Donnerstag, 30. Juli 2020

Linke chinesische Grüne mischen die Polizeidienststelle mit Globuli aus dem Supreme Court auf - Vermischtes 30.07.2020

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.
1) „Weiblichkeit, die Gleichheitsansprüche stellt, steht unter ständiger Todesdrohung von rechter Männlichkeit“ (Interview mit Klaus Theweleit)
„Frauenfeindlichkeit“: Die betroffenen Damen mögen sich doch bitte nicht dumm oder naiv stellen, indem sie diese nichtssagende – und damit beschönigende – Bezeichnung benutzen für das, was rechtsradikale bzw. rechte Männlichkeit mit ihnen anstellt. Was sie doch alle genau wissen: Die politische rechte Männlichkeit kann sich eine „ordentliche Welt“ nur vorstellen als von Männern beherrschte. Die Welt hat hierarchisch organisiert zu sein; und Männer in diesen Hierarchien sind selbstverständlich oben. Wo Frauen – in welcher Weise immer – daran rütteln, kehren sie die Weltordnung (= Naturordnung) um. Frauen rütteln aber immer daran, einfach indem sie Gleichheit fordern. Die feministische Forderung nach Gleichheit bedroht rechte Männlichkeit im Kern; nicht nur, wenn sie von Frauen mit öffentlicher Bedeutung kommt, sondern von der Position „Frau“ überhaupt. Rechte Männer, angsterfüllt, sind körperliche Antidemokraten, weil sie den Gedanken der Gleichheit nicht ertragen. Das müsste doch inzwischen langsam klar sein; und muss nicht in jedem Einzelfall neu begründet werden; etwa wegen „sexistischer“ Anwürfe. Diese Männlichkeit ist sexistisch auch wenn sie sich nicht sexuell äußert. (Deutschlandfunk)
Dieser Artikel hat im feministischen Twitter einen kleinen Shitstorm ausgelöst, aber mir ist immer noch unklar, weshalb. Ich finde Theweleits Begründung für seine Ablehnung des Begriffs "Frauenfeindlichkeit" äußerst nachvollziehbar und sehe hier auch nicht die Gefahr, die üblicherweise in eher aus linker Ecke kommender Ablehnung dieser Begriffe und Themen droht: Nämlich dass das Spezifisch Sexistische (oder Rassistische oder um was es konkret im Augenblick geht) gegenüber der großen Einheitstheorie untergebuttert wird. Davon mal abgesehen meine Frage vor allem in Richtung Pietsch, R.A., Erwin Gabriel etc.: Findet ihr, dass "Rechte Männlichkeit" ein besserer Begriff für das Phänomen ist als die, die wir bisher hier verwendet haben? Ich höre ihn hier bei Theweleit zum ersten Mal, und er hat den Vorteil, auf eine Geisteshaltung/selbst gegebene Identität abzuzielen und nicht auf demographische Faktoren wie "alte weiße Männer". Wie seht ihr das? Nützlichere analytische Kategorie?

