Mittwoch, 18. Februar 2009

Managergehälter - wo liegt eigentlich das Problem?

Es ist eine interessante Debatte, das ganze Gerede um Gehälter von Managern und Bankern, von Boni und Aktienoptionen. Einige Mitglieder dieser "Elite" verdienen dermaßen viel Geld in einem Jahr, dass man den kompletten Bundestag eine Legislaturperiode davon durchfüttern könnte. Es fragt sich nur, ob das generell schlecht ist. Und es fragt sich vor allem, warum wir uns eigentlich nur bei Managern darüber aufregen, die hier pars pro toto auch für Banker und alles andere aus diesem Gewerbe der Hochfinanz stehen.
Manager sind schließlich nicht die einzigen, die so viel Geld verdienen. Hat einmal jemand angeschaut, welche Summen Michael Schumacher oder Will Smith verdienen? Was Johnny Depp für die "Fluch der Karibik"-Filme bezahlt bekommen hat oder was Podolski für's Balltreten bekommt? Diese Gehälter sind genauso jenseits jeder Skala, nur sind sie akzeptiert. Wir haben kein Problem damit dass Arnold Schwarzenegger für Terminator3 satte 30 Millionen kassiert hat, was bei Produktionkosten von rund 130 Millionen immerhin fast ein Viertel der Produktionskosten ist. Dass Schumacher 35 Millionen im Jahr verdient hat - reines Gehalt, keine Werbeeinnahmen gerechnet - stört niemanden; die BILD vergibt sogar das Prädikat "fair", und wenn die nicht weiß was gerecht ist, wer dann?
Warum also stört es uns bei den Managern? Eigentlich macht das keinen Sinn. Zumindest vor der Finanzkrise konnte man ja sogar damit argumentieren, dass die Manager auch noch Werte schaffen. Das Argument hat sich zwar in Luft aufgelöst, aber eine Berechtigung für die Spitzengehälter der Schauspieler und Sportler gibt es immer noch nicht. Das alte Märchen, bei schlechterer Bezahlung würden die einfach alle woanders arbeiten, das gerade z.B. wieder in der SZ von Marc Beise verbreitet wird, zieht bei Managern schon nicht, wo kaum 2% aller Manager Ausländer sind und wird vollends lächerlich bei Schauspielern (bei Sportlern hat es noch ein wenig Berechtigung).
Nach dieser Eingangsbetrachtung habe ich natürlich meine eigene Theorie zum Thema. Und die lautet folgendermaßen: zwar werden die Gehälter gerne mit dem Erfolg der jeweiligen Person begründet, mit dem Mehrgewinn, den der Ansteller durch sie hat, aber das ist nicht der vordringliche Grund. Wenn dem so wäre müsste der Bundeskanzler 50 Millionen im Jahr kriegen und nicht lächerliche 200.000 und der Finanzminister Anteile an den Steuereinnahmen bekommen. Doch obwohl das nicht so ist, wandern die Leute nicht ab (bzw. erst später). Das liegt einfach daran, dass Geld bei solchen Jobs nicht mehr der größte Motivator ist. Man macht den Job, weil er einem liegt und weil man Spaß daran hat (zumindest auf irgendeine verquerte Art, auch das Genießen von Macht gehört dazu). Man könnte Merkel auch gar nicht bezahlen und sie würde wohl trotzdem Bundeskanzlerin sein wollen. Bei den Römern musste man für die Spitzenämter sogar BEzahlen, und trotzdem mangelte es nie an Aspiranten.
Die absurden Gehälter sind vielmehr etwas anderes: sie dienen rein dem Status. Früher hat der König einem einen Orden an die Brust geheftet oder dem Feldherren wurde ein Triumphzug erlaubt, heute dient eben das Gehalt dazu anzuzeigen, dass jemand zur Elite gehört. Je mehr Geld er verdient, desto besser ist er, so der unterschwellig mitschwingende Anspruch. Wenn also Ackermann 14 Millionen verdient und dies damit rechtfertigt, dass seine amerikanischen Kollegen noch deutlich mehr verdienen, dann hat das für ihn und sein Milieu absolut Sinn. Dass weder er noch diese Kollegen so viel Geld brauchen, geschweige denn sinnvoll ausgeben können ist völlig irrelevant. Ackermann und mit ihm sein Milieu erkennen, dass es jemand gibt, der mehr Geld als sie verdient. Die Schlussfolgerung ist, dass dieser mehr wert ist als sie. Es gibt nun also nur zwei Möglichkeiten: entweder anerkennen, dass dem tatsächlich so ist, oder sein Gehalt erhöhen lassen, bis eine grobe Gleichstellung erreicht ist.
