Freitag, 29. Dezember 2023

Rezension: Shlomo Venecia - Inside the Gas Chambers. Eight Months in the Sonderkommando of Auschwitz (Teil 1)

 

Shlomo Venecia - Inside the Gas Chambers. Eight Months in the Sonderkommando of Auschwitz (Hörbuch)

Der Holocaust gehört zu den historischen Ereignissen, die man wohl als die am weitesten bekannte und theoretisch best erforschte betrachten dürfte. Trotzdem ist das Wissen über den industriellen Massenmord an den Juden Europas erstaunlich dünn und oberflächlich, was selbst eigentlich versierten Menschen immer wieder klar wird, wenn sie sich den Details des grausigen Geschehens stellen. Angesichts der steigenden Zahlen von Holocaust-Relativierung und Holocaust-Leugnung ist gerade diese Auseinandersetzung immer wieder geboten, und aus historischer Perspektive schon alleine deswegen interessant, weil das Geschehen des singulären Ereignisses meist nur abstrakt bekannt ist. Sechs Millionen tote Juden - eine, wie das Vorwort feststellt, eher konservative Schätzung - sind eine Statistik. Weder die Schicksale dahinter noch die Abläufe des Massenmords werden dahinter sichtbar. Ein Mosaikstein dieser Abläufe ist die Arbeit der Sonderkommandos, der jüdischen Arbeiter, die die Drecksarbeit erledigten. Shlomo Venecia, italienisch-stämmiger Jude aus Griechenland, ist einer der wenigen Überlebenden der Sonderkommandos. Dieses Buch erzählt seine Geschichte.

Donnerstag, 28. Dezember 2023

Bürgerliche Radikale projizieren Bilder von Kreuzfahrten auf Huthi-Schiffe - Vermischtes 28.12.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Mittwoch, 27. Dezember 2023

Rezension: Bernhard Hennen/Robert Corvus - Die Phileasson-Saga 2: Himmelsturm

 

Bernhard Hennen/Robert Corvus - Die Phileasson-Saga 2: Himmelsturm (Hörbuch)

Die zweite Aufgabe der Phileasson-Saga, die Entdeckung des Himmelsturms, gehört ohne Zweifel zu den Highlights dieser Geschichte. Vermutlich, weil der Entdeckung der Überreste alter Kulturen schon immer eine große Faszination innewohnte. Die monumentale Epik, die Mystik, die Atmosphäre von Größe und Bedeutung sind einfach unwiderstehlich, egal ob Indiana Jones oder Asleif Phileasson durch Ruinen stapft. Dasselbe gilt auch für Abenteuer. Wer erinnert sich nicht an den Moment, in dem die Argonath in "Der Herr der Ringe - Die Gefährten" vor deren Booten auftauchen? Nun bot bereits das Abenteuer, das die Grundlage des Romans darstellt, das Problem, dass die Erkundung des Himmelsturms in einen Museumsrundgang verkommen könnte. Im Spiel ist das Erkunden der Räume, das Nachforschen der Geheimnisse und das Konfrontieren alter Fallen und Geister auch sicher spannend. Nur - trägt es auch für einen Roman?

Freitag, 22. Dezember 2023

Rezension: Bernhard Hennen/Robert Corvus - Die Phileasson-Saga 1: Nordwärts

 

Bernhard Hennen/Robert Corvus - Phileasson 1: Nordwärts (Hörbuch)

