Von Stefan Sasse und Ariane
Da
vor einer Weile der Begriff der toxischen Maskulinität Thema im Blog war, haben wir uns auch einmal bestimmtes, erlerntes Verhalten bei Frauen angesehen, das wir dementsprechend als toxische Feminität bezeichnen. Auch hier soll es keinesfalls darum gehen, dass Frauen generell bösartiger oder Männer die besseren Menschen wären, sondern wir beziehen uns auf bestimmte Verhaltensweisen, die sowohl gegenüber Frauen als auch Männern toxisch wirken können. Da der Begriff toxische Feminität bisher in Wissenschaft und/oder Literatur noch nicht eindeutig definiert ist, haben wir versucht, uns dem anzunähern.
Wir haben dabei eine Reihe von Verhaltensweisen ausgemacht, die wir als “toxisch” betrachten, weil sie einer Gleichheit zwischen den Geschlechtern im Weg stehen und/oder schädliche Auswirkungen für beide Geschlechter haben. Einige dieser Verhaltensweisen sind direkte Spiegelbilder dessen, was Stefan in seinem Artikel zur toxischen Maskulinität beschrieben hat, gewissermaßen die andere Seite der Medaille. Mit diesem Vorwort genug nun in medias res!
Wie auch bei Männern werden eine Reihe toxischer Stereotype vor allem in der Popkultur reproduziert und beständig an die Konsumenten ausgesandt. Serien wie “Sex and the City”, “Desperate Housewives”, “Gossip Girl” und viele mehr glorifizieren die oberflächliche Existenz als Konsumenten einer Luxusgüterindustrie. Das ist soweit erst einmal kein Problem - jede kann mit ihrem Geld machen was sie will - aber was all diese Serien gemeinsam haben ist, dass das beständig für Luxus-Mode ausgegebene Geld eben nicht das eigene ist, sondern das der Väter (in den Jugendserien) oder das der Ehemänner (in den Serien für Erwachsene).
Dadurch wird das Bild verfestigt, dass das Lebensziel von Frauen die Heirat mit einem Erfolgsmann sein muss, den man dann so wenig sieht, dass man Befriedigung anderweitig suchen muss. In diesem Kontext wird auch die Benutzung von Sex als Waffe (Serien wie “Gossip Girl”) oder Werkzeug (die meisten) normalisiert, wodurch die Idee, dass Männer sich den Sex durch das gemeinsame Haushaltskonto quasi “erkaufen” und einen Anspruch darauf haben legitimiert wird und gleichzeitig die Idee einer gleichberechtigten, gesunden Partnerschaft hintertrieben wird.
Ein weiteres Merkmal von Frauenfilmen oder -serien ist, dass Beziehungen absolut im Vordergrund stehen. Meist handelt es sich um Liebesbeziehungen, die Suche nach dem richtigen Mann und wenn dieser gefunden ist, die Frage, wie man eine glückliche Beziehung führt. Wie erwähnt gerne dadurch verkompliziert, dass der männliche Love-Interest ein gefährliches Geheimnis hat. Aber auch andere Beziehungen wie zwischen guten Freundinnen oder Kinder und Eltern nehmen häufig sehr viel Raum ein. Alles in allem hat es desöfteren große Ähnlichkeit mit dauerhaften Therapiesitzungen.
Auch hier ist “Sex and the City” ein typisches Beispiel: Vier unterschiedliche Freundinnen in New York erleben viele Irrungen und Wirrungen in Liebesdingen und verbringen viel Zeit mit Shopping und Parties. Zwar sind alle vier auch noch berufstätig und Miranda hat sogar Mann und Kind, aber das spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle. Ebenfalls dazu zählt "Gilmore Girls" , auch hier geht es vornehmlich um Beziehungen. Im Mittelpunkt stehen Mutter und Tochter, und wenn gerade kein Liebesdrama in Sicht ist, geht es um die Beziehung untereinander oder die Wirren zwischen Tochter, Mutter und Großeltern.
Ebenfalls beliebt ist die Variante, dass ein geheimnisvoller, gefährlicher Kerl auf eine normale Frau trifft und sich daraufhin eine höchst komplizierte Liebesgeschichte entspinnt. Manchmal handelt es sich um den Teufel höchstselbst (Lucifer) oder einen Vampir (Twilight/Vampire Diaries) oder einen normalen Mann mit einem Hang zu Sadomasochismus (50 Shades of Grey) und ihnen gemein ist, dass man aus solch problematischen Paaren durchaus Beziehungsdramen über mehrere Filme oder Serienstaffeln basteln kann.
