Manchmal hat man, wenn man vom erhobenen Standpunkt der Gegenwart zurückblickt, dieses Gefühl dass die Menschen vor 20 Jahren einige Dinge als normal akzeptiert haben, die einem heute völlig blödsinnig vorkommen. Aus heutiger Perspektive gehören dazu wohl die im Vergleich geradezu lächerlich schlechten und teuren Kommunikationsmöglichkeiten (Briefe! Ferngespräche! Abrechnung nach Minuten!), die Haltung gegenüber Frauen (siehe hier), gegenüber Homosexuellen oder Transgenderpersonen, gegenüber der Kindeserziehung und vieles mehr. Nicht für alle diese Faktoren können die Leute was. Gerade technologisch waren die 1990er eben noch nicht so weit wie heute. Die Frage, die man sich stellen muss ist daher eher, ob man nicht hätte viel früher beginnen müssen, die entsprechende Technologie zu entwickeln. Ich frage mich in letzter Zeit immer häufiger, wie meine eigenen Kinder in 20 oder 30 Jahren über unsere Gegenwart denken werden. Beim Anblick welchen Phänomens werden sie dich denken: "Wie konntet ihr nur so leben?" Und wir werden hilflos mit den Schultern zucken und sagen "Haben alle so gemacht", wie es meine Eltern eben auch tun würden. Ich will im Folgenden einige Bereiche aufstellen, von denen ich denke, dass sie unter die Frage fallen werden. Und gleich vorangestellt - ich bin da auch kein Heiliger, der schon jetzt quasi vorbeugend alles richtig macht. Aber genug der Vorrede - Wie können wir nur so leben?
Auto fahren - Ich gehe fest davon aus, dass in 20 Jahren niemand mehr selbst Auto fährt, sondern dass alle Autos selbstfahrend sind. Ich gehe außerdem davon aus, dass der Konsens sein wird, dass es kaum so etwas Unverantwortliches gibt wie selbst Auto zu fahren. Allein in Deutschland sind 2014 3386 Menschen durch Verkehrsunfälle ums Leben gekommen. Das ist natürlich nur noch ein schwaches Echo von 1970, wo in Gesamtdeutschland 21.000 Menschen an Verkehrsunfällen starben, bei niedrigerem Verkehrsaufkommen als heute. Trotzdem ist es blanker Wahnsinn, für die Freiheit, selbst ein Auto steuern zu dürfen, jährlich über 3000 Tote und 330.000 Verletzte hinzunehmen. In den USA töten alleine die erschreckend schlecht regulierten Trucks 4000 Personen pro Jahr. Weltweit sieht die Statistik noch wesentlich düsterer aus: 1,24 Millionen Menschen lassen weltweit jährlich im Verkehr ihr Leben. Da kommt so manche Seuche nicht mit. Wenn mich meine Kinder (oder deren Kinder) um 2035 dann also fragen, wie wir je so verantwortungslos sein konnten, selbst Auto zu fahren - und das oft genug übermüdet oder sonstwie eingeschränkt - werde ich wahrscheinlich nur hilflos die Schultern zucken können und sagen "Hat jeder so gemacht".
Energie - Ein weiterer Faktor, von dem ich überzeugt bin ist, dass es in der nahen Zukunft nur noch eine Energiequelle geben wird: Solar. Wind- und Wasserkraft sind zu beschränkt und gerade im Fall von Wasserkraft auch zu landschaftsschädigend, aber natürlich kein Vergleich mit dem, was wir jetzt seit Jahrzehnten nutzen: fossile Brennstoffe und Nukleartechnologie. Wenn eine Alternative dazu erst einmal verfügbar ist wird sich wahrscheinlich auch jeder fragen, wie wir nur so dämlich sein konnten, Kohle zu verbrennen und unser eigenes Klima zu zerstören, oder Nuklearabfälle tonnenweise zu produzieren, für die man wohl auch 2035 noch kein sicheres Endlager haben wird. In diese Kategorie gehört natürlich auch die Frage, warum um Gottes Willen die oben erwähnten Autos Benzin verbrennen statt elektrisch zu sein. Ich weiß nicht, welche Antwort ich meinen Kindern hier einmal geben soll. Klar, die mächtigen Industrien haben die Politik gekauft und alles, aber es ist ja jetzt nicht gerade so dass man mich allzu oft beim Protestieren oder Energiesparen beobachtet hätte.
Fleisch - So wie uns heute unbegreiflich ist, welche Tierquälerei früher einmal gang und gebe war, so gehe ich davon aus, dass unsere nachfolgenden Generationen es als eine unserer großen Sünden sehen werden, dass wir Tiere getötet haben, um ihr Fleisch zu essen. Und ich sage dass als jemand, der praktisch jeden Tag Fleisch isst. Meine Vermutung ist auch nicht, dass wir alle zu Vegetariern werden, sondern dass es möglich werden wird, Fleisch einfach im Labor zu züchten. Warum man dann unter furchtbaren Bedingungen Tiere züchtet, die unter dem Gewicht ihres eigenen Fleischs zusammenbrechen, um sie dann zu töten, wird vermutlich unerklärbar sein. "Selektive Ignoranz" ist wahrscheinlich das Einzige, was man dem entgegnen kann. Wir wollten es nicht wissen, wollten uns nicht damit befassen, weil Fleisch einfach gut schmeckt. Und wie bei so vielen anderen Technologien haben wir viel zu spät angefangen, nach Alternativen zu suchen.