Die Phileasson-Saga gehört zu den großen Klassikern aus der Geschichte des Schwarzen Auges. Bereits zu Beginn der 1990er Jahre legte Bernhard Hennen den damals vierbändigen Abenteuerzyklus in einer Zeit vor, in der große Kampagnen im Pen&Paper-Bereich noch ein Kuriosum waren und erfand quasi im Alleingang einen großen Block der aventurischen Mystik, indem er den Hintergrund der Hochelfen in die Welt integrierte. Die Kampagne selbst wurde mehrfach neu aufgelegt; Ende der 1990er Jahre, dann 2009 und zuletzt 2015, was auf ihre anhaltende Beliebtheit schließen lässt. Zwischen 2016 und 2023 veröffentlichten Bernhard Hennen und Robert Corvus dann im halbjährlichen Zyklus in insgesamt 12 Bänden eine Romanversion der Kampagne, der mittlerweile mit der Veröffentlichung des 12. Bandes abgeschlossen ist. Ich habe mir den ersten Band nun besorgt und bin in die große Abenteuerfahrt zurückgekehrt. Meine eigene Betrachtung des Stoffes schiebe ich ans Ende dieser Rezension.

Donnerstag, 21. Dezember 2023

Die AfD schickt Jugendliche mit Kohle und Gas ins Referendariat, um die Uniführungen zu entlassen - Vermischtes 21.12.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Mittwoch, 20. Dezember 2023

Rezension: Eric Shanower - Age of Bronze (Band 1-4)

 

Eric Shanower - Age of Bronze (Band 1, Band 2, Band 3.1, Band 3.2)

Der trojanische Krieg ist eine der ältesten und wirkmächtigsten Sagen der westlichen Welt. Hundertfach rezeipiert und durch die Jahrhunderte immer wieder neu adaptiert, fasziniert die Geschichte um den zehnjährigen Kampf um Troja noch heute. Wenn es dafür angesichts der Fülle von Projekten von Wolfgang Petersens filmischer Umsetzung über John Dolans/Gary Brechers Prosaversion (hier rezensiert) zu Jeff Wrights Podcast- und Vortragsreihe irgendwelche Belege braucht, so dürfte Eric Shanowers Comic-Epos "Age of Bronze" dafür ausreichen. Shanowers Projekt ist es, die gesamte Geschichte des Trojanischen Krieges zu erzählen, in all ihrer epischen Breite, den dutzenden von Figuren, den Idiosynkratien, den Seitenzweigen und den für moderne Lesende immer wieder merkwürdigen narrativen Konventionen. Sein Anspruch ist es dabei, die Bronzezeit auf Basis von archäologischen Kenntnissen historisch korrekt und die Geschichte selbst so umfassend und unverfälscht wie möglich darzustellen - und dabei trotzdem unterhaltsam zu bleiben. Sehen wir uns an, wie sehr ihm dies gelingt.

Dienstag, 19. Dezember 2023

Verräterische Intellektuelle wollen mit Hilfe der Wirtschaft das Grundgesetz ändern, um Parkplätze zu verteuern - Vermischtes 19.12.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 18. Dezember 2023

Rezension: Alan Moore - V for Vendetta

 

Alan Moore - V for Vendetta (Deutsch)

Einer der großen Klassiker der Comicliteratur aus der Epoche der "Bronze Age" in den 1980er Jahren ist sicherlich Alan Moores "V wie Vendetta", das an Bekanntheit nur hinter seinem Epos "Watchmen" hintenansteht. 2005 wurde es mit Hugo Weaving in der Titelrolle verfilmt, und die Adaption der Guy-Fawkes-Maske durch die Hackervereinigung "Anonymous" machte das Symbol in den 2010er Jahren noch einmal zusätzlich bekannt. Gegenüber diesen Adaptionen ist der eigentliche Graphic Novel etwas ins Hintertreffen geraten. Umso mehr Grund, ihn einmal wieder zur Hand zu nehmen und zu lesen. Für mich besonders interessant war die Frage, ob er mich noch immer so zu begeistern weiß wie während meiner Studienzeit, als ich ihn zum ersten Mal las und von der anarchistischen Sensibilität angesprochen war. Die Antwort ist ein klares "Jein". 

