Donnerstag, 28. Oktober 2010

Holt den Adel zur Rettung der Republik!

Von Stefan Sasse

Kennt ihr das Gefühl? Überall "graugesichtige Politiker"? Nur Partikularinteressen? Die Niederungen der Parteipolitik? Bürgerliche, manchmal gar mit einem Arbeiterhintergrund, mühsam ihre niedere Herkunft verbergend und nicht auf dem internationalen Parkett zu Hause? Kommunalpolitiker in Hintertupfingen, die nicht einwandfrei englisch können? Landtagsabgeordnete ohne eigenes Schloss? Hadert nicht! Ursula von der Leyen und Karl-Theodor zu Guttenberg eilen herbei und retten den Tag!

Das zumindest ist der Eindruck, den man gewinnen muss wenn man die aktuelle Debatte um "Adel in der Politik" ansieht, die bei Frank Plasberg geführt und freundlicherweise auch von der SZ diskutiert wurde, damit man sich die 75 Minuten nicht wirklich antun muss. Dabei saß eine Reihe von Blaublütern mit Plasberg und Elitenforscher Hartmann zusammen und redete darüber, warum die Republik dringend des Adels zu ihrer Rettung bedarf. Klingt absurd? Ist es leider nicht. 

Dienstag, 26. Oktober 2010

Aufgelesen und kommentiert [UPDATE]

Von Stefan Sasse

Bei Sprengsatz findet sich ein weiteres Kapitel aus der beliebten und nie endenden "Guttenberg ist toll"-Kiste. Spreng erklärt, dass Guttenberg bei der Wahl 2013 bayrischer Ministepräsident werden müsse, um sich für die Kanzlerkandidatur 2017 warmzulaufen. Aaaaaah ja. Sehen wir mal. Ich glaube, das Seehofer-Bashing wird vorher irgendwann aufhören. 

Thema Seehofer-Bashing und Guttenberg-Hype: bei der FTD verkauft Horst von Buttlar Seehofer als Gott-sei-bei-uns und Guttenberg als leuchtenden Messias der Politik. Der Artikel ist ein Paradebeispiel dafür, wie man mit cleveren Gleichsetzungen einfach nur die eigene Meinung dadurch verstecken kann, dass man sie irgendwelchen Figuren ansteckt, eine Methode, die wir bei Sarrazin in letzter Zeit oft genug erlebt haben. Der Artikel enthält einige großartig hirnrissige Stilblüten und eignet sich schon alleine deswegen zur Lektüre, je nach Veranlagung zum Schwellen der Lachmuskeln oder des Wuthalses. 

Der Deutsche Beamtenbund fordert Gehaltssteigerung für den Öffentlichen Dienst; sieben Prozent. Für die SZ ist das "frech" und "nicht maßvoll". Ach. Nicht maßvoll. 

Bei Feynsinn und Spiegelfechter findet sich ein Rant gegen die Absicht der Regierung, die Raucher zu belasten um dafür den Lobbyisten einmal mehr Geld in den Rachen zu schütten (beziehungsweise da zu lassen). So sehr ich mich der Kritik auch grundsätzlich anschließe; die Freiheit der Raucher ist in meinen Augen keine, die es sich zu erhalten lohnt. Aber das hatten wir ja schon. Übrigens, das neue Gesetz wird die Einkünfte der Tabaklobby laut SpOn sogar steigern, deswegen hört man aus der Ecke auch nichts. 

"Wir in NRW"-Blog hat Emailverkehr von CDU-Parlamentariern zugespielt bekommen, der belegt, dass man nicht nur den parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen abgehört hat, sondern dass sich das Wahldebakel mit "mehr Abhören" auch hätte vermeiden lassen. Natürlich berichtet da niemand drüber. 

UPDATE

In der SZ macht Thorsten Denkler wieder mal den Jubelperser für Steinmeier: die Kanzlerkandidatur sei entschieden, Steinmeier beliebt bei den Wählern, und so weiter und so fort. Bezüglich der Beliebtheit kann ich nur auf das nächste Fundstück verweisen, was den Rest des Artikels angeht: intellektueller Dünnpfiff.

Der Postillon hat genau die richtige Antwort auf den Hype um Guttenberg und den Versuch, Steinmeier wieder aus der Versenkung zu holen. Absoluter Lesebefehl!

