Donnerstag, 30. September 2010

Ich gaucke mir die Welt, wie sie mir gefällt

Von Stefan Sasse
Neulich erzählte mir mein Fahrer von seinem Cousin, der mit den gesamten Sozialleistungen ungefähr 30 Euro weniger als er hat. Mein Fahrer muss aber fast immer um fünf Uhr aufstehen. Er sei der Dumme in der Familie, aber er sagte mir auch: "Ich kann das nicht, ich kann nicht so dasitzen." Da habe ich gesagt, dass er denen erzählen soll, wie gut er sich mit Arbeit fühlt. - Joachim Gauck im SZ-Interview
Das ist natürlich die Lösung. Die Leute können von ihrem Erwerb kaum leben? Sagt ihnen, wie gut sich Arbeit anfühlt. Es fühlt sich so gut an um fünf Uhr aufzustehen und einen reichen, versnobbten, konservativen, alten Dampfplauderer durch die Gegend zu kutschieren. Yeah!

Mittwoch, 29. September 2010

Fixe Idee

Von Stefan Sasse

Abgesehen davon, dass der Titel des Posts und die Autorennennung zur Abwechslung einmal eine perfekte Symbiose eingehen, kam mir eben der Gedanke für eine mögliche politische Reform: wie wäre es, wenn man Bundestag und Bundesrat zu einem tatsächlichen Zwei-Kammern-Parlament ausbaut, indem der Bundesrat direkt wählbar wird? Die entsprechenden Wahlen kann man ja einfach mit den Landtagswahlen koppeln, so dass der Charakter der Gegenwahl zur Bundesregierung ebenso erhalten bleibt wie der landespolitische Aspekt, will heißen: Kandidaten würden sich nur aus den Landesverbänden der Parteien rekrutieren. Gewählt würde mit reinem Verhältniswahlrecht nach Landeslisten (also wie die Zweitstimme im Bundestag) und 5%-Hürde. Alternativ kann man natürlich auch Kandidaten direkt wählen, aber das führt immer gleich zu einem Zwei-Parteien-System.

Der Charme der Idee wäre, dass dadurch der Bundesrat stärker als politische Kraft wahrgenommen wird und sein Handeln im Vermittlungsausschuss stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerät. Das könnte zu sehr bewussten Wahlen des Bundesrats führen und die Landespolitik zumindest teilweise vom Charakter einer Protestwahl gegen die Bundesregierung entkleiden, den sie nur allzu oft innehat. Natürlich hat so etwas praktisch keine Durchsetzungschancen, weil es die 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat für eine Grundgesetzänderung braucht und die hochheiligen Kompetenzen der Länder entscheidend angreift; aber interessant wäre es allemal. Was denkt ihr?

Dienstag, 28. September 2010

Mal so ganz aus dem Bauch heraus...

Von Jürgen Voß

Was mir beim Anblick unserer „Spitzen“-Politiker so alles einfällt.

Zu Beginn zwei Szenen:
Vor ein paar Wochen, wohl anlässlich seines Rücktritts, war in der Süddeutschen ein Bild des jungen Roland Koch. Feist grinsend, mit einem pubertären Fettigesicht, sah man ihn neben Helmut Kohl sitzen, der – man muss es leider zugeben – das wesentlich sympathischere Erscheinungsbild abgab. Man schrieb das Jahr 1985.
Wie war es möglich, dass die Rekrutierungsmechanismen einer großen Partei so versagten, dass ein solcher Unsympathling jahrelang ein politisches Führungsamt innehaben konnte?

Dann: Sonntagabend, bei Anne Will, die wie üblich mit ihrem zauberhaften Blendamedlächeln eine sehr seltsam gecastete Runde moderierte, zu der auch unsere Arbeitsministerin gehörte, die mit knarzender Stimme und typischem Rehkitzblick die neuen skandalösen Hartz-IV-Beschlüsse vehement als sozial vollkommen gerecht verteidigte.

Hier schon die politisch natürlich vollkommen unkorrekte Frage: Was sucht so ein Multimillionärsstöchterchen ausgerechnet in der Sozialpolitik?

Unerwartete Rückwirkung des Marktmodells

Von Stefan Sasse

In einer Zeit, in der eigentlich alles der Bewertung nach Marktkriterien unterworfen wird, entdecken immer mehr Leute, wie man das ausnutzen kann. Nachdem Guttenberg es geschafft hat, die innerparteilichen Gegner einer Abschaffung der Wehrpflicht mit dem Kostenargument auszumanövrieren, haben nun die Gegner der Todesstrafe in den USA bemerkt, dass man das Kosten-Nutzen-Argument super nutzen kann. Einen Verurteilten zu töten statt ihn lebenslang wegzusperren kostet nämlich rund 70% mehr, haben einige schlaue Jungs entdeckt. Sie haben ein Programm geschrieben, mit dem die Gerichte sofort sehen können, welche Kosten ihr Urteil haben wird und welche Varianten billiger wären. Auch wenn Recht nicht mit Kosten aufzuwiegen ist, so ist es in diesem Fall doch segensreich, denn die grassierende Unsitte, Leute einfach nur noch einzusperren anstatt Prävention zu üben, ist nur auf den ersten Blick billiger; die entsprechende Überlegung hält nicht einmal diesem recht einfachen Computerprogramm stand. Es ist gut möglich, dass das Kostenargument bald noch auf ganz anderen Gebieten ins Feld geführt wird, und effizient ist es allemal: Kosten sparen leuchtet, die FDP hat es bewiesen, unabhängig vom Gegenstand der Betrachtung ein.

Montag, 27. September 2010

“Danke für die milde Gabe!”

