Samstag, 30. September 2006

Alles eitel Lug und Trug

Die Idee war zu schön, um wahr zu sein: die deutsche Regierung lügt nicht, deutsche Soldaten stehen nur im ruhigen Norden Afghanistans, und die Alliierten akzeptieren das. Nun ist jedoch herausgekommen, dass sie das vor allem akzeptieren, weil die Bundeswehr eben doch im Süden eingesetzt wird. Zwar nicht die Bodentruppen, aber die Flugzeuge fliegen dort permanent Einsätze. Gedeckt wird das Ganze durch einen Gummiparagraphen des gerade verlängerten Mandats, der "zeitlich begrenzte" Aushilfe gestattet. Kein Wunder, dass Jung sich so entspannt zurückgelehnt hat.

Indomneo

Bisher habe ich darauf verzichtet, zu diesem vollkommen Quatsch-Comedy-Club-Theater wergvollen Blog-Platz zu verschwenden, aber der Spiegel hat einen Artikel gebracht, der mir aus der Seele spricht.
Kurz zusammengefasst: Gute Idee, die provozierende Oper sein zu lassen. Warum? Sensibilität gegenüber den religiösen Gefühlen anderer in einem Bereich, der den inneren Frieden gefährdet übersteigt die Meinungsfreiheit. Alles andere ist großes Polittrara.

Vorbildgetreu

Nachdem die Israelis bereits einen Schutzzaun errichtet haben, tun dies nun auch die Amerikaner. Das Gesetz, das eine Erweiterung des bestehenden Zauns auf ein Drittel der Grenzgesamtlänge vorsieht, passierte heute den Kongress. Außerdem wurde der Wehretat für das nächste Jahr auf 448 Milliarden Dollar (!) erhöht, damit Boeing die amerikanisch-kanadische Grenze mittels eines neuen Systems überwachen kann. Auch für den "Kampf gegen den Terror", der selbstverständlich bestens läuft, wurden weitere Mittel bereitgestellt. Kritik kam aus der demokratischen Ecke (nein, wie zweideutig): "Auch der höchste Zaun der Welt kann unser Einwanderungssystem nicht reparieren."

Donnerstag, 28. September 2006

Wortverdreher

Was die jungeWelt so schön "Wortfriseure" nennt, davon haben wir gleich zwei:
1) Zum einen Wolfgang Schäuble. Unser geliebter Innenminister und Grundgesetzbrecher redet derzeitig in großen Tönen von der Integration der Muslime, meint jedoch eigentlich deren Assimilation und versucht, ihnen Grundrechte abzusprechen. Und niemand merkt es.
2) Und zum zweiten natürlich alle, die gerade an den neuen Arbeitslosenzahlen herumdoktoren. Schließlich sind diese angeblich besser. Wer nur kurz über die Milchmädchenrechnungen nachdenkt und gewisse Gesetzesinitiativen für das nächste Jahr bedenkt, könnte auf den Trichter kommen, warum das zarte Pflänzchen der Binnenkonjunktur schon jetzt in Erwartung des Gärtners zittert.

Afghanistan und die Heimatfront

Die Lage in Afghanistan wird wieder prekärer. Während der Bundestag über die Verlängerung des Mandats um ein Jahr abstimmt, beginnen auch die ersten Militärs öffentlich Zweifel am Nutzen und der Sicherheit der Mission zu hegen. Unter den Experten gilt eigentlich bereits als sicher, dass die afghanische Regierung die Kontrolle verlieren wird - die einzige Frage scheint zu sein, wann. Gleichzeitig ist gerade an der Frage dieses Einsatzes zu erkennen, wie sehr die Grenzen derzeit verwischen und Verschiebungen nach rechts und links besonders zwischen SPD und CDU stattfinden. Während nämlich die SPD, allen voran Außenminister Steinmeier, zum Kriegseinsatz bläst, mehren sich ausgerechnet in der Union Stimmen, die einen Abzug der Truppen fordern und den Einsatz für gescheitert erklären.
Ein Bericht über deutsche Waffenexporte zeigt auch gleich deutlich einen möglichen Grund auf, der die SPD so verbittert am Krieg festhalten lässt - neben der Tatsache natürlich, dass sie ihn begonnen hat. Demnach sind die deutschen Rüstungsexporte um über 40% gestiegen, die Rüstungsbranche boomt. Dabei werden praktisch alle moralischen Vorstellungen über Bord geworfen und Gesetze so weit gebogen, dass sie quietschen: keine Lieferung an kriegsführende Staaten? Vollkommen irrelevant, Israel wird beliefert. Keine Lieferungen an Staaten, in denen die Waffen für Menschenrechtsverletzungen genutzt werden? Kein Problem für Saudi-Arabien, die deutschen Waffen kommen trotzdem. Keine Lieferungen an Staaten, in denen Krieg droht? Indien und Pakistan bezahlen pünktlich, also warum aufregen. Außerdem wird die Bundeswehr so alte Ausrüstung los, wie Streubomben, die aus humanitären Gründen nicht eingesetzt werden und deshalb an kriegführende Mächte in den Balkan verkauft werden, wo sie wahrscheinlich nicht nur gegen Soldaten, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden.

Mittwoch, 27. September 2006

Überwachungsblüten

Neue Blüten treibt derzeit wieder die Überwachung öffentlicher Plätze mit Videokameras. Dieser Artikel beschreibt dabei, was derzeit alles möglich ist und, vor allem, was noch kommen wird. Spitzenreiter sind natürlich wieder die USA.

Erstarken des rechten Flügels der Linken

Die Parteirechte der LiPa-Sachsen-Anhalt hat ein Grundsatzprogramm herausgebracht, in dem sie sich zu den neoliberalen Grundzügen bekennt. Diese gnadenlose Angleichung an die vier etablierten Parteien wird mit einigen Floskeln vom Sozialismus und der individuellen Gewährleistung nur unzureichend kaschiert. Wir werden sehen, ob damit nach Meck-Pomm und Berlin ein weiteres Bundesland die LiPa nach rechts rutschen lässt.

Plastikphrase: Unerträglich

Während Struck die Worte Lafontaines, der Libanoneinsatz erhöhe die Terrorgefahr in Deutschland neben vielen anderen Worten auch "unterträglich" nennt, gebraucht Merkel die Phrase nun im Zusammenhang mit der Absetzung der Mozart-Oper Idomeneo. Dabei kann man sowohl Lafontaines Worte als auch die Opernabsetzung durchaus ertragen, man muss nur nicht unbedingt zustimmen und kann sie kritisieren. Warum aber derzeit alles Missfallende gleich mit dem Prädikat "unerträglich" belegt werden muss? Wahrscheinlich ist das in einen Kontext vom Verfall der demokratischen Kultur einzubetten. Schließlich lässt sich etwas viel weniger schlecht verteidigen, wenn es vorher medienwirksam als "unerträglich" betitelt wurde.

Dienstag, 26. September 2006

Kriegsfolgen

Normalerweise übernehme ich ja keine Berichte vom Hörensagen und habe zu jedem Artikel hier eine Quelle, aber die Geschichte ist einfach zu gut, um sie euch vorzuenthalten:
Israel hat indessen Kassensturz gemacht und festgestellt, dass der Libanonkrieg reichlich teuer kam. Zu teuer, um nicht Streichungen durchführen zu müssen. Diese werden - natürlich - am Sozialsystem vorgenommen, und das führt dazu, dass Israel heute der einzige Industriestaat ist, in dem noch Menschen verhungern.
Laut meiner Quelle kam die Info auf SWR1, aber wie gesagt, keine Garantie.

Positive Bilanz der Weltbank

Nein, das bezieht sich nicht auf ihre eigentliche Aufgabe. Oder auf die Moral. Oder ihren Erfolg. Es geht einzig und allein ums Geld, und die Daten sind ernüchternd. Seit 1991 holt die Weltbank mehr aus den Entwicklungsgeldern heraus, als hinein geht, hat also eine positive Bilanz - und das obwohl ihre eigentliche Aufgabe das Stützen und Fördern dieser Länder wäre. Über die Restriktion des sogenannten "good governance" wird dabei auch der politische und wirtschaftliche Rechtsdrall der Länder eingezwungen.

