Freitag, 31. Dezember 2010

Neue Form des Politikjournalismus?

Von Stefan Sasse

Da bei mir gerade ziemlicher Zeitmangel herrscht, verweise ich euch auf den Artikel "Der neue Politikjournalismus: nichtlinear und visuell" von Max Steinbeis, der sich der Misere des Politjournalismus von einer neuen Sort annähert und versucht, eine Lösung zu bieten. Zumindest als Diskussionsgrundlage ist das Essay allemal zu gebrauchen, also schaut es euch an!
Es war Mitte der Neunziger. Ich hatte gerade den Beschluss gefasst, Journalist zu werden. Ich stand mit einem etwas älteren Freund zusammen, der gerade als Volontär beim Bayerischen Rundfunk genommen worden war, und wir fantasierten über unsere aufregende politische Korrespondentenzukunft: Bonn! Washington! Moskau! Als ich „Brüssel!“ einwarf, zog mein erfahrenerer Freund ein Gesicht.
Ach, Brüssel, sagte er. Brüssel ist doch keine Geschichte.
Jeder weiß, dass die meisten Gesetze auf EU-Ebene entstehen. In Brüssel fallen die maßgeblichen Entscheidungen. Die Politik, die dort gemacht wird, ist für Deutschland und seine Zeitungsleser von ungeheurer Tragweite.
Aber Brüssel ist keine Geschichte.

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Mittwoch, 29. Dezember 2010

"Die Dunkelheit vertreiben"


Es ist leicht, angesichts der schmutzigen Welle von Rassismus, die uns überflutet, zu verzweifeln.
Die Medizin gegen die Verzweiflung ist die wachsende Anzahl junger Leute, Söhne und Töchter der neuen israelischen Generation, die sich vereinigt, um sich im Kampf gegen Rassismus und Besatzung zu engagieren.
In dieser Woche versammelten sich mehrere Hundert von ihnen in einer Halle in Tel Aviv ( die ironischerweise der Zionistischen Vereinigung von Amerika gehört), um ein Buch vorzustellen, das die Gruppe „Das Schweigen brechen“ veröffentlichte.

In der Halle waren auch ein paar Veteranen des Friedenslagers, aber die große Mehrheit der Anwesenden waren Jugendliche in den Zwanzigern, junge Männer und Frauen, die ihren Militärdienst abgeschlossen hatten.
„Die Besatzung der Gebiete“ ist ein Buch mit 344 Seiten, das aus fast 200 Zeugnissen von Soldaten über das tägliche und nächtliche Leben unter der Besatzung besteht. Die Soldaten lieferten die Augenzeugenberichte, und die Organisation, die aus Ex-Soldaten besteht, überprüfte, verglich und wählte aus. Am Ende wurden 183 von etwa 700 Zeugnissen für die Veröffentlichung ausgewählt.

Freitag, 24. Dezember 2010

Weihnachtsbotschaft mal anders

Von Stefan Sasse


Ich bin mir nicht sicher ob die Kids die Botschaft richtig verstanden haben. Die Autorität zu respektieren und ihr zu gehorchen ist aber ganz sicher nicht vereinbar mit den Werten der US-Verfassung und der Bill of Rights. Das aber wiederum stört die evangelikale Rechte ohnehin nicht besonders. Es ist erschreckend, in welche Bereiche deren Propaganda mit Hilfe gehirngewaschener Kinder inzwischen schon eindringt. Ein Glück spielen diese Spinner bei uns keine Rolle. Hier würden uns Kinder vielleicht vorsingen, dass intelligente Menschen Kinder bekommen sollten und der Rest den Sozialämtern gehorchen und arbeiten solle. Oder so. 

In jedem Fall wünsche ich euch schöne Feiertage! Über Weihnachten mach ich den Laden hier mal zu. Feiert schön und ruht euch aus!

