Freitag, 27. November 2009

Wir spielen Demokratie!

Großes Geschrei herrscht im Politkindergarten Berlin. Der kleine Franz-Josef, den keiner leiden kann, hat wieder einmal Kindergärtner W. Ähler nicht erzählt, was er für böse Sachen gemacht hat. Und als es dann rauskam, hat er gelogen. Alle Ermahnungen haben nichts genutzt, er hat es immer und immer wieder gemacht. Deswegen darf er jetzt, wenn die Kinder zum Kabinettspielen gehen, nicht mehr mit. Franz-Josef ist enttäuscht, weil er Angela für eine doofe Pute hält. Als die bösen Sachen gemacht wurden hat sie zugeguckt und immer wieder gesagt, dass sie es gut findet. Und als W. Ähler es herausgefunden hat, da hat sie gar nichts gesagt und nur traurig gelächelt. Mit trotzigem Gesicht setzt sich Franz-Josef in die Ecke und schmollt. Nicht einmal sein bester Freund Roland schaut zu ihm herüber, stattdessen redet er nur noch mit der doofen Kristina. Nur weil die Hessin! ist, denkt sich Franz-Josef.
W. Ähler würde inzwischen am liebsten das Kabinettspiel ganz verbieten und stattdessen auf dem nächsten Elternabend einmal ein ernstes Wörtchen mit den Eltern sprechen, aber irgendwie wird da nie etwas draus. Die Eltern hören immer nur auf ihre Kleinen und machen Front gegen den Pädagogen. Seufzend also sieht W. Ähler zu, wie die Kinder streiten. Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester sitzt brav an der Seite. Er hat dem Kindergärtner erzählt, was Franz-Josef angestellt hat, und deswegen mag ihn der Kindergärtner jetzt noch mehr als sonst.
"Wir müssen jetzt endlich einen neuen Arbeitsminister finden!" sagt in dem Moment Angela, und sofort schreit Roland los.
"Ja, und zwar einen hessischen!"
"Warum muss es immer ein Hesse sein?" fragt Horst. "Hat der Roland denn das Kabinett gepachtet? Das ist ja Missachtung des W. Ähler!" Beifallheischend blickt er zum Kindergärtner, aber der schüttelt nur verstimmt den Kopf. Könnten die Kinder ihn nicht mal aus den ganzen Streitereien heraushalten?
"Vielleicht eine Frau?" schlägt Ilse vor. Sie fühlt sich immer ein bisschen allein.
"Wir könnten ja auch jemand von den anderen zum Arbeitsminister machen, oder?" schlägt Thomas vor.
"Ja, super Idee!" pflichtet schnell Wolfgang bei. "Am besten auch eine Frau!"
"Ichichichichichichich!" schreit Ursula, die schon lange nicht mehr Familienminister sein , aber trotzdem mitspielen will.
Angela nicht schnell und kräftig. Ein bisschen Make-up bröselt. Stolz und grinsend wie ein Honigkuchenpferd geht Ursula zu ihrem neuen Platz.
"Ich bin für Kristina", quengelt Roland. "Angela, ich hab dir immer geholfen!"
"Das stimmt", meint Angela. Eigentlich mag sie Roland nicht, mit der Streberbrille und den Lippen, die wie Nacktschnecken aussehen. Aber er hilft ihr halt echt immer. Auch W. Ähler schaudert angesichts Rolands Anblick.
"Okay, wir nehmen die Kristina." Roland nickt befriedigt und gibt Kristina einen kleinen Schubs in Richtung Kabinett, aber den braucht die gar nicht.
"Danke Angela", meint Kristina, "du bist die Beste!"

Und wenn die Pausenglocke nicht geläutet hat, dann spielen sie noch heute.

Sonntag, 22. November 2009

Argumentationsmunition

Weißgarnix war so nett, nochmal die Sache mit den Staatsschulden zu erklären. Zur Dekonstruktion all der Deppen da draußen halte ich das für wichtig genug, auf den Link in einem eigenen Beitrag aufmerksam zu machen.

Samstag, 21. November 2009

Operation mittelalterliches Hessen

Roland Koch kann weitere Teilerfolge verkünden. Im Bereich der Bildungspolitik ist es ihm gelungen, ein weiteres Stück Rechtssicherheit abzubauen. Das hessische Kultusministerium führt schwarze Listen, auf denen Lehrer und angehende Lehrer stehen, die "problematisch" sind. Diese werden im hessischen Schuldienst nicht mehr eingestellt. Natürlich weiß niemand, ob er auf diesen Listen steht, denn die sind geheim. Nach welchen Kriterien man auf diese Listen kommt auch. Auf diese Art gelingt es dem Sonnen-Koch, Hessen bald kommunistenfrei zu machen.

Anspruch auf Volksvertretung

Ganz großer Aufreger quer durch die Presse: knapp 170 Bundestagsabgeordnete haben ihr Sachgeldkonto noch einmal gelehrt und unter anderem massig Goldfüllfederhalter von Montblanc bestellt, außerdem gabs wieder tolle Flüge und einige Annehmlichkeiten mehr. So weit, so banal. Penibel rechnen Spiegel und BILD nach: 68.800 Euro hat der Spaß "den Steuerzahler" gekostet. Skandal! schreien die Blätter, der Spiegel entblödet sich auch nicht, den Verweis auf Ulla Schmidts Dienstwagen anzubringen und darüber zu konstatieren, dies zeige, wie sehr sich Schmidt vom Volk entfernt habe (und auch die anderen Besteller, natürlich, das geht unausgesprochen).
Aber hier wird zweimal mit zweierlei Maß gemessen. Der Spiegel erklärt immerhin ausführlich, dass diese Einkäufe vollständig rechts sind, wo BILD einfach nur auf der Klaviatur der niederen Gefühle spielt. Aber bei beiden ist der Tenor derselbe: Skandal! Was erlaube Volksvertreter! Volksvertreter aber habe alle Grund. Zum einen, wie der Spiegel richtig darstellt, stehen diese Budgetgelder jedem Abgeordneten von Rechts wegen zu, und der kann sich dafür Büromaterial kaufen wie er das für richtig hält. Dass nicht genutztes Geld an den Bundestag zurückfließen würde befeuert so was natürlich, aber das liegt in der Natur der Sache. Außerdem ist das Verhältnis der Summen ein Witz: von knapp 70.000 Euro könnte die HRE keine zwei Minuten überleben, und ein Spitzenmanager würde nicht einmal darüber nachdenken für ein solches Salair auch nur aufzustehen, geschweige denn, einen Finger krumm zu machen. Abgeordnete sind Volksvertreter. Was wollen wir eigentlich? Dass unsere Vertreter im Golf II zu Empfängen rattern, weil das billiger ist? Dass sie Verträge mit einem kostenlosen Werbekuli unterschreiben? Geschäftsessen beim Italiener um die Ecke statt im Nobelrestaurant? Jeder, der mit diesen Vertretern zu tun haben würde lachte sich kaputt. Diese Menschen vertreten uns und unser Land auf Gedeih und Verderb, und dafür können wir ruhig was lockermachen. Ganz besonders wenn man daneben stellt, was sich Unternehmen die Außenrepräsentation kosten lassen, ohne dass da auch nur drüber diskutiert wird. Gigantische Penthouse Büros, aufwändige Lounge, erlesene Büffets, Geschäftstreffen in der Karibik - da wird geklotzt, nicht gekleckert. Bloß bei Abgeordneten wird so getan, als ob das alles pfui bäh sei.
Das ist das eine. Das andere ist, dass die Betrachtung nicht nur im äußeren Vergleich höchst ungerecht ist, sondern auch im interenen. Denn wenn man sich ansieht, was die Schlagzeilen gerade ebenfalls bei Spiegel und BILD beherrscht, kann man sich eigentlich nur wundern: da jettet unser "Käi-Tieh" mal eben noch Washington, um mit seinen Buddies über die politische Großwetterlage zu diskutieren und einen Schwanzvergleich mit Westerwelle zu gewinnen und kündigt fröhlich an, dass er plant in Zukunft noch öfter hinzufliegen. Das hat mit seinem Job als Verteidigungsminister in etwa so viel zu tun wie der Kauf eines Montblanc-Füllers mit Bürobedarf: nichts. Aber es sieht halt verdammt gut aus. Nur auf der einen Seite sind unbekannte Hinterbänkler am Werk, und auf der anderen unser geliebt-geleckter Baron aus Bayern. Klar sind das verschiedene Maßstäbe. Denn es ist genau umgekehrt wie Spiegel schreibt: das Ausnutzen dieser Privilegien zeigt eher, wie nahe diese Leute noch am Volk ist, denn "das Volk" würde auch nicht zweimal überlegen ob es 70.000 Euro zurück an den Bundestag fließen lässt oder doch für nette Gimmicks ausgibt. Weg vom Volk, das ist unser toller Baron, der in den Thinktanks der Ostküste zuhause ist und längst in internationalen Kategorien denkt. Das ist jetzt nicht mal Kritik, denn für den Job schadet das sicher nicht. Es soll nur zeigen, wie unendlich dumm die Maßstäbe sind, die hier an die Volksvertreter angelegt werden.
Lasst den Jungs doch ihre Privilegien! Ohne die ist der Job ja echt kaum zu ertragen, und sie gehören nun mal dazu, denn im Vergleich zu anderen Spitzenkräften ist die Bezahlung ein Witz. Wenn wir unsere Abgeordneten wie Dreck behandeln brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir auch Dreck bek0mmen.

