Donnerstag, 8. März 2012

Super Tuesday und die Demontage der GOP

Von Stefan Sasse

Der Super Tuesday, an dem zehn Bundesstaaten in den USA ihre Primaries haben, ist vorüber. Alle Erwartungen haben sich erfüllt: es gibt keinen eindeutigen Sieger, Romneys Vorsprung steht weiterhin, Newt Gingrich hat Georgia und sonst nichts gewonnen und Ron Paul eiert irgendwo auf dem dritten Platz herum. Die daraus gezogenen Konsequenzen sind dieselben wie zuvor. Der wahrscheinliche Kandidat heißt Mitt Romney. Newt Gringrichs Kampagne ist mehr oder weniger zu Ende; er kämpft letztlich nur noch um die Zeit danach. Viel interessanter als die Ergebnisse des Super Tuesday - die einen zumindest deutlich verlängerten Wahlkampf, eventuell bis zur großen Convention im Frühsommer vorausdeuten - sind die Implikationen des Wahlkampfs. Der Rechtsdrall der Konservativen durch die radikale Basis und die Kandidatur eines Fanatikers wie Rick Santorum hat mittlerweile seine Spuren hinterlassen. Nicht nur hat er Mitt Romney weit weg von dessen eigentlichen, auf dem sozialen Feld relativ moderaten Positionen gebracht und ihn mit ihm unangenehmen Positionen fixiert. Die absurden Positionen der evangelikalen Rechten - diese stellen ernsthaft das Recht der Frau auf Verhütungsmittel in Abrede - sind soweit weg vom Mainstream, dass die Zustimmungswerte aller Republikaner, ja, der ganzen Partei gerade durch die Bank fallen und Obama langsam, aber stetig Aufwind gewinnt.

Tatsächlich präsentierten die Konservativen in den letzten Tagen und Wochen ihre hässlichste Seite. Rick Santorum nannte Obama dafür einen "Snob", dass er als Ziel ausgab, allen Kindern den College-Besuch zu ermöglichen und Romney macht einen "Ich bin so reich"-Kommentar nach dem anderen. Rush Limbaugh, der rechtsradikale Radiomoderator, nannte eine Jura-Studentin, die vor dem Kongress zu Verhütungsmitteln aussagte, eine Schlampe und verlangte, dass sie dann ihren Sex auch filmen und ins Internet stellen solle. Zwischendrin fordern alle republikanischen Kandidaten beständig, endlich Bomben auf den Iran zu schmeißen. Natürlich ist es zweifelhaft, ob der Ekel über diese Auswüchse auch die finale Nominierung und den eigentlichen Wahlkampf im Sommer überstehen wird. In jedem Falle dürfte das Obama-Wahlkampfteam einiges an Munition erhalten haben, ohne einen Finger krumm zu machen, so viel steht fest.

Nicht ganz so nachvollziehbar dagegen ist das beständige Gerede davon, dass die Länge des Nominierungsprozesses die Republikaner und ihre Chancen gegen Obama schwächt. Dasselbe Argument wurde 2008 im Duell Obama gegen Clinton beständig vorgebracht, und es war völlig falsch. Es ist auch dieses merkwürdige Demokratieverständnis, das man immer wieder findet: die Partei muss möglichst schnell möglichst einig hinter einer Entscheidung stehen, weil offener Streit aus irgendeinem Grund schlecht ist. Selbst die Amerikaner sind von diesem Vorurteil nicht frei, obwohl sie es bei weitem nicht mit derselben Obsession pflegen wie die Deutschen, wo es in keinem Artikel zu den US-Vorwahlen fehlen darf. Ich gehe davon aus, dass der Vorwahlprozess auf die eigentliche Präsidentschaftswahl, die in acht Monaten (!) stattfindet, keinen ernsthaften Einfluss haben wird. Vielleicht sind die Extrempositionen, die die Kandidaten derzeit einnehmen, bis dahin immer noch im Unterbewusstsein der Wähler und helfen Obama ein wenig. Gewinnen aber muss er schon selber.

5 Kommentare:

  1. "Ich gehe davon aus, dass der Vorwahlprozess auf die eigentliche Präsidentschaftswahl, die in acht Monaten (!) stattfindet, keinen ernsthaften Einfluss haben wird. "

    Vielleicht ist es sogar ein kleiner Vorteil, da die Kandidaten deutlich länger in den Medien präsent sind.

    AntwortenLöschen
  2. Meines Erachtens eine faire und treffende Einschätzung des hier leider etwas "untergegangenen" Wahlkampfes in den USA (Morgen ist der erste Tag nach der Affäre Wulff).

    Mitt Romney, der schwerreiche Mormone, als Präsident des mächtigsten Landes...
    Ich darf nicht daran denken!

    der Herr Karl

    AntwortenLöschen
  3. Die abstruse Rechte dürfte ihren Zenit überschritten haben, auch wenn in deutschen Medien oft der Eindruck entsteht , die USA und die Tea-Party wären ein-und dasselbe.
    Bei einer breiten Minderheit sind sie vielleicht be- und sogar geliebt - der Preis dafür ist der Verlust der Mehrheitsfähigkeit.

