Von Stefan Sasse
Susanne Höll wagt sich in der Süddeutschen Zeitung an die bahnbrechende Analyse, dass die SPD kaum öffentlich wahrnehmbares Spitzenpersonal habe; Gabriel, Steinmeier, Nahles, Steinbrück, Oppermann, vielleicht noch Scholz und Lauterbach - dann hat es sich aber auch schon. Für die Partei ist das natürlich ein Problem. Wohin das allerdings führen soll, weiß auch Höll nicht; nur, dass Personalentscheidungen frühestens 2011 fallen sollen. Manuela Schwesig, so mutmaßt sie allerdings, solle eine Art Gegen-von-der-Leyen werden, und auf Steinmeiers Rat könne Gabriel nicht verzichten. Genau hier aber liegt der große Irrtum, dem sich die Sozialdemokratie gerade hingibt.
Manuela Schwesig als SPD-Variante der Arbeitsministerin aufzubauen mag auf den ersten Blick bestechend logisch erscheinen: beide jung, beide blond, beide Typ emanzipierte Erfolgsfrau: das kommt gut an! Nur, worin bestehen eigentlich die Unterschiede zwischen den beiden? Welche Politik hat von der Leyen bislang gemacht, die die SPD nicht hätte mittragen können? Warum sollte man die billige Kopie wählen, wenn man doch das Original haben kann? Schwesig ist bisher durch nichts aufgefallen außer durch die Tatsache, dass sie ein telegenes Gesicht bei Anne Will in die Kamera halten kann. Beim Personalnotstand der SPD und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Alternative Andrea Nahles wäre, ist das vermutlich nicht ganz schlecht. Von der Möglichkeit, irgendwelches politisches Kapital zu akkumulieren, ist die alte Tante SPD damit aber weit entfernt.
Mindestens genausoschlimm ist Frank-Walter Steinmeier. Der Fraktionsvorsitzende ist ein Mensch gewordenes Hindernis in der ersten Reihe des Plenarsaals. Kaum jemand ist so untrennbar mit der Agenda2010 und der Wahlniederlage von 2009 verknüpft wie er. Steinmeier ist die Personifizierung dessen, was die SPD loswerden muss. Er erscheint einfach nur als ein rückwärtsgewandter Besitzstandswahrer, der alles so erhalten möchte, wie er es von Schröder und Müntefering übernommen hat, die beide im Gegensatz zu ihm wahre politische Schwergewichte sind. Mit Steinmeier wird die SPD keinen Blumentopf gewinnen. Der Mann muss weg. Oh, der Agenda-Flügel wird ein Gesicht behalten müssen, ohne Frage. Was für Schwesig und von der Leyen stimmt ist genauso in die andere Richtung richtig; wenn die SPD sich die Positionen der LINKEn 1:1 gemein macht wählen die Leute auch das Original (nicht, dass das so schlecht wäre...). Nur findet sich nichts im luftleeren Zwischenraum dieser Politik.
Und irgendwo zwischen Buchseiten und überbezahlten Vorträgen spielt Peer Steinbrück ein bisschen Helmut Schmidt, ohne dessen Klasse auch nur annähernd zu erreichen. Steinbrück gefällt sich offensichtlich darin, herumzumaulen und die Partei von rechts zu attackieren. Er ist darin Wolfgang Clement sehr ähnlich. Für seine persönlichen Verdienste (monetäre, versteht sich) zahlt sich das sicher aus. Seiner Partei hilft er damit nicht, vielmehr betätigt er sich als Nestbeschmutzer.
Somit eiert die SPD bis mindestens 2011 weiter herum, wenn Höll Recht behält. Alle Stärke, die sie bis dahin in Landtagswahlen und Umfragen sammelt ist geborgte Stärke über die Schwäche von Schwarz-Gelb und die Enttäuschung, die diese Regierung in der Zwischenzeit verursacht hat. Auf einer solchen Grundlage kann man vielleicht eine Ablösung schaffen - einen Politikwechsel aber sicher nicht.