Von Frank Benedikt

Nun ist also die Katze aus dem Sack: Erwachsene ALG-II-Empfänger sollen künftig fünf Euro mehr an Regelleistung im Monat erhalten, bei den Kindern bleibt es beim alten Satz. Wer sich im Vertrauen auf das Karlsruher Urteil mehr erhofft hatte, wurde damit bitter enttäuscht, aber war das nach der jahrelangen Stimmungsmache gegen “Langzeitarbeitslose und Arbeitsscheue in der sozialen Hängematte” nicht zu erwarten? Inzwischen ist laut Umfragen eine Mehrheit der Bundesbürger gegen jegliche weitere Anhebung der Regelsätze und es wäre ihr nur schwer zu vermitteln gewesen, hätte man das ALG II merklich erhöht.

Daß der tatsächliche Bedarf nach Berechnungen bspw. der Wohlfahrtsverbände deutlich höher liegt als bei den nun anvisierten 364 Euro – wen kümmert das? Daß diese geplante Erhöhung nicht einmal die Inflation ausgleicht, obwohl dies von den Verfassungsrichtern zur Auflage gemacht wurde?  Peanuts! Diese Entscheidung ist klar erkennbar eine politische, es ist “Politik nach Kassenlage”, wie es manch kritischer Kommentator in der Presse so richtig nennt. Die Staatskassen sind – spätestens nach der spektakulären “Bankenrettung” – nicht nur leer, sondern gleichen einem Schwarzen Loch, das dank der Schuldendienste an Masse zunimmt und alles verschluckt.

Hartz-IV, Verfassungsfragen und Marc Beise

Von Stefan Sasse

In der Süddeutschen Zeitung findet sich in Form eines Pro-Contra-Doppelartikels (wirklich eine journalistische Form, die deutlich öfter angewendet werden sollte) ein Plädoyer für bzw. gegen die Hartz-IV-Reform, deren Konzept Ursula von den Laien nun vorgelegt hat. Für den Fall, dass es jemandem bisher entgagngen ist: fürstliche fünf Euro sollen die Erwachsenen-Regelsätze steigen, weil man die Kosten von Internet und Praxisgebühr nun eingepreist hat, während dafür Alkohol und Zigarettenpauschale gestrichen wurde, in der richtigen Erkenntnis, dass man dafür an den Niedriglöhnerstammtischen (oder zumindest in der Mittagspause, falls der Lohn mal wieder nicht für ein Bierchen in der Kneipe reicht) billige Zustimmung ernten kann. Der Regelsatz für Kinder, an dem das ganze Urteil zu einem Gutteil aufgehängt wurde, hat sich überhaupt nicht verändert. Die Pro-Position nimmt der übliche Verdächtige Marc Beise ein, während Heribert Prantl dagegen argumentiert.

Freitag, 24. September 2010

Mal was grundsätzliches...zu Religion und Glaube

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit Religion und Glaube.

Religion und Glaube begleiten den Menschen gewissermaßen seit Anbeginn seiner Zivilisation. Bestattungsriten gehören mit zu den ersten Zeugnissen der Höhlenmenschen, die in der Bemalung ihrer Wände wohl erfolgreiche Jagden zu beschwören suchten. Wo immer der Glaube auftrat, folgte ihm die Religion auf dem Fuße. Bereits die Höhlenmenschen kannten wohl Priester irgendwelcher Art, die die Riten vollführten und eine "offizielle Quelle" für Omen und Ähnliches waren. Beide Phänomene sind dabei aber nicht wesensgleich; Religion und Glaube sind zu trennen. Der Glaube hat zu allen Zeiten wenig Schaden angerichtet, er ist gewissermaßen eine private Angelegenheit. Erst wo die Religion kommt, beginnt der Ärger. Sie ist eine janusköpfige Erscheinung, gibt sie dem Menschen doch zugleich Halt und ist ihm eine Geißel. 

Donnerstag, 23. September 2010

Die Firma, in der der Vorstand aus FDP-Mitgliedern besteht

Von Stefan Sasse

Stellen wir uns für einen kurzen Moment vor, der Staat, den die FDP mit zu regieren vorgibt, wäre eine Firma. In dieser Firma wären die FDP-Leute die Vorstände und würden etwa 4% der Belegschaft ausmachen. Zuallererst würde der Vorstand sämtliche Mitarbeiter direkt an den Kosten des Konzerns beteiligen. Dann würde er, weil das ja Kostenfaktoren sind, die Löhne kürzen. Die Firma würde an die Börse gehen, und zum Ausgleich für die Kostenbeteiligungen würden alle Mitarbeiter umgekehrt proportional Aktien halten, also 96% beim Vorstand, während der Rest der Arbeiter sich um die übrigen 4% balgen darf. Diese verteilt der Vorstand - der sich selbst intern einigt - nach obskuren Regeln, für deren Einhaltung er eine eigene Abteilung schafft, die anteilig aus den 4% übrigen Aktienscheinen finanziert wird und deren Ausgaben nicht gedeckelt sind. Abeilungsleiter ist nebenberuflich einer der Vorstände, der aber keine Rechenschaft über die Abteilungsausgaben ablegen muss. 
Egal, was die Firma vorher produziert hat, sie beschränkt sich nun auf die Herstellung einiger Luxusgüter, die der Vorstand gerne hätte und sich selbst auch als Sach-Boni kostenlos oder vergünstigt ausbezahlt. Der Rest wird entweder an befreundete Konzerne verschenkt oder zu Schleuderpreisen auf den Markt geworfen. Wenn der Konzern dann keine Gewinne mehr erwirtschaftet, werden die Gehälter der Angestellten vollständig abgeschafft, während die Kosten- und Aktienbeteiligung bleibt. Die Vorstände erklären beständig, dass ihr Kurs Wachstum schaffen und den Konzern nach vorne bringen werde. 