Peers neuer Job

So, das Geheimnis ist gelüftet: Peer Steinbrück geht zu Thyssen-Krupp. Das überrascht mich ehrlich gesagt, was hat er denn für die getan, dass die sich so ne Niete in den Vorstand holen? Vielleicht weiß ja ein Leser mehr. War denen die Finanzbranche nur zu offensichtlich?

Freitag, 20. November 2009

Meinungsmache Präsentation mit Lafontaine und Jörges

Wie den meisten von euch wahrscheinlich hinreichend bewusst ist hat Albrecht Müller sein neues Buch letzthin mit Lafontaine und Jörges diskutiert. Jetzt gibt es den YouTube-Mitschnitt dazu, hier der erste Teil (auf den Rest müsst ihr dann halt manuell zugreifen, das ist mehr ein Notifier :))

Was mir dabei auffällt sind mehrere Sachen: zum einen schätze ich Jörges, nicht seine Meinung oder seine Artikel, sondern ich schätze ihn als Gegner. Der hat mehr Verstand als die meisten vom Rest der Bande zusammengenommen und ist sich auch nicht zu fein mal einen Irrtum einzugestehen. Auch Lafontaine ist wieder in sehr guter Form, während glaube ich etwas zu sehr in dem Fakt schwebt, dass ihm das Publikum sehr gewogen ist, dessen Reaktionen ich bisweilen für etwas pubertär halte. Einen gewissen Grundrespekt muss man auch vor dem Gegner haben irgendwo.

Dicke Lippe, dünnes Hirn

Als ich diese Artikelüberschrift in der SZ gesehen habe, hatte ich schon richtig Hoffnung:
Schon wieder eine dicke Lippe
Deutliche, vor allem aber harsche Töne: Kanzlerin Merkel nimmt beim SZ-"Führungstreffen" in Berlin die Manager-Elite ins Gebet - und mahnt als Konsequenz aus der Krise zur Mäßigung.

Leider bezieht sich die dicke Lippe nicht auf Merkel, sondern ist ein Zitat unserer GröKaZ.
Die Banken dürften sich aber nicht darauf verlassen, dass ihnen die Politik bei der nächsten Krise wieder aus der Bredouille helfe. Vielmehr werde irgendwann die gesellschaftliche Mehrheit für solche Rettungsaktionen fehlen. Direkt an die Manager gerichtet erklärte sie: "Um der Stabilität unserer Gesellschaften willen: Lassen Sie uns vernünftig sein - ohne auf Gewinn zu verzichten." Merkels Warnung war gemessen an früheren Aussagen ungewöhnlich deutlich und harsch.
Wohl wahr, aber die Messlatte hing nun auch nicht besonders hoch. Die Banker dürften mächtig beeindruckt sein. Im Endeffekt hat Merkel folgendes gesagt:
Jungs, passt auf, tut ein bisschen so als ob ihr auf mich hört, sonst werde ich irgendwann nicht wiedergewählt, und wer danach kommt ist wahrscheinlich nicht so nett zu euch wie ich.
Ich krieg echt einen Zuviel. Allmählich sollten die Leute doch wirklich mal verstanden haben, was für eine Sprechblasenmaschine die beste Kanzlerin, die wir je hatten ist. Aber nein, das wird alles wiedergegeben wie die Offenbarung. Klar, Merkel war ja auch auf dem Führungstreffen der SZ. Huihui.

Donnerstag, 19. November 2009

Einkaufen bis mitternacht?

Edeka und Rewe wollen in einigen Märkten nun bis 24 Uhr öffnen; die Liberalisierungsgesetze machen es möglich. Das stößt bei den Arbeitnehmervertretern natürlich auf Kritik. Fragen wir uns also: ist diese Maßnahme schlecht?
Ich sage nein. Die Rewe-Gruppe hat Recht, wenn sie sagt, dass sich die Lebensgewohnheit der Menschen verändert haben. Früher haben Läden irgendwann zwischen 18 und 20 Uhr zugemacht, und das war ok, weil eh der Einernährerhaushalt die Regel war. Inzwischen ist das aber häufig nicht mehr so. Ich bin ein Fan der veränderten Ladenöffnungszeiten. Ich finde es gut, auch nach 20 Uhr noch einkaufen zu können und habe häufig davon Gebrauch gemacht. Von mir aus könnten die Läden 24/7 geöffnet haben. An dieser Stelle mache ich eine Pause, damit ihr mich mit Eiern bewerfen könnt.
Dann bringe ich das große "Aber": diese Liberalisierung der Öffnungszeiten muss - und hier ist die Arbeitnehmerkritik berechtigt - ohne Zumutungen für die Belegschaft von sich gehen. Das heißt: wer um 20 Uhr Schluss machen will, muss das dürfen. Denn Arbeit über diese Zeit hinaus ist eine Zumutung, besonders, wenn man eine Familie hat. Dem Arbeitgeber darf es nicht erlaubt sein, seine Angestellten hier länger dazubehalten. Wer nach 20 Uhr noch arbeitet, muss einen Lohnzuschlag bekommen, wie das in Betrieben üblich ist, in denen die Gewerkschaft noch etwas zu sagen hat, etwa die IG-Metall. Wenn ich mich nicht irre gelten hier 25% Aufschlag nach 20 Uhr und noch einmal 25% nach 22 uhr, aber ich bin nicht sicher. Vielleicht weiß ein Leser mehr. Um die Läden zu diesen Zeiten noch offenzuhalten kann man problemlos auf Nebenjobber zurückgreifen, das würde, setzt man die (oftmals leider kaum mehr vorhandene) Stammbelegschaft zu den Kernöffnungszeiten ein, nicht einmal Arbeitsplätze zerstören sondern Nebenverdienstmöglichkeiten schaffen. Eigentlich also ein Konzept, bei dem alle verdienen würden: Kunden weil sie einkaufen können wann sie wollen, Beschäftigte weil sie wenn ihnen die Arbeitszeiten egal sind mehr verdienen können und der Betrieb, weil er von zusätzlichen Kunden und damit Umsatzsteigerungen profitiert. Einzig Läden, die diese Öffnungszeiten nicht mitmachen könnten würden leiden.
Doch dazu wird es natürlich nicht kommen, denn die Arbeitgeber haben kein Interesse an einer humanen Gestaltung dieser zusätzlichen Arbeitszeiten, das erkennt man schon jetzt, wenn der Einzelhandel ausnahmsweise bis 24 Uhr öffnet. Der Gesetzgeber ist voll auf seiner Seite, und deswegen wird eine Liberalisierung leider die Beschäftigten als Profiteure aussparen.

Mittwoch, 18. November 2009

Vattenfall und EWE erhöhen Preise

Die Energieriesen haben ihre Preise um bis zu 14% erhöht. Das ist so wenig etwas Neues wie die Preissteigerungen bei der Deutschen Bahn, die ebenfalls jedes Jahr pünktlich um diese Zeit kommen. Ich könnte den entsprechenden Unternehmen eine Menge Kosten ersparen und einfach einen kleinen Katalog von Standardbegründungen erstellen, dann können sie auf ihre PR-Agenturen verzichten, die eh einen schlechten Job machen. Beispiele gefällig? Bei der Bahn sind die Energiekosten gestiegen/die Investitionen ins Netz teurer. Bei den Energieriesen sind es die bösen erneuerbaren Energiequellen, jedes Mal. Außerdem wird von Investitionen ins Netz fabuliert.
Mal ehrlich, Leute: die erneuerbaren Energiequellen? Von euren Huren bei der CDU und FDP rundumversorgt zieht ihr reine Gewinne aus den ganzen Atomkraftwerken. Diese Preiserhöhung ist notwendig, wenn ihr eure exorbitanten und auf dem Rücken der Steuerzahler von diesen Huren gekauften Margen halten wollt. Aber dafür gibt es keinen Grund. Ihr habt kein Anrecht auf Milliardengewinne ohne Eigenleistung. Die erneuerbaren Energiequellen auszubauen ist etwas, das ihr bisher sträflich vernachlässigt habt. Ihr seid eine Gefahr für die Allgemeinheit.

Dienstag, 17. November 2009

Oskar liebt Sahra! [UPDATE]

Oder vielleicht auch nicht. So genau weiß das keiner. Aber es gibt ein tolles Gerücht drüber, das auch gleichzeitig erklären würde, warum Lafontaine nicht mehr Fraktionsvorsitzender werden will. Demnach würde seine Frau Christa ihn zwingen, nicht mehr in Berlin zu arbeiten, weil Sahra Wagenknecht nun ja ein Bundestagsmandat hat. Das ist der Stoff, aus dem BILD-Geschichten sind. Nur steht das nicht in der Bild. Es war die Bunte, die das Ganze "enthüllt" hat, und die FAZ, die es weitertrug. Natürlich kann da das ehemalige Nachrichtenmagazin nicht abseits stehen, das aus dem Gerücht erst den wirklichen Aufhänger macht und die LINKE zu einer Pressemitteilung reizt. Aber schauen wir uns diesen Absatz mal an:

Es gibt noch eine zweite Erklärung, eine Geschichte, die seit einiger Zeit bei den Linken die Runde macht, die in der Führungsspitze diskutiert wird und sich bis in die zweite Reihe der Partei herumgesprochen hat. Es ist eine Geschichte, in der es um die Privatsphäre von drei Politikern geht, und die ist normalerweise für die Öffentlichkeit tabu. Doch in diesem Fall muss sie erzählt werden, weil hier das Private höchst politische Folgen hat.