Sehen wir uns dagegen allgemeine Serien oder meinetwegen Männerserien an, treten Frauen oftmals in den Hintergrund. Im Mittelpunkt stehen meist die Männer, die einer bestimmten Aufgabe oder Funktion nachgehen. Da gibt es zum Beispiel das anstrengende Superheldendasein oder die neue Karriere als Drogenproduzent, Geisterjagd, Verbrechensbekämpfung oder andere furchtbar wichtige Dinge. Die Frauen werden hier oftmals als emotionale Komponente gebraucht. Als Vertraute, mit dem sich der Held austauschen kann oder noch häufiger als
Love Interest, die dann häufig in Gefahr schwebt und gerettet werden muss.
Hier ist in letzter Zeit zwar einiges in Bewegung geraten, allerdings wirkt vieles noch wie eine Suche nach der "richtigen Frauenrolle". Ein interessantes Mischbeispiel ist die Superheldin “Jessica Jones” Der Charakter ist durchaus cool und tough angelegt, was sich durch eher toxisch männliches Verhalten wie Griesgrämigkeit, exzessives Trinken und Gewaltausbrüche ausdrückt, während die Haupthandlung, während sich die Haupthandlung eher an Beziehungen und ihren Problemen entlanghangelt und Weltrettung kaum eine Rolle spielt.
Frauen und Männer werden als grundsätzlich inkompatible Wesen dargestellt, mit jeweils eigenen, arkanen und unprenetrierbaren sozialen Zirkeln und Ritualen, die sich nur gelegentlich und häufig geschäftsmäßig und wenig erfüllend überschneiden. Die Mystifizierung der Frau als unbekanntes, rätselhaftes Wesen erhält so ihre zeitgenössische Form - als ausgeleierter Topos ist sie aber in der Literatur bekannt, seit Menschen die ersten Zeichen in Steine ritzten.
Nun kann naturgemäß nur eine kleine Schicht von Frauen sich ihre Gleichberechtigung durch Luxuskonsum abkaufen lassen, weil nur eine winzige Minderheit von Männern in der Lage ist, das entsprechende Einkommen zu generieren. In kleinem Maßstab reproduziert sich dieses Bild aber in der Mehrheit der Beziehungen. So geben Frauen im Alltag sechs von sieben Euro in jedem Haushalt aus.
Darunter fällt selbstverständlich der Löwenanteil der Haushaltsausgaben, etwa für die Lebensmitteleinkäufe und Ähnliches. Im Allgemeinen entscheiden die Männer nur über die großen Ausgaben (neuer Fernseher, Auto, etc.), das dann aber häufig im Alleingang. Doch was hat das alles mit toxischer Femininität zu tun?
Die klassische Rollenzuschreibung - Männer gehen zur Erwerbsarbeit, Frauen machen die Hausarbeit - wird durch Frauen in toxischen Wegen gefestigt und legitimiert, sowohl gegen Geschlechtsgenossinnen als auch gegen Männer.
Frauen neigen dazu, Hausarbeit und Kindeserziehung als “ihre” Domäne erbittert zu verteidigen. In diesem Zusammenhang werden die Fähigkeiten von Männern in beiden Bereichen konstant heruntergemacht, eine Zuschreibung, die Männer allzu gern akzeptieren, weil sie sie von viel Arbeit und Verantwortung befreit. Gleichzeitig verweigern sich viele Frauen häufig typisch männlichen Haushaltsaktivitäten und erwarten diskussionslos, dass der Mann diese erledigt, wie zum Beispiel Glühbirnenwechsel, Tragen schwerer Gegenstände oder Autopflege.
Ein besonders toxisches Phänomen ist dabei die Kindeserziehung. Nirgendwo sonst verteidigen Frauen “ihre” Domäne so aggressiv als “Frauensache”, mit dem Resultat, dass sich Väter jahrzehntelang völlig aus der Erziehung wenigstens in den frühen Jahren herausgenommen haben. Zumindest in den ersten sechs Lebensjahren ist die überwältigende Zahl der Bezugspersonen für Kinder weiblich: entweder weil sie bei Mama zuhause sind, oder weil sie in den Kindergarten gehen, in dem immer noch weit über 90% des Personals weiblich sind. Dadurch verpassen sie jede Chance, positive Männerbilder kennenzulernen; der eigene Vater ist oft bestenfalls an Abenden und Wochenende präsent, und viel zu häufig nicht einmal das. Die Zahl der Autobiographien, die die Abwesenheit von Vätern und männlichen Vorbildern generell thematisiert, ist Legion.
