Dienstag, 25. Mai 2010

Das langsame Ende des Andenpakts

Von Stefan Sasse

Die überraschende Nachricht beherrscht die Medien: Roland Koch tritt zum 31. August von seinem Amt als hessischer Ministerpräsident zurück und wird nicht erneut für den Vorsitz der Hessen-CDU und den Vizeparteivorsitz des Bundes-CDU kandidieren. Sein Austritt aus der Politik ist endgültig; er wird auch nicht nach Brüssel gehen, nachdem er dieses Karriereende ausgeschlagen und Günther Oettinger überlassen hatte, der ebenfalls vor kurzem aus der aktiven Politik ausschied. Nachfolger Kochs als Ministerpräsident wird der bisherige Innenminister Volker Bouffier, ein loyaler Kompagnion Kochs und zudem Mitglied des Andenpakts. Aber welche Bedeutung hat dieser Rücktritt über die Tatsache hinaus, dass hier wohl einer der unsympathischsten Hardliner aus der CDU wegfällt? 

Es gibt wohl nur sehr wenige, die Koch eine Träne nachweinen werden. Er hatte sich zuletzt im Wahlkampf gegen Ypsilanti mit seiner ausländerfeindlichen Kampagne unmöglich gemacht und konnte das Ministerpräsidentenamt eigentlich nur wegen seines Sitzfleischs und der eingeschworenen Loyalität der Hessen-CDU erhalten, die ihn die Demontage Ypsilantis überleben ließ. Seine Vorschläge für Einsparungen im Bildungsbereich um 30% stießen auf offene Ablehnung selbst im Umfeld der sich eigentlich nie festlegenden Kanzerlin, und es ist gut möglich, dass diese Offensive das letzte Aufbäumen Kochs war, ein letzter Testballon für die eigene Fähigkeit, politische Akzente zu setzen. Sie ist gleich Null.

Mit Koch wird Merkel einen weiteren und letzten prominenten Kritiker los, der dem Andenpakt verbunden ist. Diese Männer-Seilschaft geht angeblich auf das Jahr 1979 zurück, in dem eine Reihe damals junger CDU-Aufsteiger sich zu gegenseitiger Loyalität verpflichtet hatte. Friedrich Merz, Günter Oettinger und Franz-Josef Jung waren vor Koch die prominentesten Mitglieder des Pakts, die von Merkel überlebt wurden. Andere haben im Europaparlament oder diplomatischen Dienst das Ende ihrer Karriere erlebt oder noch vor sich oder wechselten in die Wirtschaft. Nur noch Christian Wulff und eben Volker Bouffier sind heute noch politisch als Mitglieder des Andenpakts aktiv.

Erfahrungsgemäß dürfte es für Bouffier schwer werden, sich als Ministerpräsident nach einer Figur wie Koch zu profilieren, und das Dauerabonnement Wulffs als möglicher Kanzlerkandidat wird seine Ambitionen im Geiste des Andenpakts wohl auch zügeln. Von dieser Richtung aus erwächst Merkel keine Gefahr mehr, besonders, da die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat nun dahin ist und Hessen damit über kein so großes Druckpotential wie ehedem verfügt. Wenn ohnehin Kompromisse mit der SPD geschlossen werden müssen, kann Merkel den Polterer aus Wiesbaden eiskalt überspielen. Vermutlich war auch das ein Grund für Kochs Rückzug, da die aktuelle politische Lage - das hat bereits die Wahl 2008 gezeigt - ohnehin nicht wirklich für die CDU arbeitet.

In Hessen selbst wird sich aber wohl wenig ändern. Bouffier war der innenpolitische Kettenhund Kochs, dessen politische Linie er wohl fortführen wird. Merkels Stellung hat sich damit allerdings ein weiteres Mal gestärkt, da es nun keinen populistischen Schreihals mehr gibt, der mit polarisierenden und absurden Forderungen ihren präsidialen Kurs torpediert. Da in Hessen erst 2014 wieder regulär gewählt wird, kann sich die CDU dort auch langfristig festigen. Vom strategischen Standpunkt aus war Kochs Zug klug, und genauso wie Oettinger verlässt er die Bühne relativ geräuschlos. Das Spielfeld bleibt Merkels, die einen weiteren Konkurrenten verloren hat.

4 Kommentare:

  1. Also mich überzeugt dieser Erklärungsversuch und auf anderen Seiten, NICHT!!!
    So ein machtgeiler Mensch wie Koch schmeisst nicht einfach hin....nie und nimmer...Ich frag mich, wieso gerade jetzt?Was ist passiert?
    Wissen werden wir es wohl nie...aber spekulieren darf man !!! Ich bin echt gespannt wie sich dieses ganze "Theater" weiterentwickelt!!!

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  2. @ T.o.J.:

    Worauf Du einen lassen kannst ;-) Seine Rückkehr (zumal in seinem Alter) bleibt nicht ausgeschlossen, wenn er auch für ein paar Jahre mal gerne an den Honigtöpfchen der Wirtschaft Nektar saugen mag.

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  3. Ich denke auch, dass Koch endlich mal richtig Geld verdienen will. Er sitzt seine Zeit im Exil in der Wirtschaft ab und hofft, dass er nach einigen Jahren, wenn Angela Merkel die CDU weiter in den Abgrund führt wie ein Ritter auftauchen kann um sie zu retten. In der Zeit werden die Menschen ihn vergessen haben. Ich weiß nicht ob er so clever ist, aber es wäre in meinen Augen zumindest eine mögliche Taktik. Das Schiff verlassen so lange es noch schwimmt.

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  4. Es ist möglich, dass er und Merz auf so was hoffen, aber ich denke es ist unwahrscheinlich. Schröder und Fischer waren auch Machtmenschen, ohne dass ich an deren Rückkehr glauben würde. Für Koch ist aus.

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