Freiheit - Wir bewegen uns bereits seit einer geraumen Weile langsam aber sich in eine Richtung, die das traditionelle Verständnis von Freiheit - dass ich tun und lassen kann was ich will solange es nicht explizit ein Gesetz dagegen gibt - zugunsten paternalistischerer Regelungen und gesellschaftlicher Zwänge eingeschränkt wird. Dies gilt besonders für selbstzerstörerisches Verhalten oder solches, das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit andere negativ beeinflusst. So ist zum Beispiel überraschend, dass es immer noch keine Null-Promille-Regel beim Autofahren gibt. Auch das Rauchen an Orten, an denen andere gezwungen sind den Rauch abzubekommen (zum Beispiel Bushaltestellen) fällt in diese Kategorie. Dazu kommt eine ganze Reihe von Themen, bei der Staat steuernd eingreifen kann, etwa das Nudging oder härtere Maßnahmen wie eine Zuckersteuer. Noch immer dürfen wir schmutzigen Strom oder mit ausbeuterischer Arbeit gefertigte T-Shirts kaufen, wenn wir wollen. Und so weiter. Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Richtung noch weit mehr sehen werden, die die traditionelle Freiheit von Verhalten und Konsum gegenüber heute deutlich einschränkt.
Internationalisierung - Die heutige Generation der 15-35-jährigen ist deutlich kosmopolitischer als die ihrer Eltern. Sie spricht häufig gut genug Englisch, um sich international verständigen zu können und hat dank des Internets und billiger Flugreisen auch mehr Kontakt mit anderen (industrialisierten) Ländern als ihre Elterngeneration. Aktuell ist dies allerdings noch ein Phänomen, das auf die wohlhabenderen Schichten beschränkt ist. Ich würde davon ausgehen, dass sich diese Entwicklung fortsetzt, besonders, wo die kosmopolitischere Generation selbst Kinder bekommt. Selbst wenn man mangels Geld nie selbst ins Ausland reist, ermöglicht das Internet eine früher unvorstellbare Kommunikationsmöglichkeit und schafft die weltweit einheitliche Popkultur einen gemeinsamen Referenzrahmen, der früher schlicht nicht gegeben war. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich diese Entwicklung zurückdreht, eher, dass sie sich verstärkt.
Diese Entwicklungen sehe ich mehr oder weniger als gegeben an. Daneben gibt es eine Reihe von Entwicklungen, auf die ich hoffe, bei denen ich aber nicht sonderlich optimistisch bin.
Müll - Wir produzieren eine Unmenge von Müll, der einfach nicht verschwindet. Allem voran ist dabei Plastikmüll, der mittlerweile in den Ozeanen zu einer ernsthaften Gefahr wird. Ich hoffe schwer, dass man in 20 Jahren sagen wird "Warum haben die damals nicht schon [Name eines noch zu erfindendenden, extrem belastbaren Materials das sich trotzdem innerhalb eines kurzen Zeitrahmens rückstandslos auflöst] genutzt?". Ich bin aber eher skeptisch, ob das auch so passieren wird.
Arbeit - Die Automatisierung und Digitalisierung ist ein sehr reales Problem, das Stand 2015 noch weitgehend verdrängt wird. Genausowenig wie frühere Rationalisierungswellen wird sie sich aufhalten lassen, weswegen die Frage ist, was mit all den Menschen passieren soll, die dann nicht mehr gebraucht werden. Die Vollbeschäftigung als Idealzustand wird immer weniger zu halten sein. Ich bin hier sehr pessimistisch und gehe von einer lang anhaltenden Verweigerungshaltung aus, die zu einer deutlichen Belastung der Sozialsysteme führen wird. Im Idealfall findet die Gesellschaft neue Wege, den Alltag jenseits der Erwerbsarbeit neu zu strukturieren. Dieses Thema ist aber so komplex, dass es hier nur gestreift werden kann.
Insgesamt kann diese Liste nur unvollständig bleiben. Mit Sicherheit werden einige dieser Prognosen so nicht eintreffen, und mit Sicherheit wird es Entwicklungen geben, die aktuell noch gar nicht vorhergesagt werden können. Als Gedankenspiel allerdings ist es interessant genug, und ich möchte die Leser dazu einladen, ihre Meinung zu meinen Prognosen ebenso der Kommentarspalte anzuvertrauen wie ihre eigenen.
Blog wird nur noch als Aggregatblog betrieben. Beiträge erscheinen jetzt unter www.deliberationdaily.de - Kommentarfunktion abgeschaltet
Montag, 31. August 2015
Dienstag, 25. August 2015
Besorgen Sie mir die Daten!