Dienstag, 21. Dezember 2010

Die Finanzkrise als Anlass - Fragen, die sich jeder einmal stellen sollte

Von Fred Lemrog

"Auf einem Dampfer, der in die falsche Richtung fährt, kann man nicht sehr weit in die richtige Richtung gehen."
(Michael Ende)

Die aktuelle Krise sollte Anlass sein, darüber nachzudenken, ob nicht - frei nach Shakespeare - womöglich etwas faul ist im Staate Geldsystem. Diese Krise ist eine von vielen in den letzten Jahrzehnten (Asienkrise, Russlandkrise, Argentinienkrise, New Economy Krise, Immobilienkrise). Dabei werden die Krisen ständig größer und ihre Auswirkungen immer gewaltiger. Immer gigantischere Summen müssen in das System gepumpt werden, um einen totalen Kollaps zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund wird mehr und mehr auch für den Normalbürger sicht- und greifbar, dass etwas ganz Grundlegendes falsch läuft und ursächlich für die ständig wiederkehrenden Zusammenbrüche ist. Und immer mehr Menschen beginnen sich für die Gründe und Zusammenhänge zu interessieren und stellen dabei zunehmend solch berechtigte Fragen wie die folgenden:

Montag, 20. Dezember 2010

Unbelehrbarkeit als pathologisches Phänomen? Müssen Neoliberale auf die Couch?

Von Jürgen Voß

Nach langer Zeit habe ich mal wieder einen kleinen Leserbrief an die Hüterin des neoliberalen Grals, die Süddeutsche Zeitung, geschickt. Der Vollständigkeit halber sei er hier abgedruckt:

Zu „Generation 50 plus“ in SZ v. 18/19. Dezember
Dagmar Deckstein, seit Jahren eine der führenden Protagonistinnen des neoliberalen Systemwechsels, legt in Zusammenarbeit mit ihren beiden Kolleginnen ín Sachen „Rente mit 67“, die allen Fakten zum Trotz längst beschlossen ist, noch einmal affirmativ nach (warum eigentlich, die Schlacht ist doch geschlagen?) und dies in völliger Verkennung ihres journalistischen Auftrags mit geradezu peinlicher Verbeugung vor regierungsamtlichen Argumenten, die trotz mannigfaltiger Wiederholung auch nicht richtiger werden.

Freitag, 17. Dezember 2010

Wir brauchen einen aktiveren Staat!

Von Stefan Sasse

Kalifornien steht vor dem Bankrott. In Colorado werden Straßen abgerissen und Beleuchtungen nachts ausgeschaltet, weil Geld für die Wartung fehlt. In Detroit können Müllabfuhr und Lehrer nicht mehr bezahlt werden. In einer amerikanischen Kleinstadt in Tennessee brennen Häuser nieder, weil die Bewohner den Selbstbehalt der Feuerwehr nicht bezahlen können. Dem amerikanischen Sozialsystem, löchrig wie es ist, fehlen Milliarden. Die Gefängnisse laufen über. Und dabei sind die USA nur ein besonders plakatives Beispiel für eine Entwicklung, die alle Industriestaaten ergriffen hat. Der Staat ist immer weniger in der Lage, selbst elementaren hoheitlichen Aufgaben nachzukommen. In Deutschland ist die Entwicklung - noch - subtiler spürbar, etwa in der schlechten Winterräumung, in der Teuerung von Energie und Wasser, der langsam erodierenden Gesundheitsversicherung, den Rentenkürzungen und der zunehmenden Zahl an Obdachlosen. Diese Entwicklung ist eine Konsequenz des Rückzugs des Staates aus dem Alltagsleben, Konsequenz einer starken Beschneidung von Etats und Kompetenzbereichen unter dem Verdikt, dass die Bürger ihre Steuergelder am besten selbst verwalten und die Wirtschaft ohne staatliche Einmischung am stärksten boomt. 

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Was für eine Farce!