2) Warum der Corona-Lockdown in manchen Ländern strenger war
Autokratien haben strengere Lockdowns eingeführt und stärker auf Kontaktnachverfolgung gesetzt, war das Ergebnis von Untersuchungen von Wissenschaftlern aus Oxford. Demokratische Länder seien dafür erfolgreicher darin, die Mobilität der Menschen zu reduzieren, weil die Bevölkerung den Maßnahmen der Regierung eher Folge leiste. Zudem hätten Menschen in kollektivistischeren Ländern ihre Reisetätigkeit stärker eingeschränkt als Menschen, die in individualistischer geprägten Ländern leben. [...] Für Deutschland könnte das heißen, dass Kanzlerin Merkel das Land auch dadurch vor Schlimmerem bewahrt hat, dass sie Ende 2018 angekündigt hat, bei der nächsten Bundestagswahl nicht wieder antreten zu wollen – und sich damit keine Sorgen um ihre Wiederwahl zu machen brauchte. Denn viele Politiker – und das hat weniger mit Pech zu tun – haben sich in ihren Reaktionen auf das Virus von Sorgen um die Wiederwahl leiten lassen, haben die Politikwissenschaftler in einer Studie, die als Arbeitspapier im angesehenen National Bureau of Economic Research (NBER) veröffentlicht wurde, herausgefunden. Demnach hat es die Strenge der Maßnahmen beeinflusst, ob der Amtsinhaber abermals zur Wahl antreten darf oder ob die Verfassung das untersagt, weil die Zahl der Amtszeiten limitiert ist. Ebenso spielt es eine wichtige Rolle, wann die nächste Wahl stattfindet. (Gustav Theile, FAZ)
Wie stark die dräuende Wiederwahl und die Reaktion auf Corona kausal zusammenhängen, ist echt krass. Das ist nicht nur eine statistische Auffälligkeit, da steckt definitiv was dahinter. Es wäre auch noch spannend herauszufinden, welche machttaktischen Motive mit den entsprechenden Fokussetzungen verbunden sind; so haben ja etwa Laschet und Söder jeweils ihre eigenen Kalküle, warum sie einerseits lasch (haha) beziehungsweise streng auf Corona reagieren. Mein Verdacht ist, dass Söders Kalkül darauf hinausläuft, maximalen Bewegungsspielraum Richtung Schwarz-Grün zu gewinnen, während Laschet eher versucht hat, "Wertkonservative" vom Abwandern an die AfD oder FDP zu hindern. Jemand Ideen?

3) Around the world, more see the U.S. positively than China, but little confidence in Trump or Xi
More people around the world have a favorable view of the United States than China, according to a 2019 Pew Research Center survey of 33 countries. The U.S. receives significantly more positive marks than China in 21 of these countries – mostly clustered in Europe and the Asia-Pacific – while China fares better than the U.S. in seven countries. At the same time, the leaders of these two global powers do not inspire much confidence. People in many surveyed countries hold negative views of both Donald Trump and Xi Jinping. [...] Despite these views, few people tend to see the U.S. and China locked in a zero-sum competition when it comes to who is their greatest threat or most dependable ally. [...] For example, people were asked an open-ended question about which country will be their own nation’s closest ally in the future and which country or group represents the greatest threat to their nation. In most countries, there is little relationship between seeing China as a threat and the U.S. as an ally – or vice versa. But the Asia-Pacific region stands out. About a third or more in South Korea, the Philippines, Japan and Australia say the U.S. is their most reliable ally and that China is their greatest threat. Very few in the six Asia-Pacific countries surveyed hold the opposite view. (Laura Silver/Kat Delvin, Pew Research Center)
Bei allen miesen Nachrichten über Trump und die Situation in den USA sollte man sich klar machen, dass der Luxus, Russland, China und die USA über einen Kamm zu scheren nur von einem Land gepflegt werden kann, das gegen die Auswirkungen dieser kleinen intellektuellen Fingerübung immun ist. Länder, die deutlich näher an China liegen, wissen ziemlich genau, wer von den beiden der wohlmeinendere Akteur ist (wenngleich das ein sehr relativer Begriff auf einer reichlich schiefen Gerade ist). Und es ist auch kein Zufall, dass man umso positiver über die USA denkt, je näher man Luftlinie an Moskau rückt. Zwar hat die relative Friedenszeit des Ost-West-Konflikts sicherlich maßgeblich zur Entmilitarisierung der Deutschen beigetragen, aber die ohnehin nie sonderlich stark ausgeprägte geostrategische Denke hat sie nicht unbedingt verbessert.