Neuer Verfassungsbruch via EU

Via dem mittlerweile bekannten Umweg über EU-Richtlinien soll nun ein neues verfassungsbrechendes Gesetz in Deutschland durchgepaukt werden. Dieses würde die sechsmonatige Speicherung von Verkehrsdaten der Telekommunikation zulassen, welche nach dem GG eindeutig nicht zulässig sind, wie Karlsruhe bereits 1983 befand. Es steht allerdings zu befürchten, dass das Gesetz problemlos durchgewunken werden wird.

Nachtrag zu: Kritik an Siemens

Auch wenn andere Stimmen hier im Blog anderer Meinung sein mögen: auch die Belegschaft von Siemens läuft mittlerweile Sturm gegen die Gehaltserhöhung, besonders im Intranet auf dem Blog des Vorstandschefs Kleinfeld. Besonders die Amoralität der Forderungen der Chefetage einerseits und die praktische Umsetzung in den Bezügen andererseits wird mit beißend-treffenden Kommentaren angeprangert.

BILD auf Kreuzzug, Teil III

Die BILD wird wieder einmal ihrer Aufgabe als parteiischer Wahlkämpfer für die CDU/CSU gerecht, wie der aktuelle BildBlog-Hinweis zeigt: Dort wird überdramatisierend ein Absturz der Union unter die SPD dargestellt, inklusive gefälschter Statistik und trübe blickender Merkel im Hintergrund. Warum es eine solche Katastrophe darstellt, wenn die SPD vor der CDU liegt - besonders, da es sich lediglich um eine temporäre Meinungsverschiebung handelt - , das wissen die BILD-Lobbyisten allein.

Israel gewohnt "gesprächsbereit"

Während man im Gefolge des Libanoneinsatzes die ersten zarten Pflänzchen eines Friedens zum epochalen Prozess glorifizierte, walzte Olmert diese nun kurzerhand wieder platt: mit chauvinistischer Attitüde erklärte er die syrischen Golanhöhen - 1967 erobert und 1981 annektiert - zu israelischem Kernland und verkündete, die syrische Regierung nicht als Verhandlungspartner anerkennen zu wollen. Wen wundert eigentlich ernsthaft, dass der einzige Friede, der in dieser Region jemals geschaffen werden kann, die Ruhe vor dem nächsten Sturm ist, die mit Leichenbergen erkauft wurde?

Löcher in den Kassen, Löcher in der Moral

Wer wieder einmal im allgemeinen über leere Kassen jammert, aus denen der Sozialstaat wieder einmal nicht bezahlt werden kann, dem kann gesagt sein: das Geld wäre da. Wenn diejenigen, die es bezahlen müssten, es nur auch bezahlen würden. Um durchschnittlich zehn Prozentpunkte hinterziehen die großen Unternehmen den Fiskus, wie SpiegelOnline berichtet. Statt 38,6 Prozent bezahlen sie im Schnitt 28,2. Aber das macht nichts, schließlich laufen gerade wieder alle Räder bei dem Versuch heiß, die 28,2% als Station auf dem Weg zu 0% zur Obergrenze zu gestalten. Nebenbei wird man dann noch einige Massenentlassungen vornehmen und sich selbst eine 50%ige Gehaltserhöhung genehmigen, während man zu Sparen und Einbußen mahnt. Es ist ekelerregend, wie berechenbar die Wirtschaftsleute sind.

Montag, 25. September 2006

Ei, wie nett

Im Rahmen der einschneidenden Spar- und Steuerreformen, mit denen die Große Koalition die Verachtung gegenüber dem eigenen Volk auszudrücken pflegt, sollen die Bürger nächstes Jahr mit 140 Milliarden Euro belastet werden, unter anderem durch Mehrwertsteuern und Streichungen bei Steuervergünstigungen. Um den Kahlschlag zu verbrämen, verkauft man es als Abbau der rot-grünen Steuergeschenke. Dass diese 60 Milliarden Euro betrugen und hauptsächlich den Unternehmern zugute kommen (deren nicht ab-, sondern ausgebaut werden), das wird dabei getrost in einem Nebensatz abgehandelt und vergessen.

Kaum zu glauben...

...aber wahr. Bereits im letzten Post zum Thema wurde der Porsche-Chef Wiedeking als Beispiel für einen Manager mit hoher Verantwortung genannt. Im Spiegelinterview zeigt er auf, wie Porsche ein Unternehmen mit sozialer Verantwortung bleibt. Unter anderem werden hier drei Prioritäten (Kunden, Arbeiter und Zulieferer, in dieser Reihenfolge) vor das Shareholder Value gestellt. Der Erfolg gibt ihm Recht: die Porsche-Aktie stieg von 19 auf 800 Euro. Des Weiteren ist er nicht für blindes Kostensparen beim Personal, das in seiner Branche lediglich sechs Prozent der Kosten bestimmt und für einen Erhalt und Ausbau der Traditionsstandorte. Durch seine Beteiligung bei VW ist er nun dabei, auch dort ein ähnliches Konzept zu verfolgen. Die Arbeiter werden gut bezahlt und haben zudem noch Gewinnbeteiligungen. Möglich ist das vor allem, weil Porsche und Piech den Hauptteil der Porsche-Aktien halten und an langfristigen Investitionen ein Interesse haben - anders als die Heuschrecken der Hedgefonds und die schrecklich amateurhaften Laienprediger des Shareholder Values in den Vorstandsetagen anderer Konzerne.

Springer auf Kreuzzug

In der Welt findet sich ebenfalls eine Analyse zu den Berlin-Wahlen. Die üblichen Stilmittel werden aufgefahren: Wowereit als Identifikationsfigur, Einzelschicksale, und plötzlich Hetze gegen die Linkspartei. Niemals fehlen darf der obligatorische Hinweis, dass es sich um die SED-Nachfolge handelt. Unverblümt werden die Wähler der LiPa mit denen der NPD auf eine Stufe gestellt, ebenso die Parteien selbst. Ihre Vorstellungen werden als reiner Wunderglaube polemisiert. So sieht keine freie Presse aus. Das ist Hetze, die Hetze der rechtsgerichteten Springerpresse.

Sonntag, 24. September 2006

Kritik an Siemens

Trotz (oder wegen?) weiterer Massenentlassungen haben sich die Siemens-Vorstandsmitglieder 30% Gehaltserhöhung genehmigt. Kritik kam aus ungewohnter Ecke: die katholische wie die evangelische Kirche verurteilte dieses Vorgehen. Seltsame Stilblüten bemühte dabei die evangelische Kirche: sie verurteilte die Siemens-Leute als unpatriotisch und mahnte zu mehr Patriotismus.
Aufschlussreich ist die Argumentation der Siemens-Leute:
Künftig würden die Gehälter nicht mehr im 3-Jahres-Schritt angepasst, sondern kontinuierlich. Dadurch seien solche Steigerungen nicht mehr möglich. Es ist dabei selbstverständlich, dass die Gehälter prinzipiell steigen (und noch dazu um rund 10% im Jahr!), während die der Angestellten kontinuierlich sinken und immer mehr Leute entlassen werden.
Aus ungewohnter Ecke nahte ebenfalls Kritik: Der Pordsche Vorstandschef mahnte zu mehr sozialer Gerechtigkeit.

Ba-Wü mal wieder vorn!

Dieses Mal im Sozialabbau. Während Rüttgers fordert, das soziale Profil der CDU stärker herauszubilden, schwadroniert Oettinger anderes: Die CDU stünde schon immer für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Da letztere beiden in letzter Zeit ohnehin überbetont würden, müsste man nun wieder mehr Gewicht auf die Freiheit legen. Dass diese wieder einmal nur Markttotalitarismus bedeutet, wird nicht nur in den Ba-Wü-Exzessen bei Sicherheit und der häufig zutagegetretenen Polizeigewalt bei den Studiengebührendemos klar. Letzten Endes versucht Oettinger nur unvollständig zu verbrämen, dass er wieder gegen das Volk regieren will und den Unternehmern Steuern schenken, damit Geld in der Kasse fehlt und...naja. Eines Tages verstehe ich vielleicht die Logik des Neoliberalismus.

