In einem Vortrag vor Anführern der ungarischen "völkischen Bewegung" (in Mangel eines besseren Wortes) hat der ungarische Premier Victor Orban vor fünf Tagen offen seine Absicht kundgetan, Ungarn in einen "illiberalen Staat" zu verwandeln. Was er damit meint hat er bereits vor über zwei Jahren in einem Interview in der FAZ genauer erklärt: eine Verortung Ungarns in dem, was er als "christliche Tradition" ansieht und eine deutliche Ausgrenzung all derer, die nicht in diese "christliche" Wertegemeinschaft passen - seien es Ausländer, Juden, Sinti und Roma oder Sozialdemokraten, das ist Orban letztlich eins. Argumentierte er in der FAZ noch auf einer Linie, die beim flüchtigen Hinsehen der von CDU und besonders CSU ähnelt, so lässt er in der scheinbaren Sicherheit des rumänischen Kongresses mit seinen Kollegen die Katze aus dem Sack.
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Donnerstag, 31. Juli 2014
Dienstag, 22. Juli 2014
FAZ-Kassandra gegen eingebildete Gleichmacherei
Kassandra war bekanntlich jene Dame, die vor dem Inhalt eines gewissen hölzernen Pferdes warnte und auf die niemand hörte. Die FAZ-Redaktuere gefallen sich gerne in ihrer Rolle. "Ich habe es ja schon immer gesagt!" Wer stets den Untergang des Abendlandes beschwört, liegt wenigstens irgendwann mal richtig, und auf dem Weg dahin kann man sich im Weltenschmerz sulend immerhin der eigenen intellektuellen Überlegenheit versichern, was eine schöne Wiedergutmachung für die als Kassandra erlittenen Schäden sein dürfte. Aktuell beklagt man in Frankfurt die Inklusion und ihre ideologische Gleichmacherei. Dabei erreicht Christian Geyer in seinem Artikel dasselbe Niveau, das Kämpfer gegen die Gleichmacherei eines solidarischen Gesundheitssystems erreichen, gehen doch in einem solchen auch all die schönen Unterschiede zwischen Kranken und Gesunden, die unsere Gesellschaft ausmachen, zugrunde.
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Montag, 21. Juli 2014
Die Zukunft der Arbeit - Chancen und Risiken der Automatisierung am Beispiel
Eine deutlich stärkere Automatisierung als großen Trend in den nächsten Jahren vorherzusehen gehört nicht zu den Dingen, für die man besonders viel prophetisches Talent braucht. In einem zunehmenden Maß werden Jobs überflüssig, die bisher arbeitsintensiv und vor allem wenig komplex sind. Natürliche Kandidaten hierfür sind etwa Kassierer im Supermarkt, alle Arten von Lageristen, Putzkräfte, Pflegepersonal, Briefträger und Paketdienste, und vieles mehr. Ein Beispiel mit dem ich mich etwas näher beschäftigen will, weil ich seiner Einführung besonders aufgeregt entgegen sehe, ist die Automatisierung des Personenverkehrs, vulgo: selbstfahrende Autos. Google hat sich derzeit, einen Zukunftstrend witternd, massiv in die Entwicklung geworfen, und die Etablierung dieser Maschinen dürfte starke disruptive Wirkungen auf vielen Gebieten haben, die zur Verdeutlichung von sowohl Chancen als auch Risiken dieses Trends dienen können.
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Sonntag, 20. Juli 2014
Widerstand - aber wofür?
Von Stefan Sasse
Stauffenberg |
Wenn jemand Widerstand leistet, dann muss er sich zwei Fragen stellen: wogegen und wofür. Es liegt in der Sache, dass man sich beim "wogegen" häufig schneller einig ist als beim "wofür". Widerstandsbewegungen finden sich meist zusammen, weil sich viele Menschen in dem einig sind, was sie ablehnen. Nach ihrem Sieg zerfallen sie dann häufig sehr rasch, weil sie sich nicht einig sind, wofür sie das eigentlich tun. Man sieht dies an der Koalition gegen die Taliban (der "Nordallianz" von 2001), an der gegen Ghaddafi (2011), man sieht es an den Gegnern Francos im spanischen Bürgerkrieg (1936-39) und man sieht es an Hitlers Gegnern während dessen Regentschaft (1933-1945). Deren Versuch, den Diktator zu ermorden, jährt sich 2014 zum 70. Mal. Bekanntlich scheiterten sie. Das Nachkriegsdeutschland verdrängte ihre Erinnerung und behielt ihre Verurteilung als Staatsfeinde und Verräter bei, ein Schandfleck, der erst ab den 1960er Jahren langsam beseitigt wurde. Heute werden die Attentäter des 20. Juli gerne geehrt und es wird ihrer gerne gedacht, schon allein, weil man damit vermeidet, dubiose Einzeltäter oder, Gott bewahre, Kommunisten an ihre Stelle zu setzen. Aber was wollten Stauffenberg und seine Mitverschwörer eigentlich erreichen?