4) Cancel culture is a class issue
And if class membership is earned, it can be taken away. That is why, as Douthat writes in his seventh thesis, the threat of cancel culture "is most effective against people who are still rising in their fields." It is also why, as he says in the sixth thesis, with a certain degree of wealth, professional establishment, and/or fame, "the bar for actual cancellation is quite high." Author J.K. Rowling is presently the subject of intense and sustained criticism because of her views on transgenderism. But Rowling will not be canceled for what she's said so far. She'll have no trouble getting her next book contract. She has, crudely put, "'f--k you' money" and fans to spare. For people in her elite sphere, such resilience isn't infinite. Cancellation is possible, but it requires a graver offense, perhaps even criminal allegations. [...] The threat of cancellation recedes at the other end of the wealth spectrum, too, among the working and lower classes. Again, cancellation is not impossible here, but you are comparatively unlikely to lose a working-class or minimum wage job via cancellation. I don't expect many McDonald's managers do social media deep dives on applicants to run the grill. Does anyone really care about their plumber's politics? [...] This is why cancel culture is so effective. This is why it frightens people in what is self-evidently not a "classless society." The threat of cancellation isn't merely intense public shame, though that too is significant. The threat is class expulsion couched within and magnified by our national mythos of self-advancement — that is, the American dream. It is a threat of being stripped, for the choice of a day or moment, of the class status you've ordered so much of your life to attain. Cancellation is a white-collar phenomenon, and its threat is tearing away your white collar for good. (Bonnie Kristan, The Week)
Das ganze Geschwätz von Cancel-Culture ist genau die gleiche Chose wie vorher Identitätspolitik und wie davor Political Correctness. Es ist ein (sehr effektiver) Kampfbegriff von Rechts, mit dem so getan wird, als sei irgendetwas Neues, Bedrohliches entstanden, dass es so nur auf der Linken gibt - wo es sich in Wahrheit um uralte Dynamiken handelt, die keine politische Gesäßgeographie kennen. Ich habe darüber geschrieben. Die Rufe von "Cancel-Culture" kommen besonders lautstark aus dem Lager der Republicans, und das sagt in diesen Tagen traurigerweise alles, was man zu dem Thema wissen muss. Der republikanische Hoffnungsträger Tom Cotton etwa verlangte die Streichung von Bundesmitteln für alle Schulen, die das 1619-Projekt im Unterricht besprechen - was deutlich extremistischer und weitreichender als alle Forderungen irgendwelcher Linksradikalen ist, aber natürlich einfach unwidersprochen in den Nachrichten steht, auch wenn der gleiche Neo-Konföderalist Cotton dann über Cancel-Culture klagt, weil irgendjemand ihn auf Twitter beleidigt.

5) Der China-Komplex
Die Pragmatiker bemühen sich ohnehin derzeit nach Kräften, den Eindruck zu vermeiden, die Partei betreibe insgesamt außenpolitische Radikalpolitik. Als der parteiübergreifend geachtete Reformer Stefan Liebich kürzlich als außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion aufhörte, überredete man den schon mit einem Bein im Ruhestand befindlichen Gregor Gysi, den Job zu übernehmen - um gerade noch zu verhindern, dass ein Hardliner auf den Posten rückte. Sevim Dagdelen hingegen sieht keinen Grund zur Aufregung. Die Obfrau der Linken im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags ist eine der bekanntesten und profiliertesten Politikerinnen der Partei und des linken Flügels. Dagdelen hat selbst in diesen Tagen einen Artikel in der linken Zeitung "Junge Welt" veröffentlicht. Sie erinnerte darin ausführlich an die deutsche Kolonialgeschichte in der heutigen Volksrepublik, warnte vor einem Wirtschaftskrieg, beklagte "China-Bashing". Kritische Töne für Peking fand auch sie kaum. Warum nicht? Man sei sich mit den Reformern in der Partei einig, sagt Dagdelen dem SPIEGEL, "dass sich erstens Deutschland nicht am US-Wirtschaftskrieg gegen China beteiligen soll". Zweitens setze man sich für Dialog und Kooperation mit der Volksrepublik ein und spreche drittens "selbstverständlich auch das Thema Menschenrechte" an. Viertens, sagt Dagdelen, verbiete sich "jede Lehrmeisterei im Umgang mit China" - angesichts der "kolonialen, bis heute nicht aufgearbeiteten Verbrechen Deutschlands". (Kevin Hagen, SpiegelOnline)
Zu sagen ich wäre kein Fan der außenpolitischen Positionierung der LINKEn ist eine nicht geringe Untertreibung (doppelte Litotes!). Die reflexhafte Übernahme von Feindbildern und Positionen aus dem Kalten Krieg einerseits und die ebenso reflexhafte Anti-Haltung gegen alles, was irgendwie aus den USA oder dem Transatlantischen Spektrum kommt andererseits sorgt dafür, dass die Partei sich immer wieder mit solch ehrenwerten Personen wie Jinping, Putin oder Maduro gemein macht. Und das, obwohl deren Regime nicht einmal ansatzweise als Genossen zu betrachten sind! Dieses Anwanzen ist nicht nur moralisch widerwärtig und politisch dumm, sondern auch noch ideologisch inkonsistent. Mir ist das völlig unbegreiflich.

