Mittwoch, 19. März 2008

Niedergang des Hochschulwesens, heute: Baden-Württemberg

Wie SpiegelOnline berichtet, hat SAP-Gründer Hector der Karlsruher Uni (Jahresetat: 180 Millionen) eine "Rekordspende" von 200 Millionen Euro vermacht. Die Überschrift ist grob irreführend; in Wahrheit werden aus einer als gemeinnützig deklarierten Stiftung jährlich 5 Millionen ausgelöst. Doch das ist nicht alles. Denn das Geld des SAP-Gründers soll neuartigen Zwecken dienen, was private Spenden anbelangt: der Anstellung von Professoren. Da Karlsruhe das zweifelhafte Prädikat "Elite" verliehen bekommen hat, brauche es auch elitäre Hochschullehrer. Deren Gehälter seien aber oftmals nicht angemessen, so der Artikel. Kein Wunder also, dass die Hochschullehrer...nun ja, also...irgendwo...irgendwie...bestimmt irgendwas anderes machen.
Deshalb soll es nun in BW möglich werden, dass die Professoren-Gehälter zum Kombilohn werden: einen Teil gibt der Staat, einen anderen die Wirtschaft. Auf die Art sollen die Profs dann besser verdienen und von dem Ort, an dem sie gerade wohl jammernd über die niedrigen Staatsgehälter im Keller sitzen, an die Unis gelockt werden. Pardon, die Elitehochschullehrer sollen an Eliteunis wie Karlsruhe gelockt werden und da die Elite von morgen ausbilden.
Dass das alles reichlicher Bullshit ist, versteht sich von selbst, blickt man erst einmal hinter die Kulissen. Was Hector sich da "in dunklem Dreiteiler und vor der Brust baumelnder Lesebrille" mit seinen fünf Millionen jährlich erkauft, amortisiert sich wahrscheinlich ohnehin durch die Zinsen seiner "gemeinnützigen" Stiftung und dem Rest seines Zwei-Milliarden-Vermögens. Was er bekommt, ist nicht weniger als entscheidender Einfluss auf die Personalpolitik der Karlsruher Uni. Im Text versteckt findet sich der Halbsatz, "über die Vergabe entscheidet ein Kuratorium mit Vertretern aus Wirtschaft und Universität." Die Hochschulräte lassen grüßen.
Was aber bedeutet das nun? Zum Einen muss eingeengt werden: das ganze Elitengerede bezieht sich fast ausschließlich auf betriebswirtschaftlich relevante Studiengänge wie BWL, Jura u.ä. Volkswirtschaftlich und kulturell wichtige Studienrichtungen wie die Geisteswissenschaften fallen vollständig aus dem Rahmen, auch manche Naturwissenschaften dürften eher ein armseliges Dasein fristen. Dass die entsprechenden Professoren nun von privaten Geldern direkt bezahlt werden dürfen ist insofern ein Vorteil, als dass man erkennen kann, wer sie gekauft hat und nicht erst die Liste der Vorstände durchgehen muss, in denen sie Mitglied sind - Bernd Raffelhüschen lässt grüßen. Gleichzeitig wird es mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass der Staat sich aus diesem Segment weiter zurückgeht und einem nicht näher definierten Wettbewerb das Feld überlässt, was für einen Großteil der Fakultäten und Professoren eher mit Nachteilen verbunden sein dürfte; von einer Freiheit von Forschung und Lehre jedenfalls kann keine Rede mehr sein.
Denn wenn Hector und seine Spießgesellen fortan diejenigen sind, die über die Vergabe von Professorenstellen entscheiden, dann werden sie weniger nach fachlicher Eignung als vielmehr nach genehmer Geisteshaltung gehen - ein Vorgang, wie man ihn bereits durch die Hochschulräte beobachten durfte. Denn dass ausgerechnet ein Softwareschmied in Rente der geeignete Mensch ist, um die Qualifikation von Professoren zu bestimmen, daran kann man nur im baden-württembergischen Wissenschaftsministerium glauben.

1 Kommentar:

  1. Die Sache hinkt nur dahingehend das Leute die genug Geld haben oft keine Notwendigkeit mehr haben Leute einzustellen welche ihnen wohl gesonnen sind bzw. Ihre Linie vertreten... warum auch wenn man 2 Mrd. beiseite hat.

    Dass das ganze in staatlicher Hand bleiben sollte steht ja ausser Frage... ich sehe nur die Logik nicht ganz warum jemand wie Hector solche Ziele verfolgen sollte.

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