Samstag, 23. September 2006

Wie ein Fähnchen im Wind

Hatte die FDP noch vor einem Jahr steif und fest sämtlichen Ampeleien eine Absage erteilt, hat sie nun den altbekannten Opportunismus in Zeiten besserer Wahlergebnisse erneut ausgepackt. Doch kann man ihr das kaum ankreiden. Die Spekulationen über eine Ampel und den Bruch der Großen Koalition haben eher in der nun fast abgeschlossenen Hinwendung der SPD zu den ausgebildeten Facharbeitern und anderen Angehörigen des Mittelstands sowie der Grünen in ihrer Wandlung zur Partei der besserverdienenden Schichten ihre Ursache, welche die SPD und die Grünen als Partner der FDP deutlich attraktiver werden lassen als die CDU, die ihren Wandel weg von den konservativen Werten, die sie noch immer halblebig vertritt und zu einem Einheitsbrei mit der SPD verschmelzen lassen würde nicht beendet hat.

Fundstücke

Eine Analyse des Thailand-Putsches, die bemerkenswert ideologiefrei und sachlich berichtet.

Ein Interview mit Oskar Lafontaine, das voller Ideologie, aber auch voller Wahrheit steckt.

Habemus Propaganda

Gerhard Wisnewski hat in einem neuen Artikel auf die Papstrede Bezug genommen. Er interpretiert dies als casus belli für einen Kampf der Kulturen, funktioniert doch die Heraufbeschwörung eines Krieges "Christentum gegen Islam" nur in den relativ fundamentalistischen USA und bleiben hierzulande deswegen kaum ernstzunehmende Argumente für einen Krieg gegen den Islam übrig. Deswegen sieht er das gezielt ausgewählte Papstzitat als ebenso gezielt eingesetzten casus belli, auf den die Repräsentanten des "bösen Islam" auch entsprechend reagiert haben.
Auch wenn ich die Ausmaße der Verschwörungstheorie nicht ganz teilen kann, so ist doch zumindest die Grundtendenz von Wisnewski gut erkannt: der Westen versucht, den Rüstungsvorsprung des Nahen Ostens auf ideologischem Gebiet aufzuholen.

Donnerstag, 21. September 2006

Rede"duell" Bush vs. Ahmadinedschad

Vor der UN-Vollversammlung in New York kam es zu einem ersten Rededuell der beiden Präsidenten. Bezeichnenderweise hörten die USA der Rede Ahmadindedschads nicht zu, nachdem sie zuvor ihre übliche imperialistische Rhetorik abgelassen hatten. Da der Artikel alles gut genug beschreibt, verzichte ich hier auf weitere Rückschlüsse.

Große Koalition, Gesundheitsreform und allgemeine Unlust

Die Große Koalition reißt wieder einmal neue Tiefststände in der Beliebtheitsskala. Und das nicht nur beim Wahlvolk, sondern auch innerhalb der Koalition selbst. Eigentlich will niemand sie, doch Alternativen sieht man auch nicht. Schließlich gibt es Koalitionsmöglichkeiten, die sich die Partner von selbst verbitten, zumindest die schwarze Seite der Partnerschaft. Die SPD macht sich derzeit nach allen Seiten frei, natürlich mit Ausnahme der LiPa. Gleichzeitig zerreibt sie sich gnadenlos an der Gesundheitsreform, die beinahe niemand mag und durch die sich die Koalition verbissen gurkt. Politische Beobachter orkaln bereits von der drohenden Implosion der Parteien.
Fakt ist also: die Große Koalition ist murks und keiner will sie haben. Unter tapferer Ignorierung des Volkswillens würgen sich die Teilnehmer von einer Hängepartie zur nächsten, weil es angeblich keine Alternative gibt. Wird hier gehofft, bis zu den nächsten Wahlen das ramponierte Image repariert zu haben und wieder als strahlende Volkspartei angesehen zu werden? Es steht nur zu hoffen, dass diese Zeiten endgültig vorbei sind. Bei den Grünen entfacht sich gerade ein Richtungsstreit von neoliberal und links, die FDP scheint sich in Krämpfen zu winden bei dem Versuch, liberales Gedankengut wieder hervorzukramen und die SPD und CDU lassen sich ohnehin kaum mehr unterscheiden. Die LiPa scheint sich ebenfalls im Richtungsstreit zu befinden, wie viele Ideale sie vernichten will. Würden die Wähler tatsächlich das wählen, was gut für sie wäre, müsste die CDU ohnehin mit der FDP fusionieren, um auch künftigt über die 5%-Hürde zu gelangen...

Israel fordert...mal wieder *gähn*

Israel hat auf der UNO-Vollversammlung einmal mehr zum Kampf gegen den Iran aufgerufen. Gründe: Verleugnung des Holocaust, offene Kampfansage gegen unsere Werte und das "offene und stolze" Sprechen darüber, Israel vernichten zu wollen. Ich kenne mindestens zwei Länder, die offen und stolz darüber sprechen, den Iran vernichten zu wollen.

Mittwoch, 20. September 2006

Plastikphrase: Populismus

Die inflationäre Verwendung dieses Begriffes geht mir bereits seit einiger Zeit auf die Nerven, den Vogel abgeschossen hat aber sicher die Zeit mit diesem Artikel. Beständig wird mit diesem Begriff der politische Gegner diffamiert, der alternative Vorschläge zur eigenen Meinung hat. Laut der Wikipedia-Definition unterstellt der Populismus dabei die Ersetzung konstruktiver Lösungsvorschläge zugunsten von Emotion und Schlagwort.
Wurde der Begriff früher vor allem im Zusammenhang mit der Rechten gebraucht, hat ihn seit Gründung der LiPa dieselbe abonniert. Seit Lafontaine zurück im politischen Alltagsbetrieb ist, werden seine Feinde - und dabei handelt es sich immerhin um das gesamte wirtschaftliche, politische und mediale Establishment - nicht müde, ihm Populismus vorzuwerfen, als ob damit alle Lösungsvorschläge seinerseits sofort null und nichtig wären. War nun Populismus schon immer ein Schlagwort, um dem Gegner Inkompetenz zu unterstellen (womit paradoxerweise die Verwendung von "Populismus" bereits populistisch ist), hat besonder die in letzter Zeit inflationäre Häufung des Begriffes zu verwundern. Einmal abgesehen, dass er bedeutungstechnisch nie definiert wurde, weswegen seine Verwendung in den meisten Teilen der Bevölkerung ohnehin nur der jedes beliebigen austauschbaren Schimpfworts gleicht ist die suggestive Botschaft deutlich schlimmer: letzten Endes entstammt "Populismus" dem lateinischen "populus", das Volk. Ergo sind populistische Dinge solche, welche dem Volk gefallen. Dass der Begriff in seiner Verwendung gegen politische Gegner eine abwertende Funktion hat zeigt besonders im Falle der Verwendung gegen Lafontaine und die LiPa, dass der politische Konsens des erwähnten Establishments darin besteht, erklärtermaßen gegen das Volk regieren zu wollen.

Neue Serie: Plastikphrasen

Heute soll eine unregelmäßig fortgesetzte Serie installiert werden, und zwar die der Plastikphrasen. Was ist das? Den Begriff habe ich Hermann Scheer entnommen (seines Zeichens SPD-Abgeordneter unseres Wahlkreises), der ihn in seinem Buch "Die Politiker" für Worthülsen benutzt, deren Vieldeutigkeit zur Eindeutigkeit wurde oder umgekehrt. Beispiele, die er nennt sind unter anderem: Mitte, there is no alternative, Globalisierung. Ich möchte, je nachdem, wann mir wieder einmal ein solches Wort auffällt, unter dem Topic der Plastikphrasen einen Absatz dazu schreiben. Ein solcher Versuch wurde hier im Blog bereits einmal unternommen und soll nun zu einer festen Instanz werden.