Die Puffmutter der Wirtschaftsnutten

Von Stefan Sasse

Urban Priol und Georg Schramm sind bei einer Stuttgart21-Demo aufgetreten. Sehenswert! Nicht nur wegen dem Zitat im Titel.



Sonntag, 24. Oktober 2010

Aussichten auf 2013

Von Stefan Sasse

Noch drei Jahre sind es bis zur nächsten Bundestagswahl. Die schwarz-gelbe Regierung hat ihren Schreckenskatalog weitgehend abgearbeitet. Die meisten Rechnungen der Wahlkampfspender sind beglichen, die drastischsten Kürzungen durchgesetzt. Die Bilanz des ersten Jahres der Koalition ist katastrophal, aber es stehen noch drei weitere bevor. Rot-Grün hat von 1999 bis 2002 auch effektiv nur wenig getan, nachdem die ganzen Grausamkeiten gleich zu Beginn erledigt wurden. Wer redete 2002, als Schröder in großer Pose das Nein zum Irakkrieg verkündete und in Gummistiefeln durch das Oderwasser stiefelte, noch vom Kosovokrieg und den "rot-grünen Chaostagen"? Niemand. Die schwarz-gelbe Regierung erlebt derzeit einen katastrophalen Imageverlust und verliert wohl einige Landtage, das ist wahr. Aber das war noch das Schicksal jeder Regierung, und obgleich das Ausmaß des Versagens und der Korruption unserer Führungsschicht alles bisher Dagewesene wirklich in den Schatten stellt sollte man sich nicht zu früh freuen: schwarz-gelb kann noch einiges reißen in den vor uns liegenden drei Jahren, das die Stimmung bis dahin noch drehen wird - gänzlich ohne neue Terroranschläge und Überflutungen, die natürlich jederzeit hilfreich hinzukommen können. 

Freitag, 22. Oktober 2010

Mal was grundsätzliches...zur LINKEn 2010

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit der LINKEn im Jahr 2010. 

Seit der Bundestagswahl 2009 ist die LINKE wie in einem medialen Dornröschenschlaf verschwunden. Obwohl sich die schwarz-gelbe Regierung in einer Geschwindigkeit selbst zerlegt, die selbst die optimistischsten Beobachter nicht für möglich gehalten hätten und die SPD weiter in einem Jammertal der Tränen verharrt, profitiert die LINKE nicht davon. In Umfragen hat sie seit der Wahl sogar an Stimmen verloren. Man hört von ihr nichts von ihr zum Atomdeal, nicht zur Gesundheitsreform, nichts zur Migrationsdebatte. Kein Zweifel, zu jedem dieser Themen hat die LINKE eine Meinung, und die publiziert sie sicher auch brav als Pressemitteilung auf ihrer Homepage. Aber kein Medium interessiert sich dafür, selbst in der Blogosphäre spielt die LINKE kaum eine Rolle. Selbst der aufgebautschte Skandal um Klaus Ernst hat keinen Hund hinter dem Ofen hervorgelockt. Warum ist das so? Wo liegt das Problem der LINKEn?

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Neoliberalismus, eine Ideologie der Idiotie


Der freie Markt mit seinen unsichtbaren Händen ist das einzig Wahre und Gute in der Welt, der Staat ist abgrundtief böse. Der einzig alternativlose Weg ist Wachstum, Wachstum, Wachstum und dafür müssen wir sparen, sparen, sparen.

Das Schöne an dieser neuen neoliberalen Welt ist, nahezu jeder glaubt an diese Wirtschaftsideologie. Seit der Weltwirtschaftskrise ist jedoch bei einigen das Vertrauen in die magischen Wirkmächte des Marktes erschüttert. Einer dieser Kritiker ist Jack Welch. Er ist nicht nur der Ex-Chef von General Electric, er gilt auch als Vater des Shareholder Value Prinzips. Heute bezeichnet er das Konzept als “die blödeste Idee der Welt“. Doch nicht alle sind so lernfähig wie Jack Welch, die meisten Folgen weiterhin der Ideologie des Neoliberalismus und erhöhen nach der Krise einfach nur die Dosis an Idiotie.