In den USA gibt es ein Programm namens "Scared Straight", bei dem auffällige High-School-Schüler eine Tour ins Gefängnis bekommen und dort die Bedingungen sehen und mit Tätern reden können. Die Idee dahinter ist, dass die Erfahrung so abschreckend wirkt, dass sich die Schüler später zweimal überlegen, ob sie Verbrechen begehen. Der Haken: das Programm funktioniert nicht. Schüler, die an Scared Straight teilgenommen haben, begehen danach mit höherer Wahrscheinlichkeit Verbrechen als solche, die nicht daran teilgenommen haben. Tatsächlich ist der Effekt so stark, dass eine Schätzung davon ausgeht, dass pro Dollar, der in Scared Straight investiert wird, 200 Dollar gesellschaftlicher Schaden angerichtet werden. Bis die entsprechende Studie durchgeführt worden war, ist dieser Zusammenhang völlig unbekannt geblieben. Scared Straight ist dabei kein Einzelfall: in einem Versuch mit zehn aktuell laufenden Regierungsprogrammen konnten gerade einmal 15% der Teilnehmer korrekt prognostizieren, welche davon erfolgreich waren. Teilnehmer, die einfach zufällig auf Antworten klickten, hatten mehr Erfolg als die, die anhand der Beschreibungen darüber nachdachten. Wer das selbst ausprobieren will, kann es hier tun. In dem Wissen, dass die Intuition vermutlich oft falsch liegt, habe ich immerhin 50% der Antworten richtig hinbekommen. Wäre ich Kongressabgeordneter, wäre die Hälfte meiner Maßnahmen nutzlos bis schädlich. Da der Anschein so trügt drängt sich natürlich die Frage auf, was stattdessen getan werden kann. Die Antwort ist: mehr Daten. Und nicht die, die die NSA sammelt.
Noch immer wird ein verblüffend hoher Anteil von Regierungsaktivitäten ohne tiefgreifende Analyse durchgeführt (durch Kontrollgruppen, experimentelle Einführung oder Kosten-Nutzen-Analysen, nur um einige Beispiele zu nennen). Stattdessen stehen lediglich Annahmen dahinter (gerne auch ideologisch motiviert). Ein Beispiel dafür ist das Elterngeld, das seine Ziele völlig verfehlte. Unter der Annahme, dass mangelnde Einkommenskompensation die (ohnehin statistisch unzureichend belegte) Geburtenarmut bei Akademikerinnen auslöse, wurde das Elterngeld anhand des Netto-Einkommens geschaffen. Zwar eine vitale und aus der Familienpolitik nicht mehr wegzudenkende Maßnahme, änderte sie am Problem selbst gar nichts. Ob dies an der Unzulänglichkeit der Maßnahme selbst liegt oder daran, dass die Geburtenrate der Akademikerinnen niemals statistisch relevant niedriger war, ist immer noch unklar. Gerade diese Unklarheit belegt den Punkt.
Datenbasierte Politik (ebenso wie datenbasierter Journalismus) sind Trends der letzten halben Dekade. Einige Regierungen sind deutlich schneller darin, diesen Trend aufzugreifen als andere, vor allem die USA und Großbritannien. Die oberste Regulierungsbehörde OIRA, die direkt dem Weißen Haus untersteht, ist etwa ganz dem Prinzip der Kosten-Nutzen-Analyse und rigorosen Datenanalyse verpflichtet (und seit Cass Sunsteins Amtszeit 2009-2012 auch dem Nudging, aber das ist ein anderes Thema). Wie Scared Straight und andere Programme zeigen, sind wir allerdings immer noch am Anfang dieser - nicht unumstrittenen - Entwicklung. Bevor wir allerdings darauf eingehen, warum jemand ernsthaft etwas gegen effiziente Regierungsprogramme haben kann, müssen wir zuerst noch kurz den Nutzen datenbasierter Politik beleuchten.
Zum einen sparen effiziente Programme Geld, ohne dass deswegen auf Leistungen des Staates verzichtet werden muss. Dies ist ganz besonders im Interesse der Steuerzahler, die auf diese Art deutlich mehr für ihr Geld bekommen. Zum anderen können auf diese Art schädliche Programme vermieden werden, denn viele haben lästige Nebeneffekte. So gehört es etwa zum Dauerthema von Liberalen aller Schattierungen, die fehlenden Anreize zur Arbeitssuche bei hohen Sozialleistungen zu bejammern. Auch wohlmeinende Programme wie eine Mietbremse können allerlei lästige bis schädliche Nebenwirkungen haben. Durch datenbasierte Ansätze lassen sich diese früher identizieren und entweder durch schlauere Regeln umgehen oder aber führen zum Abbruch des Programms. Und zuletzt reduziert ein solcher Ansatz den Anteil der politics (wie parteipolitische Grabenkämpfe) und erhöht den der policies (etwa die Frage, ob die Mietpreisbremse auf dem Land, in der Kleinstadt und in der Metropole unterschiedlich greift und welchen Einfluss die Lebenshaltungskosten haben). Und genau da rennen wir in Probleme.