Wenig überraschend, dass Jungen wie Mädchen irgendwann selbst auf die Suche nach Identitikationspersonen gehen - und dann von der Popkultur das bereits beschriebene toxische Männlichkeitsbild vorgesetzt bekommen, dem sie dann nachzueifern versuchen (Jungen) oder auf das sie sich präventiv einstellen (Mädchen), oftmals durch Appropriation genau jener toxischen Verhaltensweisen, die bereits weiter oben beschrieben worden sind.
Diese aktive Rollenzuschreibung wird noch durch die Tendenz verstärkt, weibliche Hilflosigkeit zu fetischisieren. Das fängt bei der Mode an, die bewusst unpraktisch gestaltet ist (sowohl für das Ausführen irgendwelcher körperlicher Tätigkeiten als auch oft genug für die Witterungsbedingungen) und zwingend Hilfe erforderlich macht; so beinhaltet die perfekte Abendgarderobe für Frauen Schuhe, die stets einen stützenden Männerarm erforderlich machen und keine Jacke, so dass er bei Kälte ritterlich das Jacket leihen kann. Die dringende Notwendigkeit eines "Beschützers" in allen Lebenslagen gehört ebenfalls zum Problemkomplex. Nicht nur in Hollywood erwarten Frauen von "ihrem" Mann, dass er sie gegen echte oder eingebildete Flirtversuche verteidigt - und fördert damit wiederum Machoverhalten, Gewaltaffinität und männliche Dominanz.
Damit einher geht der beständige Anspruch, beurteilen zu können - und dauernd zu müssen! - was "echte" Männlichkeit ist und was nicht. Denn die heteronormative Durchsetzung dieser Standards gegenüber Geschlechtsgenossinnen richtet sich natürlich auch an Männer, denen abverlangt wird, einem bestimmten Klischee zu entsprechen, um als attraktiv zu gelten. Toxische Femininität schafft sich so selbst die anschließend wortreich bejammerte Falle, dass zwar attraktive, aber unfreundliche, unsensible oder sogar gewalttätige Partner gefunden werden (dass diese Kritik auch aus der mysogenen Nerd-Ecke kommt, macht die Sache nicht einfacher).
Doch auch auf die langfristigen Beziehungen zwischen Männern und Frauen selbst hat die ständige Herabsetzung der männlichen Haushalts- und Erziehungsfertigkeiten nachhaltigen, negativen Einfluss. Die künstliche Spaltung des Alltags in eine “weibliche” Domäne im Haus, wo die Frau “die Hosen anhat” und als unumschränkter Diktator herrscht und dem Mann allenfalls kleine Räume zur Selbstverwirklichung zuspricht (die klischeebeladene Garage aus der amerikanischen Vorstadt oder die Man-Cave im Keller), und der “männlichen” Domäne der äußere Welt, in der die Frau allenfalls als präsentables Accessoire auftritt, sind eine direkte Folge dieser Teilung.
Dazu gehört auch eine Segregation der sozialen Beziehungen. Hausfrauenzirkel, die sich zum Kaffee treffen während die Kinder um ihre Füße wuseln sind die eine Seite des Klischees, (rein männlich besetzte) Kollegenstammtische nach Feierabend, um nicht zu früh in die “weibliche” Domäne zurückkehren zu müssen die andere. Diese Segregation wäre nicht vorstellbar ohne die toxische Feminität, die Männern eine bequeme Ausrede bietet, sich nicht in den Haushalt und die Kindeserziehung einbringen zu müssen.
Unabhängig von Privat- oder Arbeitsphäre gibt es meist eine geschlechtstypische Einteilung in Mikro- und Makromanagement, bei der Frauen für die kleinen Dinge zuständig sind. Ein typisches Beispiel ist, dass Frauen wichtige Daten wie Geburtstage und Jubiläen im Auge haben und Geschenke und Festivitäten dafür organisieren, während dem Mann dabei ungefragt seine Aufgaben zugewiesen werden, wie die Bezahlung oder Fahrdienste.
Besonders ärgerlich und schädlich ist, dass Frauen dabei häufig eine Infantilisierung des Mannes betreiben und sich im häuslichen Bereich eher als Mutter oder Erzieherin ihres Partners aufführen (verbunden mit dem entsprechenden Vokabular; “Hast du deinen Mann schon erzogen?” ist eine vielfach ohne Ironie gestellte Frage unter Frauen), die den Mann weiter von jeder Verantwortung im Haushalt enthebt und eine gleichberechtigte Beziehung untergräbt, weil die Domänen klar voneinander getrennt werden.