6) Autos sind zu teuer
Doch selbst diese erstaunlich hohen Kosten sind nur ein Bruchteil der wahren Summe, die wir für das Autofahren bezahlen. Dass Verbrennungsmotoren das Klima schädigen, hat sich mittlerweile herumgesprochen, dieser Schaden lässt sich kaum beziffern. Auch für die Zahl der Verkehrstoten lässt sich keine Schadenssumme nennen. Dazu kommt noch ein wichtiger anderer Aspekt, der oft vergessen wird: Wir haben unsere Welt und unsere Gesellschaft dramatisch umgebaut, um dem Privatauto den nötigen Platz zu bieten. Das kostet Geld, Gesundheit und Lebensqualität. Wir haben für das Auto gewaltige Flächen asphaltiert. Wir haben Gassen, in denen früher Kinder gespielt haben, ohne große Diskussion dem Autoverkehr geopfert. Wir haben Umweltverschmutzung und Lungenkrankheiten in Kauf genommen. Wir haben Geschäftsstraßen in den Städten aussterben lassen und stattdessen Einkaufszentren am Stadtrand gebaut, weil dort mehr Platz zum Parken ist. Aber wer motorisierten Individualverkehr kritisiert, wird oft heftig beschimpft: „Ich kann doch gar nicht anders!“ heißt es dann. „Mit dem Bus brauche ich dreimal so lange zur Arbeit, das kann doch niemand verlangen!“ – Und dieses Argument ist völlig richtig. Wir haben unsere Straßen, unsere Städte und unser Sozialleben so auf das Auto ausgerichtet, dass viele von uns in dieser autooptimierten Welt tatsächlich nicht ohne Auto auskommen. Aber das müsste nicht so sein. Das unverzichtbar gewordene Auto löst nur Probleme, die wir uns ohne Auto niemals eingehandelt hätten. (Florian Aigner, Futurezone)
Ich stimme dem Artikel völlig zu und will noch einen Gedanken hinzufügen. Was hier angesprochen wird, ohne das Konzept zu nennen oder weiter darauf einzugehen, ist das Problem der Pfadabhängigkeit. Dieses in der Politikwissenschaft fast wie die Interdependenz verbreitete Konzept besagt, dass ein einmal eingeschlagener Entwicklungspfad auch dann kaum mehr zu verlassen ist, wenn sich der Weg als steinig erweist. Siehe etwa Rentenversicherung: Das System der Pflichtversicherung mit seinen Rentenpunkten ist durch Jahrzehnte entstandene Ansprüche nicht einfach zu verlassen; jede Reform muss sich damit zwangsläufig auseinandersetzen - es ist eine Pfadabhängigkeit. Gleiches gilt für Autos: Seit den 1950er Jahren ist die komplette Stadtplanung auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtet. Das lässt sich nicht mal eben abschaffen, denn es betrifft (Interdependenz!) zahlreiche andere Gebiete mit. Wo und wie Menschen wohnen etwa, wann sie wo was einkaufen, und so weiter und so fort. Jeder Versuch der Reform wird zwangsläufig einen Rattenschwanz von mal einkalkulierten, mal überraschenden Folgen nach sich ziehen. Das heißt nicht, dass man es nicht tun sollte - nur, dass man sich klar machen muss, an was für eine Aufgabe man sich damit begibt, und dass man besser sicher sein sollte, dass die Leute den Weg mitgehen. Nicht umsonst schließlich wurden so viele der Sozialstaatsreformen mittlerweile wieder zurückgedreht...