Und wieder eine Kerbe in der Druckerplatte

Von Stefan Sasse

Wie widerlich ist das eigentlich? Da ersteht der Springer-Verlag, der noch vor einem halben Jahr gegen den Ankauf der Steuersünder-CD als "Hehlerware" trommelte den gestohlenen Laptop eines Innenministers, um dessen private Mails zu durchsuchen und auf deren Basis eine Kampagne gegen ihn zu starten. Und keine Sau interessiert das, alle berichten darüber, als sei das etwas völlig normales. Hallo?!

Angriff auf die Intelligenzvermutung

Von Stefan Sasse

Die Sarraziniade treibt seltsame Blüten dieser Tage. Auf Spiegel Online hat Bettina Röhl eine flammende Anklagerede unter dem Titel "Angriff auf die Unschuldsvermutung" gegen Sigmar Gabriel verfasst, dem sie vorwirft, die Unschuldsvermutung und damit einen rechtsstaatlichen Grundsatz frontal anzugreifen. Grund für diese Anschuldigung ist die Verve, mit der Sigmar Gabriel dieser Tage Sarrazin angreift und mit der er sich hinter den Parteiausschluss stellt. Für Röhl ist das völlig unzulässig, weil Gabriel der Chefankläger im Ausschlussverfahren sei und seine Attacken auf Sarrazin einer Vorverurteilung gleichkämen. Das allerdings ist mit dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf die Unschuldsvermutung und einen fairen Prozess nicht vereinbar, das auch die Parteien bände. Bereits das allerdings ist in höchstem Grade Unsinn.
 

Mittwoch, 22. September 2010

Gesundheitsreform durch

Von Stefan Sasse

Philipp Rösler hat Glück. Er muss nicht zurücktreten. Nach der Wahl 2009 hatte er großspurig sein politisches Schicksal mit dem Gelingen der Gesundheitsreform verknüpft. In der Pharmalobby hat man da schon mal Servietten und Besteck bereitgelegt; es war angerichtet. Der Mann, der angeblich in sechs Jahren die Politik endgültig an den Nagel hängen will und derzeit als heißer Kandidat für die Westerwelle-Nachfolge gehandelt wird, als ob es einen Bedarf an rückgratlosen, schmierigen Lobby-Nikoläusen gäbe, hat nun die Gesundheitsreform durchgebracht. Sie sieht vor, dass die Beiträge um 0,6% steigen, wobei 0,3% davon wie ursprünglich einmal üblich von den Arbeitgebern getragen werden. Doch damit ist natürlich nicht genug. Rösler hat außerdem gesetzlich dekretiert, dass die Kosten für Ärzte, Kliniken und die Verwaltungskosten der Kassen auf ihrem jetztigen Niveau eingefroren werden. Das größte Ei ist aber ein anderes: alle weiteren und zu erwartenden Kostensteigerungen im Gesundheitswesen - schließlich hat Rösler als braver Mietminister der Pharmabranche hier keine Reform durchgeführt - werden von den Arbeitnehmern allein getragen. Chapeau, Herr Minister! Damit das Geld auch ungehindert in die Kassen der reichen Pharmaleute fließt, die Röslers Partei zu diesem Zweck seit Jahrzehnten großzügig schmieren, wird ein milliardenschwerer "Sozialausgleich" für solche eingerichtet, die die steigenden Kosten nicht bezahlen können. Übersetzt: die Gewinne der Pharmabranche werden aus Steuermitteln bezahlt. Ein Hoch auf die Partei der freien Marktwirtschaft FDP, die gegen jeden Staatseingriff ist! Ein Hoch auf die korrpute Saubande. Prost. Mögen sie dereinst an den Laternenpfählen baumeln.

Mal was grundsätzliches...zur Souveränität

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit der Souveräntität.

In der letzten Zeit lässt sich eine beängstigende Entwicklung ausmachen. Die Politik gibt immer mehr ihrer hoheitlichen Aufgaben ab; an "Dritte", wie es im Regierungsjargon heißt. Übersetzt bedeutet das, dass die Bundesrepublik viele ihrer hoheitlichen Aufgaben privatisiert und privaten Unternehmen überträgt. Durch Aktionen dieser Art hat die Exekutive wie auch die Legislative ihren Spielraum in den letzten Jahren massiv eingeschränkt. Diese "Ent-Souveränisierung" beschränkt sich aber bei weitem nicht nur auf die Übertragung hoheitlicher Rechte an private Firmen. Die Politik hat sich zudem selbst Fesseln auferlegt, indem sie Gesetze gemacht hat, die ihr zukünftiges Regierungshandeln beschränken; die Schuldenbremse im Grundgesetz ist hier nur das prominenteste Beispiel. In einem dritten Schritt haben die Staatsorgane ihre eigenen Kompetenzen outgesourct, indem sie etwa interessensgebundene Anwaltskanzleien wie Linklaters (Guttenberg war hier in seiner Zeit als Wirtschaftsminister der Schuldige) mit der Abfassung von Gesetzen beauftragen oder gar gleich die von Lobbyisten vorgelegten Entwürfe durchwinken. Wagenladungsweise wurden Kompetenzen an supranationale Institutionen wie die EU oder die WTO abgegeben, ohne dass damit gleichzeitig Reformen für Transparenz und Demokratisierung einher gegangen wären. Nun erleben wir eine starke Bewegung, die bundesweite Volksentscheide wünscht, zu möglichst allen größeren Themen. Was ist da eigentlich los?