IWF Ergebnis: weiterer Demokratieabbau

Der große IWF Gipfel, bei dem Singapur so negativ in die Schlagzeilen geraten ist, ist nun beendet. Die Zeit berichtet darüber in einem Artikel, der in nüchterner Sprache einen weiteren großen Abbau der Demokratie hinnimmt. So wurde nämlich neben den obligatorischen Bekenntnis zu einer Ausweitung des Freihandels beschlossen, eine neue G7 einzurichten, da in der alten Russland und China nicht vertreten sind, den USA dafür aber Europa zu stark. Nun sollen Saudi-Arabien für das Öl, China für die Wirtschaft, Europa als Gesamtsitz und einiger Unfug mehr vertreten sein. Was jedoch wichtig ist: dieses Gremium soll Beschlüsse fassen, die nachher verbindlich sind. Neben den vielen anderen Globalinstitutionen und -verträgen ist damit eine weitere demokratisch nicht legitimierte und praktisch nicht zu überwachende entstanden, so dass das Volk noch weiter entmündigt wird. Große Klasse, IWF.

Wurfblätter

Da Oeffinger Freischwimmer die jungeWelt gerne als kommunistisches Wurfblatt bezeichnet, möchte ich hier zur Abwechslung mal einen komplett unterbelichteten Artikel eines neoliberalen Wurfblatts verlinken.

Dienstag, 19. September 2006

Ungarn oder Folgen der Ehrlichkeit

Direkt im Anschluss an seinen Wahlsieg hatte der "sozialistische" Präsident Ungarns in einer internen Konferenz, deren Tonmitschnitte ungehindert an die Medien geliefert werden konnten zugegeben, dass die Politik - speziell die, die seine Koalition mit den Liberalen in den letzten vier Jahren betrieben habe - nichts enthalte, auf das er stolz sein könnte und dass man das gesamte Wahlvolk eigentlich nur belogen und betrogen habe.
Die direkte Reaktion waren gewalttätige Aufstände, die immer noch andauern und Rücktrittsfoderungen an den Präsidenten, der jedoch unbeeindruckt ankündigt, weitermachen zu wollen.
Irgendwie ist das alles schon verrückt. Warum gibt jemand das zu, obwohl er nichts ändern will? Ist es blanker Zynismus, der darauf schließen lässt, dass Volkes Wille ohnehin irrelevant für die herrschende Klasse ist? Oder ist es eine Art Beichte, nach der sich das Gewissen des Machers beruhigt hat und dieser nun tatsächlich alles besser machen will?
Interessant in jedem Falle sind die Reaktionen anderer Politiker und vieler Medien, die allesamt durch die Bank verkünden, wie dumm und taktisch unklug es von dem Mann gewesen sei, so etwas laut zu sagen (wobei er immerhin bis nach der Wahl gewartet hat). Bewunderung für die Ehrlichkeit kam eigentlich nur von der Zeit.

Eliteuniversitäten? Allenfalls -institute!

Der Drang nach der Bildung deutscher "Elite"universitäten treibt bizarre Blüten. Immer wieder werden Vergleiche angestellt mit Harvard, mit Cambridge, mit Oxford, Universitäten also, die Studiengebühren pro Semester erheben, für die man sich einen veritablen Kleinwagen leisten könnte. Selbstverständlich ist Deutschland mit seinen gnadenlos überfülklten Hörsälen, dem chronischen Personalmangel und den ständigen Kürzungen weiter als je zuvor entfernt, Institute ählichen Rufs aufbauen zu können. Allenfalls wirtschaftsnahe und rennommierte Institute wie Physik in Heidelberg oder Maschinenbau in Stuttgart können hier noch einigermaßen punkten, obwohl die Zustände auch hier katastrophal sind. Der Rest schiebt jeden gesunden Menschenverstand und alle Erfahrungen der letzten Jahrzehnte beiseite und hofft auf Studiengebühren.
Dabei ist es der Elitenwahn, der weiter weg von einer solidarischen und mit einer demokratisch-fundierten Basis ausgestatteten Gesellschaft führt als vieles mehr. Anstatt zu versuchen, möglichst viele Bürger in das Bildungssystem zu integrieren und die wenigen Mittel dafür zu verwenden und drastisch aufzustocken, wird ohne Rücksicht auf reale Gegebenheiten gestrichen und das Geld auf einige wenige "Elite"insitute akkumuliert, die dem Ruf der Uni guttun und somit noch mehr Studenten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen an die Unis mit ihren maroden, erodierenden Zuständen zu locken.

Montag, 18. September 2006

Friedman oder wie dumm kann Argumentation werden?

Arne Hoffmann hat in seinem jüngsten Artikel auf einen Friedman-Artikel aufmerksam gemacht, in dem dieser sich nicht entblödet, Krieg gegen 1,2 Milliarden Menschen zu fordern.

Frankenbergs Freude

Trotz der Einführung von Studiengebühren gehen die Bewerberzahlen nicht zurück, freut sich Frankenberg und sieht das als Bestätigung für seine Studiengebührenpläne. Ausgerechnet die Zeit warnt, dass man das nicht überintepretieren dürfe und zieht Vergleiche mit anderen Ländern, in den Studiengebühren einerseits zu Einbrüchen der Studierenzahlen, der Studienqualität und vor allem zu sozialer Segregation führten als auch zu skandinavischen Ländern, die keine Studiengebühren verlangen und die Studenten sogar wirtschaftlich unterstützen. Kein Wunder, dass diese in allen Bildungsstudien weit vor Deutschland liegen, das sich immer mehr in ein intellektuelles Brachland verwandelt. Aber so etwas kann einem Frankenberg ja nur Recht sein, schließlich würde Bildung vor allem seinen Hintern in schreckliche Gefahr bringen.

Machtwechsel in Stockholm

Eine mehr als aufsehenserregende Wahlentscheidung hat Schweden getroffen: die routinemäßig regierenden Sozialdemokraten wurden vom Rechtsbündnis abgelöst, obwohl der Sozial- und Wohlfahrtsstaat nirgendwo so erfolgreich und reibungslos funktioniert und die Rechten bereits vor der Wahl einen Abbau desselben angekündigt haben. Gelungen ist ihnen dies mit einer Räubertour in den Agenden der Sozialdemokratie. Den Konservativen gelang es erfolgreich, sich als die neue Arbeiterpartei darzustellen und den Linken ihre ureigensten Themen abzustreiten und sich zu eigen zu machen. Diesen Etikettenwechsel haben zuvor Bush wie Merkel bereits erfolgreich vorexerziert; mit den bekannten Ergebnissen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage in Schweden entwickeln wird, wo der neue Präsident nicht nur von der italienischen Postfaschistischen als neuer europäischer Konservativenführer gehandelt wird.

Sonntag, 17. September 2006

Fundstück

Der dritte Teil des Abrisses von SpiegelOnline ist da und widmet sich der Situation der Armen von heute.

BILD auf Kreuzzug, Teil II

Ungewohnt politisch und gewohnt "überparteilich" zeigt sich die BILD zu den anstehenden Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. So gibt es wohl nur zwei Parteien, die man wählen kann, von denen man (also der Leser) doch bitte die CDU nehmen sollte, und zum anderen darf Wowereit (endlich!) auch mit der CDU koalieren, oder wenigstens aber rot-grün aufmachen.
Immerhin ist klar, dass die NPD nicht gewählt werden darf, dafür macht sich sogar Friedman mit "überzeugender" Argumentation stark. Dabei verharmlost er die Rechte, wie er selbst sagt:
"Wer vor den morgigen Landtagswahlen von Rechtsextremen spricht, verharmlost bereits die Gefahr!"

Samstag, 16. September 2006

1199 - falsch verbunden?