Freitag, 18. Juli 2014
Frischer Fruchtsaft - kaltgepresst oder normal?
Disclaimer: Dieser Artikel stammt nicht vom
Autorenteam des Oeffinger Freidenker.
Mit dem ansteigenden
Interesse an gesunden Lebensstilen stieg in den letzten Jahren auch der
Fruchtsaftabsatz. Frische Säfte und Saftschorlen statt süße, künstliche
Getränke. Aber wer es wirklich auf eine gesunde und reichhaltige Ernährung
anlegt, wird auch bei den Säften nicht drumherum kommen, ein blick auf die
Details zu werfen. Denn der Unterschied liegt in der Extraktion des Saftes, und
bei den Nährwerten gewinnen mit Abstand die kalt
gepressten Säfte vor den
von Zentrifugalkraft extrahierten.
Die meisten Bars,
Restaurants und Märkte bieten zwar frisch gepressten Saft an, allerdings stehen
in den meisten dieser lokale die gewöhnlichen Entsafter. Ob nun Orangen oder
Äpfel, eine sich schnell drehende Klinge zerhexelt das Obst und drückt den Saft
durch Zentrifgualkraft durch ein Maschinensieb, um ihn von der Frucht zu
trennen. Durch diese Methode wird allerdings Wärme im Entsafter produziert.
Wärme beschädigt die Enzyme in Obst und Gemüse und lässt die wichtigsten Nährstoffe
schnell oxidieren, sodass man definitiv nicht mehr alles aus dem Obst bekommt,
was man sich zu Anfang vielleicht gewünscht hat.
Im Gegensatz dazu steht
das Kaltpressen. Das schont die Nährstoffe im Saft und garantiert die volle
Aufnahme der Vitamine. Das kalte Pressen funktioniert, indem Obst oder Gemüse
zerkleinert und gepresst werden. Man muss beachten, dass die Maschinen, die das
machen, sehr teuer sind, weshalb die wenigsten Lokale oder Supermärkte solche
kaltgepressten Säfte anbieten.
Wer bei seiner
Nahrungsaufnahme den Effekt gesunder Säfte maximieren möchte, sollte sich aber
das Konzept der kaltgepressten Säfte überlegen. Natürlich sind jegliche frisch
gepressten Säfte - egal ob durch die teuren Kaltpresser, oder durch die
Zentrifgual-Entsafter - immer besser als die Alternative aus den Supermärkten,
wo Konzentrate mit Zucker versetzt werden und kaum noch etwas an
Mineralstoffen, Vitaminen und Nährwerten aus dem ursprünglichen Obst vorhanden
ist. Insofern kann man sein Geld definitiv besser anlegen, vor allem, wenn man
eine Saftkur machen möchte oder seine Ernährung umstellen will.
Mittlerweile muss man
sich aber um die Kosten der kaltgepressten Säfte nicht mehr so viele Sorgen
machen wie früher. Die Angebote, vor allem in den trend- und
gesundheitsbewussten Großstädten, genauso wie eine umfangreiche Auswahl im
Netz, werden immer größer und decken die individuellen Bedürfnisse von jedem.
Kalter-Kriegs-Logik in der Ukraine
Die Geschehnisse in der Ukraine sind undurchsichtig und chaotisch, gewiss. Sie sind aber gleichzeitig dem Ablauf einer Krise nach den außenpolitischen Spielregeln des Kalten Kriegs erstaunlich ähnlich. Rekapitulieren wir die bisherigen Ereignisse. Seit dem Zerfall der Sowjetunion, verstärkt aber seit der Expansion von NATO und EU nach Osten, findet ein Tauziehen um die politische Zukunft der Ukraine statt. Das Land mäanderte zwischen einem russlandfreundlichen und einem EU-freundlichen Kurs hin und her, und erst die Ereignisse auf dem Maidan sorgten für das Zerhacken des Gordischen Knotens: Russland, das seine Felle mit dem Fall Janukowitschs davonschwimmen sah, schnappte sich das strategisch für es bedeutsamste Stück der Ukraine, die Krim. Dies geschah nach der Aufstellung angeblicher oder realer Milizen der Krimbevölkerung und einem förmlichen Hilfeersuchen an Russland - ein klassischer Beginn, den wir so auch in Vietnam in den 1960er Jahren oder Afghanistan 1979 finden würden.
