Dienstag, 19. September 2006

Ungarn oder Folgen der Ehrlichkeit

Direkt im Anschluss an seinen Wahlsieg hatte der "sozialistische" Präsident Ungarns in einer internen Konferenz, deren Tonmitschnitte ungehindert an die Medien geliefert werden konnten zugegeben, dass die Politik - speziell die, die seine Koalition mit den Liberalen in den letzten vier Jahren betrieben habe - nichts enthalte, auf das er stolz sein könnte und dass man das gesamte Wahlvolk eigentlich nur belogen und betrogen habe.
Die direkte Reaktion waren gewalttätige Aufstände, die immer noch andauern und Rücktrittsfoderungen an den Präsidenten, der jedoch unbeeindruckt ankündigt, weitermachen zu wollen.
Irgendwie ist das alles schon verrückt. Warum gibt jemand das zu, obwohl er nichts ändern will? Ist es blanker Zynismus, der darauf schließen lässt, dass Volkes Wille ohnehin irrelevant für die herrschende Klasse ist? Oder ist es eine Art Beichte, nach der sich das Gewissen des Machers beruhigt hat und dieser nun tatsächlich alles besser machen will?
Interessant in jedem Falle sind die Reaktionen anderer Politiker und vieler Medien, die allesamt durch die Bank verkünden, wie dumm und taktisch unklug es von dem Mann gewesen sei, so etwas laut zu sagen (wobei er immerhin bis nach der Wahl gewartet hat). Bewunderung für die Ehrlichkeit kam eigentlich nur von der Zeit.

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