Freitag, 15. Dezember 2023

Rezension: Eleanor Janega - The Once and Future Sex: Going Medieval on Women's Roles in Society

 

Eleanor Janega - The Once and Future Sex: Going Medieval on Women's Roles in Society (Hörbuch)

"Zustände wie im Mittelalter" ist ein geflügeltes Wort, um vage rückständige und unattraktive Zustände zu beschreiben. Dabei wissen wir sehr wenig über diese Epoche und arbeiten oft mit Klischees, die Autoren aus der Renaissance und der Neuzeit prägten, um ihre eigene Zeit in strahlenderem Licht erscheinen zu lassen. Eleanor Janega hat es sich bereits seit Längerem zur Aufgabe gemacht, Fehlvorstellungen über das Mittelalter zu korrigieren. Auf ihrem Blog "Going Medieval" veröffentlicht sie immer wieder solche Betrachtungen. Nun liegt ein Buch von ihr vor, in dem sie die Rollenbilder von Frauen im Mittelalter untersucht - ihre ideengeschichtlichen Ursprünge, die Schönheitsideale, Sexualität, Arbeitswelt und natürlich die Frage, warum uns das alles heute überhaupt noch interessieren sollte.

Donnerstag, 14. Dezember 2023

Bohrleute 64 - Austerität fürs Klima?, mit Ariane Sophie

 



Stolz hat die Ampel ihre Einigung zum Haushalt 2024 verkündet. Ariane und ich sind offen gesagt entsetzt über das, was da drin steht. In dieser Folge reden wir darüber warum. Wir steuern auf eine politisch-institutionelle Krise zu, die Verbraucher*innen werden massiv belastet und die Wählenden werden dafür den demokratischen Parteien die Schuld geben - allen von ihnen. Es braucht wenig Fantasie, um sich vorzustellen, was das bedeuten wird.

~

(Musik: Intro aus Accou – Sarabande BWV 1002 (Partita No.1 for violin solo in B-minor), Outro aus Accou – Bourree (I.S. Bach BWV 1002, Violin Partita No 1 in B minor))

~

Der Krieg um Weihnachten und andere importierte Kulturkämpfe

 

Seit mittlerweile drei Jahrzehnten gehört es zu den großen amerikanischen Weihnachtstraditionen, in rechtsgerichteten Medien eine moralische Panik über einen angeblichen „War on Christmas“ auszuleben. Bereits in den 2000er Jahren machte sich Jon Stewart alljährlich darüber lustig: permanent herrscht ein angeblicher Krieg gegen Weihnachten, ohne dass sich dieser Krieg je manifestieren würde. Bis vor Kurzem konnte man das als eine Kuriosität des rechten Spektrums in den USA abtun, aber seit ein paar Jahren findet der „Krieg gegen Weihnachten“ (wenngleich wegen der deutschen Aversion gegen die Kriegs-Metaphorik nicht unter diesem Namen) auch in Deutschland statt. Es ist nur ein Fall einer merkwürdigen Mode, amerikanische Kulturkämpfe zu importieren, die keinerlei Verankerung in deutschen Diskursen haben.

Mittwoch, 13. Dezember 2023

Eine Debatte mit einem Aktivisten der "Letzten Generation"

 

Ich besuchte mit meinem Geschichte-Leistungsfach ein Seminar des Studienhaus Wiesneck (eine Einrichtung der Landeszentrale für Politische Bildung) zum Thema "Protestkulturen im Ost-West-Konflikt". Die Thematik ist Sternchenthema im Abitur, weswegen das Seminar Gelegenheit für eine gute Vertiefung war. Neben einer Betrachtung der Aufstände 1953, 1956 und 1968 sowie der Solidarnosz im Ostblock und den 68ern, der Frauenbewegung, der Friedensbewegung, den Querdenkern und Fridays for Future im Westen hatten wir am letzten Tag auch einen Aktivisten der Letzten Generation zu Gast. Sein Besuch war in eine generelle Diskussion zu den Formen und Grenzen von demokratischem Protest eingebettet. Die anwesenden insgesamt 19 Schüler*innen sollten dabei in eine kritische Diskussion mit ihm gehen. Diese will ich im Folgenden für das interessierte Publikum protokollieren.