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Mittwoch, 16. Juli 2014
Fußball eignet sich nicht zur Sinnsuche
Zum großen Desaster der Siegesfeier am Brandenburger Tor, bei dem die DFB-Elf sich von den Herausforderungen der Repräsentation einer Nation klar überfordert zeigte, hat Frank Lübberding bereits alles Sagenswerte gesagt. Doch der Versuch der Schaffung eines "Wir"-Gefühls vor allem durch den Boulevard und das Marketingkarussell wirklich jeder noch so kleinen Verkäuferseele hat Dimensionen, die weit über Deutschland hinausgehen. Die Deutschen sind schließlich nicht die einzigen Hobby-Auguren die versuchen, in den reichlich zufälligen WM-Ergebnissen irgendwelche großen Erkenntnisse über die Gesellschaft zu erkennen. Gastgeber Brasilien selbst erhoffte sich durchaus eine Ablenkung durch einen sieg- oder doch zumindest ruhmreichen WM-Auftritt, eine Rechnung, die für Präsidentin Rousseff nun nach hinten losgehen könnte. Doch die Versuche, irgendwelche überlegenen deutschen Tugenden im Weltmeisterschaftssieg am Wirken zu sehen erschöpft sich wahrhaftig nicht auf Deutschland selbst. Beispielhaft hierfür kann ein Artikel der New York Times sein, der die Niederlage gegen Brasilien 2002 im perzipierten Reformstau der damaligen Zeit und den Sieg jetzt als Ausdruck der wirtschaftlichen Stärke in der Eurokrise sehen will.
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Dienstag, 15. Juli 2014
Warum der Arbeitsmarkt eben kein normaler Markt ist
In der Diskussion um den Mindestlohn (vergangene Beiträge siehe chronologisch hier, hier, hier, hier, hier) besteht ein fundamentaler Dissens darüber, ob Marktmechanismen für den Arbeitsmarkt unbeschränkt greifen, wie sie dies etwa für Lebensmittel tun, und der Staat daher von preispolitischen Interventionen absehen sollte, oder aber ob der Arbeitsmarkt speziellen Regeln unterliegt und damit auch staatlicher Preisregulierung bedarf. Um eine Definitionsfrage von vornherein zu klären: Selbstverständlich ist der Mindestlohn ein staatlicher Eingriff in den Arbeitsmarkt und legt einen Mindestpreis für ein Produkt (in diesem Fall Arbeit pro Stunde) fest. Selbstverständlich ist das etwas, vor dem Staaten mit Blick auf die Erfahrungen bisheriger planwirtschaftlicher Versuche zu Recht zurückschrecken. Und selbstverständlich hat ein solches Eingreifen nicht nur positive Konsequenzen.
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Donnerstag, 10. Juli 2014
Werdet erwachsen! - Die Dimensionen der Spionageaffäre
In der Spionageaffäre, die mit den Snowden-Leaks begann, gibt es einen eindeutigen Gegner und ein eindeutiges Opfer. Der Gegner, das sind die USA. Darin sind sich alle einig. Das Opfer, das ist in jedem Fall das deutsche Volk. Die Regierung würde sich gerne auch als Opfer sehen, aber das nimmt ihr nicht jeder ab. In jedem Falle sind alle mächtig eingeschnappt: Merkel rief bei Obama an, um ihr Diensthandy doch bitte von der Überwachung auszunehmen, Schäuble fragte sich öffentlich, warum "die Amerikaner so dumm" seien, die Deutschen auszuspionieren, und ein hochrangiger CIA-Mitarbeiter wurde als persona non grata erklärt und des Landes verwiesen. Gleichzeitig setzte man einen Untersuchungsausschuss im Bundestag ein. Währenddessen rauscht der Blätterwald und knistern die sozialen Netzwerke.
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Sonntag, 6. Juli 2014
Hans-Ulrich Wehler ist tot
Von Stefan Sasse
Hans-Ulrich Wehler ist heute im Alter von 82 Jahren gestorben. Wehler gehört zu den profiliertesten deutschen Historikern des 20. Jahrhunderts. Seit den 1970er Jahren pionierte er die Sozialgeschichte als neues, ja dominantes Feld der deutschen Geschichtsforschung und kann damit das Verdienst für sich an Anspruch nehmen, von den ewigen Geschichten großer Männer, politischer Konferenzen und Kriege als Haupterklärmuster der Geschichtswissenschaft abgekommen zu sein, unter dem gerade die angelsächsische Geschichtsforschung sehr häufig noch leidet.
Donnerstag, 3. Juli 2014
Der Mindestlohn ist da – Zeit wurde es
Der allgemeine, flächendeckende Mindestlohn von 8,50€ pro Stunde wurde beschlossen. Ausnahmen umfassen Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung, Praktikanten, Jugendliche und - bis 2017 - Zeitungszusteller. Was also ist von diesem Konstrukt zu halten? Ist es ein weiterer Verrat der SPD an ihren Idealen, oder handelt es sich um den großen Wurf? Ich halte keine der beiden Interpretationen für zutreffend. Die SPD fordert seit sie nicht mehr an der Regierung ist einen flächendeckenden Mindestlohn, und nun, da sie es wieder ist, musste sie ihn auch liefern. Die Ausnahmen sind unschön, aber überschaubar. Und die Effekte dürften sich insgesamt in Grenzen halten.
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