Von Stefan Sasse

Der geplante Jugendschutzmedienstaatsvertrag ist gescheitert; alle Parteien des NRW-Landtags verweigern die Zustimmung. Nachdem praktisch keine Partei hinter dem Vertrag steht, aber trotzdem überall zustimmt - auch die NRW-SPD hatte aus "staatspolitischer Verantwortung" die Zustimmung beschlossen - haben wir das Scheitern dieser dummen Initiative einzig der Tatsache zu verdanken, dass die SPD in NRW keine Lust hatte dumm auszusehen: FDP und CDU in NRW hatten angekündigt, dem Vertrag - den sie in ihrer Regierungszeit selbst ausgehandelt haben! - nicht zuzustimmen. Daraufhin hat die NRW-SPD in einem seltenen Akt der politischen Einsicht erkannt, dass es wenig Sinn macht für einen Vertrag zu stimmen den nicht einmal der Verursacher gut findet, "staatspolitische Verantwortung" hin oder her. Letztlich geht es aber einmal mehr nur um die Außenwirkung, und hätten CDU und FDP zugestimmt, hätte rot-grün aus eben dieser "staatspolitischen Verantwortung" mitgestimmt. Was für eine Farce! Was ist das für eine Verantwortung, die es notwendig macht für Verträge zu stimmen, die alle, wirklich alle, dämlich finden? Und da frag sich noch einer, warum man dieser Republik keine Problemlösungskompetenz zutraut! Was für eine Farce...

Dienstag, 14. Dezember 2010

Anatomie des Holocaust

Von Stefan Sasse

Ankunft von Juden in Auschwitz
Die Frage nach dem Verständnis des Holocaust ist in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch weitgehend ungeklärt. Zwar ist die Aufarbeitung - es wurde hier im Blog bereits diskutiert - in Deutschland besonders im Vergleich zu anderen Länderen und deren Kriegsverbrechen extrem fortgeschritten und tiefgreifend. Die Ermüdungserscheinungen gerade des vergangenen Jahrzehnts jedoch, das verhärtende Gefühl von "ich war nicht schuld, ich will das nicht mehr hören" erfordern einen anderen Ansatz der Aufarbeitung. Ich beschreibe diesen anderen Ansatz als "Täger-Perspektive". Gemeint ist, nicht einfach nur die Zahlen der Opfer und die Dimension des Verbrechens aufzuzählen und einen Blick auf die Riege der Top-Nazis von Goebbels über Heydrich zu Himmler und schlussendlich Hitler zu werfen. Das führt in meinen Augen zu nichts. Die Opfer des Holocaust generieren zu reinen Statistiken, und die Riege der nationalsozialistischen Führungsfiguren ist so unglaublich absurd in Verhalten, Gestus, Taten und Absichten, das man sie bis heute kaum versteht und wohl auch nie verstehen kann (vgl. hier). Weiterführend ist stattdessen die Frage, wer den Holocaust eigentlich durchgeführt hat und was die rund 200.000 damit direkt involvierten Menschen bewogen hat, sich der ersten und einzigen industriellen Massentötung der Geschichte zur Verfügung zu stellen.

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Montag, 13. Dezember 2010

Die deutsche Desinformationsgesellschaft

Ein Gastbeitrag von Moritz Steglitz

Es geht mir auf den Keks. In all diesen großen Streitfragen, von Stuttgart 21 über die Kernenergie bis hin zur Konfliktlösung in Israel oder der hiesigen Integrationsdebatte: Über alles reden die Leute, aber die wenigsten von ihnen beschäftigen sich wirklich damit. Die Menschen bilden sich ihre Meinung nicht, in dem sie viele verschiedene Medien zu Rate ziehen, sondern sie beschränken sich in den meisten Fällen auf ein Medium, oder sogar auf gar keines. Hintergrundwissen ist nicht gefragt, die Beschäftigung mit den Themen ist tabu.

Samstag, 11. Dezember 2010

Gedanken zur uneuropäischen deutschen Haltung

In der letzten Zeit schlagen die Wellen um die Rettung der bedrohten Euro-Zonen Länder hoch. Von französischer Seite wie von luxemburgischer Seite wurde Deutschland nun schon wiederholt uneuropäisches Verhalten vorgeworfen. Was aber hat es damit auf sich? Im Folgenen präsentiert der Oeffinger Freidenker zwei kurze Artikel, die sich der Frage nähern. Manuel König argumentiert dabei, dass die Mitfinanzierung der Länder anderer Schulden die Arbeitnehmer in Deutschland doppelt belastet, während Stefan Sasse erklärt, dass die Suche nach kurzfristigen intereuropäischen Wettbewerbsvorteilen generell in die Irre führt. Viel Vergnügen!

Freitag, 10. Dezember 2010

Mal was grundsätzliches...zu Steuern

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit Steuern.