Für die Firmen, auf der anderen Seite, macht diese Gehaltsspirale ebenfalls als Statusgewinn Sinn. Wenn eine Firma in der Lage ist einem Manager absurd hohe Gehälter zu zahlen, drückt sie damit zweierlei aus: erstens, dass sie dieses Geld hat und damit blendend dasteht und zweitens, dass ihr Spitzenpersonal herausragend ist und über der Konkurrenz steht. So oder so wird damit ein Dominanzanspruch ausgedrückt. Nicht umsonst wird die Emanzipationsdebatte inzwischen immer häufiger auf die angeblich oder tatsächlich vorhandenen Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen reduziert.
Dieses Prinzip lässt sich auch auf die anderen Bereiche anwenden. Wenn Will Smith der bestbezahlte Schauspieler Hollywoods ist müssen die Filme, in denen er mitspielt ja wohl etwas taugen. Wenn Schumacher der bestbezahlte Rennfahrer ist, muss er ja auch der beste sein. So oder so stellt das letztlich eine selffulfilling prophecy dar. Das Geld dient dazu, Status anzuzeigen, sowohl des Angestellten als auch des Arbeitgebers.
Damit kommen wir zurück zum Anfang. Ist dies prinzipiell gut oder schlecht? In seiner derzeitigen Ausprägung halte ich das System für schlecht, weil es falsche Signale und Anreize setzt. Es suggeriert, dass eine sehr kleine Klasse Leute dermaßen über allen anderen steht, dass diese Gehälter in irgendeiner Weise gerechtfertigt wären (früher hätten sie zig Orden oder mehrere Triumphzüge bekommen, ohne dafür irgendetwas spezielles geleistet zu haben). Das aber ist schlicht nicht so und hat auch letztlich mit zu der Finanzkrise geführt, da sich die Leute überschätzt haben und ihre eigenen Motivationen nicht kritisch hinterfragen konnten, da ihr Status an das Geld, das sie verdienten gebunden war - und das Geld, das sie verdienten war an (volks-)ökonomisch sinnlose bis schädliche Entscheidungen gebunden.
Das System allerdings könnte durchaus auch positive Effekte hervorrufen. Dazu wäre es nötig, anstatt des shareholder value dem stakeholder value seine aktuelle Bedeutung zu übergeben. Man müsste dafür nicht einmal auf linke, potentiell staatsfeindliche Theoretiker zurückgreifen sondern könnte sich sehr bodenständig bei einem der Urväter des Kapitalismus bedienen, der mit seiner Profitpolitik und politischen Nähe zu Hitler und anderen Rechtsextremen sicher nicht unter Kommunismusverdacht steht: Ford. Von Ford stammen viele kluge und berechtigterweise bekannte Zitate ("Autos kaufen keine Autos", "Wenn die Leute unser Geldsystem verstehen würden, hätten wir morgen die Revolution", etc.), und er war es auch der die Maxime ausgab, dass nicht der Unternehmer höchstes Ansehen genießen solle, der seine Mitarbeiter am schlechtesten bezahlte, sondern der, der den höchsten Lohn ausgab. Für ihn galt es als erstrebenswertes Ziel, die höchsten Löhne der gesamten Umgebung zu bezahlen.
Möglicherweise ist dies nichts als eine fromme Legende, aber sie könnte wahr sein, denn Ford war kein Idiot und sicherlich kein Menschenfreund. Er hatte schlicht erkannt, dass das Bezahlen höherer Gehälter für alle Angestellten letztlich auch zu seinem Vorteil sein würde, weil es Kunden schafft - Kunden, die seine Produkte kaufen können. Die "Experten" von Hans-Werner Sinn bis Meinhard Miegel und Bert Rürup verstehen diese simplen Zusammenhänge nicht, ihre Erfüllungsgehilfen von Steinbrück bis Guttenberg noch viel weniger. Dabei wäre es ein leichtes, einen Paradigmenwechsel anzufangen. Es müsste nur einer anfangen und zugeben, dass der bisherige Weg ein Fehler war.