Dienstag, 12. Dezember 2023

Olaf Scholz investiert 100 Milliarden Euro in geflüchtete finnische Akademiker*innen - Vermischtes 12.12.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Einseitig besetzte Grundschulen brechen das Recht in elektrischen rassistischen Gerichten - Vermischtes 12.12.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 11. Dezember 2023

Rezension: Eleanor Janega - The Once and Future Sex: Going Medieval on Women's Roles in Society (Teil 2)

 

Eleanor Janega - The Once and Future Sex: Going Medieval on Women's Roles in Society (Hörbuch)

Teil 1 hier.

Dem Orgasmus kam dabei eine überraschend wichtige Rolle zu, weil in der Überzeugung der Zeitgenoss*innen galt, dass ohne ihn keine Empfängnis möglich sei. Anders als etwa in der Antike mussten BEIDE Partner Lust empfinden und zum Höhepunkt kommen. Es war die Aufgabe des Mannes, ihn zu empfinden (also selbst fähig zu sein) und ihn bei der Frau herbeizuführen, und zwar ausschließlich vaginal (weil alles andere ja bedeuten würde, dass Sex auch Spaß macht, und das war wiederum supekt). Bevor man sich aber zu sehr über dieses scheinbar progressive Element freut: es hatte den nicht unerheblichen Nachteil, dass man davon ausging, dass Vergewaltigungen oder Prostitution ohne Schwangerschaft ausgingen, wenn Frauen es nicht genießen würden - und da wir heute wissen, wie die Natur funktioniert, können wir uns die Folgen dieses Irrtums sehr gut ausmalen.

Freitag, 8. Dezember 2023

Rezension: Eleanor Janega - The Once and Future Sex: Going Medieval on Women's Roles in Society (Teil 1)

 

Eleanor Janega - The Once and Future Sex: Going Medieval on Women's Roles in Society (Hörbuch)

"Zustände wie im Mittelalter" ist ein geflügeltes Wort, um vage rückständige und unattraktive Zustände zu beschreiben. Dabei wissen wir sehr wenig über diese Epoche und arbeiten oft mit Klischees, die Autoren aus der Renaissance und der Neuzeit prägten, um ihre eigene Zeit in strahlenderem Licht erscheinen zu lassen. Eleanor Janega hat es sich bereits seit Längerem zur Aufgabe gemacht, Fehlvorstellungen über das Mittelalter zu korrigieren. Auf ihrem Blog "Going Medieval" veröffentlicht sie immer wieder solche Betrachtungen. Nun liegt ein Buch von ihr vor, in dem sie die Rollenbilder von Frauen im Mittelalter untersucht - ihre ideengeschichtlichen Ursprünge, die Schönheitsideale, Sexualität, Arbeitswelt und natürlich die Frage, warum uns das alles heute überhaupt noch interessieren sollte.

Donnerstag, 7. Dezember 2023

Knirschen im Parteiengebälk

 

Die Schockwellen des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Verfassungsmäßigkeit des Haushalts von 2022 laufen immer noch durch das politische System, prallen gewissermaßen an seinen Kanten ab und laufen wieder zurück. Entsprechend sind die politischen Verhältnisse gerade im Fluss. Wie unter einem Vergrößerungsglas legt die Haushaltskrise Bruchstellen innerhalb der Koalition offen und verdeutlicht Trends ebenso, wie sie sie beschleunigt. Neuwahlen indes, wie sie CDU-Chef Friedrich Merz ritualisiert fordert, stehen wohl eher nicht ins Haus: die Koalitionsparteien müssten herbe Einbußen (SPD, FDP) oder doch zumindest den Verlust der Regierungsbeteiligung (Grüne) fürchten; die CDU stünde vor ihnen wie der Hund, der die sprichwörtliche Stoßstange des Autos gefangen hat und nun nichts mit ihr anzufangen weiß und die LINKE, reduziert auf den Status einer Gruppe, müsste um den Wiedereinzug in irgendeiner Stärke fürchten. Höchstens die AfD könnte ihnen hoffnungsfroh entgegensehen. Keine guten Aussichten, um das, was sich wie der Embryo einer potentiellen Verfassungskrise ausnimmt, einzuhegen.

