Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.
Fundstücke
1) “Ignore, imitate, coalise”? The difficulties of dealing with the AfD
Ich will vor allem noch einmal die Geschichte der Zusammenarbeit ansprechen. Daniel Günther betont gerade bei jeder Gelegenheit, dass das Erfolgsmodell Schleswig-Holsteins darin bestehe, dass alle demokratischen Parteien die AfD bewusst kleinhielten, indem sie ihr keinen Profilierungsspielraum gäben. Dieselbe Vorgehensweise gegenüber der NPD fuhren die demokratischen Parteien in Mecklenburg-Vorpommern für über ein Jahrzehnt. Ich glaube, dass die Idee, dass diese Art der Ausgrenzung die AfD stärken würde, zu den größten Irrtümern der Jahre seit 2015/16 zählt. Auch die LINKE hatte ihre stärkste Zeit, als alle über sie sprachen und sich gegenseitig versicherten, wie schrecklich sie sei, und ist im Sinkflug, seit niemand mehr über sie spricht. Was die politische Auseinandersetzung betrifft, habe ich ja bereits im letzten Vermischten betont, dass das fehlt, während ich beim Verbot sehr unsicher bin, welche Aussichten das haben soll.
2) Müssen Jugendliche besser lesen lernen? – Eine kritische Bemerkung zu einer populären Forderung
Ungeachtet der praktischen Folgen, die sich aus Wampflers Beobachtungen ergeben (könnten): die Analyse als solche ist sicherlich richtig. Der bürgerliche Bildungskanon wird exklusiver, weil immer weniger gelesen wird. Das Aussterben des Lesens als freiwilliger, der Freizeit zuzurechner Kulturtechnik wird in den Debatten viel zu wenig rezipiert, und Wampfler hat auch Recht damit, dass die üblichen Klagen um mangelnde Lesefähigkeiten von jenen kommen, die die Kulturtechnik noch schätzen und deswegen diejenigen, die keinen Kontakt mehr dazu haben, gar nicht erreichen. Ich bin allerdings skeptisch, wie viel Lesezeit in Schulen da helfen kann. Wer nicht lesen will, wird das auch in der Lesezeit nicht tun. Gleichwohl muss die Schule mehr als zuvor Räume öffnen, in denen Jugendliche überhaupt erst mit Literatur in Berührung kommen und so eine mögliche Liebe überhaupt erst entdecken können. Die aktuelle Schwerpunktsetzung des Deutschunterrichts mit seinen möglichst unattraktiven Lektüren aber wird dem sicherlich nicht gerecht.
3) Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas? Wie Deutschland den Klimaschutz tatsächlich voranbringen könnte
Ich habe nichts Grundsätzliches gegen CCS einzuwenden, nur scheint es mit in dieselbe Spalte wie eFuels zu fallen: eine Technologie, die nicht auch nur im Ansatz Marktreife besitzt und vor allem durch grotesk optimistische Annahmen über ihre Verbreitung, Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität in der Diskussion gehalten wird und somit als aspirationeller Bezugspunkt irgendwo in der Zukunft konkrete Maßnahmen heute verhindert. Es wäre super, wenn wir CCS hätten, weil das theoretisch den Abschied von den Fossilen wirklich möglich machen würde. Nur führt es in der konkreten, existierenden Welt vermutlich zu Resignations- und Leugnungs-Effekten, weil man die Kosten beliebig in die Zukunft verschieben kann.
Bei all dem Kaprizieren auf die Cancel-Vorfälle durch linksradikale Studierende wird ständig übersehen, welche reale Cancel-Macht andere Gruppierungen haben. Ob an der Penn State University oder in Harvard setzen gerade die reichen Spender*innen ihre Interessen durch und sorgen dafür, dass Leute entlassen und Inhalte gestrichen werden. Diejenigen, die sonst so lautstark die Freiheit der Lehre und der Akademiker*innen fordern und die Zustände beklagen, sind dabei auffallend still. Es geht eben doch immer nur darum, ob man selbst eine Position gut oder schlecht findet. - Siehe dazu auch dieser Artikel.
5) Verband warnt vor Abschaffung des Referendariats: „Darf nicht im Studium aufgehen“
Mir ist ehrlich gesagt auch nur eingeschränkt klar, inwieweit eine Verkürzung des Referendariats den Lehrkräftemangel beheben soll. Ist "ich würde ja gerne Lehrkraft werden, aber nur wenn Studium und Ref sechs statt sechseinhalb Jahre dauern" eine verbreitete Motivation? Worüber wir gerne jederzeit reden können ist die Aufhebung der Zweiphasigkeit, also eine Integration der Praxisausbildung ins Studium. Aber: das ist dann allzuoft mit Forderungen verknüpft, die fachlichen Teile zurückzuschneiden. Und da bin ich emphatisch dagegen. Die Qualität eines Fachstudiums ist für die Qualität des Abiturs von entscheidender Bedeutung, da bin ich zur Abwechslung mal voll bei den Kultusministerien. Wir können nicht Unterricht auf dem geforderten Niveau erwarten, wenn wir effektiv mit Bachelor-Studium arbeiten. Ich habe meine Fächer erst im Hauptstudium wirklich durchdrungen, und das fiele dabei letztlich weg. Nein, die Ausbildung ist lang, aber sie ist auch gut. Die halte ich nicht für das Problem. - Siehe zum Thema auch dieses Interview.
Resterampe
a) Zwei Interviews mit PISA-Forschern.
b) "Blutleeres" CDU-Programm. Wann war das je anders? Die CDU ist keine Programm-Partei.
c) Sebastian Dullien hat gute Zahlen zum Sozialstaat.
d) Nur Verfassungsfeinde in der CDU. Stefan Pietsch ist empört.
e) Conservatives Have Lost the Culture War. Jepp, aber schon seit Langem.
f) Kritischer Thread zu Milei. By the way, ich verlinke hier immer wieder nur was zu dem Thema wenn es mir vor die Füße fällt, weil ich weiß, dass es Interesse daran gibt. Ich habe keine Meinung dazu, weil mir die Fachkenntnisse fehlen. Ich les nur gerne die informierten Kommentare hier dazu. Nur als Caveat. - Siehe auch dieser Artikel.
g) Comprehensive report suggests little danger to teens from social media. Keine Überraschung, IMHO.
h) Ich halte diese Klage gegen das Streikverbot von Beamt*innen für völligen Quatsch. Deswegen sind wir Beamt*innen. Es kann ja nicht sein, dass das keine Nachteile hat. Und das Streikverbot gehört eben dazu. Siehe auch Streikverbot für verbeamtete Lehrer ist rechtmäßig – Philologen triumphieren: „Krachende Niederlage für die GEW“.
i) Großartiger Verriss des CDU-Grundsatzprogramms in der ZEIT. Siehe dazu auch hier.
j) Republicans just can’t bring themselves to acknowledge good economic news.
k) Pisa-Fakten: Schüler aus privilegierten Familien bringen Spitzenleistungen. Und täglich grüßt der PISA-Artikel.
l) Hessen: Koalitionsvertrag von CDU und SPD ist »Demütigung« für Sozialdemokraten. Die SPD muss man dieser Tage echt nicht verstehen.
m) Weitere Störungen der Renaissance der Atomkraft.
n) Immer wieder wichtig: Anerkennung für politische Arbeit.
o) How Different Peoples Around the World Fought and Built Empires.
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