Bereits jetzt wird allerorten bedauert, dass die zeitgenössische Parteienlandschaft stark dem Konsens verpflichtet ist und die Unterschiede etwa zwischen SPD und CDU nur gradueller Natur sind. Es ist dieser Boden, auf dem Merkels "assymetrische Demobilisierung" gedeiht. Je mehr die Politik sich auf datenbasierte Ansätze verlässt, desto mehr verlagert sich die Regierungsarbeit weg vom Parlament in die Exekutive, und desto vorherrschender werden technokratische Ansätze und Problemlösungsmethoden. Für die Demokratie kann effizientere Regierung - der, wenn gefragt, jeder seine volle Unterstützung zusichern würde - tatsächlich Gift sein. Nicht umsonst sind es die großen, ideologisch motivierten Programme - etwa Herdprämie und Ausländermaut, nur um zwei zu nennen -, die weitgehend ohne vorherige Analyse oder belastbare Datengrundlage gestartet werden und hauptsächlich der Mobilisierung der eigenen Basis dienen. Das mag man bedauern, aber ohne solche Maßnahmen fehlt der Demokratie das Schmiermittel, und die Politik entfernt sich noch weiter vom Volk als ohnedem.
Zudem ist und bleibt Politik kein Geschäft, das komplett berechnbar wäre. Selbst die rigoroseste Analyse mag sich am Ende als falsch herausstellen. Betreibt man daher die analysebasierte Politik mit zuviel Eifer, kann es sein, dass effektiv mit den Methoden der Betriebswirtschaftslehre Politik gemacht wird und man sich der Versuchung hingibt, jeden Faktor in Zahlen zu gießen, und wo für diese keine empirische Basis besteht einfach attraktiv-komplizierte Formeln zu erfinden. Schnürt sich die Politik derart in ein Korsett, kommt das System zum Stillstand und kann nur noch winzige Reförmchen an bestehenden Regelungen produzieren, aber nicht mehr auf große Probleme reagieren, die sich vielleicht mittlerweile aufgetan haben.
Macht man sich aber bewusst, welche Grenzen bei datenbasierten Ansätzen bestehen und versteht sich auf das Bohren dicker Bretter, dann stellen diese Ansätze ein wertvolles Werkzeug dar, das politische Maßnahmen deutlich zielgerichteter, effizienter und gleichzeitig günstiger gestalten kann. Es wäre daher an die Zeit, dass der Bundestag sich diesen Ansätzen widmet.
Noch immer wird ein verblüffend hoher Anteil von Regierungsaktivitäten ohne tiefgreifende Analyse durchgeführt (durch Kontrollgruppen, experimentelle Einführung oder Kosten-Nutzen-Analysen, nur um einige Beispiele zu nennen). Stattdessen stehen lediglich Annahmen dahinter (gerne auch ideologisch motiviert). Ein Beispiel dafür ist das Elterngeld, das seine Ziele völlig verfehlte. Unter der Annahme, dass mangelnde Einkommenskompensation die (ohnehin statistisch unzureichend belegte) Geburtenarmut bei Akademikerinnen auslöse, wurde das Elterngeld anhand des Netto-Einkommens geschaffen. Zwar eine vitale und aus der Familienpolitik nicht mehr wegzudenkende Maßnahme, änderte sie am Problem selbst gar nichts. Ob dies an der Unzulänglichkeit der Maßnahme selbst liegt oder daran, dass die Geburtenrate der Akademikerinnen niemals statistisch relevant niedriger war, ist immer noch unklar. Gerade diese Unklarheit belegt den Punkt.
Datenbasierte Politik (ebenso wie datenbasierter Journalismus) sind Trends der letzten halben Dekade. Einige Regierungen sind deutlich schneller darin, diesen Trend aufzugreifen als andere, vor allem die USA und Großbritannien. Die oberste Regulierungsbehörde OIRA, die direkt dem Weißen Haus untersteht, ist etwa ganz dem Prinzip der Kosten-Nutzen-Analyse und rigorosen Datenanalyse verpflichtet (und seit Cass Sunsteins Amtszeit 2009-2012 auch dem Nudging, aber das ist ein anderes Thema). Wie Scared Straight und andere Programme zeigen, sind wir allerdings immer noch am Anfang dieser - nicht unumstrittenen - Entwicklung. Bevor wir allerdings darauf eingehen, warum jemand ernsthaft etwas gegen effiziente Regierungsprogramme haben kann, müssen wir zuerst noch kurz den Nutzen datenbasierter Politik beleuchten.