Warum wollen wir Progressiven eigentlich immer hohe Steuern und einen expansiven Staatshaushalt? Was haben wir gegen die Idee, dass das Geld der Bürger besser bei den Bürgern verbleibt, die eigentlich besser wissen was damit anzufangen ist als die monströse Staatsbürokratie? Welche Argumente gibt es, die für eine Finanzierung des Staates durch Steuern sprechen? Hat Sloterdijk vielleicht doch Recht, wenn er eine langsame Umstellung auf Freiwilligkeit bei Steuern fordert? Wir wollen im Folgenden einen Blick hinter die Idee der Steuer und ihre Entstehung sowie die aktuellen Methoden werfen, ehe wir uns der Frage widmen, ob wir das eigentlich brauchen oder ob es nicht bessere Methoden gäbe. 

Montag, 6. Dezember 2010

Wikileaks - ein Nachruf


WikiLeaks. Fast das gesamte Internet scheint derzeit nur noch dieses Thema zu kennen und auch die Medien greifen es momentan begierig auf. In Deutschland kommt im Netz noch der JMStV hinzu, aber das ist es dann auch mit den “großen Themen”. Ein paar Anmerkungen zu den jüngsten Vorgängen rund um die Whistleblower-Plattform.

WikiLeaks im Kreuzfeuer der medialen Kritik, seine Server belagert oder gar abgeschaltet und Gründer/Sprachrohr Julian Assange abgetaucht bzw. nun auf der Flucht vor Interpol? Droht den Kämpfern für mehr Transparenz jetzt das Aus? Wie konnte es soweit kommen? Ein Rückblick.

Die Angst der Besitzstandswahrer

Von Stefan Sasse

Wilhelm Heitmeyer ist Vorurteilsforscher. Er untersucht seit neun Jahren Vorurteile gegen Gruppen wie Langzeitarbeitslose, Zuwanderer und Obdachlose. Der Trend, den er dabei ausmacht, ist beachtlich. Nicht nur nehmen aggressive Vorurteile gegen die genannten Gruppen deutlich zu;sie nehmen vor allem in den hohen Einkommensgruppen mit einer Rasanz zu, die erschreckend ist. Der Grund dafür besteht nach Ansicht der Forscher in den gestiegenen Abstiegängsten der Mittelschicht. Diese Erklärung ist absolut plausibel und weist eine frappante Parellele zu den frühen 1930er Jahren auf, in denen es ebenfalls die Mittelschicht war, die aus Abstiegsängsten heraus eine aggressive Trennlinie zu ziehen versuchte und dabei damals in Scharen der NSDAP zulief - ganz im Gegensatz zu der alten Legende, es seien die Arbeitslosen gewesen, die die Nazis gewählt hatten.

Freitag, 3. Dezember 2010

SPD sucht das Super-Personal

Von Stefan Sasse

Susanne Höll wagt sich in der Süddeutschen Zeitung an die bahnbrechende Analyse, dass die SPD kaum öffentlich wahrnehmbares Spitzenpersonal habe; Gabriel, Steinmeier, Nahles, Steinbrück, Oppermann, vielleicht noch Scholz und Lauterbach - dann hat es sich aber auch schon. Für die Partei ist das natürlich ein Problem. Wohin das allerdings führen soll, weiß auch Höll nicht; nur, dass Personalentscheidungen frühestens 2011 fallen sollen. Manuela Schwesig, so mutmaßt sie allerdings, solle eine Art Gegen-von-der-Leyen werden, und auf Steinmeiers Rat könne Gabriel nicht verzichten. Genau hier aber liegt der große Irrtum, dem sich die Sozialdemokratie gerade hingibt. 

Manuela Schwesig als SPD-Variante der Arbeitsministerin aufzubauen mag auf den ersten Blick bestechend logisch erscheinen: beide jung, beide blond, beide Typ emanzipierte Erfolgsfrau: das kommt gut an! Nur, worin bestehen eigentlich die Unterschiede zwischen den beiden? Welche Politik hat von der Leyen bislang gemacht, die die SPD nicht hätte mittragen können? Warum sollte man die billige Kopie wählen, wenn man doch das Original haben kann? Schwesig ist bisher durch nichts aufgefallen außer durch die Tatsache, dass sie ein telegenes Gesicht bei Anne Will in die Kamera halten kann. Beim Personalnotstand der SPD und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Alternative Andrea Nahles wäre, ist das vermutlich nicht ganz schlecht. Von der Möglichkeit, irgendwelches politisches Kapital zu akkumulieren, ist die alte Tante SPD damit aber weit entfernt. 

