Samstag, 17. Mai 2008

Patriotisches Forum Süddeutschland

Durch den Hinweis eines Lesers ist mir die Adresse eines rechtsgerichteten Blogs in die Hände gefallen, des "Patriotischen Forums Süddeutschland". Dieses will nach eigener Aussage
1. Die Vernetzung möglichst vieler süddeutscher Rechter, Patrioten und Nationalisten untereinander
2. Die Bildung von lokalen und regionalen Aktionsgruppen, die mit verschiedensten Aktionen auf die derzeitige missliche Lage in unserem Land aufmerksam machen
3. Mit seinen Möglichkeiten dazu beitragen, dass Deutschland wieder ein von christlichen Werten und deutscher Bevölkerung geprägtes Land wird.
An Blogeinträgen findet sich denn auch das zu erwartende wilde Gewusel von 68er-Bashing, "Informationen" auf dem Niveau von PI ("Was zu erwarten war...Münchner U-Bahnschläger auf freiem Fuß!") und allerlei rechtsextremistischer Unsinn in grauenhafter Rechtschreibung in den Kommentaren. Es erinnert in jedem Fall frappant an den Fall des Nazi-Forums, das ich seinerzeit entdeckt und auf das ich aufmerksam gemacht hatte (Link).
So weit, so belanglos. Ich habe etwas mit mir gerungen, ob ich das Thema aufgreifen will, weil es den Glatzen nur Publikumsverkehr beschafft und damit ihr Blog interessanter gestaltet. Ich habe mich aber letztlich dafür entschieden und möchte die Gelegenheit gleich nutzen, abseits des Ganzen ein wenig über die Argumentation dieser Rechten zu schreiben.

Bereits in der Zielsetzung des Blogs stolpert man über die "christlichen Werte". Sie wollen so gar nicht zum Rest passen, beinhalten sie doch auch Nächstenliebe und Gewaltverzicht. Ich denke, sie sind der spezifischen Situation hier im Süden Deutschlands geschuldet, wo die Konservativen seit jeher eine starke Stellung haben und man mit solchen durchsichtigen Apellen den einen oder anderen Stammtisch zu gewinnen hofft.
Das Feindbild ist entsprechend dankenswert einfach gehalten: die 68er, Multi-Kulti, die Antifa, ausländische Schlägerbanden. Die ersten drei sind dabei meistens in einer diffusen Personalunion zu finden. Dabei geriert sich das Blog als halbwegs seriöses Nothilfetelefon für Rechtsextremisten, was schon fast wieder humoreske Züge annimmt:
Hallo leute, ich bin deutscher und habe die Schnauze schon lange voll von den ganzen ausländern.Das was die hier bringen darf doch nicht sein. Multikulti darf nicht sein,bin bereit Aktiv zu werden,um meinem Land zu helfen.Bitte meldet euch bei mir,zwecks Kontakt
mdg Michael
Der nette Organisator hat sich auch gleich gemeldet und dem armen Michael eine Mail geschrieben. Immerhin gibt es auch Leute, die gleich tatkräftig ihre Mithilfe anbieten:

Ich würde alles tun um Deutschland aus dem Würgegriff der 68er Polithippies zu erlösen.

Alles !

Es zeigt sich also, dass im Weltbild der Rechten ein aufrechtes, aber geknechtetes Deutschland steht (wahlweise von Besatzungsmächten, fiesen 68ern oder ausländischen Schlägerbanden), das wieder "gereinigt" werden muss und wo Werte irgendwelcher Art durchgesetzt werden sollen, um es zu dem Paradies auf Erden zu machen, das den Autoren des Blogs vorschwebt. Dabei stellen sich die Autoren nicht gerade dumm an: sie stellen sich nicht "prinzipiell" gegen die Demokratie, definieren "christliche Werte" als "Ehre, Treue und Tugend", verurteilen die Homoehe, aber nicht Homosexualität, greifen die Islamophobie von PI und Konsorten auf und fordern "nur" das Recht auf Kritik am Zentralrat der Juden und der Politik Israels (alles nachzulesen hier).

Um es klar zu machen: die Initiatoren des PFS geben sich als Demokraten und Gegner von Diktatur. Sie haben ein halbwegs durchdachtes Konzept auf die Beine gestellt, das durch die Meinungsfreiheit der BRD absolut gedeckt ist und man dürfte ihnen nicht verfassungsfeindliche Absichten unterstellen können. Das gilt naturgemäß für einen gewissen Anteil ihrer Leser nicht, die eher tumbe Glatzen zu sein scheinen, zumindest was ihre Äußerungen betrifft. Deshalb ist dieser Post auch kein Aufruf, dieses Blog zu schließen, sabotieren oder ähnliches. Ich respektiere auch die Meinung der Rechten, aber ich teile sie nicht. Meine Gründe hierfür möchte ich kurz anhand des PFS-Programms darlegen:

