Mittwoch, 30. Juni 2010

Die Bundespräsidentenwahl - ein Lehrstück [UPDATE]

Von Stefan Sasse

Wulff ist Bundespräsident. Eigentlich ist dieses Ergebnis keine Überraschung; die Sensation ist vielmehr, dass es überhaupt drei Wahlgänge dafür brauchte. Ich muss offen und ehrlich zugeben, ich hatte damit gerechnet, dass Wulff bereits im ersten Wahlgang gewählt wird. Eigentlich sprach alles dafür. Dass so viele schwarz-gelbe Kantonisten der Regierung einen Denkzettel verpassen wollten ist ungewöhnlich und zeigt noch einmal die Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Koalitionsarbeit auf, die offensichtlich auch die Politiker beherrscht, obgleich die Abweichler wohl eher unter den Reihen der zusätzlichen Wahlleute als unter den Bundestagsabgeordneten unter den Wahlleuten der Bundesversammlung waren. Die Wahl stellt jedoch ein Lehrstück dar, ein Lehrstück darüber, was derzeit vor allem in den Medien vollkommen schief läuft. 

Auf dem Weg zur nachdemokratischen Gesellschaft


Die Demokratie ist kein Zustand. Sie ist ein Entwicklungsprozess. Begonnen hat er in der Schweiz mit der Beendigung des Sonderbundkriegs und der Gründung des modernen Schweizer Bundesstaats im Jahr 1848. Die letzten Reste einer gottgewollten Herrschaftsordnung wurden überwunden und stattdessen die endgültige Herrschaft des Volkes eingeführt. Mit dem schrittweisen Ausbau der Volksrechte hat sich die Schweiz punkto Demokratie zur Musterschülerin innerhalb der Staatengemeinschaft gemausert. Doch ist man in jüngerer Vergangenheit zu seufzen geneigt: Ach, Demokratie. Wohin soll die Reise gehen? Der britische Politikwissenschaftler und Soziologe Colin Crouch hat in seinem Büchlein «Postdemokratie» einige Wegweiser aufgestellt, welche alle in die nachdemokratische Gesellschaft führen.

Dienstag, 29. Juni 2010

Von Flaggen und Vuvuzelas

Von Stefan Sasse

In den Herzen der meisten linken und linksliberalen Zeitgenossen löst die Inflation von Schwarz-Rot-Gold, die sich zu WM und EM seit 2006 auf den Straßen zeigt, eine innere Unruhe aus. Wir waren zufrieden damit, dass in Deutschland kein genuiner Nationalstolz zu erkennen war, dass die Flagge auf wenige offizielle Anlässe beschränkt blieb und die meisten Menschen nicht einmal auf die Idee kamen, sich die Nationalfarben ins Gesicht zu schminken. Seit 2006 hat sich das alles wie mit einem Schlag geändert, und heute gehören die Farben der BRD in das Umfeld der beiden großen Fußballturniere wie das Bier in die Kneipe. Natürlich fehlt es nicht an mahnenden Stimmen, die diesen Trend für bedrohlich halten, den ersten Schritt auf dem Weg in einen chauvinistischen Nationalismus, der in dieser Lesart bereits in den Ersten Weltkrieg geführt hat. Ich sehe diese Gefahr allerdings nicht. 