Mindestens genausoschlimm ist Frank-Walter Steinmeier. Der Fraktionsvorsitzende ist ein Mensch gewordenes Hindernis in der ersten Reihe des Plenarsaals. Kaum jemand ist so untrennbar mit der Agenda2010 und der Wahlniederlage von 2009 verknüpft wie er. Steinmeier ist die Personifizierung dessen, was die SPD loswerden muss. Er erscheint einfach nur als ein rückwärtsgewandter Besitzstandswahrer, der alles so erhalten möchte, wie er es von Schröder und Müntefering übernommen hat, die beide im Gegensatz zu ihm wahre politische Schwergewichte sind. Mit Steinmeier wird die SPD keinen Blumentopf gewinnen. Der Mann muss weg. Oh, der Agenda-Flügel wird ein Gesicht behalten müssen, ohne Frage. Was für Schwesig und von der Leyen stimmt ist genauso in die andere Richtung richtig; wenn die SPD sich die Positionen der LINKEn 1:1 gemein macht wählen die Leute auch das Original (nicht, dass das so schlecht wäre...). Nur findet sich nichts im luftleeren Zwischenraum dieser Politik. 

Und irgendwo zwischen Buchseiten und überbezahlten Vorträgen spielt Peer Steinbrück ein bisschen Helmut Schmidt, ohne dessen Klasse auch nur annähernd zu erreichen. Steinbrück gefällt sich offensichtlich darin, herumzumaulen und die Partei von rechts zu attackieren. Er ist darin Wolfgang Clement sehr ähnlich. Für seine persönlichen Verdienste (monetäre, versteht sich) zahlt sich das sicher aus. Seiner Partei hilft er damit nicht, vielmehr betätigt er sich als Nestbeschmutzer. 

Somit eiert die SPD bis mindestens 2011 weiter herum, wenn Höll Recht behält. Alle Stärke, die sie bis dahin in Landtagswahlen und Umfragen sammelt ist geborgte Stärke über die Schwäche von Schwarz-Gelb und die Enttäuschung, die diese Regierung in der Zwischenzeit verursacht hat. Auf einer solchen Grundlage kann man vielleicht eine Ablösung schaffen - einen Politikwechsel aber sicher nicht.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Der Holocaust und die Deutschen

Von Stefan Sasse

Zufahrt zum Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau 1945
Das Verhältnis der Deutschen zum Holocaust ist ein zwiespältiges. Es ist ein wohl weltweit einmaliger Vorgang, dass sich eine Nation so eindeutig und unmissverständlich zu einem Verbrechen bekennt, die Verantwortung auf sich nimmt und - wie unvollkommen auch immer - Wiedergutmachung dafür zu leisten versucht. Besonders in den letzten 20, 30 Jahren kommt außerdem eine massive und vergleichsweise profunde Aufarbeitung des Holocaust im breiten öffentlichen Bewusstsein hinzu. Das alles sind Leistungen, die man neidlos anerkennen muss und bei denen man etwa im Falle von Japans Kriegsverbrechen, denen der Sowjetunion oder auch der Kolonialverbrechen von England und Frankreich oder dem Umgang der USA mit der indigenen Urbevölkerung noch vergebens wartet. Gleichzeitig hat diese Aufarbeitung aber auch ihre Schattenseiten. Sie führte zu einem routinierten Betroffenheitsautomatismus, der echte Emotionen für das Thema mehr und mehr zu ersticken droht, zu Denkverboten und politischem Missbrauch. Im Folgenden soll genauer beleuchtet werden, wie die deutsche Aufarbeitung des Holocaust erfolgt ist, welche Probleme und welche Erfolge damit verknüpft sind und wie diese Entwicklung weitergetrieben werden kann. 

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