Mittwoch, 6. Dezember 2023

Rezension: Wolfgang Will - Alexander der Große. Geschichte und Legende

 

Wolfgang Will - Alexander der Große. Geschichte und Legende

Es ist wohl keine Übertreibung festzustellen, dass Alexander der Große eine der mythenumranktesten Personen der Weltgeschichte ist. Bereits im antiken Rom erfüllte er eine narrative Rolle, die durchaus mit Marvel-Superhelden vergleichbar ist, war Vorbild und Gegenstand historischer Diskussionen. Merkreime wie "333 - Bei Issos große Keilerei" bestimmten Jahrzehnte den Geschichtsunterricht, in dem weitgehend unkritisch gelernt wurde, dass Alexander den Gordischen Knoten durchschlug und im Suff einen seiner besten Freunde erschlug. Dabei ist erstaunlich, wie wenig tatsächlich über den König bekannt ist - während die Frage, ob er das Attribut "der Große" überhaupt verdient, eine Standardfrage im modernen Geschichtsunterricht darstellt (während die breite Öffentlichkeit ihr Interesse an ihm wie an der Antike generell weitgehend verloren hat). Wolfgang Will hat es sich in diesem schmalen Band zur Aufgabe gemacht, die bekanntesten Mythen auf ihren Wahrheitsgehalt zu untersuchen. 

Dienstag, 5. Dezember 2023

Scholz folgt wirtschaftlichen Anreizen, um um mit China verschwörungstheoretische Klimaschutzmaßnahmen auf Amazon zu hintertreiben - Vermischtes 05.12.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 4. Dezember 2023

Rezension: Frank Bösch - Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann

 

Frank Bösch - Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann

Die Frage, wann die Moderne beginnt, ist eine in der Geschichtswissenschaft hochumstrittene. Der untere Rand des Spektrums wird üblicherweise durch die Aufklärung und die bürgerlichen Revolutionen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts gebildet. Frank Bösch legt die Latte in seinem vorliegenden Buch wesentlich höher: er lässt unsere moderne Welt 1979 beginnen. Dabei behauptet er nicht, dass Schlag am 1.1.1979 ein neues Zeitalter anbrach, sondern eher, dass in dieses Jahr viele Ereignisse fielen, deren Genese und Folgewirkungen besonders prägend waren. Diese Ereignisse und Dynamiken, die üblicherweise fernab deutscher Grenzen stattfanden, hatten doch immer Rückwirkungen auf das damals noch geteilte Deutschland. Trotz des internationalen Ansatzes der Ereignisse legt er daher den Schwerpunkt darauf, ihre Auswirkungen auf die beiden Deutschland zu beschreiben. Inwieweit dieser Ansatz trägt, soll die folgende Rezension erkunden.

Bücherliste November 2023

 

Anmerkung: Dies ist einer in einer monatlichen Serie von Posts, in denen ich die Bücher und Zeitschriften bespreche, die ich in diesem Monat gelesen habe. Darüber hinaus höre ich eine Menge Podcasts, die ich hier zentral bespreche, und lese viele Artikel, die ich ausschnittsweise im Vermischten kommentiere. Ich erhebe weder Anspruch auf vollständige Inhaltsangaben noch darauf, vollwertige Rezensionen zu schreiben, sondern lege Schwerpunkte nach eigenem Gutdünken. Wenn bei einem Titel sowohl die englische als auch die deutsche Version angegeben sind, habe ich die jeweils erstgenannte gelesen und beziehe mich darauf. In vielen Fällen wurden die Bücher als Hörbücher konsumiert; dies ist nicht extra vermerkt. Viele Rezensionen sind bereits als Einzel-Artikel erschienen und werden hier zusammengefasst.

Diesen Monat in Büchern: Vertrauenskrise, Zukunftsministerium, Videospiele

Außerdem diesen Monat in Zeitschriften: -

Freitag, 1. Dezember 2023

Rezension: Frank Bösch - Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann (Teil 3)

 

Teil 1 hier, Teil 2 hier.