Update: Der Freitag hat sich des Themas auch angenommen.

7 Kommentare:

  1. Du schreibst: "Diese Gehälter sind genauso jenseits jeder Skala, nur sind sie akzeptiert."

    Von mir nicht.

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  2. Wenn ein Banker, Manager, Filmstar oder Michael Schumacher von seinem Arbeitgeber ein riesiges Gehalt bekommt ist mir das solange egal, solange mich niemand zwingt ins Motodrom nach Hockenheim zu gehen und die horrenden Eintrittspreise zu bezahlen, um Autos im Kreis fahren zu sehen. Was mich aber stört ist, dass diese "Stars" das Gros ihrer Einkünfte zur Bank tragen (denn wer kann das schon verbrauchen)und durch Zinsen vermehren lassen. Denn bei dieser zweiten Honorierung muss ich mit bezahlen, auch wenn ich mir nie ein Formel-1-Rennen angeschaut habe, denn die Zinsen stecken in jedem Preis.

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  3. "Er hatte schlicht erkannt, dass das Bezahlen höherer Gehälter für alle Angestellten letztlich auch zu seinem Vorteil sein würde, weil es Kunden schafft - Kunden, die seine Produkte kaufen können."

    Fords Problem: er kann seinen Leuten nie soviel bezahlen, dass sie alle seine Produkte kaufen koennen. Ein kapitalistischer Betrieb braucht immer mehr Kunden als er Betriebsangehoerige hat. Und in einem (ab)geschlossenen kapitalistischen System (z.B. bei vervollstaendigter Globalisierung) muesste dieses Problem eigentlich auf hoeherer Ebene als ein allgemeines wiederkehren.

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  4. Wenn man von denjenigen, die ein öffentliches Amt bekleideten, im alten Rom eine Bezahlung verlangte, dann deswegen, um eine soziale Selektion aufrechtzuerhalten. Diese Politiker haben dann natürlich auch nur die Interessen der Wohlhabenden vertreten. Es ist ganz logisch, dass es da nicht an Bewerbern fehlte.

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  5. Es ist wahrscheinlich wirklich wie im Tierreich. Derjenige der sich den größten Prunk leisten kann und überlebt muss einfach ein besserer Fortpflanzungspartner sein. Obwohl immer und immer wieder die alter Leier von der Effizienz des Kapitalismus geredet wird, zeigen diese Gehälter eindeutig das es nicht stimmen kann. Denn wenn man 10 fähige Bankmanager zu 1% anstellt, welche die Arbeit von Ackermann machen schaffen sie auf alle Fälle mehr.

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  6. @Persiana: Kein Zweifel. Ich wollte auch nur sagen, dass das Gehalt nicht naturgemäß die Antriebsmotivation Nummer 1 für höhere Ämter sein muss.

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  7. Zu dem Beitrag passen diese zwei Links:

    http://www.financebooks.de/xist4c/web/Das-Seerosen-Prinzip-Wie-uns-die-Gier-ruiniert_id_4__dId_44480_.htm
    Das Seerosen-Prinzip-Wie uns die Gier ruiniert

    http://www.randomhouse.de/book/edition.jsp?edi=204020
    David Rothkopf - Die Super-Klasse - Riemann

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