Quellen: jungeWelt und LinkeZeitung

Bereits in den Fundstücken habe ich die beiden Artikel zum Thema verlinkt, die nun doch einen eigenen Post erfordern:
Die HASPA-Sparkasse Hamburg, eine durchaus respektable und angesehene Bank der Hansestadt, hat bereits 1996 eine Sonderkontonummernreiheeingeführt. Diese wird an nicht liquide Kunden ausgegeben, resp. an Kunden, bei denen Liquiditätsprobleme in den Augen der Bank zu erwarten sind, will heißen Hartz-IV-Empfänger und andere Arme. Die Nummern dieser Konten beginnen alle mit 1199. Die Datenschutzbehörde, die eigentlich gegen solche Missstände vorzugehen hat, wusste bereits seit 1996 davon, sah sich jedoch nicht genötigt einzugreifen. Schließlich wüsste das praktisch niemand und es hätte in all den Jahren auch keine einzige Beschwerde gegeben. Der nun ans Licht gekommene Skandal zeigt jedoch, dass durchaus Leute etwas davon wissen, nämlich die, die die CDU, die SPD und die FDP als die "Leistungsträger" der Gesellschaft bezeichnen würden und die nun einmal über das Schicksal dieser Personen zu entscheiden haben. Aufgeflogen ist die Sache, als ein hartknäckiger Hamburger Kunde sich als Arbeitsloser selbstständig machen wollte, also quasi ganz im Geiste der Agenda 2010. Doch viermal machte der Kreditvergeber jedesmal beim Vorzeigen seiner Visitenkarte, auf die auch die Kontonummer gedruckt war, einen Rückzieher. Daraufhin wurde der Mann bei der HASPA vorstellig und konnte in einem einstündigen Psychoduell gegen den Filialleiter schließlich aus diesem das Geständnis herausquetschen, was es mit den Kontonummern auf sich hat.
Bedenkt man nun, dass die Bank in Hamburg allein etwa 9000 Kunden hat, und eines der Hauptanteilseigner an der HASPA mit immerhin rund 15% der Axel-Springer-Verlag ist, kann man sich ein eigenes Bild von der Kompetenz der Datenschutzbehörde und den widerwärtigen Methoden in der HASPA-Chef-Etage machen...

Selbstzerfleischung oder demokratisches Verständnis?

Eines der häufigst vorgebrachten Argumente gegen die Missstände der heutigen Demokratie ist, dass die Parteien weit über den im GG zugesicherten Grundsatz hinaus die politische Willensbildung übernehmen, nicht zuletzt durch den Fraktionszwang. Effektiv stimmen die Parteien resp. deren Abgeordnete immer alle gleich ab, maximal werden Kuhhandel à la "Vier sind dagegen, also dürfen zwei davon auch dagegen stimmen" abgemacht.
Nun ist eines der häufigst vorgebrachten Argumente gegen die Linke, dass sie sich gerne selbst zerfleischen würde. Besonders schön, so die Zeit, würde man das ja in Berlin sehen, wo sich die WASG sowohl vom Bundesverband als auch von der LiPa abgespalten hat und somit quasi das Projekt der Neuen Linken sabotiert.
Doch zeugt nicht gerade das von einem deutlich höheren Demokratieverständnis bei der Linken? Die WASG ist, ungeachtet aller Machtkalküle und Wahlkampfstrategien nicht bereit, die Politik der LiPa Berlin mitzutragen und wehrt sich deswegen dagegen. Gleiches gilt für den verbreiteten Widerstand der Basis gegen die Fusion mit der LiPa im Sommer 2007. Genüsslich zelebrieren die konservativen Leitmedien das als Selbstzerfleischung der Linken, ihre angeborene Krankheit, an der sie immer wieder scheitere und was sie folgerichtig auch als verantwortungstragende Regierung unmöglich mache.
Meiner Meinung nach zeugt dies eher von einem grundsätzlichen Verständnis, wie Demokratie zu funktionieren habe. Würden alle Abgeordneten so mutig ihre Meinung vertreten wie die WASG Berlin und auch die Konsequenzen so tragen, wäre die Demokratie deutlich stärker, wären die Wahlen deutlich ernsthafter und nicht zuletzt Blockadepolitik nicht mehr so Blockinhärent.

Fundstücke

Drei interessante ZEIT-Artikel:
1) Eine Analyse der rot-roten Koalitionen, wie üblich gefärbt, aber dennoch lesenswert.
2) Eine Spekulation über eine drohende Rezession in den USA und deren Wirkung auf uns.
3) Ein Bericht über Schweden, die anstehende Wahl und einen starken, funktionierenden Sozialstaat.

Auch die jungeWelt weiß einige Artikel beizusteuern:
1) Ein Bericht über die Deutsche Marine und den Libanoneinsatz mit mehr als nur angebrachten Warnungen zum Thema.
2) Ein Bericht über den Einsatz der gefürchtesten Berliner Polizeiprügeltruppe beim Berliner Schülerstreik und damit auch ein weiteres Mahnmal gegen die Polizeigewalt.
3) Ein Bericht über einen weiteren der endlosen und erschütternden Datenschutzverletzungsskandale in letzter Zeit. Detaillierter von der LinkenZeitung.
4) Extrem interessant diese Analyse der schwedischen Wahlen, die sich drastisch von der der Zeit unterscheidet: anstatt wie diese oberflächlich von einem Systemwechsel zu reden, wird preisgegeben, dass das Programm der Rechten doch europatypisch sein wird. Schade, ich hatte kurz die Illusion, es gäbe auf dieser Seite des politischen Spektrums doch so etwas wie Vernunft. 5) Ein Bericht. Bush ist mit einem Gesetzesentwurf für den Einsatz von Foltermethoden gescheitert.

Die BILD auf Kreuzzug

Ebenfalls im Gefolge des IWF Kongresses entblödet sich die BILD nicht, den wohl dümmsten Artikel zum Thema zu bringen, noch dazu garniert mit den Feindbildern der 50er Jahre. Die Katastrophe: laut dem "Schock-Bericht" ist Deutschland "sozialistischer als China". Die Begründung: der deutsche Arbeitsmarkt sei "starrer, bürokratischer und sozialistischer als der im kommunistischen China". Ein großer Jobkiller: in Deutschland dürfen Jugendliche unter 18 Jahren, im Gegensatz zu China, nur von 6-20 Uhr arbeiten.
Atmen wir einmal tief durch, lesen das ganze nochmal und lassen es Revue passieren.
1) Zum ersten werden hier Feindbilder aufgekocht, die eigentlich seit 16 Jahren passé sein sollten.
2) Zum zweiten wird das Schlagwort "sozialistisch", wie man es eben gewohnt ist, einfach ohne jeglichen Zusammenhang verwertet und als großer Schocker in den Raum geworfen.
3) Zum dritten sind die Fakten ohnehin falsch.
4) Zum vierten ist China nur dem Bekenntnis nach kommunistisch. Der Kommunismus kennt werder Sonderwirtschafts- noch Freihandelszonen.
5) Zum fünften ist der deutsche Arbeitsmarkt in der Tat starrer und bürkokratischer. Jeder Arbeitsmarkt mit einem Mininum an Schutzgesetzen ist starrer und bürokratischer als der chinesische.
6) Zum sechsten ist es eine der großen Errungenschaften unserer Zivilisation, dass Kinderarbeit verboten ist, worauf man auch über 100 Jahre lang reichlich stolz war. Denn nichts anderes läuft in China, wo der Arbeitsmarkt auch für Jugendliche wunderbar flexibel und unbürokratisch ist. Davon abgesehen können Jugendliche über 16 in Deutschland im Gaststättengewerbe bis 22 Uhr arbeiten.
Was also bezweckt BILD mit einem solchen Artikel? Eigentlich klar. Anstatt wie die Politiker der CDU, SPD und FDP zu versuchen, die massive steuerliche Bevorteilung der Unternehmen und die Ausbeutung des kleinen Mannes mit ökonomischen Sachzwängen zu begründen wird einfach ein seit 60 Jahren erprobtes Schlachtwort ausgepackt und vollkommen zusammenhanglos, aber immerhin mit vielen hübschen roten Flächen und einer schlechten Fotomontage verpackt dem ahnungslosen BILD-Leser hingeworfen, der das ganze vorbehaltlos übernimmt. Wenig seltsam auch, dass die BILD die Verantwortung von Franz Müntefering für das entsprechende Ressort so betont...

Schwarz-gelbes Grauen

Nach der letzten, furchtbar schlechten Polemik hat der Spiegel jetzt eine gute auf die Beine gestellt. Gut nicht nur wegen des nicht völlig aus der Luft gegriffenen und subjektiver Antipathie zu verschuldenden Vorwurfs, sondern auch, weil dieses Mal Bilder als "Beweismaterial" vorliegen und des Leser sich somit selbst ein Bild machen kann. Und ja, dieses Mal hat der Spiegel recht. Die Wahlwerbung von CDU und FDP sind wirklich gräuslich. Seltsam ist in dem Artikel das völlige Ausschweigen über WASG und LiPa, die in Berlin wahrhaftig keine kleinen Größen sind. Liegt dies an der akzeptablen Gestaltung der Wahlwerbung oder doch vielmehr daran, dass die konservativen Leitmedien abgesehen von Schmähungen ohnehin bereits eine stillschweigende Abkunft getroffen haben, die Neue Linke zu ignorieren?