Das Schwenken der Flaggen, das Tragen der Trikots, das Schminken in den Farben - all das ist Ausdruck nicht eines neuen Nationalstolzes, war es auch bereits 2006 nicht. Entsprechende Instrumentalisierungsversuche sind fehlgeschlagen, der Versuch, die "gute Stimmung" auf die Politik zu übertragen und mit irgendetwas anderem als Fußball zu assoziieren, schlug fehl. Daher auch das schnelle Verschwinden des schwarz-rot-goldenen Kitsches mit Ende des entsprechenden Cups. Es ist ein bisschen wie Sylvester, nur auf zwei Wochen ausgedehnt: man fängt schon ein, zwei Tage vorher mit Knallen an und brennt den Rest am 1. Januar noch kurz mit ab. Trotzdem werden nicht das ganze Jahr Böller gezündet. Gleich verhält es sich mit dem Kult um Schwarz-Rot-Gold. 
In der Tat handelt es sich dabei um einen, wenngleich sehr starken, Modetrend. Das entstehende Zusammengehörigkeitsgefühl hat sicherlich einen großen Reiz, aber - und das beweist dieser nun dritte unter schwarz-rot-goldenen Farben stehende Cup - es transzendiert den Fußball nicht. Die Begeisterung für "Schland" ist in keinster Weise gleichzusetzen mit der Bundesrepublik Deutschland und ihrem politischen System. Alle Versuche, die 2006 und 2008 in Richtung einer entsprechenden Instrumentalisierung gemacht wurden, sind fehlgeschlagen. Konsequenzerweise fehlt dieses Jahr auch eine passende Begeisterung; nicht einmal Westerwelle hat sich bisher dazu herabgelassen, plötzlich den Fußballfan zu mimen und in Südafrika zu jubeln, wie das 2006 noch Politikerpflichtprogramm war. 

Ich halte deswegen die ganze Aufregung von links wie von rechts um die Flaggenschwenkerei für übertrieben. Weder werden die Deutschen im Sinne der Konservativen "normal" und übertragen die Begeisterung für Nationalsymbole auf Fußballerbrust auf Nationalsymbole an der Soldatenschulter, noch marschieren wir bald wieder alle im Gleichschritt in ein Zeitalter des Imperialismus hinein. "Schland" ist ein Fantasieland, in dem die Mehrheit der Deutschen für zwei Wochen alle zwei Jahre einzieht, eine große Partei feiert und das Aufräumen dann den aufgeregten Leuten in den Klatschspalten überlässt, während man den ganzen Schwarz-Rot-Gold-Kitsch in den Keller räumt.

Links:
NDS - Das Schwenken der Fahnen - Eine Einübung in Gleichschaltung für alles Mögliche
FR - Dem Jubel ist nicht zu trauen


Samstag, 26. Juni 2010

Elitenförderung statt Bildungsrepublik


Freitag letzter Woche hat der Bundestag einige Änderungen am Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und die Einführung eines neuen Stipendienmodells beschlossen. Nicht nur bei der Opposition, auch bei den meisten bildungspolitischen Akteuren stoßen diese Maßnahmen jedoch mindestens auf starke Skepsis, bis hin zu klarer Ablehnung – und dies selbst bei bspw. Stipendiantenguppen. Das deutsche Bildungssystem braucht in Wahrheit ganz andere Veränderungen als die von Union und FDP beschlossenen.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Ein neues Ruanda?


Die NachDenkSeiten veröffentlichten heute eine Mail aus Kirgistan, in der bereits am 15.6.2010 dringend darum gebeten wurde, die Welt auf die dortige Situation aufmerksam zu machen:
“Wir befinden uns inmitten eines Krieges (Kirgisien, Stadt Osh). Hier passiert gerade etwas Furchtbares, Unvorstellbares!!! Das Erschreckende ist, daß in den Massenmedien nicht einmal ein Zehntel dessen wiedergegeben wird, was hier vor sich geht. Eine “Ethnische Säuberung”, wenn man so will. Ganze Stadtteile mit von Usbeken bewohnten Häusern sind bis aufs Letzte abgebrannt, Menschen werden in ganzen Familien inklusive Frauen und Kinder niedergemetzelt. Draußen sind ganze Berge von Leichen und Verletzten, denen niemand Hilfe leistet. Ganze “Armeen” junger Menschen kirgisischer Herkunft wüten in aufgebrachtem und oft nicht nüchternem Zustand bewaffnet durch die Stadt; sie töten und verbrennen alles, was ihnen in den Weg kommt.