Dienstag, 21. September 2010

Reflexion der eigenen feuchten Träume

Von Stefan Sasse

M. Herold hat in der Zeit einen Artikel geschrieben, der sich vordergründig mit dem abgelehnten Koalitionsangebot der Rechtsbürgerlichen in Schweden an die Grüne Partei Schwedens befasst. Darin beklagt er, dass diese Parteiideologie über Parteistrategie stellen und die Koalition verweigern würden, obgleich doch so viel Deckungsgleichheit zwischen den Konservativen und den Grünen besteht, schon allein, weil Umweltschutz ja eigentlich ein konservatives Anliegen ist. Man muss nicht besonders gewieft im Zwischen-den-Zeilen-Lesen sein um zu erkennen, dass der Artikel in Wahrheit auf die deutschen Grünen und ihren Umgang mit der CDU gemünzt ist. Um Schweden jedenfalls geht es nur ganz am Rande.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte

Von Stefan Sasse


Großartig. 

Montag, 20. September 2010

Sarrazins Tabubruch

Von Marc Schanz


Es war einmal ein Land namens Schland, in dem ein Volk unter der brutalen Knechtschaft der Gutmenschen lebte. Doch eines Tages, als die Menschen schon längst der Mut verlassen hatte, kam auf einem blendend weißen Schimmel der Bösmensch Sarrazin angeritten und zog aus seiner Scheide das sagenumwobene Schwert mit dem in Schland allseits bekannten Namen “Tabubruch”. Allein der gleißende Schein des güldenen Schwertes vertrieb die Dunkelheit im Nu, die gutmenschlichen Dämonen flohen vor dem Licht der Wahrheit, und das geknechtete Volk erlangte seine sehnlichst erwartete Freiheit wieder!

Die Geschichte der SPD Teil 1/2

Von Stefan Sasse
 
Die SPD ist die älteste Partei Deutschlands mit einer fast ununterbrochenen Parteigeschichte seit 1890 und einer Bewegungsgeschichte, die bis in die 1860er Jahre zurückreicht. In dieser Beziehung sticht sie aus den anderen Parteien heraus, die nicht auf eine solch lange Vergangenheit zurückblicken können. Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ist von Anbeginn an mit der des deutschen Nationalstaats verknüpft. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die SPD stark gewandelt: von einer revolutionären Arbeiterpartei, sich scharf von den Bürgerlichen und Bauern abgrenzend, wurde sie mehr und mehr zu einer reformerischen Kraft, dann staatstragende Partei der Weimarer Republik, Widerstandskämpfer im Dritten Reich, erneut Klassenpartei in den Anfangsjahren der BRD, zur Reformkraft und Zentrum der intellektuellen Politisierung, ehe sie in einen noch nicht abgeschlossenen Transformationsprozess hin zur "Neuen Mitte" abglitt. Dieser Geschichte gilt es nachzuspüren.


Weiter geht es auf dem Geschichtsblog.

Freitag, 17. September 2010

Tolle Wurst

Von Stefan Sasse
Aus der Reihe "Nutzlose Umfragen" ist beim Spiegel wieder ein besonderes Prachtexemplar erschienen:
Mehr rechts? Mehr links? Mehr Steinbach? Mehr von der Leyen? Viele Deutschen sprechen sich in der Debatte über die Positionierung der CDU eher für eine Modernisierung der Parteilinie aus. Das ergab eine Umfrage für den Deutschland-Trend von Infratest dimap im Auftrag des ARD-"Morgenmagazins". Demnach sind 37 Prozent der Meinung, dass die CDU mit ihren heutigen politischen Standpunkten zu konservativ aufgestellt ist. Die Gegenposition nehmen 32 Prozent ein. Sie finden, dass die Christlich Demokratische Union zu wenig konservativ ist. 15 Prozent denken, dass sich die Partei genau richtig positioniert.
Selbst bei den Anhängern der CDU gibt es einen relevanten Prozentsatz, dem die eigene Partei zu unzeitgemäß ist: Jeder fünfte denkt so. Aber auch jedem dritten CDU-Anhänger ist die eigene Partei nicht konservativ genug. 
Aha. Wenn ich gefragt würde, als Gegner der CDU, ob sie zu konservativ, genau richtig oder zu wenig konservativ ist würde ich bestimmt die erste Möglichkeit wählen - ist ja auch die einzige negative der drei Aussagen. Der letzte Absatz des obigen Zitats ist dann typisches Spiegel-Geschwurbel: eigentlich weiß der Autor, dass er totalen Mist schreibt, aber mit einigen "aber", "selbst" oder "jedoch" kann man darüber locker hinwegtäuschen. Noch mal zum Mitschreiben: 20% der CDU-Wähler finden die Partei zu konservativ, 33% finden sie zu wenig konservativ. Die übrigen 47% haben ihr Hirn wohl bereits da abgegeben wo der Autor es auch gelassen hat; keine Ahnung.

Donnerstag, 16. September 2010

Politisches Erdbeben21

Von Stefan Sasse

Stuttgart21 hat eine Bedeutung erlangt, die weit über das eigentliche Projekt hinausgeht. Ja, sicher, der Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs und die Trasse nach Ulm sind Beispiele einer schwäbischen Gigantonomie, die ihresgleichen im Land der ihr Geld zusammenhaltenden Hausfrauen sucht, und die Kosten sind höher als die jedes anderen Infrastrukturprojekts in der EU derzeit. Aber längst ist der Streit um Stuttgart21 den Beteiligten entglitten und zu etwas größerem geworden: einer Generalabrechnung der enttäuschten Mittelschicht mit der politischen Klasse. Dies aber ist eine Ehre, die das Projekt eigentlich gar nicht verdient. 