IWF Tagung in Singapur

Dieser Tage tagt der IWF (resp. Teile desselben) in Singapur. Das Image desselben wird dabei schwer erschüttert: nicht nur hat die autoritäre Regierung NGO-Aktivisten unter dubioser Begründung die Einreise verweigert, auch die unrühmliche Rolle des IWF während der Asienkrise 1997 wird wieder einmal herausgekramt. Dabei ist nun endlich amtlich, dass die USA mit dem von ihnen marionettenartig kontrollierten IWF damals fast sämtliche Volkswirtschaften der Region bewusst in den Abgrund gesteuert haben; hier besonders Indonesien. Das einzige leuchtende Beispiel ist dabei Malaysia - und das hat sich nicht an die "Ratschläge" des IWF gehalten und steht heute deswegen auch glänzend da. Generell fällt die Rolle des IWF in der Welt immer mehr ab, da ohnehin die USA und Westeuropa die Erde wirtschaftlich genauso dominieren wie den Fonds selbst. Das ist eine Meinung, die neben den Tigerstaaten auch Deutschland zu teilen scheint.

Freitag, 15. September 2006

Fundstück

Einen Preis für unsachliche und einseitige Polemik kann der Spiegel für sich verbuchen.

Dienstag, 12. September 2006

Primat des Konsumenten

Vom gleichen Autor wie der letzte Abriss nun auch dieser. Der Artikel analysiert die Rolle des Konsumenten in der neuen globalen Marktwirtschaft und bietet generell eine schmerzlich treffende Analyse - jedoch wie bereits beim letzten Artikel, ohne Wege aus der Misere anzubieten. Alleine die Feststellung, dass wir alle im Arsch sind, kann einfach nicht alles sein.

Deutschland, deine Schüler...

Während der Bundeshaushalt, frisch verabschiedet, eine Bafögmittelkürzung im 28 Millionen Euro vorsieht flattert die neueste OECD Bildungsvergleichsstudie mit dem wenig überraschenden Ergebnis ins Haus, dass Deutschland sich einmal wieder am unteren Ende der Vergleichsskala befindet. Grund dafür wieder einmal: außer der Slowakei, Ungarn und Belgien sind in keinem OECD-Land soziale Herkunft und schulischer Erfolg so eng verknüpft wie in Deutschland. Während die Fördermittel gestrichen und, immer wieder als Geniestreich gefeiert, Studiengebühren eingeführt werden klafft die Schere immer weiter auf. Und das, obwohl alle Wirtschaftsgenies sich einig darüber sind, dass ein Konkurrieren Deutschlands auf dem Niedriglohnsektor mehr als aussichtslos ist.

Primat der Wirtschaft

Auf Wunsch des Oeffinger Freischwimmers gebe ich heute meinen Senf zu einem Artikel im SpiegelOnline Wirtschaftsteil ab.

In Kurzzusammenfassung: der Artikel, Auszug aus einem gerade erscheinenden Buch, beschreibt die moderne, umgekrempelte und globalisierte Wirtschaftswelt, in der die Arbeiter und Kapitalisten weltweit in Konkurrenz zueinander treten.
Der Autor schreibt begeistert über den Lohnverfall des Westens durch die Konkurrenz im Osten, den er gemeinsam mit der grotesken Mobilität der Kapitalisten als die Kennzeichnung schlechthin unserers Zeitalters ansieht und die in seiner Beschreibung geradezu gottgleichen Gültigkeitsstatus erhalten. Mit unvergleichlichem Zynismus wird das folgende Bonmot eingebracht:
"Durch das zusätzliche Milliardenangebot an Arbeitswilligen ist etwas in Gang gekommen, das bald schon mit großer Wucht auch den Mittelbau der westlichen Gesellschaften verändern wird: Die Löhne und damit auch die Lebensstandards der einfachen Arbeiter bewegen sich aufeinander zu. Ausgerechnet das Kapital sorgt dafür, dass die alte linke Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit nun weltweit durchgesetzt wird."
Nicht, dass die Forderung des gleichen Lohns für gleiche Arbeit sich auf etwas bezogen hätte, das aus dem Wortschatz dieser Art bereits längst verschwunden ist: Gerechtigkeit. Denn in Zeiten eines beispiellosen Wirtschaftswachstums, der beispiellos steigenden Unternehmergewinne und der wachsenden Prosperität sinkt der Lebensstandard im Westen beachtlich und steigt der im Osten bei weitem nicht so an, wie er könnte. Begründet, ja, gerechtfertigt, wird das mit dem geheiligten Egoismus der Marktwirtschaft. Als ob der Arbeiter kein Mensch, sondern nur eine Ressource unter vielen sei und sich einfach dem Primat der Wirtschaft zu beugen habe. Geschlossen wird der Artikel:
"Die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse steigt weiter an, trotz Internet und Robotereinsatz. Nur die Verteilung der Arbeit hat sich im Zuge des Weltarbeitsmarkts entscheidend verändert. Der Ort ihres Wirkens interessiert nur noch den, der vergeblich seine Arbeitskraft anbietet und nun den Kürzeren zieht. Der Arbeitsmarkt wurde entgrenzt, derweil der westliche Arbeiter auf seiner Scholle kleben blieb."
Die Schlussfolgerung wird offen gelassen. Soll der Metallarbeiter nun nach China pendeln? Wie pblich werden hochtrabende Phrasen unter völligem Ausschluss der Menschen in den Raum geworfen, ein Hochlied auf die Moderne gesungen und der Aufstieg aus früheren Zeiten bejubelt. Menschen kommen hier allenfalls als marginalisierter Randkostenfaktor vor.

Sonntag, 10. September 2006

Fundstücke

Die NATO benötigt weitere Kämpfer für Afghanistan, während dort überhaupt keine weiteren Erfolge zu verzeichnen sind. Während Woche für Woche angeblich hunderte Taliban erschossen werden, hat sich seit Beginn der Kämpfe kein einziger ergeben.

Im Artikel Der ganz normale Ausnahmezustand wird analysiert, welche Auswirkungen der "Terrorschutz" auf Deutschland hatte.

Samstag, 9. September 2006

Fundstücke

Wer mal richtig was zu lachen haben will, kann sich die provisorische HP dieser Jugendgruppe-in-Gründung mal ansehen: die Jungen Patrioten. Effektiv vertritt diese der Schill-Partei nahestende Gruppierung einen diffusen Mischmasch aus rechten und linken Elementen.

Geradezu widerwärtig sind die bekanntgewordenen Pläne vereinzelter US-Militärs, den Mittleren Osten umzugestalten. Sie erinnern dabei stark an den Morgenthau-Plan.

Fundstück

Ausgerechnet die Welt bringt eine gelungene Satire auf die aktuelle Iranpolitik.

Heucheln quer über den Atlantik

Angela Merkel hat nach Bekanntgabe der Existenz von menschenrechtsverletzenden US-Gefängnissen angemahnt, dass diese ihrem "Verständnis von Rechtsstaat" nicht entsprechen würde. Auch Schäuble legte sich ins Zeug und erklärte sie für fragwürdig.
Diese "Kritik" ist nicht nur deswegen lächerlich, weil sie geradezu kuschelig ist, sondern auch, weil Deutschland selbst - und ganz vorne dran Wolfgang "Überwachungsstaat" Schäuble - nicht gerade das ist, was man einen Klassenprimus im Einhalten rechtsstaatlicher Prinzipien nennen könnte. An Beispielen gibt es genug, und selbst der EU-Menschengerichtshof, der wohl kaum eine unparteiische Instanz genannt werden kann, mahnt immer wieder die eklatante Verletzung von Menschenrechten in Deutschland an. Dies muss natürlich in einem so freien, sicheren und wohlhabenden Land wie dem unseren, wo permanent ein Kampf jeder gegen jeden provoziert und geschürt wird, niemanden interessieren.

Freitag, 8. September 2006

Kurzmeldung

Wie nicht anders zu erwarten, hat Bush Ahmadinedschads Auffoderung zum Rededuell endgültig abgelehnt. Es werde kein "Freistilringen im Stahlkäfig" vor der UNO geben, was auch immer diese Metapher ausdrücken soll.