Das ist scheinheilig. Das Private war den Medien selten tabu, und Schmutzblättern wie der BILD oder dem Spiegel gleich dreimal nicht. Ich will gar nicht erst behaupten, hier handle es sich mal wieder um eine Lafontaine-Benachteiligung, denn das ist es nicht. Es ist ein normaler Vorgang, der in den Medien ständig passiert. Es gibt massenhaft Leute, sie solchen Dreck lesen wollen, und entsprechend schleudern die Medien ihn, mal kübelweise wie BILD und andere Boulevardblätter, mal mit snobistischem Lächeln wie FAZ und Spiegel. Aber geworfen wird er immer, und das weiß auch jeder. Es gibt eine ganze Reihe von Gesetzen und Urteilen die bestätigen, dass man über so etwas berichten kann und darf. Und tatsächlich ist es interessant zu wissen, warum Lafontaine so reagiert wie er reagiert, auch wenn es nicht gesichert werden kann.

Was mich ärgert ist die Scheinheiligkeit, die der Spiegel hier übt - als würden sich die Medien sonst irgendeine Zurückhaltung auferlegen, die sie nur jetzt, schweren Herzens, brechen müssten. Vielleicht war dem Autor bewusst, dass das was er tut wirklich unappetitlich ist und er es eigentlich lassen sollte.


UPDATE: Scheint so, als würde sich das alles als ziemlich peinlicher Rohrkepierer für die Schmutzpresse erweisen - gerade kam die Nachricht, dass Lafontaine an Krebs erkrankt ist. Das wäre ein deutlich anderer und nachvollziehbarer Grund.

Montag, 16. November 2009

Gesetzesvorschlag [UPDATE]

Gesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Einzelhandel und Dienstleistungsgewerbe
1) Keine Arbeitszeit darf unvergütet oder unangerechnet bleiben.
2) Arbeitszeit, die über das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich vereinbarte Maß hinausgeht, ist nach Wahl des Arbeitnehmers entweder auf ein Zeitkonto anzurechnen oder auszubezahlen. Beides geschieht mit einem Aufschlag von 25% auf die geleistete Arbeitszeit.
3) Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes ist Zeit, die der Arbeitnehmer im Betrieb auf Veranlassung des Arbeitgebers verbringt.
4) Überstunden verfallen nicht, egal in welcher Form sie gesammelt sind.
Inspiriert durch die Erfahrungen eines Komilitonen bei der Computerkette Arlt, wo zu jeder mit 7€/Stunde dotierten Schicht über eine Stunde unbezahlte Arbeitszeit vor oder nach der eigentlichen Schicht geleistet wird.

Sonntag, 15. November 2009

Woran man erkennt ob eine Partei Volkspartei ist

Susanne Höll hat in einem Artikel in der SZ für uns alle erkannt, woran der Status der Volkspartei für die SPD hängt: es ist der Fraktionsvorsitz durch Steinmeier. Wohl und Wehe der SPD und dieser prestigeträchtige Titel einer Volkspartei hängt mit dieser Personalie zusammen. Wer bisher der Meinung war, dass es vielleicht die Menge der Wähler ist, die bereit sind das Programm einer Partei mit ihrer Stimme zu unterstützen: ach was! In dieser Logik könnte die FDP Volkspartei werden, wenn sie nur Steinmeier als Fraktionsvorsitzenden akzeptieren würde. Aber hören wir Höll im Wortlaut:

Disziplin braucht Gabriel auch und gerade im Umgang mit dem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier. Letzterer ist dem Mann aus Goslar in manchen Dingen unterlegen, in der rhetorischen Kraft und dem Hang zur Ruchlosigkeit. Aber Steinmeier gilt als seriös, verlässlich und hat als Oppositionsführer im Bundestag eines der besten Podien der deutschen Sozialdemokraten. Mag sein, dass Gabriel dieses Amt später übernehmen will, vielleicht sogar übernehmen muss. Zermürbt er Steinmeier, wird seine eigene Glaubwürdigkeit leiden. Und die SPD ihren Anspruch auf den Status der Volkspartei endgültig verlieren.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich kann beim besten Willen keinen Zusammenhang entdecken. Niemand wird sich plötzlich für die SPD entscheiden, oder gegen sie, wenn Steinmeier geht. Noch mal zur Erinnerung, Steinmeier ist der Typ, der der SPD das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit eingebracht hat. Aber wenn man die Agenda-Boys unbedingt an den Fleischtrögen halten will, ist einfach jedes Mittel recht, und wenn die Synapsen noch so um Gnade winseln.

Mittwoch, 11. November 2009

Diktatur, Krieg, Kriegsverbrechen, Teil 3: Annexion Österreichs und Zerstörung der Tschecheslowakei

Vorlesung I (28.10.2009) – Historische Einordnung

Vorlesung II (04.11.2009) – Die Dimension des Völkerrechts und der Internationalen Beziehungen

Vorlesung III (11.11.2009) – Annexion Österreichs und Zerstörung der Tschecheslowakei

Vorlesung IV (18.11.2009) – Rechtsbruch, Indoktrination, Unterwerfung: die Wehrmacht im NS-Staat

Vorlesung V (25.11.2009) – Kriegsbeginn und Kriegsführung in Polen. Das Jahr 1939

Vorlesung VI (02.12.2009) - Völkermord

Vorlesung VII (09.12.2009) - Vernichtungslager

Vorlesung VIII (16.12.2009) – Deutsche Emigranten im Office of Strategic Services und die alliierte Nachkriegsplanung 1942-1944/45

Vorlesung IX (13.01.2010) - Das Internationale Militärtribunal IMT: Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher

Vorlesung X (20.01.2010) – Die Nürnberger Nachfolgeprozesse

Vorlesung XI (27.01.2010) – Probleme internationaler Rechtsprechung

Vorlesung XII (10.02.2010) – Ausblick: NS-Prozesse nach 1950


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Der Anschluss Österreichs ist der letzte Revisionsakt in der Tradition des Rechtsbruchs und der Gewalt, den die Hitlerregierung verübt. Die Zerstörung der Tschecheslowakei findet auf einer anderen Ebene statt und kann als Weg in den Krieg gesehen werden; es geht nicht mehr um Versailles, sondern bereits um Volkstum und Ähnliches.

Der Begriff „Anschluss“ stammt aus der NS-Alltagssprache. Bei Verwendung dieser Begriffe muss man sich also bewusst sein, dass man im O-Ton der NS-Propaganda spricht. Die Zerschlagung der Rest-Tschechei wurde als „Griff nach Prag“ bezeichnet.

Die Annexion Österreichs war ein Gewaltakt, der in einem Raum von etwa vier Wochen mit Drohungen und militärischem Druck erzwungen. Die Westmächte und Italien akzeptierten die Annexion, wofür sich Hitler bei Mussolini später überschwänglich bedankte. Ein wichtiger Punkt bezüglich der großen Akzeptanz des Aktes in der Bevölkerung ist, dass die Nationalsozialisten nun fünf Jahre an der Macht sind und durch ihre Propaganda, erfolgreiche Außen- und große Maßnahmen in der Innenpolitik ein Rservoir von hunderttausenden fanatischen Anhängern hatten. Die Arbeitslosigkeit war fast beseitigt, auch wenn das nicht auf der NS-Wirtschaftspolitik beruht (die Infrastrukturpolitik wurde direkt von Weimar übernommen). Nebenbei sind die Reichsparteitage in Nürnberg und die Olympiade 1936 in Berlin massenwirksame Events, die die Bevölkerung für das Regime einnehmen. Die Praxis des Rechtsbruchs dahinter bekommen vor allem jene mit, die aus der Volksgemeinschaft ausgegrenzt werden – Sozialdemokraten, Zigeuner, Homosexuelle und natürlich die Juden. Wenn man zu diesen Gruppen nicht gehörte, konnte man sich durchaus der Suggestion hingeben, es handle sich um eine erfolgreiche Regierung, insbesondere, wenn man keine persönlichen Bezugspunkte hatte und deswegen den Abbau der Rechtsstaatlichkeit als nicht bedrohlich wahrnahm. Dies trifft auf die Mehrheit der Bevölkerung zu, die die Maßnahmen gut fand. Die Akzeptanz der hitlerschen Politik steigerte sich also bis 1938 ganz beträchtlich. Viele Verwaltungsbeamte versuchten inzwischen, „auf den Führer hinzuarbeiten“, indem sie den als so wahrgenommenen Führerwillen in vorauseilendem Gehorsam zu erfüllen. Dadurch breitet sich die Situationswillkür immer mehr aus und wird in steigendem Maße mit Bezug auf den Führer begründet.

Schlagworte des Regimes waren „Deutschlands Größe durch Stärke“, „Deutschlands Größe durch (rassische) Reinheit“ und „Deutschlands Größe durch Wiedergeburt“. Besonders der Topos der nationalen Wiedergeburt war wirkungsmächtig und ideologiekritisch äußerst schwierig zu dekonstruieren; es gab fast niemanden, der in der Lage war die Propaganda korrekt zu dekonstruieren.

Die faschistischen beziehungsweise nationalsozialistischen Länder ziehen ihre Legitimation aus „biologischer Stärke“, dem so gennannten Vitalismus. Der zweite Punkt ist eine Gewaltbereitschaft des Regimes, die international als Militarismus zutage tritt und eine konstruktive Kompromissgebung unmöglich macht, da solche Konversation nicht stattfindet. Der dritte Bestandteil der Ideologie ist die Palingenese, die Wiedergeburt des Volkes nach seinem Tod. Dazu muss man wissen, dass die Völker als am Gift des Liberalismus’ zugrunde gegangen angesehen werden. Das Volk wird als ganzheitliche Gemeinschaft durch die Individualisierung des Liberalismus’ zerstört, weswegen der Nationalsozialismus extrem anti-individualistisch ist.