Dienstag, 14. September 2010

Die Angst und die Schere im Kopf – warum es so schwer ist, die Integrationsfrage zu diskutieren

Von Jürgen Voß

Stefan Sasse hat am 6. September seinen Thread „Mal was grundsätzliches zu Migration und Integration“ eingestellt, auf den ich mit „Unehrlichkeit als Diskussionsgrundlage – ein paar Anmerkungen zur Integrationsdebatte" einen Tag später geantwortet habe. Unmittelbar damit im Zusammenhang steht auch noch Stefans Beitrag “Unsinn im Zirkus Sarrazini“.

Die vielen Kommentare zu diesen drei Meinungsäußerungen zeigen folgendes:

Der Verfassungsschutz und die Jugend

Von Stefan Sasse

Die NachDenkSeiten haben heute einen Artikel der jungenWelt verlinkt, in der diese sich über die "Andi"-Comics sowie die neue "Grundrechte-Fibel" mokiert, die vom Verfassungsschutz Niedersachsen und Baden-Württemberg in Gemeinschaftsarbeit herausgegeben werden. Sie entsprechen zwei Neuausrichtungen des Verfassungsschutzes in CDU-regierten Ländern: zum Einen der Extremismus-Prävention und zum anderen der vermehrten politischen Bildungsarbeit. Die Extremismuspräventionsausrichtung hat bereits zu Kritik geführt, da die unreflektierte Gleichsetzung der Gefährdung durch Links- und Rechtsextremismus letzlich Mittel zur Abwehr abzieht. Die Gefahr durch Rechtsextremisten ist bislang deutlich größer, sowohl am Schaden als auch Ausmaß, als die durch Linksextremisten; die neue Linie sieht aber eine gleichberechtigte Mitteleinsetzung vor. Das ist nicht grundlegend neu. Neu ist, dass der Verfassungsschutz nach dem Willen der CDU vermehrt politische Bildungsarbeit "für Menschen von 9-99" durchführen soll. Die neue "Grundrechte-Fibel" für Viertklässler ist dabei nur der erste Schritt; auch Planspiele zu "Demokratie und Extremismus" für die Mittelstufe seien in Planung.

Aristokratin in gerechtem Zorn

Von Stefan Sasse

Stephanie zu Guttenberg, die "Frau unseres Verteidigungsministers" (O-Ton BILD, Vorkämpfer der Frauenemanzipation) hat ein Buch veröffentlicht, das sich mit den Gefahren für Kinder durch "alltägliche Pornographie" befasst. Zu Guttenberg ist, wer das nicht weiß, schon lange in dem Verein "Innocense in Danger" engagiert, der sich gegen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen einsetzt. In ihrem Buch beklagt sie nicht nur das Vorhandensein von professioneller Kinderpornographie (sie spricht von 50.000 regelmäßigen Konsumenten in Deutschland) sondern auch den "ungehinderten Austausch" derselben über Tauschbörsen. Spätestens hier färbt sie für die Dramatik; von ungehindertem Austausch kann bei dem Ausmaß von Überwachung der Tauschbörsen, wo nicht einmal einzelne MP3 ohne Abmahnung mehr getauscht werden können wirklich nicht gesprochen werden. Hier wird eine leichte Allgemeinverfügbarkeit von Kinderpornographie vorgegaukelt, die sich mit der Realität nicht deckt. Die entsprechenden Kreise brauchen inzwischen deutlich zurückgezogene Räume für so etwas, da der oft postulierte "rechtsfreie Raum" Internet so nicht existiert. Dem Eindruck, dass das Internet eine freie Spielwiese für Verbrecher dieser Art wäre muss entschieden entgegengetreten werden - das Pack muss sich im Netz genauso verstecken und in Nischen zurückziehen wie in der Realität auch.

Montag, 13. September 2010

Offener Brief an die mit der Politik unzufriedenen Mittelschichtler

Von Stefan Sasse

Seid gegrüßt, ihr mit der Politik unzufriedenen Mittelschichtler!

Es ist ja durchaus löblich, dass ihr euch in letzter Zeit in Bewegung gesetzt habt. Eure Bilanz des letzten halben Jahrs ist beeindruckend. Ihr demonstriert gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Ihr ärgert euch über Krieg im Ausland. Ihr protestiert gegen Stuttgart21. Ihr schreit gegen den Integrationskonsens an. Man muss sagen, das ist mehr politische Aktivität als ihr im letzten Jahrzehnt gesammelt geleistet habt. Landab, landauf schreiben die Leitartikler abwechselnd von Politik- und Politikerverdrossenheit, plädieren für mehr Volksnähe in der Politik oder sogar Plebiszite. Ihr sonnt euch in der Aufmerksamkeit die ihr plötzlich bekommt, in dem Ärger, dem ihr Luft macht und der die Politik so furchtsam zusammenzucken lässt. Das verschafft Befriedigung, das kann ich verstehen. Und doch kann ich nichts an dem finden, was ihr gerade tut. Ich finde es geradezu heuchlerisch.

Mal was grundsätzliches...zur CDU im Jahr 2010

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit der CDU 2010.
Sarrazin und Steinbach haben in den letzten Tagen eine Entwicklung losgetreten, wie sie vor kurzem noch kaum vorstellbar war. Nachdem jahrelang das Spiel "Sehen wir mal, wie weit wir die Programmdebatte der SPD nach rechts schieben können" mit den Sozialdemokraten gespielt und von der Koalition des großen Geldes klar gewonnen worden war, findet sich die CDU unversehens im gleichen Spiel wieder. Nachdem bereits in den letzten Monaten von einer "Sozialdemokratisierung" der Union gemunkelt worden war, machen die Spieler jetzt ernst und beginnen, ihre Spielsteine aufs Feld zu setzen. Merkel findet sich damit urplötzlich in der Mitte eines Spiels, dessen Regeln zwar die gleichen geblieben sind, dessen Spielbrett und -steine aber von einem Moment auf den anderen ausgewechselt wurden. Zu allem Überfluss ist nicht ganz klar, ob Merkel eigentlich selbst Spieler oder Spielstein ist.

