern gefressen."
Ist er nicht lieb? So geht der Neoliberale eben mit dem um, was ihm nicht mehr nützlich erscheint. Und so treibt die IU Bruchsal ungebremst auf den selbstgeschaufelten Abgrund zu, mit einem Arschtritt des Ministers als Dankeschön.
Einer der großen Gewinner, eben der stärkere Dinosaurier, ist die kürzlich zur "Eliteuni" gekürte TU Karlsruhe, die die Räumlichkeiten in Bruchsal als ausgelagerte Ausbildungsstätte anmieten, jedoch keinen Finger zur Rettung der IU rühren will. Recht so.

Gegen Killerbibeln!, Nachtrag II

Bei Telepolis ist ein Text erschienen, nach dem herausgefunden wurde, dass bestimmte Passagen der Bibel - aus dem Kontext gerissen! - tatsächlich aggressiv machen und nach dem gläubige Menschen gewaltbereiter sind. Das Ganze klingt genau nach den Computerspiel"untersuchungen", die beständig "beweisen", dass Spiele aggressiv machten.

Mittwoch, 21. März 2007

Gewaltiger Eklat um Charlotte Knobloch

Als Vorsitzende des Zentralrats der Juden hat man es schwer. Da wird ein jüdisches Museum in München eingeweiht, und man ist nur Dienstags zur Vorbesichtigung und Donnerstags zur Eröffnung eingeladen, nicht aber Mittwochs zur Pressekonferenz. Was für ein Skandal! Antisemitismus aller Orten!
Bemerkt jemand die Ironie? Die Kritik von Knobloch ist auch wirklich schwer verdaulich:
"Durch den Rohbau hat mich mal das Baureferat geführt, seitdem wurde ich nicht mehr informiert." Sie habe den Eindruck, man wolle dokumentieren, dass "das Museum von der Stadt geführt wird und nicht zur Gemeinde gehört".
Selbstverständlich rudert der OB sofort zurück: alles nur ein Missverständnis, keine Sorge, ein dummer Fehler niederer Knallchargen.
Dass die Eröffnung durch einen solchen Eklat dermaßen überschattet werde, "versteht man auch im Ausland nicht", leitet ein Reporter seine Fragen an Ude ein.
Das muss man auch nicht verstehen.

In eigener Sache

Der Oeffinger Freidenker hat an Wichtigkeit zugenommen. Wie mich der Jurastudent aufmerksam machte, wird die Website in China geblockt.
Nicht, dass das was zu bedeuten hätte, aber das Fakt ist lustig. :)

Merkels geheimer Schießbefehl

Die Todesstrafe ist abgeschafft, so steht es im Grundgesetz. Doch im Prozess der EU-Verfassung ist es möglich, dass sie zur Hintertür wieder hereinkommt, wenn die aktuellen Informationen sich als richtig erweisen sollten.
Die Überarbeitung der Verfassung wird hinter diplomatischen Hintertüren ausgeknobelt. Sie enthält dabei folgenden Passus:

EU-’Verfassung’ in Titel I, Artikel 2 (2):

    Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.

In den Erläuterungen zu diesem Artikel, sozusagen versteckt im Kleingedruckten, schimmert dann auf Seite 434 aber durch, wie das zu verstehen ist. In den Erläuterungen finden sich unter Punkt 3 die Ausnahmen von der Regel:

    3. Die Bestimmungen des Artikels 2 der Charta (2) entsprechen den Bestimmungen der genannten Artikel der EMRK und des Zusatzprotokolls. Sie haben nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta (3) die gleiche Bedeutung und Tragweite. So müssen die in der EMRK enthaltenen “Negativdefinitionen” auch als Teil der Charta betrachtet werden:

    a) Artikel 2 Absatz 2 EMRK:

    “Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

      a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;

      b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;

      c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen”.

    b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:

    “Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...’.

Da läuten doch alle Alarmglocken. Aber hinter der Interpretation steckt ziemlich viel heiße Luft. Denn die Regelung muss im Kontext des Fehlens schriftlich fixierter, EU-weit gültiger Grundrechte gesehen werden. Kein EU-Gericht würde nach dem aktuellen Stand dieses Gesetz auf diese Art und Weise interpretieren, dessen ist sich der Jurastudent sicher.