7) Grüner Generationenwechsel? 
Das geht nun nicht mehr zusammen – Wissenschaft, das müssen viele Altgrüne jetzt schmerzhaft lernen, ist kein Wunschkonzert und es gibt keine alternativen Fakten. Es passt nicht, in Sachen Klima eine Orientierung an der Wissenschaft einzufordern, eine solche Orientierung auf anderen Gebieten jedoch abzulehnen oder sich, wie die AfD in Sachen Klimaforschung, auf Außenseiter zu berufen und alle anderen als bezahlte Lobbyisten zu diffamieren. Beim Thema Homöopathie – es ging um die Frage, ob homöopathische Behandlungsmethoden weiter durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden und weiterhin Zulassungsbedingungen nach dem Binnenkonsens gelten sollen – hat die Parteiführung es im letzten Jahr noch geschafft, das heiße Eisen erkalten zu lassen – wie man das eben so macht: erst aussitzen, dann wortreich eine intensive Debatte ankündigen, das Ganze sodann in eine Kommission vertagen und die schließlich sang- und klanglos einstellen. [...] Der nächste Konflikt: grüne Gentechnik. Das grüne Dogma steht seit Jahrzehnten fest. Gentechnik in der Landwirtschaft gilt in altgrünen Kreisen als gefährlich, überflüssig und der falsche Weg. Die Argumente sind die gleichen, die die Partei vor zwanzig Jahren auch gegen Gentechnik in der Medizin vorgebracht hat; sie sind hohl und vielfach widerlegt, aber jeder Einwand wurde bislang von den Altgrünen mit dem Lobbyismus-Vorwurf abgebügelt. [...] Das nächste Feld ist die Energiewende, genauer gesagt, der Atomausstieg. Angesichts der ungelösten Speicher-Probleme der Energiewende, des schleppenden Kohleausstiegs und der noch immer ungebremst steigenden CO2-Emissionen besinnen sich immer mehr Klimaschützer auf die Kernenergie, in Großbritannien etwa die Umweltaktivistin Zion Lights, die bis vor kurzem Sprecherin und Gesicht der „Extinction Rebellion“-Bewegung war. Sie spricht sich für die Nutzung der Kernenergie aus, um den CO2-Ausstoß schneller begrenzen bzw. reduzieren zu können. (Ludger Vess, Salonkolumnisten)
Die oben genannten Punkte sind die entscheidenden Gründe, warum ich nach wie vor kein grüner Parteigänger (und schon gar kein Parteimitglied) bin. Ich finde die Bio-Esoterik grauenhaft, die Unterstützung der Globuli-Mafia zum Kotzen und die ideologische Ablehnung von genmanipulierter Landwirtschaft für einen politischen Irrtum. Zur Kernkraftfrage habe ich keine belastbare Meinung, da fehlt mir der Hintergrund.