    AntwortenLöschen
  4. Ich finde so einen Vorwahlkampf eigentlich auch eher positiv, weil man so auch die Kandidaten schon mal kennenlernt. Und es so nicht dazu kommt, wie zb bei Steinmeier für die SPD, dass den weniger interessierten Leuten erstmal erklärt werden muss, wer der Kandidat ist.

    Ich muss sagen, ich bin extrem gespannt darauf, wie sich die Debatte weiterentwickeln wird, sobald ein Kandidat feststeht. Momentan übertrumpfen sich ja alle in absurden Vorschlägen, dass einem schon Angst und Bange werden kann. Da bin ich unsicher, ob mit dem Kandidaten Rommney wieder mehr Rationalität einziehen wird (ein wenig sicherlich) oder ob er die extrem konservative Schiene weiterfahren muss, um auch die Extremeren wieder als Wähler einzufangen.
    Für Obama wär das natürlich der Idealfall, dann könnte er fast auf 'nen eigenen Wahlkampf verzichten, ich fürchte aber es könnte negative Auswirkungen auf die Gesellschaftsstrukturen in den USA haben, weil die Gräben noch weiter aufgerissen werden.
    Ist natürlich von dieser Seite des Atlantiks immer schwer zu beurteilen (und die Amis sind schon ein merkwürdiges Völkchen), aber ich muss schon sagen, dass ich diese Aggressivität mit der zur Sache gegangen wird als besorniserregend finde.

    AntwortenLöschen
  5. Du schreibst: "Nicht ganz so nachvollziehbar dagegen ist das beständige Gerede davon, dass die Länge des Nominierungsprozesses die Republikaner und ihre Chancen gegen Obama schwächt. Dasselbe Argument wurde 2008 im Duell Obama gegen Clinton beständig vorgebracht, und es war völlig falsch."

    Den Standpunkt teile ich so nicht. Obama und Clinton haben sich erstens nicht so sehr zerlegt im Vorwahlkampf, wie die GOP-Kandidaten es derzeit tun. Und zweitens, selbst wenn sie sich gegenseitig zerlegt haetten, so waere doch ein relativ einfaches (Wieder-)Zusammenwachsen der demokratischen Waehlerbasis hinter dem endgueltigen Kandidaten (Obama oder Clinton) moeglich gewesen, und zwar deshalb, weil die inhaltlichen Unterschiede zwischen Clinton und Obama marginal waren. Beide stehen fuer die "Mitte" bei den Demokraten. Der Vorwahlkampf radikalisierte die Waehlerschaft - wenn ueberhaupt - nur in marginaler Weise. Fast jeder, der guten Gewissens fuer Clinton gestimmt haette, konnte ebenso guten Gewissens fuer Obama stimmen. Haette Clinton sich durchgesetzt, waere es andersrum genauso gewesen.

    Bei der republikanischen Partei sieht das voellig anders aus. Der Vorwahlkampf radikalisiert extrem. Fast alle (bereits ausgestiegenen und gegenwaertigen) Praesidentschaftskandidaten (Bachmann, Perry, Cain, Santorum, Paul, Gingrich) stehen fuer die extreme Rechte. Darueber hinaus bringt sich selbst Sarah Palin wieder ins Gespraech. Romney (neben dem bedeutungslosen und bereits verschwundenen Huntsman) hingegen steht weder fuer die moderate Mitte (denn am Wahltag braucht er die Unterstuetzung der radikalen Tea-Party), noch fuer die extreme Rechte (denn am Wahltag braucht die Unterstuetzung der breiten amerikanischen Mittelschicht). Romney wird also im Vorwahlkampf von den verschiedenen Lagern zerissen und als glaubwuerdiger Kandidat voellig zerstoert. Und selbst wenn er heute zum republikanischen Kandidaten nominiert wuerde, wuerde das seine Sorgen nicht geringer machen. Denn eine Wahl gegen die Tea-Party kann ein republikanischer Kandidat - im Gegensatz zu einem Demokraten - nicht gewinnen. Folglich wird er einen Vizepraesenten aus der Tea-Party vorschlagen muessen und er wird sich von seinen immer weiter nach rechts driftenden Statements nicht mehr abwenden koennen. Deshalb werden diese Statements auch nicht im Wahlkampfgetoese untergehen oder in Vergessenheit geraten. Gleichzeitig braucht er aber nach wie vor die breite Unterstuetzung der amerikanischen Mitte. Und die ist von dem extremistischen Geschrei der Tea-Party eher abgeturnt.

    Der Vorwahlkampf der Republikaner schaerft nicht die erkennbaren Profile der Kandidaten - zumindest nicht im Falle Romneys. Vielmehr legt er Romneys Schwaechen schonungslos offen, zeigt wie wenig Unterstuetzung er bei der eigenen Basis hat - eine Basis, die einen Anti-Romney-Kandidaten nach dem anderen hochgejubelt hat. Aus diesem Wahlkampf kann Romney nicht mehr gestaerkt, sondern nur noch als Verlierer hervorgehen ...

    Ansonsten volle Zustimmung zu diesem schoenen Artikel.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.