Zum einen sparen effiziente Programme Geld, ohne dass deswegen auf Leistungen des Staates verzichtet werden muss. Dies ist ganz besonders im Interesse der Steuerzahler, die auf diese Art deutlich mehr für ihr Geld bekommen. Zum anderen können auf diese Art schädliche Programme vermieden werden, denn viele haben lästige Nebeneffekte. So gehört es etwa zum Dauerthema von Liberalen aller Schattierungen, die fehlenden Anreize zur Arbeitssuche bei hohen Sozialleistungen zu bejammern. Auch wohlmeinende Programme wie eine Mietbremse können allerlei lästige bis schädliche Nebenwirkungen haben. Durch datenbasierte Ansätze lassen sich diese früher identizieren und entweder durch schlauere Regeln umgehen oder aber führen zum Abbruch des Programms. Und zuletzt reduziert ein solcher Ansatz den Anteil der politics (wie parteipolitische Grabenkämpfe) und erhöht den der policies (etwa die Frage, ob die Mietpreisbremse auf dem Land, in der Kleinstadt und in der Metropole unterschiedlich greift und welchen Einfluss die Lebenshaltungskosten haben). Und genau da rennen wir in Probleme.
Bereits jetzt wird allerorten bedauert, dass die zeitgenössische Parteienlandschaft stark dem Konsens verpflichtet ist und die Unterschiede etwa zwischen SPD und CDU nur gradueller Natur sind. Es ist dieser Boden, auf dem Merkels "assymetrische Demobilisierung" gedeiht. Je mehr die Politik sich auf datenbasierte Ansätze verlässt, desto mehr verlagert sich die Regierungsarbeit weg vom Parlament in die Exekutive, und desto vorherrschender werden technokratische Ansätze und Problemlösungsmethoden. Für die Demokratie kann effizientere Regierung - der, wenn gefragt, jeder seine volle Unterstützung zusichern würde - tatsächlich Gift sein. Nicht umsonst sind es die großen, ideologisch motivierten Programme - etwa Herdprämie und Ausländermaut, nur um zwei zu nennen -, die weitgehend ohne vorherige Analyse oder belastbare Datengrundlage gestartet werden und hauptsächlich der Mobilisierung der eigenen Basis dienen. Das mag man bedauern, aber ohne solche Maßnahmen fehlt der Demokratie das Schmiermittel, und die Politik entfernt sich noch weiter vom Volk als ohnedem.
Zudem ist und bleibt Politik kein Geschäft, das komplett berechnbar wäre. Selbst die rigoroseste Analyse mag sich am Ende als falsch herausstellen. Betreibt man daher die analysebasierte Politik mit zuviel Eifer, kann es sein, dass effektiv mit den Methoden der Betriebswirtschaftslehre Politik gemacht wird und man sich der Versuchung hingibt, jeden Faktor in Zahlen zu gießen, und wo für diese keine empirische Basis besteht einfach attraktiv-komplizierte Formeln zu erfinden. Schnürt sich die Politik derart in ein Korsett, kommt das System zum Stillstand und kann nur noch winzige Reförmchen an bestehenden Regelungen produzieren, aber nicht mehr auf große Probleme reagieren, die sich vielleicht mittlerweile aufgetan haben.
Macht man sich aber bewusst, welche Grenzen bei datenbasierten Ansätzen bestehen und versteht sich auf das Bohren dicker Bretter, dann stellen diese Ansätze ein wertvolles Werkzeug dar, das politische Maßnahmen deutlich zielgerichteter, effizienter und gleichzeitig günstiger gestalten kann. Es wäre daher an die Zeit, dass der Bundestag sich diesen Ansätzen widmet.
Dienstag, 4. August 2015
I want your endorsement! Die Bedeutung der Wahlempfehlung
Einer der für Deutsche schwer einzuordnenden Aspekte des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs ist die Jagd der Kandidaten nach den Wahlempfehlungen der Amtsträger der eigenen Partei, die endorsements. Hierzulande ist mangels eines Personenwahlkampfs klar, welchen Kanzlerkandidaten ein SPD-Ministerpräsident vorschlägt (sofern es nicht gerade Thorsten Albig ist). In den USA, wo sich der Präsidentschaftskandidat erst im Vorwahlkampf (primary) herauskristallisieren muss, haben die endorsements dagegen eine wesentlich größere Bedeutung. Nun muss natürlich die Frage erlaubt sein, warum es so wichtig ist, wen der Gouverneur von Ohio zur Wahl empfiehlt. Schließlich hört dem ja nur ein kleiner Teil der Wähler seiner Partei in Ohio zu. Gegenüber großen TV-Debatten oder Wahlwerbespots sollte dieser Faktor also zu vernachlässigen sein. Trotzdem erfährt die endorsement-Jagd eine große Bedeutung, so groß, dass das renommierte Blog FiveThirtyEight eine eigene Unterkategorie mit Statistiken dazu hat. Die Wahlempfehlungen von George Clooney oder Brad Pitt dagegen, die wesentlich mehr Presseaufmerksamkeit erfahren, werden effektiv von keinem professionellen Beobachter ernst genommen. Was also macht diese Empfehlungen von Amtsträgern so wertvoll?
