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Sonntag, 3. Dezember 2006
Das Dilemma der Liberalen
Die FDP steckt in einem tiefen Dilemma, schon seit ihrer Gründung und den ersten Koalitionen. Hatte sie es knapp vermeiden können, zu Beginn der 1950er Jahre wie der bedauernswerte Rest der bundesdeutschen Parteienlandschaft von der CDU geschluckt zu werden, mauserte sie sich bald zum Zünglein an der Waage (mit einer kleinen Unterbrechung 1957 und 1966), eine Position, die sie immerhin bis 1980 innehatte. Bis 1966 warf sie ihr Gewicht in die Waagschale, um zusammen mit der CDU den Kapitalismus im Konzept der Sozialen Marktwirtschaft nach Deutschland zu bringen. Ab 1969 gestaltete sie in der sozialliberalen Koalition das Wagnis "mehr Demokratie" und brachte die Ostverträge mit auf den Weg. Ende der 1970er Jahre wurde der Streit mit SPD besonders im wirtschaftlichen Bereich immer offenkundiger und mündete 1982 in einer erneuten Partnerschaft mit der CDU, die im Endeffekt bis heute anhält.
Ende dieser kleinen historischen Einführung, die keinerlei Vollständigkeit für sich in Anspruch nimmt.
Der Topos dieser Abhandlung nennt sich "Das Dilemma der Liberalen", und damit gemeint ist der Widerspruch, den die FDP mit jeder ihrer Koalitionen beständig eingehen muss. Es ist sonnenklar, dass die FDP nicht stark genug ist, um jemals die absolute Mehrheit zu erhaschen und damit die Politik selbst zu gestalten (einmal abgesehen davon, dass dazu dann auch noch die Mehrheit im Bundesrat gehörte). Deswegen muss sie koalieren, nach Lage der Dinge mit einer der beiden großen "Volks"parteien. Mit welcher der beiden sie es auch immer tut, ein Teil ihrer Ideale und Ziele bleibt auf der Strecke.
Zum Zwecke dieser Abhandlung möchte ich die Ziele und Ideale der FDP in zwei Gruppen fassen. Ich bin mir bewusst, dass dies pauschalisierend und oberflächlich ist und bitte dies zu entschuldigen. Diese beiden Bereiche sind zum einen die Bürgerrechte (also alles, was mit der Freiheit der Bürger im alltäglichen Leben zusammenhängt) und die Freie Marktwirtschaft (also alles, was mit der Freiheit der Bürger in der Wirtschaft zusammenhängt). Beide Ideale erfordern die Utopie eines Nachtwächterstaates, der sich so wenig wie irgendmöglich in das Privatleben einmischt. Die dafür notwendigen Reformen lassen sich, wie gesagt, nicht von der FDP alleine durchsetzen, weswegen sie dringend einer der beiden großen Parteien bedarf. Koaliert sie mit der CDU, kann sie den Großteil ihrer marktliberalen Positionen durchsetzen, koaliert sie mit der SPD, kann sie einen Gutteil ihrer libertären (wie ich es in Ermangelung eines besseren Begriffs nennen möchte) Positionen durchsetzen.
Dadurch wird der Flügelkampf innerhalb der FDP wichtig: In den 1960er Jahren bis in die späten 1970er Jahre dominierte der linksliberale Flügel. Davor und danach dominierte der marktliberale Flügel, was jeweils für eine charakteristische Politik und ein charakteristisches Abstimmungsverhalten sorgte.
Dieser beständige Widerstreit mit den eigenen Idealen, bei denen eine Seite stets den Kürzeren ziehen muss, sorgt für eine Spaltung der FDP in sich selbst. Das ist nicht schlecht, denn Flügel geben ja bekanntlich Auftrieb. Wie der Autor des verlinkten Essays bereits bemerkte, sind Koalitionen der Liberalen mit den Konservativen gemäß des Mottos "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" keine gute Idee, denn sie zerstören die libertären Grundwerte. Gleichzeitig natürlich können Koalitionen mit den Linken zu keiner Entfaltung der Marktkräfte führen. Die aktuelle Aufweichung des Parteienspektrums der selbst ernannten Mitte jedoch gibt der FDP plötzlich wieder ungeahnte Möglichkeiten. Sowie die allgemeine, durch und durch unlibertäre und undemokratische Grundstimmung gegenüber der Linkspartei überwunden ist, ist sogar eine Spanienkoalition denkbar - ebenso wie eine Jamaikakoalition. Beide Varianten sind derzeit unwahrscheinlich; die eine wegen der verbreiteten Antipathie gegen die Linkspartei und der in ihren Reihen immer noch starken kommunistischen/sozialistischen/marxistischen Strömungen, die andere wegen dem Richtungsstreit, in dem sie die Grünen gerade befinden - und auf den ich in Kürze eingehen will.
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