8) As America tops 4 million COVID cases, the cult of Donald Trump has become a death cult
But the Americans who are now driving the pandemic are not sudden skeptics about masks or distancing or expert opinion because of street protests. Some of them reject expertise because of the previous “failures” of experts. This is always one of the reflexive explanations for the refusal to listen to the educated and experienced. Expert failures are real and happen every day, but the people who sullenly refuse to wear a mask during a pandemic are not doing so because the United States failed to find Iraq’s weapons of mass destruction, or because the housing market crashed in 2008. Rather, they are doing so because they see endangering others as empowerment, a way of telling people whom they believe look down on them that no one, no matter how smart or accomplished, can tell them what to do. For these people, our national motto is not “In God We Trust” or “E Pluribus Unum,” but rather: “You’re Not the Boss of Me.” [...] So committed are these Americans to assuaging their sore egos over their imagined lack of status that they are literally willing to die for it. Unfortunately, they seem all too willing to take many of us with them. This is not Jonestown or Heaven’s Gate, whose cult members fled society to go and die together. This is worse. This is an attempt to create a Jonestown in every American city and town and then invite the rest of us over for a cool drink. The irony here is that the same people who reject expertise because they believe they are smart and clued in to the mistakes of experts will accept the word of Donald Trump — a man who has obliterated most of the projects he’s ever been involved with and who stands as the uncontested champion of American public liars — as the gospel truth. But that is how cults work, and woe to anyone who crosses them. (Tom Nichols, USA Today)
Die kultische Verehrung Trumps in Teilen der GOP (man sollte nicht den Fehler machen, die völlig durchgeknallte Parteibasis mit der Partei als Ganzem gleichzusetzen) ist tatsächlich absurd und hat mittlerweile so große Macht bekommen, dass die republikanischen PolitikerInnen es nicht mehr wagen, sich diesem Blödsinn entgegenzusetzen (so sie es je taten), aus Furcht davor, was dieser hochmotivierte Irrenhaufen in den Vorwahlen anrichten kann. Der Vorteil für diese Truppe ist, dass sie zwar behaupten, willig zu sein für ihre Überzeugungen in den Tod zu gehen, dass es jedoch wesentlich wahrscheinlicher ist, dass andere für ihre Überzeugungen und Taten sterben. Die Menschen, die in den Südstaaten wegen der katastrophalen Lage des Gesundheitssystems und der atemberaubenden Inkompetenz der dortigen Gouverneure sterben sind schließlich nicht eben republikanische Stammwähler, sondern wie eh und je die Armen und Entrechteten am Bodensatz der amerikanischen Gesellschaftshierarchie - und die hatten noch nie eine Stimme in diesem System.

We spend too much time debating the procedural rights and powers of elected officials and not enough thinking through the wisdom or folly of them making specific choices with the rights and powers they clearly possess. Can Trump and McConnell push through a high court nomination in December, in blatant defiance of public opinion, if they wish? The answer is probably yes. But it's far more important to understand why they shouldn't do such a thing — and what is likely to follow if they do. When asked to explain their defiance of public opinion, conservatives typically revert to the cliché that our country is "a republic and not a democracy." This is supposed to justify Republican moves to manipulate (and add to) our system's many counter-majoritarian rules and institutions to enhance GOP power despite the party's waning ability to win elections outright. But our government's republican character isn't designed to systematically thwart the will of the party or faction of the electorate that wins the most votes and reward the party or faction that loses. It's designed to break the electorate into multiple groupings or clusters, giving each the power to check and balance the others. That makes us a democratic republic, not an anti-democratic one — which means that the perceived legitimacy of the system ultimately rests on its responsiveness to public opinion. (Damon Linker, The Week)
Ich bin 100% sicher, dass Mitch McConnell das tun wird, wenn sich die Gelegenheit bietet. Dass er nicht selbst schon versucht hat, Ginsburg auf der Treppe ein Bein zu stellen, ist eigentlich alles. Aber es ist letztlich auch zu spät. Der Supreme Court ist ein zu 100% parteiisches Instrument geworden, dessen gesamte Legitimation sich zunehmend aus denselben parteiischen Loyalitäten speist wie im restlichen System auch. Die RichterInnen stimmen praktisch nur noch nach Parteilinie ab; die ohnehin immer etwas suspekte Idee einer objektiven, debattierenden Richterschaft ist völlig Makulatur. Man sieht das auch in der Berichterstattung; zwar werden immer noch dieselben Worte wie früher verwendet - man spricht von Interpretationen und Auslegungen - aber am Ende ist jedem klar, dass die vier progressiven RichterInnen auf die eine und die fünf konservativen Richter auf die andere Art abstimmen werden. Stiehlt Mitch McConnell nun noch einen zweiten Sitz, ist die Restlegitimität des Gerichtshofs endgültig passé. Und eine so mächtige Institution ohne jede demokratische Legitimation kann nicht überleben. Court packing und ähnliche Reformen sind die zwangsläufige Folge, und mit ihr eine weitere Erosion der Demokratie.