Kugeln statt Brot

Wie SpiegelOnline berichtet, plant CDU-Mann Schröder, die Auslandseinsätze der Bundeswehr. die das Verteidigungsbudget ohnehin stark strapazieren, mit Geldern aus dem Entwicklungshilfeetat stark zu entlasten. Begründung für den absurden Vorschlag: Auslandseinsätze wie der im Kongo oder Afghanistan dienten ja ohnehin der Entwicklungshilfe.
Wenn dann das Abwerfen von Atombomben als "strukturbildende Maßnahme" zählt und aus dem Fonds der Verkehrsministeriums bezahlt wird, werden wir dann vielleicht auch irgendwann einen breiten gesellschaftlichen Konsens dafür haben, was möglich ist und was nicht, ohne dass man am gesunden Menschenverstand der CDU zweifeln muss.

Donnerstag, 7. September 2006

Kurzmeldung

Wieder einmal Hochsaison für Amateurhistoriker: in einer Anti-Terror-Rede zu den Kongresswahlen vergleicht Bush bin Laden nun neben Hitler auch noch mit Lenin.Ganz wichtig dabei im konservativ-christlichen auserwählten Gottesland: die schlichte argumentatorische Beweisführung, alle Gegner als "böse" zu bezeichnen. Das ist fast noch genialer als "verantwortlungslos".

Worte, nichts als Worte

Fällt es euch auch auf? Dieses grausame Dreschen von Phrasen, wie es von Politikern des Regierungsbündnisses betrieben wird?
Eines der meistgenutzten Worte in der letzten Zeit ist "verantwortungslos". Nichts liebt besonders die CDU derzeit so, wie die Vorschläge, Aussagen und Meinungen anderer als "verantwortungslos" zu bezeichnen. Nicht, dass irgendein Kontext dahinterstecken würde. Aber "verantwortungslos" ist ein toller Begriff, denn man muss keine weitere Begründung mehr liefern, dagegen verteidigen kann man sich auch kaum und die tumben Massen können ohne nachzudenken den Unsinn nachplappern. Immerhin können sich die "Volks"parteien somit als weitere Glanztat eine weitere Verflachung des Niveaus des politischen Diskurses, soweit überhaupt vorhanden, an die Brust heften.

Lafontaine brüskiert das Regierungsbündnis

Wie SpiegelOnline berichtet, hat Lafontaine einmal mehr für schweren Wirbel im Parlament gesorgt. Mit der Aussprache dessen, was ohnehin die meisten denken, nämlich dass Auslandseinsätze der Bundeswehr den Terror direkt ins Land holen, brachte er den sonst als so ruhig geltenden Peter Struck (ja genau, den Peter "Deutschlands Freiheit wird am Hindukusch verteidigt" Struck) gänzlich in Rage. Dabei fielen die üblichen Worte: "verantwortungslos" sei Lafontaine, es sei "unerhört", "beschämend" und "wirklich bescheuert", vor dem hohen Haus so etwas zu behaupten, und wer das täte, dürfte niemals die Regierungsverantwortung übernehmen und so weiter und so fort. Das Existenzrecht Israels anzuerkennen sei Staatsräson, und schon deswegen müssen Deutschland mitmachen. Zum Abschluss zeigte sich Struck noch "tief enttäuscht" von der politischen Entwicklung, die Lafontaine durchgemacht habe und siezte den ehemaligen Duzfreund demonstrativ. Während die umworbenen Grünen erstaunlich still waren, erhielt Lafontaine Schützenhilfe ausgerechnet von der FDP.
Schnitt.
Abgesehen vom üblich hirnrissigen Vokabular (siehe hier) fallen vier Dinge auf:
1) Die Worte Strucks müsste eigentlich Lafontaine der Opposition entgegenschleudern. Schließlich ist nicht er es, der eine politische Entwicklung durchgemacht hat, sondern Struck (und mit ihm der gesamte Rechtsblock, der sich unsinnigerweise in SPD und CDU unterteilt).
2) Das Existenzrecht Israels war schon immer Staatsräson. Nur jetzt wird es plötzlich benutzt, um Kriege zu rechtfertigen.
3) Die Formulierung, man ziehe für das Existenzrecht Israels in den Libanon ist verräterisch, denn eigentlich sollte der Auftrag ja dem Frieden, dem Wiederaufbau und der Entwaffnung der Hisbollah dienen. Hier wird klar, dass es in Wahrheit ein extrem proisraelisch gefärbter Einsatz werden wird.
4) Dass ausgerechnet die Grünen ihre Klappe halten, zeigt deren moralischen Bankrott endgültig an, da sie nun sogar in der Opposition völkerrechtswidrige Kriege unterstützen.
Armes Deutschland, letzten Endes. Zu hoffen wäre, dass die FDP sich von ihrem Marktfundamentalismus verabschiedet und wieder in Richtung sozialliberal koalitionsfähig wird - Deutschland würde es guttun.

Dienstag, 5. September 2006

Kurzmeldungen

Wer sehen will, wie man wirklichen sozialen Kahlschlag betreibt, der sollte dieser Tage nach England schauen. Was dort gerade im stillen Kämmerlein gärt, ist so amoralisch, dass eine Jauchegrube wie ein Wohlgeruch wirkt.

Schweden derzeit erlebt sein eigenes Watergate: die oppositionellen Liberalen, die für die anstehenden Wahlen einen Regierungswechsel zu erwarten haben, hatten die regierenden Sozialdemokraten ausspioniert und sich in ihre Rechner eingehackt.

Wege ins Elend

Ein Gutachten, welches der "Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung" abgegeben hat, enthält, wie könnte es auch anders sein, eine Aufforderung zu drastischen Reformen. Nur bei einer Senkung des ALG-II von 30% (was immerhin einen monatlichen Satz von nur noch 241 Euro bedeuten würde!) seien die 350.000 Jobs zu schaffen, welche das Institut in simulatorischen Planspielen errechnet hat.
Was dies für die Betroffenen bedeutet, ist dabei vollkommen irrelevant. Um den brutalen Effekt abzumildern, schlagen die "Sachverständigen" vor, 50 statt bisher 20 Cent pro verdientem Euro den Arbeitslosen zu Gute kommen zu lassen. Diese ungemeine Großzügigkeit verdeckt dabei aber zwei elementare Fragen:
1) Wenn bis zu 350.000 Arbeitlose (in der Realität werden es deutlich weniger sein) nun mehr Geld hinzuverdienen können, um ihre Senkung zu kompensieren (wie auch immer sich diese auf die Jobs auswirken soll), was machen dann die restlichen sechseinhalb Millionen? Richtig, sie darben mit 241 Euro im Monat.
2) Eines der häufigst zitierten Sprichworte lautet noch immer: "Arbeit soll sich wieder lohnen". Hardliner verwenden stattdessen schlicht die menschenverachtende Formel "Wer nichts arbeitet, soll auch nichts essen." Dabei wird gerne so getan, als ob genug Arbeit vorhanden sei und die Arbeitslosen lediglich keinerlei Interesse an Arbeit hätten. Warum aber werden die Arbeitslosen dann wenn sie arbeiten nicht bezahlt, sondern geben 80% (!) ihres Gehalts wieder ab? Lohnt sich so Arbeit? CDU und FDP Politiker werden nun "nein" sagen und als Konsequenz eine Senkung des Arbeitslosengelds fordern.
Glücklicherweise hat die SPD bereits ein Lippenbekenntis abgelegt, eine solche Kürzung nicht durchführen zu wollen. Dies sind die wenigen Momente, in denen man froh über die Große Koalition sein muss. Nur Schaudern bleibt, stellt man sich eine schwarz-gelbe-Koalition vor diesem "Gutachten" vor.

Kurzmeldung

Scheinbar stehen Israel und Hamas kurz vor einer Einigung wegen der Freilassung des gefangengenommenen Soldaten: demnach soll Israel im Gegenzug Palästinenser freilassen. War es nicht genau das, was die Hamas damals vor Beginn des israelische Angriffs gefordert hatte?