Verbunden ist dieses Verhalten durch eine Überhöhung der Hausfrau: die Vorstellung, eine “anständige” Frau zu werden. “Anständige Frauen” sind von ihrem Partner ökonomisch abhängig und gesetzt. Zwar ist das Modell der einen und ewigen Ehe schon seit den 1970er Jahren in der Krise, stellt aber für viele Frauen immer noch die Zielvorstellung dar.
Das wäre soweit kein Problem - jede soll so glücklich werden, wie sie will - würden sie es nicht aggressiv heteronormativ gegen die eigenen Geschlechtsgenossinnen durchsetzen. Niemand ist so effektiv darin, eine Frau als Schlampe oder karrieregeile Rabenmutter zu brandmarken und außerhalb der ehrbaren Gesellschaft zu stellen, wie eine andere Frau.
Auf der anderen Seite werden Frauen, die zu wenig Aufmerksamkeit auf noch zu suchende oder bereits vorhandene Liebesbeziehungen verwenden, argwöhnisch betrachtet. Und mit Blick darauf lästern viele Frauen untereinander mit Vorliebe über das Aussehen ihrer Geschlechtsgenossinnen. Besonders beliebt ist der Vorwurf, diese “ließen sich gehen” und kümmerten sich nicht genug um ihr Idealgewicht, ihre Frisur oder die Kleidungsauswahl. während sie selbst viel Zeit und Energie auf diese Fragen richten. Oft bleibt es nicht bei Unverständnis und Lästereien, sondern gelegentlich artet es ungefragt in vermeintlich hilfreiche Aktivität aus. Nicht macht solche toxischen Frauen glücklicher als einen vermuteten Problemfall wieder “auf den richtigen Weg” zu führen und das volle Programm besteht meist aus Umstyling, mehr Aufmerksamkeit auf Haushalt und Wellness und das Verkuppeln mit dem künftigen Traumprinzen. Auch dieses Thema wird häufig in der Popkultur verwendet, siehe zum Beispiel die Filme “Eine wie keine” oder “Plötzlich Prinzessin”.
Auch sind praktisch alle Frauen beteiligt an der grausigen Verhaltensweise, die Nachlässigkeiten oder Fehler von Männern ihren Partnerinnen zuzuschreiben. Ein Mann trägt ein ungebügeltes Hemd oder unpassende Kleidungsstücke? “Wie kannst du deinen Mann nur so auf die Straße lassen!” Das Wohnzimmer ist nicht aufgeräumt, weil der Mann am Vorabend den stereotypen Fußballabend mit Kumpels abgehalten hat? Wie kann die Frau die Wohnung nur so verkommen lassen! Wohlgemerkt, das machen nicht Männer, die ignorieren das für gewöhnlich in einer Mischung aus wohlberatener Zurückhaltung und genuiner Ignoranz. Es sind Frauen, die ihre Geschlechtsgenossinnen für das Fehlverhalten ihrer Partner und auch ihrer Kinder verantwortlich machen.
Wie auch bei der toxischen Maskulinität spielen Literatur und Film/Serien auch bei weiblichen Rollenbeschreibungen und toxischer Feminität eine große Rolle.
Hier ergibt sich nun zunächst ein Problem. Denn in den meisten Fällen, werden Männerfilme/bücher/serien, wie auch andere Dinge, eher als "das Allgemeine" angesehen, die sowohl für Männer als auch Frauen geeignet sind. Während Frauenromane oder Frauenfilme eher "das andere" sind, nämlich Dinge speziell für Frauen. Der männliche Liebesroman oder die Liebeskomödie speziell für Männer existiert, wenn überhaupt, nur in experimentellen Nischen.
Widmen wir uns zunächst den speziell weiblichen, kulturellen Einflüssen: Um ein weit zurückliegendes Beispiel anzuführen, Jane Austens Einfluss auf die romantischen Vorstellungen ist vermutlich kaum zu überschätzen. Auch männliche Autoren können sich durchaus auf Liebesromane spezialisieren, aus heutiger Zeit fällt mir als erstes Nicholas Sparks (Message in a bottle/Wie ein einziger Tag) ein.