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin...

Von Stefan Sasse

...das Märchen von 1975, es geht mir nicht aus dem Sinn. In der Süddeutschen Zeitung feiert Claus Hulverscheidt anlässtlich der Veröffentlichung seines Buches "Unterm Strich" einmal mehr Peer Steinbrück. Das geht bereits entsprechend los: 
Beim Hinausgehen begegnet ihm ein älterer Herr, der auf der Terrasse einen Kaffee getrunken hat. "Guten Tag, Herr Minister", sagt der Mann und nickt mit dem Kopf. "Nee, nee, nicht mehr Minister", antwortet Steinbrück. "Ach ja - schade", seufzt der Rentner und schleicht von dannen. Fast ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Amt ist Peer Steinbrück im Volk beliebt wie eh und je, beliebter jedenfalls, als er es in seiner eigenen Partei, der SPD, wohl jemals war. Die Menschen haben den ehemaligen Bundesfinanzminister im Gedächtnis behalten, ihn, den scharfzüngigen Redner und Tabubrecher, von dem manch Konservativer sagt, er sei der richtige Mann in der falschen Partei. 

Samstag, 11. September 2010

Feuer, Tanz und Tod


Neun Jahre ist es her. Jeder, der die entsetzlichen Bilder des Einsturzes der Türme sah, kann sich genau an diesen Tag genau erinnern. Für mich begann dieser Tag ganz normal an meinem Schreibtisch im Büro.
Auf einmal wurde es unruhig, leise  sprach es sich unüberhörbar herum: das World Trade Center brennt! Ich wollte im Internet nachschauen, aber es war bereits zusammen gebrochen, sämtliche Online-Zeitungen waren nicht mehr erreichbar. Wir gingen zu den Fernsehgeräten in den Fluren, denn im firmen-internen TV-Programm von SAP zeigten sie Live-Bilder vom Anschlag. Geschockt starrten wir auf die sich ständig wiederholenden Sequenzen von Feuer, Rauch und Tod, unfähig, das Unfassbare zu verstehen.

Freitag, 10. September 2010

Unsinn im Zirkus Sarrazini

Von Stefan Sasse

Etwas, das wohl ein Schlusswort zur Sarrazin-Debatte sein soll hat Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung drei Seiten gewidmet. Dabei wirft Prantl aber deutlich mehr Fragen auf, als er beantwortet. Sein Artikel ist ein weiteres Symptom der Selbstreferentialität der Medien in der letzten Zeit. Beispiele gefällig? Sein Artikel beginnt mit der Feststellung, dass der größte Verlierer der Debatte Christian Wulff sei. Es geht weiter damit, dass Sarrazin durch den Medienrummel in die rechte Ecke gestellt wurde, in der er gar nicht sein wolle. Und er gipfelt damit, dass die Bundesbank durch die 16 Monate irreversibel beschädigt sei.  Auch die SPD und die CDU, liest man allenthalben, seien beschädigt. Das eine ist größerer Unfug als das nächste. 

Lob für Merkel

Von Stefan Sasse

Zu behaupten es käme nicht oft vor, dass ich Merkel lobte, wäre noch untertrieben. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals etwas Positives über die Politik dieser Frau gefunden zu haben. Heute ist es soweit, ein Jubiläum. Das ist nicht einmal satirisch gemeint. Ich bin ehrlich erfreut über Merkels Haltung im Fall Sarrazin und Westergaard. Es ist das erste Mal, dass ich sie sich in einer Sache vernünftig festlegen sehe.

Mittwoch, 8. September 2010

Mal was grundsätzliches...zu Wahlen

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit Wahlen.

Demokratien ziehen ihre Legitimität weltweit aus dem Abhalten regelmäßiger, freier und geheimer Wahlen. Länder, die diese Bedingung nicht erfüllen, werden normalerweise nicht als Demokratie anerkannt, selbst wenn sie sich als solche bezeichnen (wie etwa die DDR). Das ist auch richtig so; eine Demokratie ohne freie und geheime Wahlen ist schlechterdings nicht vorstellbar. Die Funktionsweise von Wahlen allerdings unterscheidet sich stark von Land zu Land und kann einschneidende Effekte auf Ergebnisse und Wahlverhalten haben. So herrscht etwa in den USA ein Mehrheitswahlrecht, bei dem immer der Kandidat mit den meisten Stimmen siegt und alle anderen leer ausgehen, während hierzulande ein Verhältniswahlrecht herrscht. Während das Mehrheitswahlrecht tendentiell für starke Kandidaten und schwache Parteien sorgt, ist es beim Verhältniswahlrecht eher umgekehrt. Wenn die Wähler die Besonderheiten ihres Systems nicht verstehen führt das schnell dazu, dass sie ihre Stimme "verschenken". Gleiches gilt, wenn sie ihre Wahlmöglichkeinten nicht richtig durchdenken. Beides kommt sehr häufig vor.

