Montag, 26. Mai 2014

Analyse der Europawahl

Die Europawahl ist vorüber. Wie erwartet haben die Rechtsextremen und Rechtspopulisten stark zugelegt, während die alteingesessenen Parteien - besonders Konservative und Liberale - verloren haben. Doch lohnt es sich, das Ergebnis näher anzusehen. Es hat interessante Konsequenzen, nicht nur für die jeweiligen Landespolitiken, sondern auch für die EU als Ganzes. Beginnen wir unseren Überblick mit Deutschland. Die AfD hat den Einzug ins Europaparlament (ab jetzt EP) erwartungsgemäß mit über 5% geschafft, hat aber gemessen an den vorherigen Umfragen eher underperformed - eine Wiederholung der Bundestagswahl, wo diverse Prognosen die AfD ebenfalls um ein oder zwei Prozent stärker gesehen haben, als sie am Ende war. Ihr Sieg dürfte für Deutschland die größten Konsequenzen haben. Er ging vor allem auf das Konto von FDP, die mit 3% ihre Bedeutungslosigkeit anzementiert bekam und der CDU/CSU, die deutlich, wenngleich nicht drastisch, gegenüber 2009 verlor. Die SPD selbst sieht sich mit einem Zugewinn von 2% gegenüber der Bundestagswahl im Aufwärtstrend, was sich aber angesichts des Einsatzes von mehr als doppelt so viel Wahlkampfmitteln wie bei der Union eher bescheiden ausnimmt. Darauf kommt es für die SPD aber auch nicht wirklich an; sie muss einen sich selbst tragenden Aufschwung in Stimmung und Umfragen starten, und je erfolgreicher man sich redet, umso besser. Rein innenpolitisch haben sich für Deutschland zwei Dinge gezeigt: erstens, der harte Schwenk hin zum Rechtspopulismus in den letzten Wochen ("keine Sozialunion") hat sich weder für CDU noch für CSU ausgezahlt. Wer dieser Meinung war, konnte mit der AfD gleich das Original wählen und hat es getan. Das ist eine gute Neuigkeit.

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Samstag, 24. Mai 2014

Welche EU soll's denn sein? - Streitgespräch mit Alexander Dilger

Anlässlich der Europa-Wahlen am kommenden Sonntag wurde oft bemängelt, dass die Alternativen nicht sonderlich verlockend sind. Schulz und Juncker gleichen sich, das haben die TV-Duelle bewiesen, letztlich recht stark. Für die Alternative für Deutschland ist dies natürlich stets eine Steilvorlage, weswegen sich ein Streitgespräch über die Zukunft der EU mit einem ihrer profilierten Vertreter geradezu aufdrängt. Wir konnten Alexander Dilger, Wirtschaftsprofessor und früheren Landessprecher der AfD Nordrhein-Westfalen, für diese Unternehmung gewinnen. Für Deliberation Daily spricht Stefan Sasse.

Deliberation Daily: Angesichts der Wahl zum Europa-Parlament stellen sich in Deutschland derzeit zwei große Alternativen zur Wahl: mehr Integration (Juncker) und noch mehr Integration (Schulz). Trotz Abweichungen in der Fokussetzung und Unterschieden in der Intention teilen alle derzeit im Bundestag vertretenen Parteien sowie die FDP und die Piraten das gemeinsame Ziel, die EU demokratischer zu machen, indem dem Europäischen Parlament mehr Kompetenzen zugesprochen und die Exekutiv-Funktionen wie die Kommissionspräsidentschaft durch Wahl im Parlament selbst legitimiert werden. Die AfD stellt sich diesem Trend aber entgegen und fordert für mehr Bürgerbeteiligung eine Stärkung der Nationalstaatlichkeit durch Volksentscheide. Was spricht denn gegen eine Stärkung des Europäischen Parlaments und eine Kompetenzübertragung von der nationalen Ebene hin zu den supranationalen Institutionen der EU?

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Freitag, 16. Mai 2014

Warum sich Bernd Lucke mit Gregor Gysi zum Bier treffen sollte

Obwohl sich meine politische Sympathie für die AfD in engen Grenzen hält, komme ich manchmal nicht umhin, die Partei zu bedauern. Sie befindet sich gerade in derselben Situation, in der sich die LINKE von etwa 2005 bis 2009 befand - Berichte über die Partei, ihr Personal und ihre Forderungen in den Leitmedien sind oftmals tendenziös und von kaum verhehlter Feindseligkeit geprägt. Konventionen, die den etablierten Parteien problemlos und unhinterfragt zugestanden werden - etwa das Ignorieren von stupiden Forderungen ihrer Jugendorganisationen oder irgendwelchen Randplattformen - gelten hier nicht, sondern werden als Ausweis des bösartigen Parteiextremismus gebraucht.

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Montag, 12. Mai 2014

Der Staat, das sind wir alle

In seiner jüngsten Replik argumentiert Stefan Pietsch, dass der Staat die Prioritäten seiner ureigensten Aufgaben umgedreht habe: statt sich hauptsächlich um die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen, die genuine Hauptaufgabe des Staates sei, würde er mittlerweile über 50% seines Budgets in Umverteilung stecken - vulgo die sozialstaatliche Sicherung. Und er hat Recht - sofern man die klassiche Aufgabenverteilung des Staates akzeptiert, wonach dieser vor allem die Sicherheit und den Rechtsrahmen für die Bürger zu gewährleisten und sich ansonsten so weit als möglich aus ihrem Privatleben herauszuhalten habe, ist die Umkehrung der staatlichen Prioritäten tatsächlich kaum anders denn als Eindringen in die Privatsphäre der Bürger zu werten. Allein, diese Interpretation staatlicher Aufgaben entspricht weder dem Verständnis des Staates von sich selbst noch dem eines Großteils seiner Bürger.

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Donnerstag, 1. Mai 2014

Wider die falsche Debatte: Warum wir Steuererhöhungen brauchen

Stefan Pietsch hat in seinem Artikel "Wider Steuererhöhungen: Warum wir keine Steuererhöhungen brauchen" auf eindrucksvolle Weise belegt, dass (besonders) die Mittelschicht in Deutschland trotz der Senkung der Spitzensteuersätze unter Rot-Grün heute mindestens gleich viel, wenn nicht sogar mehr Steuern bezahlt als ehedem. Für ihn ist das Verdikt daher klar: Das ohnehin hohe Steuerniveau macht es wirtschaftlich völlig unsinnig, ja kontraproduktiv, die Steuersätze weiter anzuheben. Und wenn dies eine Forderung wäre, die ich so vertreten würde, dann hätte er mit seiner Kritik auch vollkommen Recht. Allein: er führt hier ein Scheingefecht, denn ich bin vollkommen bei ihm. Eine weitere Erhöhung des Spitzensteuersatzes, eine weitere Streichung von für die Mittelschicht relevanten Ausnahmebeständen wäre der völlig falsche Weg. In seinem Schlusssatz lässt sich Pietsch wohlfeil die richtige Frage offen:
Die natürliche Grenze des Erträglichen ist erreicht. Eine längst angezeigte neue Steuerreform würde für mehr Wachstum sorgen. Leider ist die politische Stimmung nicht danach.
Völlig richtig. Wenn wir also nicht einfach nur durch die Bank die hart arbeitenden Krankenschwestern weiter belasten wollen, aber trotzdem mehr Geld für die anstehenden Ausgaben brauchen - was ist zu tun?

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