Zurück zu Österreich. Seit 1937 hatte sich Hitler zunehmend bedrohlich gegenüber Österreich geäußert. Im November 1937 kündigte er in kleinem Kreis die baldige Vernichtung Österreichs, also seiner politischen Eigenstaatlichkeit, an. Mitte November 1937 wird Hitler von England signalisiert, dass in der mitteleuropäischen Gegend, „wo sich die Regelungen des Versailler Vertrags als problematisch erwiesen hätten, wo Änderungen möglich sind“. Dies berührt einen Kernpunkt der territorialen Neuordnung auf Boden des alten Habsburgerreiches, nämlich die Schaffung von Österreich und der Tschecheslowakei. Das Problem ist, dass alle Staaten Osteuropas die in Folge des Vertrags enstanden auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker fußten. Dieses Recht hatte man den Deutschen aber vorenthalten. Die Briten erkannten dies schnell als Fehler und versuchten dies mit einer Politik der kleinen Schritte zu revidieren.

Die Berliner Regierung erging sich zu dieser Zeit außerdem in erpresserischen Maßnahmen gegenüber Wien. Der österreichische Kanzler Schuschnigg erklärte, dass er der verbrecherischen Gewalt, die sich spätestens seit Februar 1938 aufgebaut hatte, weiche „um zu vermeiden, dass deutsches Blut vergossen werde“. Am 11. März tritt er zurück, am 12. März marschiert die Wehrmacht ein, am 13. März wird Österreich durch ein abends mit der heißen Nadel gestrickten Gesetz (das nebenbei den geringen Stellenwert von Gesetzen in NS-Deutschland deutlich macht) angeschlossen. Hitler fährt mit dem Auto von München nach Linz, wo er eine Rede hält und von dort weiter nach Wien, wo er gleich zwei Reden hält. Sowohl in Linz als auch Wien ist die Zustimmung der Österreicher gigantisch. Es handelte sich beim Anschluss also nicht um einen erpresserischen Akt gegenüber der Bevölkerung, sondern allein gegen die auf ihrer Souveränität beharrenden Regierung gerichtet – die Österreicher waren begeistert. Nach 1945 stilisierten sich die Österreicher als erstes Opfer Hitlers. Ein amerikanischer Journalist beschrieb seinerzeit aber eindringlich die Begeisterung einer „wie im Delirium rasenden Menge“. Diese Rechtsbrüche wurden kollektiv von der Bevölkerung akzeptiert. Die Zustimmung stieg immer weiter, es handelt sich also um eine populistische Legitimation der Hitler-Regierung, deren Zustimmung von Gewaltakt zu Gewaltakt. Die Stilisierung Hitlers nimmt immer mehr zu, rationale Kriterien werden zur Seite geschoben und machen einer mythischen schicksalsgeleiteter Figur Platz.

Dies wird in Hitlers Rede in Linz deutlich, wo er erklärt, von der Vorsehung ausersehen zu sein. Dies zerstört auch effektiv die Möglichkeit für Kritik an Hitler, da an der Vorsehung ja eigentlich nicht gezweifelt werden kann. Daraus ergibt sich auch eine andere Legitimation: nicht Volk oder historische Situation, sondern die Vorsehung hat Hitler beauftragt. Sein Gerede davon, Österreich dem Deutschen Reich „wiederzugeben“ bezieht sich auf historisch kaum dokumentierte Vorzeiten, in denen dies angeblich der Fall gewesen wäre, woraus sich auch später die Legitimation für die Eroberung des Ostraums ableitet. Gleichzeitig ruft Hitler die Bevölkerung auf, ihm Legitimation zu verleihen – seine Taten sind schließlich auch durch nichts als Gewalt legitimiert. In der Hofburgrede spricht Hitler dann erstmals vom Ostraum, der immer Teil seiner Selbstdarstellung und Programmatik ist. Die Zukunft des deutschen Volkes liege in der Eroberung der Länder „des Ostens“, Österreich wird dabei als traditionelles Bollwerk gegen den Osten betrachtet.


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Serie wird eingestellt.

Dienstag, 10. November 2009

Hermann Scheer, ein integrer Politiker

Hermann Scheer, der designierte Wirtschaftsminister im Kabinett Ypsilanti und Träger des Alternativen Nobelpreises, Experte für regenerative Energien und Feindbild Nummer 1 aller Lobbyisten der Energiebranche hat wie Ypsilanti nicht mehr für den Bundesvorsitz kandidiert. Ich habe ihn gefragt, warum nicht:
Sehr geehrter Herr Scheer,
mit Freude und Bewunderung habe ich Ihre Kritik an dem Führungsstil der SPD vernommen und bedauert, dass Sie keine größere Rolle in Hessen einnehmen konnten. Nun lese ich, dass Sie mit beteiligt sind, eine SPD-Basisrevolution zu initiieren, die möglicherweise die SPD mit der Schröder-Ära abrechnen und wieder auf Volkspartei-Kurs führen würde. Dies alles unterstütze ich und danke für Ihr Engagement.
Was ich nicht verstehe ist, weshalb Sie - wie auch Andrea Ypsilanti - nicht wieder für den SPD-Vorstand kandidieren. Wie passt das zu der Rolle, die Sie offensichtlich zu spielen gedenken? Ist es nicht wichtig, in der Partei weiterhin Ämter zu bekleiden, die Ihnen Mitspracherecht gewähren? Konterkarieren Sie sich hier nicht selbst? Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Initiative und verbleibe
mit Freundlichen Grüßen
Stefan Sasse
Heute kam eine Antwort:

Sehr geehrter Herr Sasse,

als Antwort auf Ihre Frage hier ein Zitat aus dem Brief in dem ich gegenüber meinen VorstandskollegInnen meinen Rückzug aus dem Gremium begründet habe:

"Der kritische und offene Diskurs ist das Salz demokratischer Erde. Es ist mein Verständnis von sozialdemokratischer Identität, der Partei mehr (zurück) zu geben als von ihr zu nehmen. Meine Haltung entsprach nie derjenigen, wie sie der Satiriker Stanislaw Lec in einem Aphorismus beschrieben hat: "Um eine Position zu bekommen, hat er eine beliebige bezogen." Anstatt strategisch zentrale Inhalte angemessen auszudiskutieren, ist es allzu üblich geworden, politische Machtspiele auszutragen, Scheinlösungen zu produzieren und inhaltsfremde personelle Rücksichten zu nehmen. In solche Spiele will ich aber nicht involviert sein und auch nicht weiter davon belastet werden. Ich bin deshalb zu dem Schluss gekommen, dass es ohne Sitz im Parteivorstand eher möglich ist, einen Beitrag zur Verbesserung der politischen Kultur der SPD zu leisten."

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Scheer
Kann man so stehen lassen.

Filmstöckchen

Beim Sockenblog lag dieses Filmstöckchen rum, und weil ich gerade eh nichts besseres zu tun habe, hab ich's mal aufgehoben.

01) Filme, die du schon mehr als zehnmal gesehen hast:
Herr der Ringe (alle Teile), StarShip Troopers, The Dark Knight, Asterix und Kleopatra, Sweeney Todd, Titanic, Im Westen nichts Neues - zumindest fallen mir die spontan ein.

02) Ein Film, den du mehrfach im Kino gesehen hast:
Star Wars Episode III (warum auch immer), The Dark Knight (einmal im Original) und Watchmen.

03) Schauspieler, wegen denen du eher geneigt wärst, einen Film zu sehen:
Oh, da gibt es viele. Johnny Depp und Christian Bale, zum Beispiel.

04) Schauspieler, wegen denen du weniger geneigt wärst, einen Film zu sehen:
Die ganze Riege der Teenie-Komödiendarsteller.

05) Filmmusical, dessen Songtexte du komplett auswendig kannst:
Sweeney Todd, wobei nicht ganz komplett, aber immerhin überwiegend.

06) Ein Film, bei dem du mitgesungen hast:
Sweeney Todd.

07) Ein Film, den jeder gesehen haben sollte:
Titanic.

08) Ein Film, den du besitzt:
Lol, ich habe über 250 Original-DVDs...

09) Ein Schauspieler, der seine Karriere nicht beim Film startete und der dich mit seinen schauspielerischen Leistungen positiv überrascht hat:
Wie soll ein Schauspieler eine Schauspielkarriere nicht beim Film starten? Aber wohl Herbert Grönemeyer in Das Boot.

10) Schon mal einen Film in einem Drive-In gesehen?

Nein.

11) Schon mal im Kino geknutscht?
Ja.

12) Ein Film, den du immer schon sehen wolltest, bisher aber nicht dazu gekommen bist?
Ich bin kein großer Freund alter Filme, von daher eher nicht.

13) Hast du jemals das Kino verlassen, weil der Film so schlecht war?
Nein, da bin ich zu sehr Schwabe.

14) Filme, die dich zum Weinen gebracht haben?
Armageddon und Krieg der Welten. Strange, ich weiß.

15) Popcorn?

Nein, nie. Mag ich nicht.

16) Wie oft gehst du ins Kino?
Recht selten. Ich kauf lieber die DVD. Ich geh eigentlich nur in Filme die auf der Leinwand sein müssen, weil es kracht und knallt.

17) Welche Filme hast du zuletzt im Kino gesehen?
Star Trek war der letzte denk ich.

18) Deine Lieblingsgenre?
Ich mag keine Komödien. Aber sonst...

19) Dein erster Film, den du im Kino gesehen hast?
Der Film mit dem Bernhardiner...wie hieß der...keine Ahnung. Ist schon ewig her. Ich glaube der konnte als Off-Ton sprechen und hat sein Besitzer-Kind geschützt, irgendsowas.

20) Welchen Film hättest du lieber niemals gesehen?
Nur noch 60 Sekunden.