Der Präsidentschaftswahlkampf unterteilt sich letztlich in drei große Phasen. Die so genannte invisible primary, die bereits zwei oder mehr Jahre vor dem eigentlichen Wahlkampf beginnt, die primaries, die etwa ein Jahr vor dem eigentlichen Wahltermin bedeutsam werden, und die eigentliche Präsidentschaftswahl zwischen Republicans und Democrats im November. Offiziell existieren davon nur die letzten beiden, die innerparteilichen primaries und der spätere Präsidentschaftswahlkampf. Die eigentlichen Abstimmungen finden dabei 2016 zwischen dem März und Juli (primaries) bzw. im November (presidency) statt. Die invisible primary dagegen ist die Vorentscheidung, gewissermaßen der Wahlkampf darum, wer überhaupt Wahlkampf führen kann. Dieser findet weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (die sich, wie man fairerweise anmerken muss, auch kaum dafür interessiert). Bekanntlich ist der Wahlkampf in den USA ein teures Geschäft, das außer für Donald Trump für jeden Kandidaten nur mit Spendengeldern zu bestehen ist.
Woher kommen die hohen Kosten? Ein Kandidat muss für einen Zeitraum von rund ein bis zwei Jahren einen Mitarbeiterstab finanzieren, der die Pressearbeit und strategische Planung übernimmt (wofür in Deutschland die Parteizentralen zuständig sind). Dazu muss Werbung geschaltet werden, die naturgemäß teuer ist. Zudem muss der Kandidat zwischen den für die Wahl relevanten Bundesstaaten hin- und herreisen und eine eigene Infrastruktur aufbauen (vor allem Iowa und New Hampshire, weil hier die ersten primaries stattfinden). Da in Wahlkämpfen zunehmend entscheidend ist, dass die Kandidaten (beziehungsweise ihre Vertreter) vor Ort präsent sind, sind die Personalkosten ziemlich hoch. Ein Großteil dieser Kosten kann nur durch Spenden gedeckt werden.
Woher aber kommen die Spenden? Für gewöhnlich von wohlhabenden Einzelpersonen und, bedeutender, organisierten Interessengruppen. Ob Gewerkschaften oder Wallstreet, jede Interessengruppe wird versuchen, den wahrscheinlichen Präsidentschaftskandidaten für sich einzunehmen. Aber woher weiß ein Spender, welcher Kandidat gewinnen wird? Niemand spendet schließlich gerne für einen Verlierer, was nicht nur Geld verbrennt, sondern einen auch in Opposition zu dem Gewinner setzt. Hier kommen die endorsements ins Spiel. Ein Gouverneur (bleiben wir für das Beispiel bei Ohio) hat, um seinen Posten zu erlangen, dasselbe Spiel wie der Präsident auf der Ebene des Bundesstaates schon einmal gespielt. Das bedeutet, dass der Gouverneur einen Stab, Infrastruktur und ein Spendernetzwerk besitzt. Welchem Kandidaten er dieses zur Verfügung stellt ist daher von entscheidender Bedeutung, denn dieser muss nicht - wie alle seine Konkurrenten - alles von null an aufbauen.
Das endorsement hat daher nicht nur die Bedeutung den Wählern zu signalisieren, dass ein bestimmter Politiker für einen anderen eintritt. Dieser Aspekt ist natürlich ebenfalls von Bedeutung, besonders bei Parteigrößen wie Ted Kennedy, dessen endorsement für Obama 2007 eine entscheidende Wegmarke für dessen Etablierung als seriöse Alternative zu Clinton war. Für die breite Masse der endorsements aber gilt, dass sie vor allem wegen der dahinterstehenden Ressourcen interessant sind. Für einen Kandidaten relevant sind nicht so sehr die öffentlichen endorsements an sich, sondern das commitment, das dahinter steht. Generell aber gilt: selbst ein lauwarmes endorsement ist besser als gar keines.
Wie sieht es hier für den Wahlkampf 2016 also bisher aus? Für einschlägig Interessierte hat das oben verlinkte FiveThirtyEight die konkreten Statistiken. Zur besseren Einordnung hat die Seite ein Punktesystem eingeführt: Repräsentanten geben einen, Senatoren fünf und Gouverneure zehn Punkte. Aktuell können wir zwei entscheidende Informationen aus dem Stand der endorsements entnehmen. Hillary Clinton führt das Feld mit 305 Punkten deutlich an. Nur ein einziger ihrer Konkurrenten, Martin O'Malley, hat überhaupt ein endorsement, und dabei nur einen Repräsentanten (Eric Salwell, der ein persönlicher Freund O'Malleys ist). Zum Vergleich: zum Zeitpunkt seiner Wahl 2008 hatte Obama gerade einmal 330 Punkte in endorsements gesammelt - und dieser Termin liegt noch 15 Monate in der Zukunft. Clintons frontrunner-Status bei den Democrats ist so ungeheur groß, dass niemand anderes eine ernsthafte Chance gegen sie besitzt, sofern sie sich keine wirklich bedeutenden Skandale erlaubt. Sofern nicht noch ein Wunder geschieht, wird sie Kandidat der Democrats 2016 - und geht mit einem gewaltigen Vorsprung an ausgebauter Infrastruktur gegenüber den Republicans ins Rennen, vergleichbar mit dem, den Obama 2012 genoss.