Auf diesem Weg sind wir bereits weit fortgeschritten. Wären wir auf der Titanic, würde sich zur Zeit folgende Szene abspielen: Der Ausguck meldet erregt: “Eisberg voraus!” Die Kapitänin antwortet ruhig und ohne jeglichen Zweifel: “Die Schifffahrstwissenschaftler sagen, es gibt keine Eisberge am Nordpol, also sind vor uns auch keine Eisberge. Wir machen weiter so, volle Fahrt!”

Dienstag, 19. Oktober 2010

Nachtrag zu "Politisches Erdbeben21"

Von Stefan Sasse

Am 16. September, also vor etwas mehr als einem Monat, habe ich einen Artikel darüber geschrieben, dass S21 ja demokratisch legitimiert worden wäre und vor allem schon ewig durch und deswegen der Protest etwas aus der Zeit gefallen ist. Inzwischen muss ich diese Ansicht teilweise revidieren. S21 ist längst über die Frage des Bahnhofbaus hinausgegangen; inzwischen geht es um einen grundsätzlichen Kampf gegen "die da oben", den "die da unten" - hier wage ich zu prophezeien - verlieren werden, weil sie nicht die Ausdauer haben werden, den Kampf bis März durchzuziehen, was aber nötig wäre, um wirklich einen messbaren Einfluss auf die Politik zu gewinnen, die gerade auf dem besten Weg ist die Sache zu domestizieren. 

Fachkräftemangel – das neue Räppelchen der Neoliberalen

Von Jürgen Voß

Das neoliberale Lager hat wieder eine neues Räppelchen: Den Fachkräftemangel. Getreu den drei Leitlinien der neoliberalen Scholastik: Das Unlogische ist für uns vollkommen logisch, das Unplausible ist für uns gerade plausibel genug und das nicht Vermittelbare kriegen wir schon vermittelt, wird auch dieser neuerliche Unfug in der praktisch gleichgeschalteten Medienwelt mit einer so kabarettreifen Ernsthaftigkeit diskutiert, dass man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll.

Zu den Fakten: In diesem Lande haben wir 3,1 Mio. Arbeitlose und dazu – im Mo-natsbericht der BA nachzulesen – 1,4 Mio. Menschen in sog. Fördermaßnahmen. Lassen wir die stille Reserve – neuere Untersuchungen zeigen, dass in Deutschland 8,6 Mio. Menschen arbeiten bzw. mehr arbeiten wollen als bislang – sind dies 4,5 Mio. Menschen. Erste Frage: Alles Hilfsarbeiter?

Montag, 18. Oktober 2010

Mal was grundsätzliches...zu politischen Talkshows

Von Stefan Sasse

Den Oeffinger Freidenker gibt es nun seit über vier Jahren. Viele Themen wurden bereits mehrfach in unterschiedlichen Beiträgen behandelt, so dass es dem Autor oftmals unnötig erscheint, bestimmte Anspielungen oder Einstellungen näher zu erläutern. Seit 2006 hat sich die Leserschaft jedoch stark vergrößert, und für die, die neu dazugekommen sind, mag nicht immer alles sofort klar sein, was der Oeffinger Freidenker schreibt. Die neue Serie "Mal was grundsätzliches…" soll diese Lücke schließen, in dem noch einmal eine Zusammenfassung zu bestimmten Themen gegeben wird. Diese Folge befasst sich mit den politischen Talkshows.
Jede Woche laufen mehrere politische Talkshows im Fernsehen, besonders bei den Öffentlich-Rechtlichen Sendern. Die prominentesten Namen - stets die Moderatoren, die gleichzeitig die "Marke" darstellen - sind Frank Plasberg, Anne Will, Maybritt Illner und Sandra Maischberger, wobei letztere beiden nicht nur politische Talkshowthemen machen, sondern auch andere, die allerdings immer eine irgendwie geartete gesellschaftliche Relevanz haben. Die Themen, wohlgemerkt, nicht die Sendungen. Wenn die feuchten Träume der Intendanten war werden, dürfen wir bald auch noch eine Sendung "Günther Jauch" ansehen, in der "Deutschlands klügster Mann" (laut Umfragen) dann Politiker befragen und an der Aufgabe scheitern darf, deren belanglose Wortblasen zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen oder auch nur so etwas wie einen halbwegs ordentlichen Gesprächsablauf zu organisieren. Denn die politischen Talkshows sind nutzlose Übungen, lediglich wöchentliche Zurschaustellungen schlechten Stils und Demonstrationen dessen, was im Medienzirkus falsch läuft. 