21) Der merkwürdigste Film, den du mochtest?
[beliebigen Tim-Burton-Film einsetzen]

22) Der beängstigendste Film, den du je gesehen hast?
The Sixth Sense

23) Die lustigsten Filme, die du je gesehen hast?
Thank you for Smoking (großartig!), The Big Lebowski, ...

Montag, 9. November 2009

Umfrageergebnis

Danke fürdie zahlreiche Teilnahme an der Umfrage zur Zukunft von schwarz-gelb. Hier die Endergebnisse:
Wird schwarz-gelb ihren Raubbau vor der NRW-Wahl 2010 durchführen können?
Ja, weil der Widerstand der Länder nur symbolisch ist
50 (17%)
Ja, weil Merkel in der Lage ist ihre Macht entsprechend zu nutzen
11 (3%)
Ja, weil die Medien diese Bestrebung publizistisch unterstützen werden
126 (44%)
Nein, weil Opposition und Medien zu viel Kritik üben
17 (6%)
Nein, weil das den Interessen der Länder widerspricht
22 (7%)
Nein, weil Merkel das ausbremsen wird um ihr Profil nicht zu schärfen
56 (19%)
Interessant wie viele für die Medienoption votiert haben. Man darf gespannt sein. In einem Jahr werden wir dann sehen, welche Option es geworden ist :)

Diktatur, Krieg, Kriegsverbrechen - Teil 2: Die Dimension des Völkerrechts und der Internationalen Beziehungen

Vorlesung I (28.10.2009) – Historische Einordnung

Vorlesung II (04.11.2009) – Die Dimension des Völkerrechts und der Internationalen Beziehungen

Vorlesung III (11.11.2009) – Annexion Österreichs und Zerstörung der Tschecheslowakei

Vorlesung IV (18.11.2009) – Rechtsbruch, Indoktrination, Unterwerfung: die Wehrmacht im NS-Staat

Vorlesung V (25.11.2009) – Kriegsbeginn und Kriegsführung in Polen. Das Jahr 1939

Vorlesung VI (02.12.2009) - Völkermord

Vorlesung VII (09.12.2009) - Vernichtungslager

Vorlesung VIII (16.12.2009) – Deutsche Emigranten im Office of Strategic Services und die alliierte Nachkriegsplanung 1942-1944/45

Vorlesung IX (13.01.2010) - Das Internationale Militärtribunal IMT: Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher

Vorlesung X (20.01.2010) – Die Nürnberger Nachfolgeprozesse

Vorlesung XI (27.01.2010) – Probleme internationaler Rechtsprechung

Vorlesung XII (10.02.2010) – Ausblick: NS-Prozesse nach 1950


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Die Bestrebungen Nazi-Deutschlands in der Außenpolitik basierten hauptsächlich darauf, das seit 1918/19 entstandene internationale System zu verlassen, wie auch die bürgerlich-humanistische Rechtstradition im Inneren beseitigt wurde. Anfangs verlief dies recht unspektakulär, da niemand zu sagen vermochte, wie die Nachbarn reagieren würden. Man war also vorsichtig und hatte Rückfallpositionen eingebaut, um im Falle ernsthaften Widerstands schnell zurückrudern zu können.
Der Austritt aus dem Völkerbund am 14. Oktober 1933 ist das erste Fallbeispiel hierfür. Seit 1932 wurde in Genf am Sitz des Völkerbundes eine Abrüstungskonferenz statt; aus dieser tritt Deutschland aus – und gleichzeitig auch aus dem Völkerbund. Die Konferenz hatte eine gegenseitige Abrüstung zum Ziel und war Europa-zentriert. Der Versailler Vertrag hatte festgelegt, dass die Heeresstärke der Reichswehr maximal 100.000 Mann als Berufsheer umfassen durfte; die Marine war auf Küstenschutzaufgaben beschränkt. Die Siegerländer von Versailles boten auf dieser Konferenz über den Vertrag hinausgehende Konzessionen an, weil die Versailler Bestimmungen als kontraproduktiv für den Frieden empfunden wurden. Generell war das Versailler System in der Auflösung begriffen. 1933 arbeitete ohne Not an der Revision von Versailles, ohne den Locarno-Vertrag erheblich zu gefährden. Es war 1932 abzusehen, dass die Beschränkungen bald verschwunden sein wurden. Dass Frankreich und England bereit waren, diesen Weg mitzugehen zeigt, dass die Nazis nicht bereit waren, die Außenpolitik Weimars fortzusetzen, sondern eine eigene Politik führen wollten.
Ein erster Hinweis darauf, dass mit dieser anderen Politik der Nazis die radikale Nichtberücksichtigung des Völkerrechts gemeint war, das auf dem liberalen Rechtsstaatsverständnis bestand, wie es seit dem 19. Jahrhundert in Europa galt. Die Nazis negierten diese Tradition. Dies konnten sie natürlich nicht in aller Offenheit zeigen, denn in der Außenpolitik hing über dem Reich der Interventionsvorbehalt der Siegermächte. Bei den Genfer Verhandlungen wurde ebenfalls klar, dass die Westmächte nicht bereit waren ihre überlegenheit aufzugeben; allenfalls eine größere Parität der Deutschen wurde zugelassen. Besonders auf französischer Seite musste eine Überlegenheit erhalten bleiben; die Engländer waren da jedoch nicht mit ihnen einig. Daraus konnten die Deutschen einen Dissens im Siegerlager und damit eine Unwahrscheinlichkeit der Intervention erkennen. Im April 1933 boten die Siegermächte eine Armeestärke von 200.000 Mann an, verlangten aber gleichzeitig ein Verbot der paramilitärischen Organisationen (Stahlhelm, SA, Reichsbanner, …). Der Nazi-Außenpolitik standen von Neurath und Blomberg skeptisch gegenüber. Hitler sah die Gefahr der Intervention der Westmächte als gering an; eine Kriegsdrohung Polens sprach von deren Angst gegenüber der Deutschen. Er gab jedoch klein bei und brach nicht radikal. Er verkündete stattdessen: „Die Rüstungsfrage wird nicht am Konferenztisch gelöst. Es braucht eine neue Vorgehensweise.“ Er erklärte, man müsse zeigen wie einig das deutsche Volk sich in der Rüstungsfrage ist. Diese Vorgehensweise war für die Zeitgenossen nicht antizipierbar. Sie lautete letztlich: Rechtsbruch und Gewaltbereitschaft in Kombination. Die Gewaltbereitschaft findet sich beim Faschismus in ganz Europa; der Wille zum Rechtsbruch ist mehr oder minder ein Alleinstellungsmerkmal der Nazis. Hitler ist sich aber bewusst, dass es ein Interesse an Täuschung für diese Politik gibt.
Am 17. Mai 1933 hielt Hitler eine „Friedens“rede vor dem Reichstag. Diese Rede diente nicht so sehr dazu, den Gegner hinters Licht zu führen oder den Völkerbundaustritt anzukündigen. Das Beeindruckende war, dass es ihm gelang bei den westlichen Ländern den Eindruck zu erwecken, Deutschland wünsche zwar Aufrüstung zur eigenen Sicherheit, aber nur in bestimmten Grenzen und es werde sich in einer Konvention binden lassen. Das deutete an, dass der ganze Konflikt auf traditionellen Bahnen verlaufen könnte. Die Rede enthielt aber auch Passagen, die den Beifall der anderen Seite erweckten, der Scharfmacher des Reiches. Dies gelang Hitler, indem er eine kommunistische Bedrohung Deutschlands postulierte. Dies würde im Westen nie widersprochen werden; eine Rüstung gegen die Sowjetunion würde viel leichter Akzeptanz finden. Der Versailler Vertrag wird von ihm geradezu seriös kritisiert, vergleicht man seine Aussagen mit früheren Reden. Er argumentierte, dass der Versailler Vertrag es ermögliche, dem Besiegten stets die Kriegsschuld zuzuweisen; die Begriffe Sieger und Besiegte würden damit dauernde Rechtsnorm in den internationalen Beziehungen. Er postulierte ein moralisches Recht zur Aufrüstung, weil die Weimarer Republik sich stets an den Vertrag gehalten habe. Gleichzeitig schloss er eine „Verewigung“ des Versailler Zustands aus. „Jeder Versuch einer Vergewaltigung Deutschlands auf dem Wege einer einfachen Majorisierung der Siegermächte auf der Konferenz könnte nur die Absicht haben, uns von den Konferenzen zu entfernen.“ Er drohte außerdem mit dem Austritt aus dem Völkerbund.
Das zweite Fallbeispiel soll die Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht sein. Bis 1935 heißt die deutsche Armee Reichswehr. Ab 1935 heißt sie „Wehrmacht“. Das bedeutet, dass Deutschland eine weit über den Versailler Vertrag hinausgehende Armee aufbaut. Die Heeresleitung der Reichswehr, die seit den 1920er Jahren beschäftigt war, die Aufrüstung vorbzubereiten, plant eine Stärke von 36 Divisionen (rund 550.000 Mann). Dieses Manöver brachte Hitler auch die Unterstützung von Deutschen, die den Nazis bislang feindlich gegenüber standen. Das Aufrüstungsbegehren war populär, entgegen der späteren bundesrepublikanischen Legende von der friedfertigen Weimarer Republik. Die Politik hatte eine Mehrheit, solange sie die Revision von Versailler vorantrieb. Anders gesagt: die Politik konnte damals nur als Revisionsbestrebung verstanden werden, in Wahrheit handelte es sich jedoch um eine Zerstörung des gesamten internationalen Ordnung.
Wie wird das eingefädelt? Im Januar 1935 fand die im Versailler Vertrag vorgesehene Volksabstimmung im Saarland statt, ob die Saarbevölkerung lieber zum Reich oder zu Frankreich gehören wolle. Die Abstimmung brachte 90,8% für die Rückkehr nach Deutschland, das damals bereits deutlich als Diktatur erkennbar war. Am 1. März 1935 wurde das Saarland offiziell übergeben, und Hitler hielt wieder eine Friedensrede. Wer Hitler beobachtet hatte wusste, dass er schon bald einen Schritt unternehmen würde, der dem Hohn sprach. Am 9. März ließ Hitler den Westmächten verkünden, dass Deutschland über eine Luftwaffe verfügte und diese auch weiter ausbauen werde. Das war ein glatter Bruch des Versailler Vertrags. Am 15. März beschloss nun die französische Nationalversammlung, dass es zusammen mit Belgien die Wehrdienstzeit von einem auf zwei Jahre ausweiten würde. Dies nahm Hitler einen Tag später zum Anlass, um den Botschaftern zu verkünden dass das deutsche Heer 36 Divisionen aufbauen und die allgemeine Wehrpflicht einführen werde. In den Sonderausgaben der Naziorgane wird dies als „Erste Maßnahme zur Aufhebung der Regelungen von Versailles“ bezeichnet. Die deutsche Öffentlichkeit billigt dieses Vorgehen nach propagandistischer Vorbereitung unter dem Argument, dass Deutschland ein Aufrüstungsrecht habe, solange die Nachbarn nicht abrüsteten. Der Erste Weltkrieg spielt also wiederum scheinbar die wichtigste Rolle, die Revision von Versailles. Die wahren Hitler-Ziele stehen deutlich im 1925 erschienenen „Mein Kampf“. 1935 gab es keinen Anlass anzunehmen, dass Hitler davon abgerückt wäre.
Frankreich spielte daraufhin mit dem Gedanken, die Botschafter abzuberufen und mit den anderen Entente-Partnern ein Bündnis zu schließen. Eine echte Intervention planten aber auch die Franzosen nicht, dazu waren sie gar nicht in der Lage. Die Briten im Gegenzug ließen erkennen, dass sie an Beziehungen zu Deutschland interessiert waren. Das zeigte Deutschland, dass es keine einheitliche Linie gab, und daraus resultieren Spielräume.

