Freitag, 28. September 2007

Rückverlagerung ins Inland

Erinnert sich noch jemand an das Schreckgespenst des Outsourcing? Jobs besonders im Niedriglohnbereich werden in Schwellenländer exportiert, weil da alles günstiger ist als hier im Schreckensland Deutschland, wo alles viel zu teuer, reguliert und sowieso ineffizienz ist. Mit Schaudern erinnern wir uns an die inkompetenten Kapriolen eines Hans-Werner Sinn und seiner Basar-Ökonomie. Auch der Spiegel gehörte in die Reihe derer, die stetig jubelnd neue Sonderserien "Globalisierung" veröffentlichten, in der Unternehmen gezeigt wurden, jung, prosperierend, Teile der Produktion auslagernd. Es folgt Ernüchterung.
Für viele, besonders mittelständische, Firmen waren die Folgen katastrophal. Grausam schlechte Infrastruktur, unzuverlässige Zulieferer, schlecht ausgebildetes Personal, korrupte und ineffiziente Bürokratie (wenn überhaupt) - die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Das Material kam spät, musste wegen schlechter Qualität in Deutschland nachgearbeitet werden und all die Kostenvorteile durch Steuern und Löhne lösten sich im Chaos auf. Bestenfalls ist ein nervenzerrendes Nullsummenspiel draus geworden.
Wir haben x-mal darauf hingewiesen, dass die Logik der Globalisierungsfanatiker, mit Verlaub, Bullshit ist. Dass die Löhne und Steuern nicht alles sind und für Standortentscheidungen eigentlich sekundär. Geglaubt hat man nicht uns, sondern den Zahlenartisten vom ifo-Institut. Zugegeben, sie kamen auch so wunderbar kompetent rüber in den Medien. Der Spiegel-Artikel gibt schamhaft zu, dass sich viele besonders mittelständische Unternehmer "emotional" dazu entschlossen hätten, Standortverlagerungen durchzuführen, wo diese ganz und gar nicht sinnvoll waren. Ja, wer hat denn diese Emotionen überhaupt erst geschürt, wenn nicht der Spiegel mit seinen endlosen Hochglanzartikelserien zum Thema? Wenn nicht Hans-Werner Sinn und seine abgewirtschaftete Bande, die inzwischen sogar von wirtschaftsnahen Publikationen wie der FTD, dem MM und dem HB in der Luft zerrissen werden ob ihrer haarsträubenden Theorien?
Das, natürlich, steht nicht in dem Artikel. Das böse Erwachen wird statt dessen vom Spiegel mit einer Attitüde des "Wir haben es ja immer gesagt" begleitet, anstatt schamhaft die eigene Schuld am Debakel mit einzugestehen. Aber nichts anderes war auch zu erwarten. Immerhin hat das Ganze den guten Effekt, dass dieser Teil des wahnwitzigen Globalisierungskarussels endlich gestoppt zu sein scheint.

1 Kommentar:

  1. Phuuu, das wird lang!

    1. Zulieferqualität: Beispiel schlichte Blechscheren statt Brennschneidemaschinen. Das ist nicht das Problem der im Ausland fertigenden Firma ( ich habe das 1000 x gemacht ), es ist der Fehler deS beauftragenden Umternehmens. Warum? Weil der Leistungsempfänder wohl sehr genau weiß, durch welche Prozeßschritte er die Qualität erzeugen kann. Wer einfach nur telefonisch oder schriftlich beauftragt, ohne Prozeßplanung mit dem beauftragten Unternehmen zu betreiben, ohne Prozeßabnahme durchzuführen, der müßte aus Fachsicht der DGQ an den Pranger gestellt werden!Die Firmenleitung des Unternehmens ist schlichtweg unfähig; das habe ich bei einigen mittelständischen Unternehmen erlebt, insbesondere im Osten und in Italien, wo alles so nach "Gefühl und Wellenschlag" geht; bei Nachfragen bekommt man die stereotype Antwort "ist doch immer alles gut gelaufen". Ernüchtert sollen die Firmen lieber über sich selber also sein.