Samstag, 16. Oktober 2010

Was für ein Boden?

Von Stefan Sasse

Klarstellungen von der CSU-Spitze sind immer gut. Man hat was zu lachen, zu ärgern und zu weinen, für alle etwas dabei. Nach der Kritik, die Seehofer wegen seiner dämlichen Integrationsäußerungen entgegenschlug, hat er sich nun entschieden, Missverständnisse auszuräumen: 
"Integration heißt nicht nebeneinander, sondern miteinander leben auf dem gemeinsamen Fundament der Werteordnung unseres Grundgesetzes und unserer deutschen Leitkultur, die von den christlich-jüdischen Wurzeln und von Christentum, Humanismus und Aufklärung geprägt ist." (Quelle)
Das ist der einzige Teil seines Geplappers, der über ein "Jawoll" der Stammtische hinausgeht ("Deutschland darf nicht Sozialamt der Welt werden", "Deutsch kennen schon im Herkunftsland", blabla). Christlich-jüdische Wurzeln? Humanismus und Aufklärung bei der CSU? Das alles sind doch eitle Phrasen. Wenn Seehofer das so formuliert, wird sich niemals irgendjemand integrieren können. Ein Land, in dem man sich auf die Basis des Christentums stellen muss um als integriert zu gelten - da kriege ja nicht mal ich den Pass mehr. Und "Humanismus und Aufklärung"? Was soll das denn sein? 


Freitag, 15. Oktober 2010

In memoriam Hermann Scheer

Von Stefan Sasse

Hermann Scheer ist tot. Er war einer der profiliertesten Umweltpolitiker der SPD, bekam den alternativen Nobelpreis und arbeitete zusammen mit Andrea Ypsilanti an alternativen Wirtschafts- und Energiekonzepten und gründete das Institut für Solidarische Moderne mit. Als Abgeordneter meines Heimatwahlkreises war die Wahl für mich immer ein absoluter No-Brainer. Mit Scheer verliert die SPD ein wichtiges Mitglied; ich trauere um ihn.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Vetternregierung


Nach noch nicht einmal einem Jahr Regierungszeit könnte man denken, die schwarz-gelbe Bundesregierung habe bereits fast alle Klientelinteressen bedient. Doch sie hat noch viele Vettern, deren Taschen gefüllt werden wollen. Jetzt ist die Versicherungswirtschaft dran Schwarz-Gelb ist im Augenblick dabei, die Renten-, Kranken- und Lebensversicherung auf private Kapitaldeckung umzustellen und den privaten Versicherungen Gelder zuzuschanzen.

Dienstag, 12. Oktober 2010

Blogpause bis Freitag

Von Stefan Sasse

Liebe Leser, 
das Blog wird für die nächsten zwei Tage in einer Art kleinem Inkubationsschlaf liegen. Ich habe am Donnerstag meine Examensprüfung im Fach Geschichte und kann deswegen dem tagesaktuellen Geschehen nicht die Aufmerksamkeit widmen, die es verdient. Haltet euch solange an die Kollegen in der Blogroll, wünscht mir alles Gute und so alles glatt läuft, sehen wir uns am Freitag wieder. 
Und wenn nicht auch. 

Liebe Grüße
euer Oeffinger Freidenker, Stefan Sasse

Montag, 11. Oktober 2010

Diese ganze "Integrationsdebatte" widert mich so an!

Von Stefan Sasse

Ganz ehrlich, ich kann es kaum beschreiben. Wie in den letzten kaum zwei Jahren eine Stimmung in diesem unserem Land entstanden ist, die den Aufschwung einer neuen und rapiden Ausländerfeindlichkeit markiert, ist beachtlich. Anfang der 1990er Jahre schrie alles Zeter und Mordio, als die Republikaner mit ihren Thesen von "Deutschland den Deutschen" in den Landtag Baden-Württemberg einzogen und nach einigen Demoskopen sogar Chancen auf den Bundestag hatten. Heute sind sie längst rechts überholt. "Wir brauchen keine Einwanderung aus fremden Kulturkreisen", hat Seehofer postuliert. Wenn man die offensichtliche Frage "Woher denn dann?" einmal beiseite lässt, dann muss einem doch auffallen, dass diese Phrase genausogut im Munde eines NPD-Politikers hätte liegen können, ohne das irgendjemandem auch nur das Geringste aufgefallen wäre. Dass die NPD verkündet hat, Sarrazin vertrete größtenteils ihre Positionen war nur ein Publicitygag, sicherlich. Doch leider ist es gleichzeitig schmerzhaft wahr. 