Dienstag, 7. September 2010

Das Märchen von der "sechsten Partei" - Wenn ein Meinungsforscher anfängt, Politik zu machen

Von Arne Hoffmann

Die obskure Emnid-Umfrage, nach der 18 Prozent aller Deutschen eine Sarrazin-Partei wählen würden, wurde gestern vom BILDblog zerlegt. Das Blog Beim Wort genommen legt ergänzend dar, wie schwierig es ist, Näheres über diese obskure Emnid-Befragung herauszufinden:
Denn weder auf der Emnid-Seite noch auf Bild.de finde ich detaillierte Angaben zur Ausarbeitung der Studie. Es fehlen sämtliche Hintergrundinformationen, es fehlt alles, das Ergebnisse einer Studie eigentlich überprüfbar macht, das erlaubt, eine Studie einzuschätzen. Ich kann zum Beispiel nicht wissen, ob die Befragung telefonisch durchgeführt wurde oder schriftlich oder vis–à–vis. Das mag noch zu verschmerzen sein, weitaus problematischer ist, dass unklar bleibt, wie viele Personen befragt wurden und wie sie ausgewählt wurden. Wer auch nur ein wenig Ahnung davon hat, wie eine Befragung bewertet werden kann, wird an dieser Stelle schon extrem vorsichtig. Zum Beispiel macht es einen extrem großen Unterschied, ob die Probanden zufällig oder eben nicht zufällig ausgewählt wurden. Auch die Größe der Stichprobe ist relevant – zumindest, wenn es sich um eine Zufallsauswahl handelt. Aber eben: Nichts.
Dem unbenommen bezogen sich auf die Ergebnisse dieser angeblichen Umfrage zahlreiche Medien – so wie sich zuvor schon zahlreiche Medien auf das Geraune des Emnid-Geschäftsführers Klaus-Peter Schöppner bezogen hatten, es bahne sich eine wählerstarke "sechste Partei" rechts von CDU/CSU an. Warum eine solche rechtskonservative Partei in Wahrheit wenig Chancen hat, erklärte letzten Mittwoch überzeugend Arnulf Barin bei "Hart aber fair", auch Michael Spreng erklärt es ausführlich. In der Tat gibt es ja schon mehrere Versuche mit Parteien rechts der Union, etwa die "Republikaner". Sie alle scheiterten kläglich am Wahltag.

Unehrlichkeit als Diskussionsgrundlage - Ein paar Anmerkungen zur Integrationsdebatte

Von Jürgen Voß


In der heutigen Ausgabe (7.9.) der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) ist ein Artikel mit dem Titel: „Aus Sarrazins Schatten treten“ abgedruckt, in dem sechs Personen des „öffentlichen Lebens“ ihre Meinung zum Thema „Integration“ kundtun.

Rita Süssmuth will die Integration über die Quote regeln („Viele Migranten, die Abitur haben, werden nicht eingestellt, weil sie aus Zuwandererfamilien kommen.“). (Da werden sich dann diejenigen freuen, die wegen der Quote außen vor bleiben, oder stehen Arbeitsplätze unbeschränkt zur Verfügung? J.V.). Klaus J. Bade, Zuwanderungsforscher der ersten Stunde, sieht es wie die „Nachdenkseiten“: Wir hätten uns viel zu lange der Erkenntnis verweigert, dass wir ein Zuwanderungsland sind. Dies hätte die Integration von Anfang an verhindert. Im Übrigen gäbe es schlechte Schulabschlüsse auch bei italienischstämmigen Jugendlichen.
Hatice Akyün, türkischstämmige Journalistin, spricht sich für frühestmögliche Sprachförderung aus; nach Bernhard Pörksen, Medienwissenschaftler, darf Sarrazin „das Thema nicht ruinieren“, es braucht „mentales Flexibilitätstraining, eine Kultur des Selbstzweifels, direkten Kontakt, Gespräche und Information“. Guntram Schneider, NRW-Sozialminister, meint „Die Politik hat zu lange die Augen verschlossen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist“. (siehe oben, genau wie die „Nachdenkseiten“ und Klaus Bade) Und schließlich Hans Peter Lauer, Pfarrer in Duisburg-Marxloh, er setzt (wie viele andere) auf Bildung.

Sechs Meinungen, sechs Aussagen, sechsmal Unstrittiges und Banales und doch sechs Mal: Thema verfehlt! Warum?

Montag, 6. September 2010

How shocking!

Von Stefan Sasse

In der aktuellen Ausgabe von "Extra Credits", einer Videoserie die beim Onlinemagazin "The Escapist" erscheint und irgendwelche Phänomene der Gamingkultur untersucht, behandelt diese Folge "Free Speech and Gaming" (s.u.). Man könnte meinen, die beiden Phänomene passen nicht sonderlich gut zusammen, und man könnte auch meinen, dass sie kaum Relevanz für das alltägliche Leben derer haben, die keine Videospiele spielen. Letzteres mag vielleicht sogar sein, aber zumindest ersteres ist falsch, und die Affäre bietet uns einige interessante Anhaltspunkte für einen Systemvergleich. Worum geht es? 

Mal was grundsätzliches...zu Migration und Integration

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit Migration und Integration.

Die Beziehung der Deutschen zu Migration und Integration ist eine sehr zwiespältige, von Ressentiments und Fehlinformationen stark überlagerte. Seit einigen Jahren existiert eine Dauerdebatte zum Thema "Integration", wie es sie vorher nie gab, und die jederzeit zum Flächenbrand werden kann - Im Sommer 2010 bewies der Profi-Pöbler Thilo Sarrazin, dass man nur genügend Unsinn behaupten musste, um das ganze Land in Atem zu halten. Interessant ist dabei, dass diese Debatte mit der Furie eines wilden Derwischs um Diskussionsgegenstände herumrast, die eigentlich Konsens sind, währen die eigentlichen Fragen überhaupt nicht besprochen werden. Doch bevor wir uns ansehen, wie das geschehen konnte und wo unsere Probleme liegen, müssen wir uns auf einen Ausflug in die Geschichte der Migration in Deutschland machen um überhaupt verstehen zu können, wie alles zusammenhängt und woher die Probleme eigentlich kommen. Zu diesem Zweck sei dringend empfohlen, meinen Artikel zu dem Thema auf dem Geschichtsblog vorher zu lesen. So, genug der Warnungen, los geht’s!

Ekelhaft

Von Stefan Sasse


Wie kann man nur so verlogen sein?