Die endorsements-Situation der Republicans zeigt dagegen vor allem eins: einen frontrunner gibt es dort noch überhaupt nicht. Ausgerechnet Chris Christie, mit rund 3-4% in den Umfragen einer der weniger aussichtsreichen Kandidaten, führt die Liste knapp vor Bush an, der der einzige Kandidat mit nennenswerten endorsements ist. Auffällig ist auch, dass nur 11 der 16 Kandidaten überhaupt endorsements haben. Donald Trump etwa hat keine, ein weiterer Indikator dafür, dass er trotz seiner aktuell gewaltigen Umfragewerte keine Chance hat, ins Weiße Haus einzuziehen. Die meisten Amtsträger der Republicans halten sich zurück und warten ab, um ihr Gewicht später hinter den Gewinner zu werfen. Dasselbe Muster war 2012 zu beobachten, wo erst im Umfeld der Iowa-Wahl die endorsements für Romney zunahmen - viele davon eher halbherzig und mehr aus Pflichtgefühl denn Überzeugung, was Romneys Schwäche in Finanzen und Organisation gegenüber Obama zu erklären hilft.
Die Kandidaten mit den besten Chancen für endorsements sind natürlich die, die a) in mächtigen Positionen und b) schon lange genug im Geschäft sind, als dass man ihnen Gefallen schuldet. Das erklärt auch Christies aktuelle Führung: als Gouverneur von New Jersey hat er die größte Regierungsverantwortung vor den anderen Frontrunnern Scott Walker (Gouverneur von Wisconsin), Marco Rubio (seit 2010 im Senat) und Jeb Bush (1999-2007 Gouverneur von Florida). Dieses Dreigestirn ist auch das einzige, das Chancen hat, größere Mengen an endorsements einzusammeln. Ted Cruz etwa, vor Trump der Darling der Rechten, hat in seiner Zeit im Senat seit 2010 so viele Brücken hinter sich abgebrannt dass er eher Chancen auf die meisten anti-endorsements hat, und der Rest des Rudels ist zu obskur, um in Frage zu kommen (mit der möglichen Ausnahme von John Kasich, Gouverneur von Ohio).
Angesichts dieser Lage bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass 2016 auf ein Rennen zwischen Bush und Clinton hinausläuft.
Der Präsidentschaftswahlkampf unterteilt sich letztlich in drei große Phasen. Die so genannte invisible primary, die bereits zwei oder mehr Jahre vor dem eigentlichen Wahlkampf beginnt, die primaries, die etwa ein Jahr vor dem eigentlichen Wahltermin bedeutsam werden, und die eigentliche Präsidentschaftswahl zwischen Republicans und Democrats im November. Offiziell existieren davon nur die letzten beiden, die innerparteilichen primaries und der spätere Präsidentschaftswahlkampf. Die eigentlichen Abstimmungen finden dabei 2016 zwischen dem März und Juli (primaries) bzw. im November (presidency) statt. Die invisible primary dagegen ist die Vorentscheidung, gewissermaßen der Wahlkampf darum, wer überhaupt Wahlkampf führen kann. Dieser findet weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (die sich, wie man fairerweise anmerken muss, auch kaum dafür interessiert). Bekanntlich ist der Wahlkampf in den USA ein teures Geschäft, das außer für Donald Trump für jeden Kandidaten nur mit Spendengeldern zu bestehen ist.
Woher kommen die hohen Kosten? Ein Kandidat muss für einen Zeitraum von rund ein bis zwei Jahren einen Mitarbeiterstab finanzieren, der die Pressearbeit und strategische Planung übernimmt (wofür in Deutschland die Parteizentralen zuständig sind). Dazu muss Werbung geschaltet werden, die naturgemäß teuer ist. Zudem muss der Kandidat zwischen den für die Wahl relevanten Bundesstaaten hin- und herreisen und eine eigene Infrastruktur aufbauen (vor allem Iowa und New Hampshire, weil hier die ersten primaries stattfinden). Da in Wahlkämpfen zunehmend entscheidend ist, dass die Kandidaten (beziehungsweise ihre Vertreter) vor Ort präsent sind, sind die Personalkosten ziemlich hoch. Ein Großteil dieser Kosten kann nur durch Spenden gedeckt werden.
Woher aber kommen die Spenden? Für gewöhnlich von wohlhabenden Einzelpersonen und, bedeutender, organisierten Interessengruppen. Ob Gewerkschaften oder Wallstreet, jede Interessengruppe wird versuchen, den wahrscheinlichen Präsidentschaftskandidaten für sich einzunehmen. Aber woher weiß ein Spender, welcher Kandidat gewinnen wird? Niemand spendet schließlich gerne für einen Verlierer, was nicht nur Geld verbrennt, sondern einen auch in Opposition zu dem Gewinner setzt. Hier kommen die endorsements ins Spiel. Ein Gouverneur (bleiben wir für das Beispiel bei Ohio) hat, um seinen Posten zu erlangen, dasselbe Spiel wie der Präsident auf der Ebene des Bundesstaates schon einmal gespielt. Das bedeutet, dass der Gouverneur einen Stab, Infrastruktur und ein Spendernetzwerk besitzt. Welchem Kandidaten er dieses zur Verfügung stellt ist daher von entscheidender Bedeutung, denn dieser muss nicht - wie alle seine Konkurrenten - alles von null an aufbauen.