Sonntag, 10. Oktober 2010

Zitat des Tages

Von Stefan Sasse
Erst wenn das letzte Hartz IV gerodet, die letzte Gesundheitsreform kassiert, der letzte gerettete Banker Millionär ist, werdet ihr feststellen, dass Atomkraftwerke keine Hotelübernachtungen buchen.

Freitag, 8. Oktober 2010

Ein paar Gedanken zur Stuttgarter Infrastruktur

Von Stefan Sasse

Jens Berger vom Spiegelfechter hat eine hervorragende Zusammenfassung der Fakten aufgestellt, die gegen S21 sprechen und dabei auch die prägnantesten Strukturen der "Spätzle-Connection", also des Stuttgarter Lokalfilzes, angestellt. Nun wurde ich zufällig in dieser Stadt geboren und habe sie erst vor zwei Jahren verlassen, weswegen ich die Infrastruktur hier aus eigener Anschauung kenne. Stuttgart hat glücklicherweise nämlich nicht nur ein überaus ineffizientes Straßennetz, das jeden Tag zweimal quasi vollkommen blockiert ist, nein, es verfügt wie ganz Baden-Württemberg auch über ein sündteures Nahverkehrsnetz, das sich den Luxus mehrer unabhängiger und extrem teurer Verbünde erlaubt. Aber für diejenigen, die nicht aus der Ecke hier kommen, erst einmal eine Aufnahme aus Google Maps, damit klar wird von was wir hier eigentlich reden: 

Marc-Beise-Satire

Von Jürgen Voß

Wir schreiben das Jahr 2020: Die neoliberale Ära in Deutschland ist trotz der acht Totalcrashs des Weltfinanzmarktes und einem Schuldenstand der öffentlichen Haushalte von über sechs Billionen Euro sowie dem völligen Zusammenbruch der sozialen Sicherungssysteme immer noch nicht beendet, denn Wahlbeteiligungen von unter fünf Prozent haben dazu geführt, dass Kanzler Phillip Rösler mit seinem kleineren Koalitionspartner CDU unangefochten die Richtlinien der Politik bestimmt. Der Reformeifer dieser Regierung ist ungebrochen. Ihr neuestes Projekt: Die Wiedereinführung der Kinderarbeit. Marc Meise, von der Süddeutschen Zeitung, kommentiert:

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Kann man eigentlich noch über Beise schreiben?

Von Stefan Sasse

Irgendwie schon. Rein von der Menge des Materials, das die Materie hergibt, könnte man sogar einen Anti-Beise-Blog aufmachen. Prinzipiell wäre die Thematik wohl was für den BILDBlog, wenn der sich für solche thematischen Dinge ebenfalls interessieren würde, was er aber leider nicht macht. Deswegen bleibt die Arbeit eben immer wieder an uns hängen. Bei Feynsinn findet sich zum aktuellen Kunstwerk Beises lediglich ein kurzer Rant: 
Einer der unfähigsten deutschen ‘Journalisten’, die neoliberale Gebetsmühle Marc Beise, weist heute den Bundeswirtschaftsminister zurecht, der solle gefälligst auch weiterhin das Mantra aufsagen – und sonst nichts. Ich verstehe ja auch nicht, was den Brüderle reitet, aber wenn der schon mal etwas halbwegs Logisches sagt, muss dann gleich dieser Wadelnbeißer daherkommen und lautstark das gewohnte Maß an Blödheit einfordern? Wenn man keine Ahnung hat … 
Flatters Brechreiz ist nachvollziehbar. Dummerweise hat er dabei ein Glanzstück Beise'scher Selbstdemontage übersehen, das der Oeffinger Freidenker freundlich nachreicht: 

Eine Kotztüte, bitte!

