Sonntag, 22. August 2010

Mit vereinten Kräften


Die großen deutschen Energieversorger, unter Federführung des RWE-Chefs Jürgen Großmann, bedienen sich des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), um die Regierung unter Druck zu setzen, einen atomfreundlicheren Kurs einzuschlagen. Dies kommt zwar nicht unerwartet, zumal im Sinne der Vertretung eigener Interessen, ungewöhnlich aber ist es allemal, denn der Ansatz ist neu: Eine massive mediale Kampagne, um öffentlich Druck auszuüben.

Üblicherweise finden derlei Einflußnahmeversuche in stillen Hinterzimmern statt bzw. es wird “antichambriert”, was gängig auch als “Lobbyarbeit” bezeichnet wird, aber im Falle des Rangelns um die Restlaufzeiten bzw. eine Verlängerung der selbigen scheinen die Kernkraftwerksbetreiber harte Bandagen nicht zu scheuen. So sprechen sie in bundesweit geschalteten Anzeigen in ausgewählten Leitmedien von nichts Geringerem als der “Sicherung der Lebensgrundlagen von morgen” und haben dafür namhafte Personen aus Politik und Wirtschaft als Unterstützer herbeizitiert. Neben den “üblichen Verdächtigen” aus der Energiewirtschaft finden sich da beispielsweise auch die vormaligen SPD-Minister Clement und Schily (die einst in dem Kabinett saßen, welches den Atomausstieg beschloß), der Deutschbanker Josef  Ackermann oder auch das Ex-Fußballidol Oliver Bierhoff. Nach dem jüngsten Versuch, mit einer angedrohten Stillegung ihrerseits die geplante Brennelementesteuer zu verhindern, starten die Kraftwerksbetreiber nun einen großangelegten Erpressungsversuch, wie beispielsweise Brigitte Fehrle in der FR leitartikelt.

Da wird mit “Wettbewerbsfähigkeit” und “Standortsicherung” argumentiert – wohl wissend, daß dies nicht nur Zuckerbrot, sondern auch Peitsche zugleich ist.  Kanzlerin Merkel und vor allem ihr unbotmäßiger Umweltminister Röttgen, der – ganz unionsuntypisch – eindeutig auf erneuerbare Energien setzt, sollen auf Linie gebracht werden – mit allen legitimen Mitteln. Dabei zählt nicht, daß seit langem eine klare Mehrheit der Wähler der weiteren Nutzung der Kernenergie eine klare Absage erteilt und rechtswirksame Ausstiegsbeschlüsse vorliegen, nicht das nach wie vor ungelöste Problem der Endlagerung, das sich aktuell mit der Asse in Erinnerung bringt, und auch nicht der anstehende 25. Geburtstag des GAUs in Tschernobyl, der 2011 stattfinden wird. Nein, es geht hier einzig und allein um wirtschaftliche und damit auch private Interessen, die um jeden Preis verteidigt werden sollen – auch auf Kosten der Bevölkerung.

2 Kommentare:

  1. Nur getroffene Hunde bellen bekanntlich.

    So würde ich die Anzeige einmal werten. Die Aussicht auf eine lächerlich geringe und schwammige Abgabe kann es ob der ex-orbitanten Gewinne beim Weiterbetrieb eines AKW´s kaum sein, die diese Herrschaften dazu getrieben hat.

    Also geht es entweder um mehr, oder man wollte sich einfach nur mal zu Wort melden, getreu dem Motto: "Mutti, mach man keinen Blödsinn, sonst holen wir aus." Denn dass die Union (zumal im Verbund mit der FDP) einen Ausstieg aus der Kernkraft ernsthaft betreibt, darf getrost bezweifelt werden.

    Ganz abgesehen davon wäre es in diesem Lande ja echt ein Skandal, wenn nicht die Politik, sondern die Wirtschaft die Politik machen würde...

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  2. Wehe, Mutti macht da mit.
    "Energiesicherheit" und "Standortsicherung" ziehen wohl kaum noch bei der Bevölkerung, oder? Oder ziehen die ollen Kamellen noch?

    Atomenergie macht vernachlässigbar wenig aus bei der gesamten Energierzeugung, ich meine etwa 25%??? Erneuerbare Energien machen fast genausoviel aus und sind, wenn man bei der Atomenergie die Endlagerung mitberücksichtigt, billiger. Dazu kommt noch, dass Atomenergie einen Einspeisevorrang hat, heißt: sie schalten zuerst die Windräder ab, wenn zuviel Strom produziert wird, nicht die AKWs.
    Kohlekraftwerke und neue, schnell hochfahrbare Erdgaskraftwerke, was wichtig ist bei den schwankenden "Erträgen" der Wind- und Sonnenenergie, stellen die Energiesicherheit her UND sind Exportschlager.

    Also ganz ehrlich, die sollen mal offenlegen, dass es den AKW-Betreibern nur um gigantische Gewinne geht und dann klappt das schon mit der Abschaffung des Atomstroms.

    Deutschland produziert mehr Strom, als es verbraucht! Wir könnten die ältesten AKWs sofort abschalten und hätten immernoch genug Strom für Deutschland.

    Ingenieure sagen übrigens ganz offen, dass die Atomkraftwerke, die vor Jahrzehnten mit den Baustoffen von vor Jahrzehnten gebaut wurden, heute nicht mehr sicher sind. Die Atomkraftwerke waren für eine bestimmte Laufzeit gebaut worden und für diese Laufzeit auch ausreichend sicher und dicht. Aber jetzt tritt eben Materialermüdung ein. Ist nunmal so, alles wird alt. Manches schneller, manches langsamer. Und die alten AKWs werden eben jetzt alt.
    Und der Beton, der damals verwendet wurde, ist nicht so gut wie der Beton, den wir heute haben. Der neue hält länger.

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