Das endorsement hat daher nicht nur die Bedeutung den Wählern zu signalisieren, dass ein bestimmter Politiker für einen anderen eintritt. Dieser Aspekt ist natürlich ebenfalls von Bedeutung, besonders bei Parteigrößen wie Ted Kennedy, dessen endorsement für Obama 2007 eine entscheidende Wegmarke für dessen Etablierung als seriöse Alternative zu Clinton war. Für die breite Masse der endorsements aber gilt, dass sie vor allem wegen der dahinterstehenden Ressourcen interessant sind. Für einen Kandidaten relevant sind nicht so sehr die öffentlichen endorsements an sich, sondern das commitment, das dahinter steht. Generell aber gilt: selbst ein lauwarmes endorsement ist besser als gar keines.
Wie sieht es hier für den Wahlkampf 2016 also bisher aus? Für einschlägig Interessierte hat das oben verlinkte FiveThirtyEight die konkreten Statistiken. Zur besseren Einordnung hat die Seite ein Punktesystem eingeführt: Repräsentanten geben einen, Senatoren fünf und Gouverneure zehn Punkte. Aktuell können wir zwei entscheidende Informationen aus dem Stand der endorsements entnehmen. Hillary Clinton führt das Feld mit 305 Punkten deutlich an. Nur ein einziger ihrer Konkurrenten, Martin O'Malley, hat überhaupt ein endorsement, und dabei nur einen Repräsentanten (Eric Salwell, der ein persönlicher Freund O'Malleys ist). Zum Vergleich: zum Zeitpunkt seiner Wahl 2008 hatte Obama gerade einmal 330 Punkte in endorsements gesammelt - und dieser Termin liegt noch 15 Monate in der Zukunft. Clintons frontrunner-Status bei den Democrats ist so ungeheur groß, dass niemand anderes eine ernsthafte Chance gegen sie besitzt, sofern sie sich keine wirklich bedeutenden Skandale erlaubt. Sofern nicht noch ein Wunder geschieht, wird sie Kandidat der Democrats 2016 - und geht mit einem gewaltigen Vorsprung an ausgebauter Infrastruktur gegenüber den Republicans ins Rennen, vergleichbar mit dem, den Obama 2012 genoss.
Die endorsements-Situation der Republicans zeigt dagegen vor allem eins: einen frontrunner gibt es dort noch überhaupt nicht. Ausgerechnet Chris Christie, mit rund 3-4% in den Umfragen einer der weniger aussichtsreichen Kandidaten, führt die Liste knapp vor Bush an, der der einzige Kandidat mit nennenswerten endorsements ist. Auffällig ist auch, dass nur 11 der 16 Kandidaten überhaupt endorsements haben. Donald Trump etwa hat keine, ein weiterer Indikator dafür, dass er trotz seiner aktuell gewaltigen Umfragewerte keine Chance hat, ins Weiße Haus einzuziehen. Die meisten Amtsträger der Republicans halten sich zurück und warten ab, um ihr Gewicht später hinter den Gewinner zu werfen. Dasselbe Muster war 2012 zu beobachten, wo erst im Umfeld der Iowa-Wahl die endorsements für Romney zunahmen - viele davon eher halbherzig und mehr aus Pflichtgefühl denn Überzeugung, was Romneys Schwäche in Finanzen und Organisation gegenüber Obama zu erklären hilft.
Die Kandidaten mit den besten Chancen für endorsements sind natürlich die, die a) in mächtigen Positionen und b) schon lange genug im Geschäft sind, als dass man ihnen Gefallen schuldet. Das erklärt auch Christies aktuelle Führung: als Gouverneur von New Jersey hat er die größte Regierungsverantwortung vor den anderen Frontrunnern Scott Walker (Gouverneur von Wisconsin), Marco Rubio (seit 2010 im Senat) und Jeb Bush (1999-2007 Gouverneur von Florida). Dieses Dreigestirn ist auch das einzige, das Chancen hat, größere Mengen an endorsements einzusammeln. Ted Cruz etwa, vor Trump der Darling der Rechten, hat in seiner Zeit im Senat seit 2010 so viele Brücken hinter sich abgebrannt dass er eher Chancen auf die meisten anti-endorsements hat, und der Rest des Rudels ist zu obskur, um in Frage zu kommen (mit der möglichen Ausnahme von John Kasich, Gouverneur von Ohio).
Angesichts dieser Lage bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass 2016 auf ein Rennen zwischen Bush und Clinton hinausläuft.
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