Auch bei Fernsehserien gibt es ein spezielles "Frauenserien-Genre", in dessen Mittelpunkt fast ausschließlich Beziehungskisten stehen. Ein ganz typisches Beispiel ist "Sex and the City". Vier unterschiedliche Freundinnen in New York erleben viele Irrungen und Wirrungen in Liebesdingen und verbringen viel Zeit mit Shopping und Parties. Zwar sind alle vier auch noch berufstätig und Miranda hat sogar Mann und Kind, aber das spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle. Ebenfalls dazu zählt "Gilmore Girls" und ich gebe zu, mit 16 habe ich die Serie unfassbar geliebt. Auch hier geht es vornehmlich um Beziehungen. Im Mittelpunkt stehen Mutter und Tochter, und wenn gerade kein Liebesdrama in Sicht ist, geht es um die Beziehung untereinander oder die Wirren zwischen Tochter, Mutter und Großeltern.
Ebenfalls beliebt ist die Variante, dass ein geheimnisvoller, gefährlicher Kerl auf eine normale Frau trifft und sich daraufhin eine höchst komplizierte Liebesgeschichte entspinnt. Manchmal handelt es sich um den Teufel höchstselbst (Lucifer) oder einen Vampir (Twilight/Vampire Diaries) oder einen normalen Mann mit einem Hang zu Sadomasochismus (50 Shades of Grey).
Die Gemeinsamkeit im Frauengenre ist, dass Beziehungen absolut im Vordergrund stehen. Meist handelt es sich um Liebesbeziehungen, die Suche nach dem richtigen Mann und wenn dieser gefunden ist, die Frage, wie man eine glückliche Beziehung führt. Wie erwähnt gerne dadurch verkompliziert, dass der männliche Love-Interest ein gefährliches Geheimnis hat. Aber auch andere Beziehungen wie zwischen guten Freundinnen oder Kinder und Eltern nehmen häufig sehr viel Raum ein. Alles in allem hat es desöfteren große Ähnlichkeit mit dauerhaften Therapiesitzungen.
Sehen wir uns dagegen allgemeine Serien oder meinetwegen Männerserien an, treten Frauen oftmals in den Hintergrund. Im Mittelpunkt stehen meist die Männer, die einer bestimmten Aufgabe oder Funktion nachgehen. Da gibt es zum Beispiel das anstrengende Superheldendasein oder die neue Karriere als Drogenproduzent, Geisterjagd, Verbrechensbekämpfung oder andere furchtbar wichtige Dinge. Die Frauen werden hier oftmals als emotionale Komponente gebraucht. Als Vertraute, mit dem sich der Held austauschen kann oder noch häufiger als Love Interest, die dann häufig in Gefahr schwebt und gerettet werden muss. Hier ist in letzter Zeit zwar einiges in Bewegung geraten, allerdings wirkt vieles noch wie eine Suche nach der "richtigen Frauenrolle". So war ich zum Beispiel sehr verblüfft, dass die Superheldinnenserie “Jessica Jones” in vielen Medien als ganz neue und feministische Antwort auf männliche Superhelden gepriesen wurde. Und die Figur ist wirklich cool und tough, aber ich persönlich war doch enttäuscht, dass es trotz allem "typisch weiblich" um viel Gefühlswirrwarr und Beziehungsdramen ging, während die männlichen Helden ohne diesen extremen Ballast eher die Welt retten dürfen.
An und für sich ist das alles natürlich überhaupt kein Problem und es hat alles seine Daseinsberechtigung. Probleme entstehen dadurch, dass popkulturelle Einflüsse unsere Vorstellungen von Rollenzuschreibungen und richtige oder falsche Verhaltensweisen weiter verfestigen, meist ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Wie schon kurz angesprochen wurde, haben es Frauen in gewissen Dingen einfacher. So ist es für sie zum Beispiel akzeptabler, sich an männlichen Verhaltensweisen zu orientieren, ohne dass dadurch ihre Weiblichkeit in Frage gestellt wird.
Oftmals ergeben sich aber gerade bei Frauen untereinander spezielle Problemfelder, weil hier ein enormer sozialer Druck herrscht und/oder eine soziale Kontrolle stattfindet.