    2. "unzuverlässige Zulieferer, schlecht ausgebildetes Personal, korrupte und ineffiziente Bürokratie", ich muß mich beherrschen, nicht wütend zu werden! Die Leute haben NULL Ahnung von der zuverlässigen Methode zur Fremdvergabe. Ich muß doch vor der Fremdvergabe ein Unternehmen prüfen! Ich muß doch in meiner FMEA sehen, wo sind meine kritischen Prozesse und kann DER Zulieferant das abdecken? Wenn ich eine solche Untersuchung nicht mache, dann darf ich nicht andere beschimpfen! "unzuverlässige Zulieferanten", das ist ein altes Thema auch bei den Zuverlässigsten, weil immer mal irgendwas passiert, so dass eine Lieferung ausbleibt. Wissen Sie, ich habe in einem Unternehmen gearbeitet, in dem, würde keine Vorbeugung getroffen worden sein, 20.000 Arbeiter plötzlich ohne Arbeit da stehen! Was mach ich denn bei unzuverlässignen Zulieferenten? a) zu jeder Lieferung bezogen auf die kritischen Fertigungsdaten Meßprotokolle, bis des Zulieferant endlich kapiert, dass es billiger für ihn ist, seine Prozeßschritte zuverlässig zu machen als zu messen ( ich habe aber auch in China erlebt, dass ds Messen billiger war, kommt also ganz darauf an, etwas muß nur von den zwei Varianten gemacht werden ) und b) ich regele vertraglich, dass der Zulieferant ein Sicherheitslager anlegt, in dem X Tage Bestand sein müssen. Das sind doch die Normalkonzepte einer Fremdvergabe!!!

    3. Sie können gern dem Dautel ( Firmeninhaber, der im SPIEGEL genannt wurde ) mitteilen, dass er seinen Laden nicht im Griff hat und zu wenig vom Geschäft versteht.

    4. Wenn im SPIEGEL Bericht steht, jeder fünfte Betrieb kommt zurück, bedeutet das, dass 80% der verlagerten Arbeitsplätze in Ordnung gehen. 80% sind verloren, für immer! Machen Sie sich das mal klar. Millionen Arbeitsplätze sind das!

    5. Die Lohnanstiege sind wirklich ein dickes Problem, wenn nur Verlagerungen aufgrund der Kostensenkung stattgefunden haben! Wer nur dieses einen Parameter hat, der verliert auf Dauer. In unserer Firma gab es einen Strauß an Parameter, die erfüllt sein mußten, um eine Verlagerung durchzuführen.

    6. Es ist sicherlich richtig, dass die Lohnniveauabsenkung die Neigung zur Verlagerung ins Ausland deutlich reduziert. Wäre ich Bundesregierung, würde ich die Neuen Länder für 10 Jahre zu einer Sonderwirtschaftszone erklären und - egal was die EU sagt - fördern.

    7. "Die Ausgaben für Maschinen, Anlagen und Gebäude werden in diesem Jahr fast 52 Milliarden Euro betragen. Gegenüber dem Tiefpunkt 2005 ist das ein Plus von 19 Prozent. In Ostdeutschland wird die Zuwachsrate sogar mehr als 26 Prozent betragen." das ist ein Quatsch! Jeder weiß, dass die Reinvestitionen für MAE ( Maschinen-Anlagen-Einrichtungen ) so etwa 10-12 Jahre beträgt ( siehe AFA ). Jeder weiß, dass 2-4% Instandhaltungskosten für Gebäude und Gebäudebestandteile zu planen sind. Da sind 52 Mrd. die Summe, die schon paßt, berücksichtigt man die Investitionssumme in Deutschand, also nichts Erregendes oder Interpretationsfähiges.

    8. "aber jene Märkte erschließen, in die man investierte": das ist wirklich ein wichtiges Element der Verlagerung. Das geht einher mit der Identifikation des Marktes zum Produkt.

    9. "Die Chinesen haben uns oft im Stich gelassen und uns am Ende mehr geschadet als genützt", der Herr Heck ist ein Träumer, er hätte in China mal eine Risikoanalyse machen sollen. Die Prozesskette der Zulieferungen klappt dort überhaupt nicht und es wird noch Jahre dauern, bis das einigermaßen läuft. Andererseits muss es sich auch mal fragen, warum BMB in Shenyang 100.000 de Autos jährlich herstellen kann und eine Zulieferquote von geschätzt 60% hat; es wird nicht alles aus D kommen! "Mal fiel zudem tagelang der Strom aus, mal war es zu heiß, so dass nicht gearbeitet wurde, mal zogen ganze Arbeitsbrigaden nach Shanghai ab, wo es mehr zu verdienen gab." Ja, das habe ich auch erlebt: stundenlang Stromausfall, wichtiger aber ist, dass die Bindung der Arbeiter zur Firma nicht da ist. In der nächsten sehr großen Stadt, 8 Mio Einwohner, 150 km entfernt, verdienten die Leute plötzlich das Doppelte. Und mit ihnen ist die Erfahrung, Einarbeitung ... weggegangen!

    10. Ihre Kritik gegenüber dieser Art Globalisierung ist sicherlich richtig. Handel über weitere Strecken hat es bereits vor tausenden Jahren gegeben. Aber das unmäßige Kapital mit immer wieder neuen Profithöhen, das ist zu veruteilen. Das treibt Volkswirtschaften in den Ruin.

    Letzter Hinweis: ich weiß nicht, was den SPIEGEL zu dieser Kehrtwendung treibt. Erkennt man plötzlich, dass man im Lande Beschäftigung haben muss, damit die Druckmaschienen abreiten können und nicht nur als totes Kapital nutzlos herumsetehen?

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