Danke an Monika Henne für den folgenden Rest.

Fallbeispiel b)

Remilitarisierung des Rheinlandes

7 März 1936

Bis dato Hitlers größtes Risikospiel (bis Österreciht)

Überwindung der Regelung von Locarno und der Bestimmung des VV

Rehinland sowohl in Locarno als auch im VV festgelegt

Konflikt wäre auch mit Westmächte in den nächsten zwei Jahre gelöst worden wäre,

Hitler wollte sich nicht im Rahmen der völkerrechtlichen Bestimmungen agieren, wollte nicht Verhandlungen führen

Perspektive der 70er 3. Reich durch Hitler à Verführung des Volkes

Das dynamisches Zentrum Rechtsbruch und Gewalt: Adolf Hitler, ohne Destruktionsdynamik Hitler (charisamtische Performance) wirkt als Triebkraft

Beginn des 3. Reich Staatsrechtler Karl Schmitt 1934: wir denken die Rechtsbegriffe um ; wir sind auf der Seite der kommenden Dinge

è 1 WK stellt gängiges Rechtssystem in Dtld. in Frage

Politik des Rechtsbruch breite Abpufferung durch das Volk, Akzeptanten solcher Maßnahme durch Volk

Tradiertes System durch völk-rassisches erstetzen

F, GB, I Konfiguration Ankündigung: wir wiedersetzen uns gegen die aufkündigung des VVà gegen Hitlers D

Italien (Muss.) Krieg gegen Abessinien

7märz 1936 Hitler verkündet Remitilarisung Rheinlandà VV/Locarno

Dtld. wollte in VB wieder eintreten, Angebot des Nichtangriffspakt,

Hitler Reichtstagsrede 7. März: mit Vertrag Paris-Moskau verliert Locarno an Bedeutung, Dtld. sieht sich cniht mehr an den erloschenenn Vertrag(Locarno) gebunden.

Hitler, Reichstagsrede 7. März 1936:

Im Interesse des primitiven Rechts eines Volkes auf Sicherung seiner Grenzen und zur Wahrung seiner Verteidigungsmöglichkeiten hat daher die dt. Reichsregierung mit dem heutigen Tag die volle und uneingeschränkte Souveränität des Reichs in der entmilitarisierten Zone des Rheinlandes wiederhergestellt.

Hitler entschied am 7 März Reichstag aufzulösen du drei Wochen 29 März später Wahlen anzuberaumen

99% stimmten für NSDAP

Ankündigung des Einmarsches, parallel Rede über Einmarsch

Dtld. ohne festes System von Bündnisse à Gefahr wurde nicht wahr genommenà Dtld. auf sich selbst gestelltà Machtposition D gestärkt, aber sehr risikoreich

è Dtld. war in rechtsfreie Anarchie eingetreten, Bündnisse zu anderen Rechtstaaten gekappt


Donnerstag, 5. November 2009

Verbesserung der Qualität der Fernsehdebatten

Ich habe mir angesichts der stetig katastrophalen Qualität der TV-"Diskussionen" von Will über Illner bis Maischberger meine Gedanken gemacht. Es ging mir vor allem darum, wie man dieses unterirdische Niveu verbessern könnte. Dabei bin ich zu mehreren Schlüssen gekommen:
Dazu muss man zuerst die Moderatoren umstellen. Entweder man feuert die Riege gleich komplett oder man zwingt ihnen vernünftige Moderationskonzepte auf (letzteres müsste man mit den Neuen natürlich auch machen). Bislang benehmen sich die Moderatoren dieser Sendungen stets als Mitdiskutanten mit mehr Rechten. Sie sind praktisch immer extrem parteiisch, nicht in der Lage eine echte Diskussion zu moderieren oder herzustellen und zerstören mutwillig jeden Ansatz dazu. Es scheint tatsächlich Absicht dahinterzustecken. Das Aufrufen (oder nicht-Aufrufen) von Gästen gehört dabei ebenso zum lenkenden Repertoire wie das Unterbrechen von Statements (oder das Unterlassen desselben). Dies ist vor allem möglich, weil die Gästeauswahl katastrophal ist. Zum einen sind es viel zu viele. Zwischen vier und sechs Diskutanten sind es eigentlich immer, macht bei knapp einer Stunde Sendezeit minus Selbstbeweihräucherung der Moderatoren, minus dumme Einspielfilme und minus Überraschungsgast im Schnitt rund 10 Minuten pro Gast. Wer einmal eine Sendung Anne Will oder Maybrit Illner gesehen hat weiß, wie viel Zeit davon der Gast im Zweifel in der Lage ist tatsächlich selbst zu reden.
Dazu kommt, dass die Auswahl der Gäste oftmals einer extremen Schieflage unterworfen ist. Ich habe das im Rahmen der Debatte um den Kündigungsschutz genauer dargestellt, deswegen hier generalisierend: die Debatte ist von Anfang an auf zwei fixe Positionen zurechtgelegt, die Gäste sollen dabei in eines der Lager eingeteilt werden, was durch ihre Auswahl meist problemlos gelingt. Dies ist selbst dann der Fall, wenn vordergründig eigentlich mehr Positionen gegeben sein müssten (etwa weil SPD, CDU und LINKE Vertreter in der Runde haben). Eine Seite genießt dabei meist extreme Vorteile gegenüber der anderen, weil sie entweder mehr oder hochkarätigere Diskutanten hat und/oder durch die Einspielfilme und den Überraschungsgast stark unterstützt werden, zusätzlich zum extrem lenkenden und parteiischen Moderator.
Dies in Kurzform die Analyse, woran das TV-Debattenwesen krankt. Man könnte dies mit einem verächtlichen "Was soll's" beiseite wischen, aber die Debatten sind für die Meinungsbildung dank der Rezeption der Printmedien deutlich wichtiger, als die reinen Zuschauerzahlen vermuten lassen. Es ist deswegen ein kaum zu unterschätzendes Schlachtfeld der Meinungsbildung. Was aber kann man tun, um gegen dieses Problem anzugehen?
Ich habe bereits anfangs gesagt, dass die Moderatoren ausgewechselt oder auf neue Standards eingeschworen werden müssen. Dies allein kann jedoch nicht helfen; auch die Auswahl der Gäste muss stark überarbeitet werden. Es sollte maximal zwei Gäste geben, ohne irgendwelche Überraschungsgäste, die den Verlauf der Diskussion eigentlich nur stören und ohne lästige und parteiische Einspielfilmchen. Mit vier bis sechs Gästen lässt sich in dieser kurzen Zeit keine Diskussion führen, bei der man die professionellen PR-Macher aus ihren Sprechblasen herausholen könnte, in denen diejenigen, die sie nicht abzusondern wissen (wie Wallraff) ohnehin untergehen. Wenn man zwei Gäste als Prinzip nimmt, muss der Moderator ganz klar eine rein moderierende Funktion haben. Er sorgt dafür, dass die Sache nicht außer Kontrolle gerät. Er stellt pointierte Fragen, die für Diskussionsstoff sorgen und zersticht Sprechblasen, wenn sie überhand nehmen. Er diskutiert nicht selbst mit oder verbietet einem Diskutanten zugunsten des anderen das Wort.
Eine andere Möglichkeit ist es, effektiv eine Art Interview zu führen. Wie so etwas auf hohem Niveau aussehen könnte zeigte Günter Gaus bereits in den 60er Jahren. Dabei gibt es einen Gast, der vom Moderator pointiert befragt wird und wobei eine echte Diskussion entsteht. Dies wäre auch in einer Koppelung mehrer solcher Interviews mit mehreren Gästen zum selben Thema hintereinander denkbar, wobei das den Zuschauern mehrheitlich wohl missfallen dürfte.
Eine dritte Möglichkeit wäre es, Diskussionen ähnlich den TV-Duellen der amerikanischen Präsidentschaftswahlen durchzuführen, die um Längen besser sind als die deutschen. Dort gibt es klar begrenzte Redezeiten (die eingehalten werden!), Anstandsregeln (die eingehalten werden!) und einen Moderator, der gleichberechtigt Fragen stellt. Für jeden, der das dortige System nicht kennt: Frage geht an A, der hat 90 Sekunden für Antwort. B hat 60 Sekunden für Replik, A darf dann noch einmal 30 Sekunden darauf Stellung nehmen. Danach bekommt B eine Frage, und so fort. Das führt zwar auch zu Sprechblasen, da diese aber in sehr komprimierter Form kommen müssen und die Angelsachsen Dummgeschwätz nicht so sehr tolerieren wie wir kommt auch mehr dabei rum. Der Moderator gibt dabei nur die Fragen vor und sorgt für die Einhaltung der Zeit, er diskutiert nicht mit.
Alle diese kurz skizzierten Formen würden sich besser eignen als die aktuell durchgefürchten TV-Diskussionen hierzulande. Die einzige, die sich meiner Meinung nach halbwegs ansehen lässt ist Plasbergs "Hart aber fair", obgleich das auch der einäugige König im Land der Blinden ist. Ich sehe allerdings schwarz, dass eine solche Form künftig durchgesetzt wird. Der kontrollierte, designblitzende Stil der totalen Nichtigkeit, der bislang gepflegt wird, dürfte auch künftig beibehalten werden. Für die Demokratie und Meinungsbildung ist das ein dramatischer Niedergang.