Konzeptlosigkeit beim Sozialstaat

Von Stefan Sasse

In einem der derzeit modischen Gauck-Lauditio-Artikel, dieses Mal im SpOn, findet sich ein Absatz, der einen fundamentalen Charakterzug der leidigen Sozialstaatsdebatte aufzeigt. Es geht darum, dass dem so genannten "linken Lager", also SPD, Grünen und implizit der LINKEn, eine Haltung untergeschoben wird, die an und für sich nur bei der LINKEn vorhanden ist und auch dort, würde man die Protagonisten offen darauf ansprechen, vermutlich mit einem Lippenbekenntnis verneint würde. Es geht um das Ziel der sozialstaatlichen Aktionen, zu dem sich Gauck nun auch geäußert hat. Die Passage im Wortlaut: 

Montag, 21. Juni 2010

Ein kurzer Blick in die Makroökonomie des 18. Jahrhunderts

Von Stefan Sasse

1787 erschien eine Reihe von 85 Essays in New Yorker Zeitungen, genannt die "Federalist Papers". In diesen Papers haben einige der geistigen Väter der amerikanischen Verfassung, um deren Ratifizierung damals energisch gestritten wurde, Argumente für die Verfassung dargelegt. In Paper No. 21 behandeln sie unter anderem die Finanzierung der neuen Union, die im Gegensatz zu der alten, im Unabhängigkeitskrieg geschaffenen und sich als ineffizient herausgestellt habenden, auf Steuern basieren soll, die die Union einziehen darf. Sie schlagen dafür unter anderem ein System aus Konsumsteuern vor, die sie mit mehreren Argumenten begründen. Eines davon fällt in der aktuellen Situation besonders ins Auge. 

Samstag, 19. Juni 2010

›Wir sind nicht eure Geldautomaten‹

Ein Gastbeitrag von Wolf Wetzel
Wir haben analysiert, gemahnt, vorhergesagt. Wir haben gewarnt, wir haben lange gewartet. Wir haben gehofft, gefordert, wir haben demonstriert. Es wird Zeit, dafür zu sorgen, dass das nicht eintritt, was wir alle nicht anders erwartet haben. Es wird höchste Zeit, nicht länger auf bessere Zeiten zu warten, in eine andere Richtung zu zeigen, sondern sie selbst zu ändern.

Freitag, 18. Juni 2010

Bin ich kein Deutscher?


Turnusgemäß alle zwei Jahre stellt sich mir eine Frage, die ich so leicht gar nicht zu beantworten weiß, obwohl in meinem Reisepass doch die Antwort stünde. “Der Inhaber dieses Passes ist Deutscher” Deutscher? So einfach ist das also? Diese 33 Zeichen in einem Dokument, das mich zum dauernden Aufenthalt in einem Land berechtigt, in das zu flüchten oder auszuwandern viele Tausende in aller Welt jährlich anstreben und dabei öfter jämmerlich zu Tode kommen? Diese sechs Worte, die ein mir zweifelhaftes Glück bescheinigen?  Kann ich überhaupt ein Deutscher sein?

