Von Stefan Sasse
In meinem gestrigen Artikel "Seifenblasenwelten" schrieb ich über die Enstehung abgeschlossener Informationsblasen, in denen man sich nicht mehr mit der Außenwelt auseinandersetzen muss. Diese Seifenblasen ermöglichen eines der erstaunlichsten Phänomene des aktuellen US-Wahlkampfs, das von Progressiven als "post-truth" umschrieben wird: das völlig ungestrafte und völlig ungenierte Lügen und Verdrehen von Fakten. Das überrascht auch auf den zweiten Blick, denn im Gegensatz etwa zu deutschen Wahlkämpfen sind in den USA die so genannten "fact checkers" hoch im Kurs: mehr oder minder neutrale Institutionen, die Reden und Werbespots daraufhin abklopfen, ob die Aussagen - etwa über politische Gegner oder eigene Leistungen - der Wirklichkeit entsprechen. Aus den Wahlkämpfen sind sie nicht mehr wegzudenken, und trotzem besticht gerade die Strategie der Republikaner dadurch, grobe Lügen aufzutischen und damit durchzukommen. Ohne die Seifenblasenwelten wäre das überhaupt nicht denkbar. Beispiele? Die konservative "Birther"-Bewegung stellte die Behauptung, dass Obama gar kein Amerikaner, sondern Kenianer sei, so lange und so verbissen auf, bis Obama in einem Akt der Kapitulation seine Geburtsurkunde veröffentlichte. Das brauchte die Behauptung aber nicht zum Erliegen. Stattdessen behauptet die Bewegung einfach, die Urkunde sei gefälscht. Und dann haben wir da Paul Ryan.