Ähnlich wie in der Popkultur kann es vorkommen, dass Liebesbeziehungen dramatisch überhöht werden. Ist man auf der Suche nach dem perfekten Mann, hat man ihn vielleicht schon gefunden, woher weiß man, ob es auch der richtige ist und wie gestaltet man eine Liebesbeziehung positiv und so weiter und so fort. Wenn man ein verschlossener Mensch und in Gruppen keine Beziehungsanalysen durchführen möchte, stößt man hier schnell auf Schwierigkeiten. Auf noch mehr Unverständnis kann es stoßen, wenn jemand aktuell Single ist und darin kein wirkliches Drama sieht. Besonders wenn man darin keinen unhaltbaren Zustand erkennt, dem zwingend mit Datingportalen, gutmütigen Verkupplungsversuchen oder Wochenenden auf Singleparties abgeholfen werden muss.
Damit einher geht oft ein besonderer sozialer Druck, sich durch Schickmachen oder mit gewissen haushaltlichen Grundkenntnissen sich sozusagen auf die Rolle als perfekte Partnerin vorzubereiten. Oder wenn man bereits in einer Beziehung ist, an der Rolle der perfekten Partnerin zu feilen. Dieser Grat kann durchaus schmal sein, bei zuviel des Guten gilt man andererseits auch schnell als Tussi oder Schlampe.
Ein Beispiel aus Arianes Erfahrung:
Es gibt einen Spruch, den ich immer wieder mal höre, der meiner Erfahrung nach nur bei Frauen unter sich geäußert wird und der mich regelmäßig in den Wahnsinn treibt: "Du machst ja nichts aus dir". Und damit keine Missverständnisse aufkommen: Es geht nicht darum, dass ich rumlaufe wie der letzte Schluffi. Ich dusche regelmäßig, trage angemessene, saubere Kleidung und bürste mehrmals täglich meine Haare. Es geht auch nicht darum, ob ich nun schön oder hässlich bin, sondern darum, wieviel Zeit und Energie ich darauf verwende, "etwas aus mir zu machen" Und klar, ich könnte mich der Erwartungshaltung einfach beugen und tagtäglich zwei Stunden früher aufstehen, um meine Haare einzeln mit einer Rundbürste zu föhnen, mich aufwendig schminken, 312 Schönheitsmittelchen nutzen und etwas anderes anziehen als Jeans und Shirt.
Im Laufe der Zeit habe ich dabei eine interessante Entdeckung gemacht.
Oft wurde mein zeitschonendes Aussehen als tragischer Fall von Unwissenheit angesehen. Ein Problemfall, der sich doch schnell beheben lässt und ehe man sich versieht, steckt man mitten in einer Typberatung und zupfen die ersten ungefragt an den Haaren herum, um kunstvolle Frisuren auszuprobieren. Irgendwann wurde ich dann selbstbewusster und konnte die wohlmeinenden Frauen aufklären, dass es sich um keinen Bug, sondern ein Feature handelt und ich überhaupt nicht die Absicht habe, (im Alltag wohlgemerkt) mehr Zeit als bisher in mein Aussehen zu investieren.
Ein abschließender Punkt, der auch eine wichtige Rolle in der Diskussion des Artikels zur toxischen Männlichkeit spielte, ist die Frage der sexuellen Belästigung. Denn die ist auch in der toxischen Femininität immanent. Ausgehend vom selben primitiven Männerbild, das Sexualität als grundsätzlich willkommen ansieht, ist es völlig normal für Frauen, Männer an Bizeps, Bauch, Brust oder Po berühren zu können, die ihrerseits bei Berührungen ihres Po oder Brust völlig zu Recht aus dem Häuschen wären.
Am schlimmsten ist es, wenn dieses Verhalten - der andere - dann mit der Begründung “Ich darf das ich bin eine Frau"gerechtfertigt werden. Die oben angesprochene soziale Segregation feiert hier fröhliche Urständ', indem ein komplett unterschiedliches Regelset für Männer wie Frauen postuliert wird. Nur, wenn einmal etabliert ist, dass Normen und Regeln nicht für beide Seiten gelten, dann werden Männer sich entsprechend auch Sonderrechte herausnehmen. Und tun dies im Rahmen der toxischen Männlichkeit dann auch.
Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass toxische Maskulinität und toxische Femininität zwei Seiten derselben Medaille sind. Wollen wir tradierte Geschlechterrollen durchbrechen und zu einer gleichberechtigten Gesellschaft kommen, müssen beide Seiten ihre Heteronormativität durchbrechen und aufhören, sich gegenseitig in ihren schlimmsten Eigenschaften zu bestärken. Diese Arbeit wurde von Frauen zwar bereits weitreichender erledigt als von Männern, weswegen diesen gerade größere Schritte abverlangt werden müssen. Aber sie ist bei weitem noch nicht getan.