Donnerstag, 17. Juni 2010

Bloggeburtstag

Von Stefan Sasse

Heute ist es soweit. Am 17. Juni 2006 erblickte der erste Beitrag auf diesem Blog das Licht der Welt, oder doch zumindest eine erste Ahnung von den Datenströmen des World Wide Web. Seither sind das Blog, seine Leser und ich einen weiten Weg gegangen. Für diejenigen, die damals noch nicht dabei waren: das Blog wie auch sein Schreiber war damals noch deutlich linker, als es heute ist. Die jungeWelt, die ich heute eigentlich gar nicht mehr lese, war gewissermaßen ein Leib-und-Magen-Blatt zur damaligen Zeit. Mein politisches Verständnis war gerade erst im Erwachen begriffen, konstituierte sich gleichsam über die Zeit und wurde immer wieder Veränderungen unterworfen. Meine Leser konnten an diesem Prozess teilhaben, ihn kommentieren, verdammen und mich auf dem Weg beeinflussen. Es war, so hoffe ich, ein gegenseitiger Prozess. 
Wenn ich den ersten Beitrag jetzt, vier Jahre später (in meinem Alter noch eine kleine Ewigkeit) durchlese, ist es schon interessant zu sehen, was sich geändert hat. In Foren bin ich gar nicht mehr aktiv, dem Politkforum (durch das ich in den Anfangstagen einen Gutteil der Leser mit Spamthreads herübergezogen habe, frequentiere ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Auch andere Foren sind mir inzwischen eigentlich nicht mehr anhängig. Stattdessen freut es mich immer wieder zu sehen, dass auch ohne direkte Werbung meinerseits um die 1000 Leser täglich den Weg hierher finden und an meinen Gedanken teilhaben wollen - und mittlerweile auch an denen anderer Autoren, deren Beiträge hier veröffentlicht werden. 
Als ich den ersten Beitrag verfasste, habe ich auch kurz über die Bedeutung des Wortes "Freidenker" sinniert, das den Titel ziert. Ich muss zugeben, dieses Wort hat mir damals wenig gesagt. Es klang gut, und zusammen mit der Ortsrefernenz schien es ein Oxymoron zu sein, also gut als Titel geeinget. In Oeffingen wohne ich seit zwei Jahren nicht mehr, aber das Branding ist einfach zu gut, um es wegzuwerfen, nur um mich korrekt nach meinem derzeitigen Wohnsitz "Tübinger Freidenker" zu nennen, was in einer Studentenstadt auch lange nicht denselben Appeal hat wie im Heimatdorf. Der Freidenker ist, so schrieb ich damals aus der Wikipedia ab, "eine Person ohne religiöse Bindung, die sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren und sich zum Humanismus bekennen. Freidenker bestehen zwar auf ihrer Unabhängigkeit von Glaubensregeln wie Tabus und Dogmen, beziehen sich aber ausdrücklich auf ethische Grundsätze von Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Gewaltverzicht." Ich habe dieser Definition angehängt, dass ich mir nicht sicher bin, ob dies auch mich zutrifft. Ich denke inzwischen sagen zu können, dass sie es tut. 
So viel zur Vergangenheit. Wie sieht die Zukunft aus? Selbstverständlich werde ich weiter bloggen und hoffe, weiterhin so viele und hoffentlich künftig noch mehr Leser erreichen zu können. Es ist mir sehr wichtig, Rückmeldungen von euch Lesern zu bekommen. Wenn ein Beitrag eine Diskussion anregt, freut mich das immer ungemein - es zeigt, dass man einen Nerv getroffen hat. Ihr werdet also auch in Zukunft euer Beise-Bashing bekommen, die schriftlichen Ergüsse meiner aktuellen Gedankengänge, egal wie unausgereift sie auch noch sein mögen, und viel Stoff zum Lesen und Diskutieren. Die Zusammenarbeit mit anderen Bloggern will ich inzwischen auch nicht mehr missen. Auch wenn es dem Einen oder Anderen sauer aufstößt, weil es nach reiner Content-Streuung zu Lasten der Qualität aussieht, ich stehe hinter dem Konzept. Wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt - es wird auf jeden Fall spannend bleiben. Ich hoffe, ihr seid dabei um zu sehen, wie es weitergeht. Ich freue mich über jeden von euch. Auf die nächsten vier Jahre!

Mittwoch, 16. Juni 2010

Über einen Versuch, die Folter als ›letztes Mittel‹ zu legalisieren

Von Wolf Wetzel

Am 31.5.2010 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg die Folterandrohung gegen Magnus Gäfgen während einer Vernehmung im Frankfurter Polizeipräsidium im Jahre 2002 als einen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, das Folterverbot, verurteilt. Auffallend kurz wurde in den Leitmedien darüber berichtet, ganz schnell war das Thema vom Tisch. Aus gutem Grund: Es ging um weit mehr als einen Vizepolizeipräsidenten, der ganz alleine und einsam mit Folter Leben retten wollte.
Im Zuge einer Fahndung nach Personen, die Jakob von Metzler entführt hatten, wurde am 30.9.2002 Magnus Gäfgen als Tatverdächtiger verhaftet und vernommen. Tags darauf ordnete der Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner die Androhung der Folter und gegebenenfalls deren Durchführung an. Man wollte den Tatverdächtigen »zum Sprechen bringen«. Noch am selben Tag dokumentierte Daschner diesen Rechtsbruch in einer Aktennotiz und informierte den zuständigen Staatsanwalt Rainer Schilling. 

