Armin Laschet hat gegenüber der Rheinischen Post erklärt, dass ihm und der CDU Klimaschutz "wichtig" sei, "aber nur, wenn durch ihn der Industriestandort Deutschland und Tausende Arbeitsplätze nicht gefährdet" seien. Das scheint natürlich ein sehr pragmatisches, vernünftiges Argument, also genau das, wie sich CDU und FDP gerne selbst sehen. Aber das ist es nicht. Der Grund dafür liegt in einem grundsätzlichen Unverständnis unter Konservativen und Wirtschaftsliberalen für das, was der Klimawandel eigentlich ist und was die Rolle von Klimapolitik ist. Für CDU und FDP ist Klimaschutzpolitik ein frivoler Luxus, etwas das man sich leistet, wenn es keine oder sehr geringe Opportunitätskosten hat oder aus irgendwelchen Gründen Geld übrig ist. Nichts könnte ferner von der Wahrheit sein, und dieses völlige Unverständnis hält auch konservative oder liberale Problemlösungsansätze zurück.
Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung für die gesamte Menschheit. Wenn die aktuelle Entwicklung weitergeht, wird die Temperatur bis zum Jahr 2100 rund 4 Grad ansteigen. Ab mehr als 2 Grad werden die Folgen dramatisch (weswegen das das Ziel der Pariser Klimakonferenz 2014 ist). 97% aller Klimawissenschaftler unterstützen diese Einschätzung; es handelt es sich also nicht, wie so häufig in rechten Zirkeln kolportiert, um eine völlig offene Fragestellung, bei der es unmöglich wäre zu sagen, was wahrscheinlich passieren wird.
Wenn also Laschet sich hinstellt und sagt, dass es eine Abwägung wäre zwischen dem als Luxuausgabe empfundenen Klimaschutz auf der einen und traditioneller Industriepolitik auf der anderen Seite, dann begeht er einen kategoralen Denkfehler. Weder schließt sich beides aus, noch ist das eine Wahl, die sich einem klar denkenden Menschen stellen kann. Wenn ein Asteroid auf die Erde zuraste, der, wenn man nicht ein sündteures Abwehrsystem baute diese zerstörte, würde man jeden für verrückt erklären, der hier lieber nicht Arbeitsplätze in der Kohleindustrie gefährden will. Leider ist der Klimawandel so schleichend über einen (für Menschen!) unvorstellbar langen Zeitraum, dass es das Vorstellungsvermögen für Probleme einfach übersteigt. Ganz offensichtlich ist das zumindest bei Laschet der Fall.
Erkennt man erst einmal das Gefährdungspotenzial des Klimawandels, so kann die binäre Wahl Laschets keinesfalls mehr zutreffend sein. Stattdessen wäre es an der Zeit, dass Konservative und Liberale sich endlich auf eine konservative und liberale Klimaschutzpolitik verständigen, anstatt die Lösungsvorschläge der Grünen möglichst stark herunterzuwässern. Denn sicherlich kann man genügend Kritik an diesen Lösungen bringen; die Grünen haben die Problemlösungskompetenz bei allen Klimafragen nicht für sich gepachtet. Sie sind aber die einzige Partei, die das Ausmaß der Problems erkannt hat und wenigstens Vorschläge entwickelt. Dass Konservative und Liberale sich dem Ideenwettbewerb um die bestmögliche Problemlösung verweigern ist absurd.
Denn es gäbe massenhaft Möglichkeiten, mit denen man etwa die Rolle des Staates beschränken und stattdessen mehr Initiative auf den Privatsektor auslagern könnte; alternative Besteuerungsmodelle (Stichwort carbon tax) oder gar das Schaffen neuer Märkte (etwa für Emissionsrechte) bieten ebenfalls Möglichkeiten, die völlig vereinbar mit üblichen konservativen oder liberalen Politikpräferenzen sind. Aber nichts davon kommt, weil - erneut - ein grundsätzliches Unverständnis über die Natur des Problems herrscht.
Solange Konservative und Liberale (und, in geringerem Maße, Sozialdemokraten) nicht in der Lage sind zu erkennen, um was für ein Problem es sich überhaupt handelt, steuern wir weiterhin auf die Katastrophe zu. Laschet sollte also als Antwort auf seine Kritik an den Plänen der Grünen daher nicht als einzige Alternative Nichtstun propagieren, sondern eigene Vorschläge bringen.
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