In Kapitel 8, "Die zweite Ölkrise", geht es dann endlich zu dem Ereignis, das die anderen Kapitel immer wieder berührte: die zweite Ölkrise. Bösch beginnt sinnigerweise mit einem Rückblick auf die Ölkrise 1973. Diese kam nicht aus dem Nichts; die Ölpreise waren bereits seit den 1960ern im Anstieg, was ein ganzes Bündel von Ursachen hatte und für das auf das billige Öl angewiesene Wirtschafts- und Wachstumssystem des Westens ein Anzeichen für Probleme wenigstens hätte sein sollen. Der eigentliche Ölboykott im Rahmen des Jom-Kippur-kriegs diente den westlichen Regierungen dann als praktischer Sündenbock, um eigene Versäumnisse zu übertünchen (ein Schelm, wer da Parallelen zur heutigen Situation erkennen möchte).

Donnerstag, 30. November 2023

Verfassungsrechtlerin vergleicht Krebstherapien mit Doppelpässen von FDP-Abgeordneten auf dem Grünenparteitag - Vermischtes 30.11.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Mittwoch, 29. November 2023

Rezension: Frank Bösch - Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann (Teil 2)

 

Teil 1 hier.

Die Haltung des Westens gegenüber China hatte sich bereits in den 1970er Jahren geändert, weil der Wandel der Beziehung zu Moskau durch Pekings 180-Grad-Wende die Nutzung von China als Hebel gegen die UdSSR erlaubte. Auf diese Art wurde die Volksrepublik vom Feind plötzlich zum Verbündeten der USA und damit der Konservativen. Doch auch die Linken entdeckten ab 1968 eine Liebe zu dem Land, weil die Ernüchterung über den Charakter des Sowjetkommunismus, die spätestens mit dem Prager Frühling weite Teile der europäischen Linken erfasst hatte, zu einem Umschwenken vom Leninismus auf den scheinbar "reineren" und "unverfälschteren" Maoismus ermöglichte. Umgekehrt lief es entsprechend für das sozialistische Deutschland, dessen Beziehungen zu Peking sich drastisch verschlechterten.

Dienstag, 28. November 2023

Putins Bürokratie pusht mit Hilfe von Milliardär*innen Osama bin Laden zur Wahl der AfD - Vermischtes 28.11.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 27. November 2023

Rezension: Frank Bösch - Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann (Teil 1)

 

Frank Bösch - Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann

Die Frage, wann die Moderne beginnt, ist eine in der Geschichtswissenschaft hochumstrittene. Der untere Rand des Spektrums wird üblicherweise durch die Aufklärung und die bürgerlichen Revolutionen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts gebildet. Frank Bösch legt die Latte in seinem vorliegenden Buch wesentlich höher: er lässt unsere moderne Welt 1979 beginnen. Dabei behauptet er nicht, dass Schlag am 1.1.1979 ein neues Zeitalter anbrach, sondern eher, dass in dieses Jahr viele Ereignisse fielen, deren Genese und Folgewirkungen besonders prägend waren. Diese Ereignisse und Dynamiken, die üblicherweise fernab deutscher Grenzen stattfanden, hatten doch immer Rückwirkungen auf das damals noch geteilte Deutschland. Trotz des internationalen Ansatzes der Ereignisse legt er daher den Schwerpunkt darauf, ihre Auswirkungen auf die beiden Deutschland zu beschreiben. Inwieweit dieser Ansatz trägt, soll die folgende Rezension erkunden.