Dienstag, 15. Juni 2010

Buchbesprechung: Thomas Hofer - Die Tricks der Politiker

Von Stefan Sasse
Seit es das Berufs-Ansehens-Rating gibt, rangieren Politiker zusammen mit den Journalisten auf den untersten Plätzen. Man hält sie für notorische Lügner, wirft ihnen beständig das gebrochene Wahlversprechen vor (ist aber immer schizophren genug, um im Falle ehrlicher Wahlaussagen eine andere Partei zu wählen) und hält das Geschäft allgemein für schmutzig. In Deutschland kommt dazu noch eine traditionelle Parteien- und Parlamentsfeindlichkeit. Dabei ist Politik gar nicht so schmutzig, man muss nur verstehen, um was es eigentlich geht. Die Vorstellung, dass die Klügsten des Landes zusammensitzen und Ideallösungen erstellen ist eine naive Vorstellung, die kurz hinter der von der „unsichtbaren Hand“, die den Markt zu aller Vorteil regelt, rangiert.

Montag, 14. Juni 2010

Der Flop

Von Stefan Sasse

Manchmal würde man sich wünschen, dass einige Betriebe sind endlich ein Vorbild an der Regierung nehmen würden, sich von deren so bemüht zur Schau gestellten Sparbemühungen mitreißen lassen und endlich, endlich längst überfällige Einsparungen im Personalbereich vornehmen, indem sie junge, dynamische und billige Mitarbeiter einstellten und dafür ungeeignete, alte und teure Mitarbeiter entließen - etwa Marc Beise. Diese Dauerfehlbesetzung in der Wirtschaftsredaktion der SZ, die dem Handelsblatt-Deserteur aus falscher Sentimentalität einmal Asyl geboten hat, verschraubt sich in der Onlineausgabe in einem Artikel namens "Der Flop", der sich leider weniger mit seiner Person als vielmehr mit dem neuen Sparpaket beschäftigt, und nimmt seine Leser mit in die Untiefen seines Geistes. 

Sonntag, 13. Juni 2010

Merkel im Visier des Sturmgeschützes


Der Spiegel, das einstige Sturmgeschütz der Demokratie, sieht es als seine meinungsmächtige Pflicht an, der waidwunden Bundesregierung den Gnadenschuss zu geben. In einer boulevardesken Bildersprache zeigt die nächste Spiegelausgabe eine schwarze Leere mit fetten, gelben Buchstaben: AUFHÖREN! 
Ich würde sagen, das ist ein Volltreffer. Von diesem Schlag wird sich diese Regierung nicht mehr erholen.
Es wäre das Ende einer Regierung, die nie hätte gewählt werden dürfen. Wenn sich die Qualitätsmedien jetzt mit Abscheu abwenden, dann hoffe ich auf einen Rest an Reflektionsvermögen. Denn niemand anderes als unsere Medien haben diese Chaostruppe der Unfähigkeit hoch geschrieben, niemand anderes als sie haben so getan, als wäre Schwarz-gelb der alternativlose Weg aus der Krise.
Haben die Journalisten ihre eigenen schillernden Wortblasen über unsere Mutti am Ende selbst geglaubt? Wie kann es sein, dass es in den 5 Jahre unter der Kanzlerin Merkel seitens der Presse keine nennenswerte Kritik an ihrem nicht vorhandenen regieren gab? Es ist nicht lang her, da krönte unsere Journaille unsere Mutti zur Miss World. Und jetzt, urplötzlich, ist sie aus dem politischen Olymp herunter gefallen? Einfach so? Schwachsinn! Sie war weder Miss World, noch dürfte sie jetzt am Boden liegen. Frau Merkel war und ist jetzt noch immer das, was sie stets war: brutalstmöglicher Durchschnitt! Nur unsere Medien vermögen in ihr etwas zu sehen, was nicht da ist. Denn eines kümmert unsere Medien wenig: die Realität.