10) Tweet
Nur mal wieder für Diejenigen, die glauben, nur weil etwas verboten ist und weil man es in feiner Gesellschaft nicht offen sagt käme es auch nicht vor. Was hier für Rassismus gilt, gilt im selben Maße auch für Sexismus oder Diskriminierung Schwangerer und Mütter. Es ist institutionell, es ist weit verbreitet, und es muss mit offenem Visier bekämpft werden. Und da es im Guten offensichtlich nicht ging, braucht es eben grobere Keile auf die noch viel groberen Klötze - und das heißt etwa die Quote.

11) Die Wut der Frauen
Werden Frauen wütend, wird das gern auf ihre Persönlichkeit geschoben - bei Männern dagegen eher mit äußeren Umständen gerechtfertigt. Im Falle wütender Migrantinnen wird noch eine vermeintlich kulturelle Prägung hineingelesen: unbändiges Temperament, milieuspezifische Sprache, ausfallende Gestik. Dahinter versteckt sich auch eine in der Gesamtgesellschaft fest verankerte Rollenerwartung an die Frau. Sie kann verängstigt und hilflos sein, aber nicht wütend oder gar zornig. Diese Form der Misogynie findet sich sowohl in Teilen der Mehrheitsgesellschaft als auch im rechten Spektrum wieder. [...] Die Sensibilität Seehofers und vieler anderer, wenn es um den Schutz der Polizei geht, steht in direktem Kontrast zu deren Reaktion auf Gewaltdrohungen gegen Frauen unter mutmaßlicher Beteiligung von Sicherheitskräften. Das Feindbild Frau wird nicht ansatzweise so ernst genommen wie das Feindbild Polizei. Frauen bekommen von staatlicher Seite nicht denselben Rückhalt, den Polizisten erhalten.  [...] Lang genug waren Opfer rechter Gewalt, etwa die Familien der NSU-Mordopfer, in Erklärungsnot gegenüber Behörden. Statt ständig reflexhaft die Polizei in Schutz zu nehmen, müsste die Politik vehement für den Schutz der Frauen eintreten, die in der Öffentlichkeit stehen. Denn rechte Ideologen eint weltweit ein Feindbild: die selbstbestimmte Frau. (Dunja Ramadan, SZ)
Die Ignoranz, mit der die Sicherheitsbehörden den Gewaltdrohungen vor allem, aber bei weitem nicht ausschließlich junger Frauen mit Migrationshintergrund entgegentreten, sind vor allem angesichts des irren Aktionismus bezüglich eingebildeter gestiegener Bedrohungslagen für PolizistInnen völlig absurd. Das Ganze bekommt noch ein zusätzliches G'schmäckle dadurch, dass die Betroffenen häufig als KritikerInnen dieser Sicherheitsbehörden aufgetreten sind, so dass diese Träger des staatlichen Gewaltmonopols in den Ruch geraten, sich politischer Gegner auf diese Weise entledigen zu wollen. Kein schönes Bild.

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