Rezension: Tristan Donovan - Replay: The History of Video Games

 

Tristan Donovan - Replay: The History of Video Games (Hörbuch)

Noch immer sind Videospiele ein vergleichsweise junges Medium. Wenn sie überhaupt als Kunst anerkannt werden, dann üblicherweise in einem sehr eingeschränkten Rahmen. Diejenigen, die das ändern wollen, versuchen durch allerlei Meinungsstücke, Analysen und Geschichtsschreibung, hier Fortschritte zu machen. Ein solcher Versuch liegt mit „Replay“ vor, dessen Autor Tristan Donovan versucht, eine Gesamtgeschichte des Mediums vorzulegen, die sich vor allem auf die Innovationen und wichtigen Entwicklungsschritte und weniger auf die berühmtesten und bekanntesten Titel fokussiert.

Samstag, 25. November 2023

Unternehmen "Rache" [Gesamtartikel]

 

Zu einigen der mittlerweile zum Klischee geronnenen Phrasen der US-Wahlkämpfe ist die Behauptung, dass "the stakes never were this high". Zuverlässig wird beim nächsten Mal dann verkündet, dass sich der Einsatz noch weiter gesteigert habe; die vorliegende Wahl sei noch entscheidender als die letzte. Wenngleich mit unterschiedlichen Untertönen findet sich diese Behauptung auf beiden Seiten des politischen Spektrums: bei den Republicans in apokalyptischen Tönen der drohenden Übernahme durch einen gottlos-sozialistisch-woken Mob, der das Land mit Migrant*innen überflutet und Steaks verbietet, auf der Gegenseite mit nicht minder apokalyptischen Tönen von der drohenden Machtübernahme durch Faschisten, dem Errichten von Camps und der Schaffung einer rechtsgerichteten Diktatur. Das Problem im Jahr 2024 ist, dass eine der beiden Seiten eine wesentlich plausiblere Erzählung hat als die andere, wo idealerweise beide Narrative von kühlen Köpfen als aktivistische Fieberträume entlarvt weren könnten. Die Frage, die man sich angesichts der "dieses Mal geht es wirklich um die Rettung der Demokratie" stellen muss ist selbst bei moderaten Beobachtenden zunehmend: was, wenn es stimmt?

Freitag, 24. November 2023

Rezension: Tristan Donovan - Replay: The History of Video Games (Teil 3)

 

Teil 1 hier, Teil 2 hier.

Tristan Donovan - Replay: The History of Video Games (Hörbuch)

Die technischen Voraussetzungen allerdings wurden mit dem Sprung in die Dreidimensionale, wie Kapitel 20, "The Ultimate Display", zeigt, immerhin grundsätzlich geschaffen. Polygone und Bitmapping stellten Durchbrüche in der Grafiktechnologie dar, die den Computer ab Ende der 1980er Jahre erstmals wesentlich mächtiger machten als Konsolen (wenngleich dies VGA-Grafikkarten erforderte, die damals noch nicht weit verbreitet waren). Diese Technologie wurde von  id Software zur Meisterschaft gebracht. Mit der Jump'n'Run-Reihe "Commander Keen" schufen sie farbenfrohe Actionwelten, die man bisher nur aus den Arkaden kannte. Wesentlich relevanter aber war der Sprung in den dreidimensionalen Raum, der mit "Wolfenstein 3D" erreicht wurde (neben einem weiteren Skandal über Gewalt und das Zeigen nationalsozialistischer Propaganda). "Doom" perfektionierte das Genre 1993 und führte das Deathmatch ein, das 3D-Shooter zu dem Internetphänomen der Zeit machte; "Quake" würde später auf diesem Erfolg aufbauen. Der Erfolg der Firma gründete sich zu nicht unerheblichen Teilen auf dem Rockstar-Image des Firmengründers John Romero, der dem Ganzen eine glamouröse Übersteigerung gab.

Donnerstag, 23. November 2023

Unternehmen "Rache", Teil 2

 

Teil 1 hier.