Montag, 2. November 2009

Schreibt's euch hinter die Ohren

Nazi-Vergleiche gehen schief. Immer. Lasst es einfach.

Zwangsarbeit

Derzeit läuft die Debatte, ob die schwarz-gelben Pläne zur Verkützung der Dienstzeit auf sechs Monate eigentlich vernünftig sind. Alarmierend scheint der Aufschrei der Sozialverbände zu sein, die befürchten, dass ohne die Zivis das ganze System zusammenbrechen würde. Dazu nur zweierlei: zum einen sinken die Zahlen seit Jahren, und zum anderen: wie zur Hölle schaffen es eigentlich all die anderen hochzivilisierten Länder um uns herum, ohne Zivis auszukommen?
Unabsichtlich legen die Sozialverbände einen Finger in die Wunde: wenn das ganze System nicht ohne Zivis auskommt, ist etwas im Argen. Und zwar richtig. Denn eigentlich sind Wehrdienst und sein Verweigerungspendant, der Zivildienst, ein Relikt von vorgestern. Es ist weder mit den Grundsätzen unseres Grundgesetzes (indem der Wehrdienst gleichwohl verankert ist) noch mit irgendwelcher ratio zu erklären. Es finden sich sehr, sehr viele Argumente für die Beibehaltung des Wehrdiensts. Sie alle sind auf ihre Art sichthaltig. Kleine Auswahl gefällig?
- Ohne Zivis bricht das soziale System zusammen
- Die Bundeswehr braucht eine Zusammensetzung aus allen Schichten um ihren demokratischen Geist aufrecht zu erhalten und als Bürgerarmee gelten zu können
- Die Bundeswehr braucht die Wehrpflichtigen als Kaderreservoir, um ihren dringenden Nachschubbedarf zu lösen
- Die Armee soll nicht Staat im Staate werden
- Wehrdienst hat Tradition
Alles richtig. Und alles falsch. Man muss sich dem Wehrdienst auf eine völlig andere Weise annähern. Letztlich handelt es sich nämlich, wie der Titel des Posts bereits anzeigt, um Zwangsarbeit. Sie wird bezahlt, aber so lächerlich schlecht, dass nur 18jährige sich darüber freuen können. Besonders für die viel umworbenen Abiturienten und zukünftigen Studenten stellt der Wehrdienst eigentlich eine Zumutung dar, kostet er sie doch ein Jahr ihres kostbaren Lebens (das sie hier im Ländle gerade durch die Wahnreform eines G8 einzusparen versuchen). Eine entsprechende Klage vor dem Europäischen Gerichtshof wurde unlängst abgewiesen, unter äußerst windigen Argumenten.
Doch nicht nur ist der Wehrdienst Zwangsarbeit. Er benachteiligt außerdem die Männer auf kaum hinzunehmende Weise, denn er trifft ausschließlich sie. Frauen können sofort das Studieren anfangen wenn sie möchten. Oder was auch immer sie tun, wenn sie 18 sind. Männer nicht. Sie müssen fürchten, für (derzeit) neun Monate vom Staat gecasht zu werden. Zu erklären ist das eigentlich nicht mehr, allenfalls lahme und unzulässige Verweise auf die frühere Benachteiligung von Frauen - ich habe bereits ausführlich dargelegt, dass sie Rechtfertigung von Unrecht mit früherem Unrecht eigentlich eine moralische Bankrotterklärung ist - oder gar der Verweis darauf, dass nur Frauen Kinder bekommen können und das gewissermaßen der Ausgleich für neun Monate Schwangerschaft sei. Letzteres ist genauso dumm, denn das eine ist freiwillig, das andere nicht.
Diese beiden Gründe alleine disqualifizieren die Wehrpflicht vollständig. Wenn nun argumentiert wird, dass die Sozialsysteme ohne Zivis nicht arbeiten können ist dies auch eine Bankrotterklärung der Sozialsysteme und ihrer Anlage. Jobs, die darauf basieren, dass man junge Menschen für neun Monate praktisch nicht bezahlt haben keine Daseinsberechtigung, das gilt für PIN genauso wie für die 1-Euro-Jobs oder eben Zivistellen. Es gibt Menschen, die machen ein Freiwilliges Soziales Jahr. Das ist schön und nobel. Dies der einen Hälfte der jungen Erwachsenen jedoch zum Zwang zu machen, der anderen aber nicht, ist nicht haltbar. Die Stellen müssen durch sozialversicherungspflichtige Jobs ersetzt werden, das täte den Sozialkassen auf die Dauer ebenso gut wie der Binnennachfrage, vom Los der Angestellten selbst ganz zu schweigen.
Interessant wird es, wenn auf das Problem der demokratischen Verankerung der Bundeswehr eingegangen wird. Eine beliebte Rechtfertigung des Wehrdiensts ist es ja, darauf zu verweisen dass nur die Wehrpflicht eine repräsentative Bundeswehr ermöglicht, die nicht zu einem Staat im Staate wird und sich von der Demokratie löst, die sie verteidigen soll. Diese Gefahr wäre bei einer Freiwilligenarmee zweifellos gegeben.
Doch das stets herangezogene Schreckgespenst Weimars zieht nicht. Die Bundeswehr hat mit der Zivilwelt der BRD wenig zu tun, muss mit ihr wenig zu tun haben. Eine Armee funktioniert anders, ob in einer Demokratie oder einer Diktatur, und sie funktioniert immer ähnlich. Hierarchisch von oben nach unten nämlich, ohne Partizipation. Die Bundeswehr wurde von Ex-Nazis in den 1950er Jahren aufgebaut und hat bis heute eine eher rechte Tendenz, wie durch zahllose Affären auch in der jüngsten Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellt wurde. Das scheint kaum anders zu machen zu sein, will eine Armee eine Armee bleiben. Das Problem in Weimar war auch weniger, dass die Soldaten sich der Zivilgesellschaft nicht mehr verbunden fühlten - obgleich das sicher dazu beitrug - , sondern dass der zivile Staat kaum Kontrolle über das Heer hatte, das seinerseits in der Politik mitmischte. Solange die zivile Verwaltung aber demokratisch ist, und solange diese demokratische Verwaltung klar die oberste Entscheidungsinstanz im Heer ist, sehe ich keine große Gefährdung. Die Gefahr geht von einer Armee aus, die glaubt, den Staat nach ihrem Bild formen zu müssen. Wäre die Argumentation mit der Eigenstaatlichkeitsbildung stichhaltig, wäre es um die BRD längst geschehen - in den meisten Unternehmen herrschen quasi-feudale Zustände, ohne dass dies bisher die Repubklik in Deutschland offen beseitigt hätte.
Abschließend möchte ich noch einmal zusammenfassen: es gibt in meinen Augen keinen Grund zur Beibehaltung der Wehrpflicht, auch nicht in ihrer nunmehr verniedlichend als "Praktikum" bezeichneten 6-Monats-Form. Sie ist unfair und raubt jungen Erwachsenen wertvolle Lebenszeit, die anderswo deutlich sinnvoller investiert wäre. Und wer will, kann ja immer noch freiwillig dienen. Niemand verhindert ein Gesetz, das den Wehrdienst freiwillig gestaltet, ebenso den Zivildienst. Der aktuelle Zustand aber ist unhaltbar.

Buchbesprechung: Wolfram Knorr - Denn sie wissen, was sie tun

Wenn wieder einmal ein Jugendlicher mit allerlei Waffengerät seine alte Schule aufsucht und dort scheinbar wahllos mordet, ist der Schuldige in den aktuellen Diskussionen immer schnell gefunden: die bösen Computerspiele müssen es sein! Schießt man nicht in Counterstrike auf Omas und Mütter mit Kinderwagen, weil das Extrapunkte bringt? Stand zumindest so in der FAZ, nicht? Meistens ist diese Art der Verantwortungszuweisung auch mit dem Hinweis verbunden, dass es „so was“ früher nicht gegeben habe und dass der ganze Kram aus Amerika kommt, das ohnehin ein kultureller Sündenpfuhl ist.