Donnerstag, 2. September 2010

Wir machen uns die Welt wie sie uns gefällt

Von Stefan Sasse

Thomas Straubhaar, einer jener Wirtschaftsprofessoren die sich für die INSM prostituiert und der Reformpolitik der letzten Jahre ihre Glaubwürdigkeit geliehen (und im Prozess glücklicherweise verloren) haben, hat im Spiegel einen Gastbeitrag zur amerikanischen Wirtschaftskrise geschrieben. Wie es Kenner seiner Person kaum verwundern dürfte, sieht er in Obamas Wirtschaftspolitik den sicheren Untergang und in den Vorschlägen Krugmans für eine expansive Geldpolitik und Konjunkturprogramme eine Katastrophe. Putzig ist schon die Einleitung, die für den Leser die Grundstimmung festlegt: 
Der feste Glaube an die individuelle Leistungsfähigkeit, an Ideen, Mut, Willen und die eigene Kraft haben die USA nach ganz oben gebracht. Der amerikanische Traum versprach jedem die Chance aufzusteigen - sprichwörtlich vom Tellerwäscher zum Millionär. Das Streben jedes einzelnen nach Glück wurde als entscheidende Grundlage für gesellschaftliches Wohlergehen verstanden, und nicht der Staat, der den Menschen etwas Gutes tut und wohlwollend für seine Untertanen sorgt. Und schon gar nicht der Sozialstaat, der für seine Bürger Sicherungsnetze ausbreitet.
Im amerikanischen System war jeder für sich selbst und die Seinen verantwortlich - in guten wie in schlechten Zeiten. Niemand durfte mit staatlicher Hilfe rechnen. Auch nicht der Tellerwäscher, der es nicht schaffte und zum Obdachlosen wurde. 

Mittwoch, 1. September 2010

Buchbesprechung: Andreas Oppacher - Deutschland und das skandinavische Modell

Von Stefan Sasse
Bei Amazon kaufen
Keine PISA-Studie vergeht ohne einen Vergleich mit Skandinavien. Im Bildungsbereich sind unsere nördlichen Nachbarn geradezu der Spitzenreiter, an dem sich alles andere messen lassen muss. Weniger bekannt ist dagegen, dass die Skandinavier auch im Bereich des Wohlfahrtsstaats und der Wirtschaftssteuerung auf eine erfolgreiche Vergangenheit zurückblicken. Andreas Oppacher, parteiloser Betriebswirt, hat es auf sich genommen die aktuellen Probleme Deutschlands zu skizzieren, das skandinavische Modell dagegenzustellen und daraus Anregungen zu gewinnen.

Thilos willfährige Apologeten


“Unangenehme Wahrheiten …”, “Die Linke vermeidet eine notwendige Diskussion …”, “… aber er hat doch recht!” Nicht der Sozialrassist und Populist Thilo Sarrazin ist das eigentlich Entsetzliche an der momentanen Debatte, sondern die Masse der Apologeten, die seine “Argumente” unkritisch aufgreifen und ihn gegen Kritik zu verteidigen suchen.
Egal, welche Ausfälle sich Sarrazin leistet, ob er nun von “Kopftuchmädchen” oder einem Judengen schwadroniert, ob er ALG-II-Empfängern Ernährungs- und Energiespartips erteilt oder Horrorszenarien von der drohenden Verdummung Deutschlands durch Migration und Demographie entwirft – stets findet sich eine buntscheckige Posse von Claqueuren. Die Spannbreite reicht dabei von den üblichen Verdächtigen wie der NPD und pro Deutschland, über Teile der Presse wie bspw. der Spiegel und BILD, die sich nicht genierten, via Vorabdrucken für Sarrazins Buch die Werbetrommel zu rühren, bis hin zum Mann auf der Straße, dessen Vorurteile bestens bedient werden.

Mal was grundsätzliches...zu den Medien

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit den Medien.

Die Medien sehen sich gerne als die "vierte Gewalt" in Deutschland, als die übergeordnete Kontrollinstanz, die unverzichtbar zum demokratischen Betrieb dazugehört. Diese Rolleneinschätzung ist dabei voll und ganz zutreffend. In einer Demokratie basiert das Funktionieren des Systems auf der aktiven Partizipation seiner Bürger. Hierfür jedoch ist eine solide Informationsgrundlage unbedingt notwendig. Diese Informationsgrundlage aber können nach Lage der Dinge nur die Medien liefern; gäbe es sie nicht, wären Regierungsverlautbarungen und die Inszenierung der Regierung die einzige Informationsquelle des Bürgers. Ein kritischer und selbstbestimmter Umgang mit den demokratischen Institutionen ist ohne die Medien schlechthin nicht denkbar. Was aber passiert, wenn diese vierte Gewalt ihrem Auftrag nicht nachkommt, zerrieben wird zwischen dem Diktat des ökonomischen Profits einerseits und der Korrumption durch die zu große Nähe zur Macht andererseits, das lässt sich aktuell betrachten. Die Folgen sind katastrophal.

Zitat des Tages

Von Stefan Sasse
Laut dem Kommandanten der internationalen Afghanistan-Schutztruppe (Isaf) haben die Taliban ihren Aktionsbereich als Reaktion auf das entschlossene Vorrücken der internationalen Streitkräfte ausgeweitet. Die islamistischen Milizen fühlten sich in ihren langjährigen Hochburgen bedroht und schlügen nun umso verzweifelter zurück, sagte der amerikanische General David Petraeus am Dienstag zu ausländischen Medien. (NZZ)
Wenn ich das richtig verstehe kontrollieren die Taliban jetzt mehr Land, weil die NATO so entschlossen vorrückt. Das ist echt gut, auf so was würde ich nicht kommen.