Von Stefan Sasse

Man stelle sich für einen Moment vor, Margot Honecker würde im Neuen Deutschland eine Serie zu der Aufarbeitung von Verbrechen aus der DDR-Zeit redaktionell begleiten. Lassen wir die Vorstellung kurz sinken. Ist jedem klar, wie groß der Neuigkeitswert wäre? Und wie absurd das Ergebnis? Gut, denn so etwas ähnliches plant RTL II. Stephanie zu Guttenberg, den Verteidigungsaußenwirtschaftsstrahleministers Guttenbergs treues Eheweib, die sich derzeit mit größter Penetranz in den Medienzirkus drängelt, wurde "von RTL II als Moderatorin für ein wohl aufsehenserregendes Format gewonnen" (O-Ton DWDL). Das aufsehens- und übelkeiterregende Format trägt den Namen "Tatort Internet - Schützt endlich eure Kinder!" RTL II und Guttenberg geben gleich mit vertrauenserweckendem Lächeln Entwarnung: keine Doku-Soap nach üblichem RTL-II-Muster werde es sein, sondern eine seriöse Show mit einem "gesellschaftspolitischen Anliegen". Rührt sich schon was im Magen? 

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Bericht aus dem neoliberalen Lila-Lula-Land

Von Stefan Sasse

Wer kennt sie nicht, die Geschichten aus 1001 Privatisierung? Jene Geschichten, die uns in verkrusteten bürokratischen Strukturen erstarrten Deutschen zeigen, wie das dynamische Volk der Amerikaner es mit life, liberty and pursuit of hapiness immer wieder schafft, ohne Kündigungsschutz den homo oeconomicus zum Vorschein zu bringen? Eine Glanzgeschichte aus dieser Gegend liegt nun aus dem US-Bundesstaat Tennessee vor, wo ein Haus Opfer der Flammen wurde, nachdem der anwesende Enkel Müll verbrannt hat. Gut, möchte man sagen, solcher Mist passiert eben; dafür gibt es ja eine Versicherung und die Feuerwehr. Tja, nicht in dieser Ecke von Tennessee. 

In dieser Gemeinde fehlt nämlich seit 20 Jahren das Geld für eine Feuerwehr. Deswegen muss jeder Haushalt jährlich 75$ abdrücken, wenn er bei Brand das Haus gelöscht bekommen will. Um es in den Worten des örtlichen Bürgermeisters zu sagen: "If you don't pay, you're out of luck." (Wenn sie nicht bezahlen, haben sie Pech gehabt) So geschehen im aktuellen Fall. Die Anwohner hatten die Gebühr nicht bezahlt, weswegen ihr Anruf bei der Feuerwehr ignoriert wurde. Ein zweiter Anruf endete dann beim freundlichen operator, der in ruhiger Stimme erklärte, dass die Anwohner nicht auf der Liste seien und das Haus deswegen nicht gelöscht werden könne. Das verzweifelte Angebot des Mannes, jeden Preis zu zahlen, dass die Feuerwehr doch anrücke, wurde mit einem lapidaren "zu spät" abgelehnt.

Menschen kamen glücklicherweise nicht zu Schaden, die Haustiere der Familie - insgesamt vier an der Zahl - starben allerdings in den Flammen, weil die Feuerwehr nicht einmal sie retten wollte. Vermutlich hatten die Haustiere ihre Anteile an der Futterration nicht auf der Feuerwehrwache abgeliefert; genau weiß man das nicht. Diese Geschichte aus dem nun abgebrannten FDP-Wunderland zeigt eindrucksvoll, warum man die elementaren Dienste wie Polizei und Feuerwehr (und eigentlich auch Gesundheits- und Transportwesen sowie Energie- und Wasserversorgung) nie, nie, nie aus staatlicher Hand geben darf. Genau das passiert dann. Das ist so weit entfernt von den Grundlagen menschlichen Zusammenlebens, wie es nur irgendgeht. Es ist der Dschungel, eine Rückkehr in barbarische Zeiten in einer Epoche der technologischen Hochzivilisation, ein abstoßendes Beispiel einer unmenschlichen Ideologie.

Aber keine Angst, die Feuerwehr kam schlussendlich doch. Nicht, um das Haus zu löschen. Die Flammen hatten aber nachdem der Brand einige Stunden in vollem Gange war auf das Nachbarhaus übergegriffen. Und der Nachbar hatte die Gebühr zu seinem Glück bezahlt.