Wolfram Knorr, seinerseits Filmkritiker und Jahrgang 1944, hat praktisch die gesamte Massenkulturgeschichte der BRD am eigenen Leib erlebt und reflektiert diese in seinem aktuellen Buch „Weil sie wissen, was sie tun – Über den Siegeszug der amerikanischen Unterhaltungsindustrie“. Er befasst sich dabei mit der Kulturkritik, wie sie zu allen Zeiten in Deutschland geübt wurde – und durchbricht damit geistige Konventionen, was einer wahren Revolution gleichkommt. Ich sage es gleich zu Anfag weg: dieses Buch ist eine Offenbarung und sollte Pflichtlektüre eines jeden Menschen sein, ob jung oder alt. Es lohnt sich.

Warum es sich lohnt, zeigt vielleicht am besten ein Zitat des bekannten Herrn Knigges vom Vorabend er französischen Revolution, das Wolfram Knorr mit geradezu diebischer Freude immer wieder aufblitzen lässt. In diesem Zitat wendet sich Knigge gegen die „Vielleserei“ der Jugend, die zu dieser Zeit wegen der rapiden Verbilligung des Buchdrucks mehr und mehr in Mode kommt. Die viele Leserei mache schwach, weich und lenke vom wahren Leben ab, das doch in Pflichtbewusstsein und Frömmigkeit bestehe – so oder ähnlich Knigge. Bereits dieses eine Zitat dekonstruiert sämtliche Kritik an den Computerspielen. Doch Knorr lässt es nicht dabei bestehen. Er zeigt die spätere Kritik an Kotzebue Anfang des 19. Jahrhunderts auf, der heute kaum mehr bekannt ist, dafür damals aber die Theater füllte – deutlich besser als der bereits zu jener Zeit subventionierte Goethe. Später erregte sich das öffentliche Gemüt am Roman, der die Jugend verkommen lasse, danach waren es die Wildwestgeschichten, bald folgten Comics, Rockmusik, der Film, Rollenspiele – heute sind es Computerspiele. Knorrs einzigartiger Verdienst liegt darin, dies in seinem Buch als empirisch zu belegen und in launiger Erzählweise in eine direkte Reihe zu stellen, so dass die ganze Ärmlichkeit dieser Kritik offenbar werden muss.

Und das ist wahrlich mehr als nötig, bedenkt man die blödsinnigen Diskussionen um das Verbot von „Killerspielen“ und Stoppschilder im Internet, die bevorzugt aus der bayrischen Provinz oder anderweitig deutlich staubenden CDU-Denkstuben herstammt. Knorr deklassiert alle diese Diskussionen mit seinem Buch so gründlich, wie das nur irgendmöglich ist – und bleibt dabei ungeheuer interessant und spannend. In spritziger Erzählweise berichtet er von den selbsternannten Sittenwächtern aller Zeiten, die sich gegen das jeweils Neue, das die Jugend gerade gut findet, wenden, da es angeblich die Sitten zerstöre. Besonders die Erzählungen aus seiner Kinheits- und Jugendzeit in den 1950er und 1960er Jahren wissen dabei zu überzeugen, aber auch seine späteren (bzw. früheren) Einlassungen müssen nicht zurückstecken.

Die engmaschige Definiton von „Kultur“ in Deutschland, die völlige Freudlosigkeit an derselben, ist etwas, das wohl eine Schülergeneration nach der anderen zurecht beklagt. Hauptsache, der Autor ist schon möglichst lange tot, sein Text möglichst bedeutungslos, dabei aber ungemein geschwurbelt und unverständlich, dann wird’s schon Literatur sein – so oder ähnlich scheint vieles sich zusammenfassen zu lassen.

Knorr räumt damit auf. Sein Alter macht ihn dabei der allzu großen Fraternisierung mit der Jugend unverdächtig, stattdessen hat er recherchiert und sich unvoreingenommen mit der Materie beschäftigt, was besonders im Kapitel über die Neuen Medien offensichtlich wird. Daumen hoch für dieses Buch und eine Kauf- und Leseempfehlung, wie sie deutlicher eigentlich nicht sein kann.

Sonntag, 1. November 2009

Nicht glaubwürdig

Im Tagesspiegel findet sich eine Wahnsinns-Lobhudelei auf Rösler. Ganz interessant insofern, als sie recht detailliert dessen Lebensweg und Charakter aufzeichnet. Einen Abschnitt darin finde ich jedoch äußerst unglaubwürdig.
Rösler wollte nicht nach Berlin, und schon gar nicht ins Gesundheitsministerium. Aber nach ein paar Stunden Bedenkzeit hat er doch zugesagt. Die Dimension des Himmelfahrtskommandos sei ihm erst hinterher gekommen, sagen Vertraute.
So schafft man sich seine eigenen Legenden. Der junge, nette, talentierte Junge, durch Zufall ins Amt gespült - das glauben die Tagesspiegel-Autoren doch wohl selbst nicht. Man wird nicht einfach zufällig Bundesminister. Ganz besonders dann nicht, wenn mit Ursula von der Leyen noch eine andere Vollblutpolitikerin bereit steht, die mit aller Macht genau dieses Amt anstrebt. Wenn Rösler nicht gewollt hätte, hätte er einfach nur "Nein" sagen müssen - und Zensursula säße drin. Nein, der Mann wollte da rein - unbedingt. Es gehört viel dazu, das unter solchen Bedingungen zu schaffen. Allen schönen Legenden zum Trotz.

Buchbesprechung: Olaf Storbeck - Die Jahrhundertkrise

2007 brach, von Weltöffentlichkeit, Angela Merkel und Peer Steinbrück unbemerkt, die größte Finanzkrise seit 1930 aus. 2008 wurde sie endgültig virulent, als sie nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers auch auf die Realwirtschaft durchschlug. Während die US-Regierung und viele andere Länder bereits hektisch Maßnahmen ergriffen, erklärte Peer Steinbrück noch unbekümmert, die Krise sei ein amerikanisches Problem und werde auf Deutschland keinen Effekt haben. Angela Merkel stimmte zu.

Nun haben wir die größte Krise der Geschichte der BRD, eine Wirtschaft in der Rezession, die größte Neuverschuldung der Geschichte, und Asmussen sitzt noch immer im Finanzministerium. Olaf Storbeck, der Autor des Bestsellers „Ökonomie 2.0“ (laut Eigenwerbung) hat nun im Sauseschritt das vorliegende Buch „Die Jahrhundertkrise“ verfasst, in der er der Krise auf die Spur zu gehen hofft. Das Buch gerät zu einem wahren parforce-Ritt durch das Sujet, in dessen Verlauf der Autor die ideologischen Grundlagen der Krise und der Krisenpolitik von Keynes zu Friedman erläutert, der Subprime-Krise auf den Grund geht, den Zusammenbruch der Banken und das Schnüren des staatlichen Rettungspakets nachverfolgt und schließlich ausblickhaft die Anatomie der Banken erklärt, ehe er zu einer minutiösen Chronologie der Ereignisse der Finanzkrise kommt.

So weit, so gut. Das Ganze passiert auf 194 Seiten; Grund zur Skepsis also. Diese ist jedoch nicht angebracht. Storbeck schafft es, auf diesem kurzen Raum tatsächlich gut darzustellen, um was es geht und verrennt sich dabei nur äußerst selten für einen kurzen Moment in ausgetretenen Pfaden. Seine Kritik an Friedmans Ideen ist zwar vergleichsweise rücksichtsvoll, doch letztlich kommt sie einem totalen Verriss sehr nahe. Auch die ausführliche Beschäftigung mit Keynes und der Verweis darauf, dass die meisten Leute seine Werke nie gelesen hätten und ihn deswegen kaum verstünden – das berühmte „deficit spending“ kommt nur in einem Halbsatz in der Great Theory vor – zeigt deutlich, dass er bereit ist, abseits der ideologischen Schlachtfelder der Neoliberalen zu denken und zu wirken.

Seine Darstellung des Krisenverlaufs ist sehr komprimiert und gut verständlich, auch für Laien. Im Überblick wird die Struktur der Immoblienblase von Greenspans Politik des leichten Geldes bis hin zu CDOs erklärt. Auf diese Weise gerüstet kann der Leser verstehen, wie die Eruptionen des Platzens der Blase denn auch den Finanzsektor erschütterten.

Dabei erteilt Storbeck Vergleichen mit der Weltwirtschaftskrise schon allein deshalb eine klare Absage, weil diese mit einem Absturz der Realwirtschaft begann und der der Finanzwirtschaft erst deutlich später kam – heute ist es umgekehrt, vermutlich sind wir noch nicht an der Talsohle angelangt. Dies sollte jedoch nicht über die Gemeinsamkeiten hinwegtäuschen, so die absurden Gehälter der Finanzbosse oder die weitgehende Entkoppelung beider Sektoren.

Storbecks Buch ist also hervorragend geeignet, um Laien und Einsteigern in die Thematik deutlich zu machen, wie es zu der Krise kam, welche Faktoren in ihr wirkten und wirken und wie das alles zusammenhängt. Allzu viele neue Erkenntnisse kann man sich davon als Fortgeschrittener natürlich nicht erhoffen, aber es scheint auch nicht, als ob das im Sinne des Autors wäre. Der kurzweilige Schreibstil hilft dabei nur noch mehr, sich schnell in der komplexen Materie zurechtzufinden.