Man sollte sich aber nicht dem Fehler hingeben zu glauben, dass das alles blutleer ablaufen soll. Die Fantasien des Trump-Teams und der affiliierten Think-Tanks sind durchaus gewalttägig und basieren auf der bereits in der Trump-Administration verfolgten Idee, den Insurrection Act (ein Gesetz zur Aufstandsbekämpfung) für den Putsch zu benutzen:

Much of the planning for a second term has been unofficially outsourced to a partnership of right-wing think tanks in Washington. Dubbed “Project 2025,” the group is developing a plan, to include draft executive orders, that would deploy the military domestically under the Insurrection Act [...] Trump has publicly expressed regret about not deploying more federal force and said he would not hesitate to do so in the future. (Washington Post)

Jeffrey Clark, a fellow at Vought’s think tank, is leading the work on the Insurrection Act under Project 2025. The Post has reported that Clark is one of six unnamed co-conspirators whose actions are described in Trump’s indictment in the federal election interference case. Clark was also charged in Fulton County, Georgia, with violating the state anti-racketeering law and attempting to create a false statement, as part of the district attorney’s case accusing Trump and co-conspirators of interfering in the 2020 election. Clark has pleaded not guilty. As a Justice Department official after the 2020 election, Clark pressured superiors to investigate nonexistent election crimes and to encourage state officials to submit phony certificates to the electoral college, according to the indictment. [...] In one conversation described in the federal indictment, a deputy White House counsel warned Clark that Trump’s refusing to leave office would lead to “riots in every major city.” Clark responded, according to the indictment, “That’s why there’s an Insurrection Act.” [...] “I think that the supposedly independent DOJ is an illusion,” Clark said in an interview. (Washington Post)

Unternehmen "Rache", Teil 1

 

Zu einigen der mittlerweile zum Klischee geronnenen Phrasen der US-Wahlkämpfe ist die Behauptung, dass "the stakes never were this high". Zuverlässig wird beim nächsten Mal dann verkündet, dass sich der Einsatz noch weiter gesteigert habe; die vorliegende Wahl sei noch entscheidender als die letzte. Wenngleich mit unterschiedlichen Untertönen findet sich diese Behauptung auf beiden Seiten des politischen Spektrums: bei den Republicans in apokalyptischen Tönen der drohenden Übernahme durch einen gottlos-sozialistisch-woken Mob, der das Land mit Migrant*innen überflutet und Steaks verbietet, auf der Gegenseite mit nicht minder apokalyptischen Tönen von der drohenden Machtübernahme durch Faschisten, dem Errichten von Camps und der Schaffung einer rechtsgerichteten Diktatur. Das Problem im Jahr 2024 ist, dass eine der beiden Seiten eine wesentlich plausiblere Erzählung hat als die andere, wo idealerweise beide Narrative von kühlen Köpfen als aktivistische Fieberträume entlarvt weren könnten. Die Frage, die man sich angesichts der "dieses Mal geht es wirklich um die Rettung der Demokratie" stellen muss ist selbst bei moderaten Beobachtenden zunehmend: was, wenn es stimmt?

Mittwoch, 22. November 2023

Rezension: Tristan Donovan - Replay: The History of Video Games (Teil 2)

 

Teil 1 hier.

Tristan Donovan - Replay: The History of Video Games (Hörbuch)

In Kapitel 11, "Macintonshization", wendet sich Donovan der niederländischen Cracking- und Demoszene zu. Die niederländischen Computer-Geeks waren besonders gut darin, Programme zu cracken, um Kopierschutzversuche zu umgehen, und diese dann zu teilen. Die idealistischen Grundlagen der Szene schufen aber gleichzeitig eine neue Subkultur und ein neues Genre, die Demo: auf der einen Seite war dies eine Testversion des Programmes, auf der anderen Seite nutzten die Programmier*innen aber das Cracken, um ihre eigenen Fähigkeiten zu zeigen. Viele der Cracker*innen fanden dann auch Jobs bei den Firmen, deren Produkte sie "crackten" und oft verbesserten (was in der "Demo" dann vorgeführt wurde).

Dienstag, 21. November 2023

Anthropolog*innen benennen Kitas zusammen mit Meloni und der thüring'schen Ministerialbürokratie dank technologische Fortschritt um - Vermischtes 21.11.2023

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal komplett zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.