Samstag, 12. Juni 2010

Beides, der Angriff auf die Flotilla und die Belagerung des Gazastreifens sind illegal

 
Israels Straflosigkeit nach dem Internationalen Recht

Von George Bisharat (im Original bei Counterpunch)

Israels tödlicher Angriff auf die Gaza “Freedom-Flotilla” war eindeutig illegal. Die Flotille, die vor Abfahrt sorgfältig nach Waffen durchsucht wurde, hatte das Recht der freien Navigation in internationalen Gewässern, und Israel hatte keine legale Rechtfertigung, ihre friedliche Mission zu unterbrechen.

Freitag, 11. Juni 2010

Wrap-Up

Von Stefan Sasse

Heute einmal wieder nach etwas längerer Schreibpause ein Wrap-Up mit mehreren Themen,  die allein keinen vernünftigen Beitrag hergeben, darunter das Scheitern der Ampelkoalition in NRW, die Folgen befristeter Arbeitsverträge, das BVerfG und die Alternativlosigkeit sowie die Steuererhöhungspläne der schwarz-gelben Koalition. 

Dienstag, 8. Juni 2010

Kurzer Linkhinweis

Über den Verfassungsblog hab ich diese beiden sehr interessanten Artikel und das noch viel interessantere (englischsprachige) Blog "The Monkey Cage" gefunden, das sich nun in der Blogroll befindet. Ich kann es euch empfehlen, die Jungs verfolgen sehr interessante Gedankengänge.

Steuern runter! Steuern rauf! Steuern irgendwas!

Von Lutz Hausstein

Seit Monaten widmen sich Politiker, vornehmlich der Regierungsparteien CDU/CSU und FDP, mit stetig steigender Intensität der Steuer-Frage. Dabei nimmt die Halbwertszeit der Zustimmung zu eigenen Forderungen permanent drastisch ab. Verstieg sich die FDP noch vor der Bundestagswahl 2009 dazu, pauschal Steuersenkungen als ihre Kern-Wahlaussage zu formulieren, obwohl von allen Seiten deren Realisierbarkeit bezweifelt wurde, kippte die FDP-Bundesführung ihre Forderung nach dem Ausgang der NRW-Landtagswahl endgültig. Seitdem vernimmt die staunende bundesdeutsche Bevölkerung von den verschiedensten Politikern der FDP die unterschiedlichsten, teils völlig widerstrebenden Aussagen zur Steuer-Thematik, welche sich in ihrer Gesamtheit immer stärker zu einem einzigen indifferenten Hintergrundrauschen entwickeln. Die Politiker der CDU hingegen waren seit Beginn der neuen Koalition weniger eindeutig als die FDP. Hierbei sei nur exemplarisch auf die Verklausulierung des „Finanzierungsvorbehalts“ verwiesen. Doch schon zum damaligen Zeitpunkt gab es von deren Seiten unterschiedlichste, in der Öffentlichkeit geäußerte Meinungen, sodass die derzeitigen Hüh-/Hott-Forderungen keine neue Qualität darstellen.

Montag, 7. Juni 2010

Paket der Nicht-Überraschungen

Von Stefan Sasse

Die schwarz-gelbe Regierung hat endlich ihr Sparpaket vorgelegt, das unbedingt bis zur Steuerschätzung im Mai (lies: Landtagswahl in NRW) warten musste. Bereits im September wurde in der einschlägigen Bloggerszene prophezeit, dass Schwarz-Gelb bis zu dieser Wahl stillhalten und die großen Grausamkeiten erst danach in der relativen Ruhe bis zur nächsten Landtagswahl 2011 anbringen würde. Auch, dass es dabei vor allem der Mittelschicht und den Armen an den Kragen gehen würde, war von vornherein klar. Erschreckend ist deshalb weniger das Sparpaket selbst, als vielmehr wie wenig überraschend jeder einzelne Vorschlag eigentlich ist. Aber gehen wir analog zu einer halbwegs informativen Bilderstrecke in der SZ die elf großen Bereiche durch, in denen die Regierung den Rotstift angesetzt hat - oder korrekter den Schwarzstift, denn es handelt sich fast nirgends um Sparvorschläge, sondern eigentlich immer um Einnahmeerhöhungen. 