Montag, 4. September 2006

Fundstück

Diese fiktive Chronik der Ereignisse nach dem 11.9.2006 in Deutschland ist zwar übertrieben, aber im Kern durchaus lesenswert.

Allgemeiner Terrorwahnsinn, Teil II

Aufhänger: Linke Zeitung, Linke Zeitung, Spiegel Online

Kofferbomben, wieder einmal. Wer den obigen Links folgt stößt auf eine zusammenfassende und gut recherchierte Schilderung der Ereignisse des letzten Monats bezüglich der Kofferbomben. Auch die "Motive" werden hier noch einmal erläutert:
1) Die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in deutschen Zeitungen (wo?)
2) Die ermordung al-Sarkawis im Irak (durch Amerika)
Ich kommentiere das nicht weiter.
Die "Antiterrordatei", die effektiv einen eklatanten Verfassungsbruch durch die Aufhebung der Trennung zwischen Polizei und Geheimdienst darstellt, soll laut Beckstein die Religionszugehörigkeit nur im Falle von Islamisten verzeichnen, während "liberale, tolerante Muslime" nicht gespeichert werden sollen. Wer in diesen Gummiparagraphen zu welcher Gruppe zugehörig ist, geht aus seinen Äußerungen nicht hervor und soll wohl auch nicht hervorgehen.

Sonntag, 3. September 2006

Fundstück

Der Deutschland-Essay analysiert sehr fein die seltsame Sichtweise Deutschlands auf den Nahen Osten.

Mit Dank an Arne Hoffmann für den Link.

NATO Intervention im Sudan

Aufhänger: jungeWelt

Nachdem man die Morde im Sudan lange Zeit weitestgehend unbeachtet gelassen hatte, auch auf das US-Drängen nach einer Intervention hin, wird nun eine NATO-Interventionstruppe in den Sudan gesandt. Die Zustimmung des Sudan ist hierfür rein optional, gleichzeitig wird aber versprochen, seine Souveränität nicht anzurühren. Letzten Endes sieht alles nach einer Balkanisierung des Sudans zugunsten der Rohstoffe im Land aus.

Nachtrag zu Allgemeiner Terrorwahnsinn

Aufhänger: Spiegel Online

CSU Innenminister Beckstein hat verkündet, dass die Terrorgefahr durch den Nahosteinsatz der Bundeswehr in Deutschland erheblich steigen werde. Gleichzeitig betonte er jedoch die "deutschen Verpflichtungen", welchen man selbstverständlich nachkommen werde. Nicht fehlen darf natürlich der Hinweis, dass Deutschland bezüglich der Überwachung seiner Bürger, Verzeihung, des Schutzes seiner Bürger noch einigen Nachholbedarf hat.
Welche wie auch immer gearteten Verpflichtungen hier angesprochen werden, irgendwo haben die logischen Paradoxa in letzter Zeit absolute Hochkonjunktur.

Samstag, 2. September 2006

Fundstück

Sehr interessant: eine Untersuchung ergab, welche Wahlpräferenzen Bildung und Reichtum ausmachen.

Abschiebungsprozesse nach Afghanistan

Aufhänger: Die Zeit

Kaum zu glauben, aber wahr: während die Lage in Afghanistan eskaliert und die Regierung öffentlich verkündet, dass Einsätze im Süden für die Bundeswehr zu gefährlich sind und zudem noch im Norden schärfer geschossen wird, beginnt man ungerührt mit der massenhaften Abschiebung von rund 11.000 Afghanen (von ca. 55.000) in das Land. Waren es zu Beginn noch Straftäter und alleinstehende Männer, werden inzwischen ganze Familien in das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land geschickt - notfalls mit Gewalt. Mit beispiellosem Zynismus verkünden die Gerichte, der Bürgerkrieg sei seit 2001 beendet, die Sicherheitslage in Afghanistan werde übertrieben, Kabul sei sicherer als deutsche Großstädte und überhaupt würden Anschläge ohnehin nicht auf Zivilisten, sondern auf Soldaten verübt.
Dass dies glatt gesetzeswidrig und ohnehin verlogen und moralisch absolut mehr als fragwürdig ist, kratzt dabei niemanden. Bei Klagen liegt die Erfolgschance bei unter 10%.

Allgemeiner Terrorwahnsinn

Aufhänger: Nachrichtensendung in SWR1, Spiegel Online, Globale Gleichheit

Leider habe ich keinen Link zu der Sendung des SWR1, in der ich die Nachricht gehört habe; in jedem Falle haben die Libanesen bei ihren Folterungen der angeblichen "Terroristen" mit ihrem geplanten Attentat auf die Züge neue "Erkenntnisse" gewonnen.
Zum einen haben die beiden Attentäter die Anschläge für die Fußball-WM geplant, seien aber wegen der hohen Security abgeschreckt worden.
Zum anderen seien die Motive die Ermordung al-Sawaris (oder wie der Kerl auch immer hieß ^^) im Irak sowie das Engagement der Bundeswehr gewesen.
Kommt das irgendjemand außer mir verdächtig vor? Das stinkt zum Himmel. Dergestalt passende Motive zu einem derart passenden Zeitpunkt, aus fragwürdigen Folterkammern erpresst (wenn überhaupt) und dazu noch derart lächerlich klischeetisiert, das schreit geradezu.
Eine andere Ursache von Terror könnte unter Umständen auch in solchen Forderungen liegen, wie sie CDU-Innenminister Uwe Schünemann (Niedersachsen) gerade wieder erhebt. Dieser fordert nämlich eine Fußfessel für "Extremisten", die nicht ohnehin sofort abgeschoben werden können. Die CDU-Innenminister fordern desweiteren, von der SPD glücklicherweise gebremst, eine flächendeckende Videoüberwachung und eine Anti-Terror-Datenbank. Damit wäre der Überwachungsstaat perfekt.
Der verlinkte Artikel zu Globale Gleichheit bietet einen weiteren Interpretationsansatz, der ebenfalls glaubwürdig klingt - ganz im Gegensatz zu der offiziellen Version der Regierung.

Fundstück

Diesen Spiegelartikel muss man einfach unkommentiert stehen lassen; das hätte ich nicht besser gekonnt.

Nachtrag zu "Kündigung des Generationenvertrags"

Die Kommentare zum Beitrag lassen erschließen, dass die Botschaft falsch oder gar nicht verstanden wurde, da die Kommentare sich gänzlich auf der Argumentationslinie der Jungen Gruppe befindet, die ich im Artikel so heftig attackiert hatte.
In der Tat ist es "dumm", heute eine Anhebung des Rentenniveaus zu fordern, da für "uns" dann unter dem Strich weniger übrig bleibt. Doch eben genau jene egozentrische, monetäre und vollkommen asoziale Sichtweise ist es ja, die unsere heutige Welt prägt und das Sozialsystem, das Gesellschaftssystem und das Zusammenleben in riesigen Schritten demontiert. Der Generationenvertrag war ja eben darauf ausgelegt, eine solche Sichtweise zu verhindern. Dass verantwortungslose Politiker in den frühen 90er Jahren die Spirale der immer mehr schwindenden Polster drastisch beschleunigten ändert nichts an der Tatsache, dass auch alte Menschen etwas zum Leben brauchen. Es steht mir fern, mich dafür zu entschuldigen, noch ein soziales Gewissen zu haben. Aber was die Kommentarschreiber, welche mich an meine Zugehörigkeit zu ihren Überlegungen zu erinnern müssen glauben scheinbar vergessen ist die Tatsache, dass auch ihre Familien betroffen sind - und selbst wenn sie es aufgrund irgendwelcher glücklicherweise vorhandener Ressourcendepots nicht sind, der Großteil der Bevölkerung ist es.

Freitag, 1. September 2006

Kurzmeldung

Aufhänger: Spiegel Online

Das größte "Lob", das sich die SPD mit ihrer Politik einfahren konnte gekommen:
"Bei der Klausursitzung begrüßten Kauder und andere Redner nach Angaben von Teilnehmern Becks Äußerungen ausdrücklich. Kauder habe betont, die SPD werde sich jetzt bei den Verhandlungen in der Koalition über die Reform von Erbschaftssteuer, Unternehmensbesteuerung und Hartz-IV-Regelungen an der Vorgabe ihres Parteichefs messen lassen müssen."
Meine Glückwünsche.