Links: 

Dienstag, 5. Oktober 2010

Tricksereien bei Hartz-IV


Einige Indizien weisen darauf hin, dass die Bundesregierung bei der Ermittlung der neuen Hartz-IV-Regelsätze getrickst hat, um auf eine von vornherein feststehende Summe (für alleinstehende Erwachsene 364 Euro) zu kommen. Die Vorwürfe besagen im Kern, dass es sich dabei viel mehr um eine politisch gewollte statt  einer objektiv ermittelten Größe handelt und die Regelsätze künstlich heruntergerechnet wurden, um die Ausgaben so gering zu halten.
 
Träfe das zu, hätte die Bundesregierung grob die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes missachtet und ihnen sogar gezielt zuwidergehandelt. Eine Sammlung der bisher bekanntgewordenen Indizien, die diesen Verdacht erwecken können:


Sonntag, 3. Oktober 2010

Man darf doch wohl noch Volk sein!

Von Marc Schanz
 
Es ist eine runde Sache. Vor genau zwanzig Jahren fand die Wiedervereinigung Deutschlands statt. Der sozialistische Erzfeind im Osten löste sich auf, unser damaliger Kanzler Helmut Kohl nutzte diesen einmaligen Glücksfall der Geschichte und ermöglichte das Undenkbare:  die uns trennende Mauer fiel, wir Deutschen waren wieder vereint und in einem unbändigen Freudentaumel feierten wir gemeinsam die lang erhoffte Wiedervereinigung.

Es ist ein Wunder, alles ist gut, dachte ich damals in meiner Naivität. Doch ich lernte, dass die Geschichte kein Hollywood-Blockbuster ist. Heute bin ich verwundert, dass es in all den Jahren keine kritische Aufbereitung der Ereignisse  rund um die Wiedervereinigung gab, die sich mit den Fehlern des Westens befasste. Das ist für mich Grund genug, eine etwas andere Geschichte zur Wiedervereinigung zu schreiben.

Freitag, 1. Oktober 2010

Proteste gegen S21 eskalieren - was sind die Folgen?

Von Stefan Sasse

Die Reaktionen der Staatsgewalt auf die Proteste gegen S21 haben gestern eine Dimension erreicht, die bis vor kurzem noch kaum möglich schien. Von der praktischen Sperrung der gesamten Innenstadt hab ich nur indirekt etwas mitbekommen, weil ich in weiser Voraussicht außen rum fahren wollte - nach zweieinhalb Stunden für 40km Strecke über Bundesstraße und Autobahn und der Erkenntnis, dass andere die gleiche kluge Idee hatten, und Staus die sich weit über das Ende des Feierabendverkehrs hinzogen war eigentlich klar, dass in Stuttgart selbst die Hölle los sein musste. Und wenn man den Berichten Glauben schenken darf - was für mich eigentlich außer Frage steht - war es das auch. Fefe hat eine recht gute Sammlung an Links und Beiträgen zum Thema zusammengetragen, die ich unter dem Beitrag verlinkt habe. 

Noch einmal in Kurzform: gestern demonstrierten wieder die "üblichen Verdächtigen", ergänzt durch eine seit Monaten angemeldete Schülerdemo, gegen das Fällen teils hundert Jahre alter Platanen im Schlossgarten. Die Gegner des Projekts waren davon ausgegangen, dass diese Fällungen frühestens heute beginnen würden, weil man vorher einer Genehmigung bedurft hätte. Offensichtlich hatten sich die S21-Jungs die aber in aller Stille besorgt. Das Protest-Netzwerk griff aber, und so fanden sich im Schlossgarten bald die Demonstranten ein, während die Polizei versuchte, ein 1000-Quadratmeter-Areal abzusperren (das berichtete zumindest der lokale Rundfunk gegen 16 Uhr nachmittags). Die Sache eskalierte dann gegen Abend, als die Polizei begann, offensichtlich unprovoziert gezielt Pfefferspray, Wasserwerfer und Schläge gegen die Demonstranten einzusetzen. Die Bilanz: über 1000 Verletzte, darunter viele Kinder und Alte, teilweise richtig schwere Verletzungen und wie es scheint kein Baum gefällt. Die überlastete Polizei musste Einsatzbrigaden aus anderen Bundesländern heranziehen; bei Fefe wird wiederholt die Vermutung geäußert, dass es sich dabei um "prügelerfahrene" Brigaden etwa aus Hamburg und Berlin handelt.