- Demokratie. Das PFS hat Recht, wenn sie die Ignoranz unserer Eliten gegenüber der Demokratie herausstellen (erst jüngst wurde wieder verlautbart, die Regierung machte gute Arbeit, weil sie Projekte gegen den erklärten Willen der Bevölkerung durchsetze). Auch ihre Forderung nach mehr direkter Demokratie nach schweizerischem Muster wird von mir geteilt.
- Vergangenheit. Es ist richtig, dass in Deutschland eine starke Fixierung auf die Geschichte der Nazi-Zeit zu beobachten ist und eine negative Sicht auf die eigene Geschichte vorherrscht. Ich halte dies aber nicht prinzipiell für schlecht. Die deutsche Geschichte seit 1949 hat gezeigt, dass die ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen Schandflecken der Vergangenheit sehr hilfreich ist. Ich halte die Versuche, Schlussstriche zu setzen oder sich mehr auf scheinbar "schönere" Epochen der deutschen Geschichte zu verlegen für fehlgeleitet. Es darf kein Zweifel daran bestehen, wohin Nationalismus und Rassenwahn geführt haben, welche schrecklichen Konsequenzen daraus erwachsen. Ich teile die Kritik am "wie", aber ich stehe voll dahinter, "dass" diese Kritik auch weiterhin geübt wird. Die Aufarbeitung des Holocausts gerinnt immer mehr zur Wiederholung trockener Zahlen und ritualisierter Pflichtübungen, wo es angebracht wäre, die wahren Dimensionen aufzuzeigen und das "Nie wieder Auschwitz!" zu mehr als einer Phrase zu machen.
- Islam. Ich teile die Islamophobie der Rechten generell nicht. Die kruden Verallgemeinerungen von der Befolgung der Schariah an deutschen Gerichten oder der Einführung von Burkas an deutschen Schulen sind nichts als xenophobe Panikmache. Es ist richtig, dass Menschen, die aus einem fremden Land hierherkommen sich auf irgendeine Weise integrieren sollten. Doch solange überhaupt nicht klar ist, wie das funktionieren soll, für welche Werte "wir" eigentlich stehen und welche Werte "sie" annehmen sollen, halte ich die ganze Diskussion für extrem scheinheilig. Robert Misik hat das bereits sehr gut dargestellt.
- Judentum. Das PFS nimmt für sich in Anspruch, nicht antisemitisch sein zu wollen, sondern nur durchaus berechtigte Kritik am Zentralrat der Juden und Aspekten der Politik Israels üben zu wollen. Das ist ihr gutes Recht und, wie ich meine, auch durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Fraglich ist nur, wie die User es mit diesem Absatz halten.
- Christentum. Kommen wir zu den "christlichen Werten", die hier angeblich vertreten werden sollen. Was in Wahrheit vertreten wird, sind konservative Werte. Genauer definiert werden sie auch nicht. Was ist "Ehre"? Zu was soll man "treu" sein? Und wenn man Nächstenliebe ausüben soll, wie verträgt sich das dann mit den Abstoßungsreaktionen gegenüber allen Andersdenkenden Gruppen? Ich unterstelle auch hier freundlich eine Diskrepanz zwischen Organisatoren und Usern.
- Homosexualität. Man kann dem kaum etwas hinzufügen. Ich bin prinzipiell für die Gleichstellung der Homoehe und aller anderen Arten von Ehen respektive der Abschaffung des Sonderstatus' der "normalen" Ehe, aber hier kann man anderer Meinung sein.

5 Kommentare:

  1. Absolut okay dieser Post! In den Medien wird die Berichterstattung über NPD & Co außerhalb skandalisierender Raufberichte oft unterschlagen (Redaktion der Sächsischen Zeitung aus dem Gedächtnis: Die Berichterstattung wäre geschäftsschädigend.) und auf Antifa-Foren verirrt sich der "Otto-Normal-Protestwähler" auch nicht.

    Ich finde schon, daß auch in den "normalen" Medien und Blogs mehr auf NPD & Co. eingegangen werden müßte. Keine Ahnung, wo die vielgeforderte argumentative Auseinandersetzung sonst stattfinden soll. Mit "Die sind alle doof" wird man einem potenziellen Wähler kaum beikommen. Habe mich selber mal an den angeblichen 12 Gründen die NPD zu wählen versucht.... ;)

    Sicher haben Blogs keine Riesenreichweite. Aber in der vergleichsweise kleinen Zahl von Lesern könnten ja auch Multiplikatoren sitzen... und dann hat es doch seinen Wert, zu tippen.

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  2. Also ich muss sagen, dass ich mir auch des öfteren die neusten Einträge auf PFS anschaue – das ist wirklich amusing.

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  3. Wer möchte schon ohne Lohn als Kranker noch arbeiten? Die Meisten wehren sich gegen eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen, dem sogenannten 2. Arbeitsmarkt. Sie halten das für eine Form von Unterdrückung durch die Kirche, die wehrlose Menschen zu einer Art Sklave für sich machen würde, und das auch nicht mit Zuwendung belohnen würde. Immer wieder wurden Misshandlungen, ausgeführt auch von Angestellten der Kirche thematisiert, die Steuergelder für Gewalt verbrauchen würden. Diese Situation sollte verändert werden. Die Diakonie sollte mehr das Geben lernen. Für ihr Verhalten gibt es speziell durch diese Religion keine Rechtfertigung, sondern da

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  4. "...und allerlei rechtsextremistischer Unsinn in grauenhafter Rechtschreibung in den Kommentaren."

    Grammar Nazi?

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  5. "Was ist "Ehre"?"

    Dein Ernst, Bro?

    Ich frag mich immer, wo sonen Getratsche und Geläster überhaupt ankommt. Ich meine, wer solche entlarvenden Fragen stellt, kann nicht viel von den Menschen und der Welt wissen.

    Und "linksliberal" - Herr Gott! Wir leben im Jahre 2012, Bruder! Du bist sowas von von gestern, mit deinem lauwarmen rosa-Tütü-Mist holst du doch keinen mehr hinterm Kamin hervor.

    Und so wie du aussiehst ist das auch kein Wunder. Schöne Kette, hast du die in Thailand als Souvenir mitgehen lassen, Bruder?

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