Gauck, die Linke und Rot-Rot-Grün


Die Nominierung von Joachim Gauck als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten durch SPD und Grüne wurde von der Öffentlichkeit und den Medien insgesamt sehr positiv aufgenommen. Gauck hat sich sicher große Verdienste erworben, er hat wichtige Tätigkeiten durch- und diese auch gut ausgeführt. Er hat gewisse rhetorische Fähigkeiten und man könnte ihn sich schon in einer repräsentativen Funktion vorstellen. Als einen parteiübergreifenden Präsidentschaftskandidaten hätte man sich Gauck gut vorstellen können, aber Union und FDP gaben der Parteipolitik den Vorzug. Er wird sicher einige Stimmen aus dem schwarz-gelben Lager auf sich ziehen und kann diesem damit auch einen politischen Schaden zufügen. Sollte er gar, wovon freilich bei der Dominanz von Parteigehorsam hierzulande nicht auszugehen ist, tatsächlich gewinnen, wäre dies ein äußerst schwerer Schlag für die Bundesregierung.

Sonntag, 6. Juni 2010

„Töte einen Türken, und dann ruh dich aus !“

Von Uri Avnery

Auf hoher See wurde in internationalen Gewässern  ein Schiff von der Marine gestoppt. Militär stürmte es. Hunderte an Deck widersetzten sich. Die Soldaten wandten Gewalt an. Einige der Passagiere wurden getötet, viele verletzt. Das Schiff wurde in den Hafen gebracht.
Die Passagiere wurden gewaltsam vom Schiff geführt. Die Welt sah sie auf dem Kai gehen, Männer und Frauen, junge und alte, alle müde und ausgemergelt, einer nach dem anderen, von Soldaten auf beiden Seiten  gestützt …

Samstag, 5. Juni 2010

Den Kälbern in der Farm geflüstert


Köhlers Abgang hat, fast selbstverständlich, dramatische Folgen. Sein Rücktritt wird immer harmloser gegen das, was sich über der leeren Stelle entlädt.
Köhler ist, wie sich jetzt heraustellt, eben durch einen progressiven Step nach hinten mit knapper Mühe und Not dem entgangen, was danach kam.
Es wäre kein Wunder, wenn ihn genau das bewegt hätte.
Wahrscheinlich hat er ein Orakel befragt, darauf  scheint noch Verlass: „…transzendente, häufig göttliche Offenbarung, die der Beantwortung von Zukunfts- oder Entscheidungsfragen dient. Die mittels des Orakels gewonnenen Hinweise und Zeichen können dem Fragenden als Rechtfertigungsgrund eigener Entscheidungen und Handlungen dienen.“ (Wikipedia)
Woraus könnte der Köhlersche Heils-Extrakt also reiner gewonnen worden sein?

Freitag, 4. Juni 2010

Quo vadis, Qualitätsjournalismus?

Von Stefan Sasse

Henning Mankell, der Schriftsteller, war auch anbord des Gaza-Hilfskonvois und berichtet nun über seine Erfahrungen. Grund genug für die Süddeutsche, darüber zu berichten. Was aus dem Miniartikel herausgekommen ist, ist ein Lehrstück über "Qualitätsjournalismus", denn Autor Thorsten Schmitz hat es sich aus einem unerfindlichen Grund zum Ziel genommen, Mankell persönlich zu zerstören. 

Donnerstag, 3. Juni 2010

Kandidaten stehen fest

Von Stefan Sasse

Die Kandidaten stehen fest. Schwarz-Gelb schickt Christian Wulff, Rot-Grün Joachim Gauck ins Rennen. Die Fronten sind damit klar abgesteckt. Wir befinden uns noch immer in diesen zwei Lagern, die hoffen, ohne eine dritte Koalitionspartei auszukommen. Interessant ist dabei weniger die Wohlfühl-Personalie Wulff als vielmehr die Nominierung Gaucks als Kandidat der SPD und der Grünen.  Wie immer in solchen Situationen (vgl. hier) ist die Nominierung eines Kandidaten durch die schwächere Seite reine Symbolpolitik. Gaucks Wahl ist eine deutliche Abfuhr an die LINKE von Seitens Rot-Grün und verdüstert die Zukunftsaussichten auf ein Rot-Rot-Grünes Bündnis 2013. Die SPD peilt weiter unverdrossen die Ampel an, und die Aufstellung Gaucks ist das Fanal dazu.

Bundespräsidenten - ein Blick zurück

Von Stefan Sasse

Was die Bestimmung eines Nachfolgers für Horst Köhler angeht, wird derzeit viel auf die Vergangenheit rekurriert. Da wird davon geredet, dass das Postengeschacher einer Demokratie unwürdig sei, oder es wird die SPD verteufelt, dass sie 2009 einen eigenen Kandidaten aufgestellt habe statt Horst Köhler wiederzuwählen, was noch nie vorgekommen sei. Es ist also Zeit einmal zu sehen, wer bisher in der BRD Bundespräsident war, wie diejenigen Bundespräsidenten wurden  und welche Überlegungen dahinter standen. Dann kann man vielleicht die Amtszeit und das Hinwerfen Köhlers mit etwas weniger Aufgeregtheit betrachten und auch sehen, inwiefern man die aktuell debattierten Kandidaten einordnen muss. 

Fahnenflucht


Man mag sich eigentlich gar nicht damit beschäftigen, gibt es doch so viel Wichtigeres wie beispielsweise den Akt der Staatspiraterie, den sich Israel mal eben erlaubt hat. Die deutsche Beteiligung am Krieg in „Ghan“, die permanent hohe Arbeitslosigkeit, wachsende soziale Ungleichheit, die Finanz- und Wirtschaftskrise … Krisengebiete, wohin man auch blickt. Nun also auch noch eine veritable „Führungskrise“, denn das Land wird überraschend kommissarisch vom Bremer Bürgermeister und derzeitigen Bundesratspräsidenten Jens Böhrnsen vertreten.

Mittwoch, 2. Juni 2010

Buchbesprechung: Hans Günter Hockerts/Winfried Süß - Soziale Ungleichheit im Sozialstaat

Von Stefan Sasse

Der Sozialstaat scheint in der Krise zu sein. In fast allen Ländern Europas sind die Staaten schwachbrüstig, wissen ihre sozialen Sicherheitssysteme kaum zu finanzieren und kämpfen mit verschiedenen Problemen. Der Sozialstaat muss sich außerdem des Vorwurfs erwehren, nur eine teure Umverteilungsmaschinerie zu sein und soziale Ungleichheit nicht zu beseitigen, sondern zu schaffen oder zumindest zu institutionalisieren. Sieht man sich an, wie wenig milliardenschwere Bürokratiemonster wie Hartz-IV an der Misere verbessern konnten, ist man geneigt, die Fragestellung zu teilen.

Dienstag, 1. Juni 2010

Das Bundespräsidentenroulette - einer geht noch

Von Stefan Sasse

Die Diskussion, wer der nächste Bundespräsident werden könnte, nimmt langsam immer absurdere Züge an. Aktueller Negativhöhepunkt der Debatte ist die SZ-Bilderstrecke möglicher Kandidaten. Gehen wir die Leute doch einfach mal kurz durch und schauen uns an, was genau sie (nicht) qualifiziert, das höchste deutsche Staatsamt zu besetzen.