Samstag, 28. August 2010

SPD - Einen Schritt nach vorn, zwei zurück

Von Stefan Sasse

Der SPD ist es gelungen, programmatische Forderungen zu erheben. Das muss gewürdigt werden; seit der Bundestagswahl ist immerhin kaum ein Jahr vergangen, da darf man nicht zu sehr hetzen. Man plädiert nun für die Einführung eines Spitzensteuersatzes von 49% für Leute, die mehr als 100.000 Euro im Monat verdienen (200.000 für Verheiratete). Die Abgeltungssteuer soll entsprechend steigen, außerdem will man eine private Vermögenssteuer. Außerdem soll das Ehegattensplitting reformiert werden, die Mehrwertsteuersenkung für Hotels zurückgenommen und "ökologisch schädliche Subventionen" abgebaut werden.  Außerdem sollen die Steuern für die Mittelschicht gesenkt werden (dieses Mal aber wirklich!). Gabriel indessen plädiert für die Direktwahl des Bundeskanzlerkandidaten. In Kürze: wir haben es mit einem Programm sozialdemokratischen Aktivismus zu tun. 


Es sieht so aus, als ob sich in der SPD etwas täte. Dabei sind die vorgeschlagenen Maßnahmen ein Witz. 100.000 Euro MONATLICHES Einkommen?! Das sind satte 1,2 Millionen im Jahr, bei Verheirateten sogar 2,4 Millionen (und verheiratet sind Leute mit solchen Einkommen doch alle). Das ist nachgerade lächerlich. Fünf Millionen erhofft man sich dadurch, die man in "Zukunftsinvestitionen wie Bildung" investieren will. Wow, satte fünf Millionen! Beeindruckend, davon kann man bestimmt zwei marode Dorfschulen renovieren. Mit den erwarteten zehn Millionen aus der erhöhten Abgeltungssteuer will man dann den Mittelstandsbauch beseitigen. 

Ich fühle mich ganz ehrlich verkackeiert. Fünfzehn lausige Millionen Mehreinnahmen im Jahr? Da reden die noch von Investitionen und Steuersenkungen? Wer hat denn der SPD ins Hirn geschissen? Das Programm atmet vollständig den Geist des Kompromisses zwischen Seeheimern und Parteilinken - Symbol hier, aber keine Realwirkung dort - und wird nichts, aber auch gar nichts helfen. Alles was es tut ist, die SPD wieder ein bisschen sympathisch zu machen, es gibt der Parteiführung eine Möglichkeit, Handlung vorzutäuschen, wo keine ist. 

Und die Direktwahl des Kanzlerkandidaten ist das nächste großartige Stück. Mehr innere Demokratie will Gabriel, der solche Vorwahlen auch noch gleich für alle und nicht nur Parteimitglieder öffnen will. Auf dem Papier klingt direkte Demokratie immer erst einmal gut, aber wenn man sich einmal ansieht, wie so etwas in der Praxis häufig läuft bekommt man das nackte Grausen. Beispiel Arizona: der für einen Republikaner recht liberale McCain hat dort einen programmatischen Schwenk in Richtung Tea Party Movement gemacht, weil die die einzigen sind, die in nennenswerter Zahl zu den Vorwahlen gehen. Wenn ich an die Geschichte des Grünen-Verbands Saarbrücken denke, der Huber auf den Thron gehoben hat, dann weiß ich wie gut es möglich ist, dass eine determinierte Gruppe (nehmen wir, völlig zufällig, die Seeheimer heran) diese Wahlen vollständig dominiert. Großartige Aussichten.

11 Kommentare:

  1. In der Tat dokumentieren die aktuellen Forderungen der SPD vor allem, dass der Seeheimer Kreis weiterhin das Sagen hat und endlich wieder mehr Einfluss in der Bundespolitik will, und dass Gabriel genau jenes opportunistische Heißluftgebläse ist, für das man ihn immer gehalten hat.

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  2. Die im Artikel der SZ zitierten Werte wirken etwas absur. Andere Blätter sowie Presseagenturen berufen sich auf die SZ als Quelle, sprechen jedoch von 100k/200k Jahreseinkommen und Mehreinnahmen von 10/15 Milliarden.

    Beispiel: Deutschlandradio und Handelsblatt

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  3. @Stefan Sasse

    Seh ich ganz genauso - was die SPD angeht.

    Was die "direkte Demokratie" angeht, und Volksabstimmungen, wie in der Schweiz, da sollte man doch Einschränkungen machen worüber abgestimmt werden darf, und worüber eben nicht, z.B. wäre eine Volksabstimmung über die Einführung der Todesstrafe, wie derzeit in der Schweiz einfach, weil unethisch, verboten, aber andere Punkte nicht....So könnte man das Problem doch lösen, dass über Dinge abgestimme wird, über die die Bevölkerung einfach nicht abstimmen darf.....aus diversen Gründen.....

    Es gibt doch bereits im Parlament Einschränkungen über Gesetze, die man einfach, weil ethisch nicht vertretbar z.B., nicht als Vorschlag einbringt - Wieso dies nicht auf Volksabstimmungen generell ausdehen?
    Gruß
    Bernie

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  4. Die größte Verdummung besteht darin, die beiden "großen Volksparteien" als Antagonisten zu begreifen. Tatsächlich handelt es sich um EINE bürgerliche Einheitspartei, deren vornehmste Aufgabe darin besteht, die "Unbürgerlichen", die Ausgegrenzten, die strukturell Benachteiligten, die ewige Unterschicht, in den ihr gemäßen Schranken zu halten. Ob man SPD oder CDU wählt ist völlig wurscht - es ist das Gleiche.
    gez. Braunes Hartz.

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  5. @anonym 28.08 11:15 YMMD :)

    Ich kann es mir so richtig vorstellen, wie der Originalartikel dem Beise vorgelegt wird und er murmelt: sowas kann nicht sein, der Gabriel macht das nicht ... 100.000 jährlich ... ne, ne ... er meint bestimmt monatlich ... und summa summarum macht das da dann ein paar Nullen weniger ...
    Wenn die SZene im nächsten Video kommt, kriegt er einen Oskar von mir.

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  6. Also die Tagesschau redet von 100k / 200k pro Jahr, was auch wahrscheinlicher ist, da die "Reichensteuer" ja grade auch schon ab 250k gilt.

    Ich seh schon...die SPD zerlegt sich genau in dem Moment, in dem sie eine Chance hätte Mutti abzulösen.

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  7. N Scheiß hat die, das sind aktuelle "Ich hasse die FDP" Umfragen. Bei der Wahl wählen die alle wieder schwarz-gelb, um den Sozialismus zu verhindern.

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  8. Jetzt mal ernsthaft - von der SPD hat doch keiner hier irgendwas soziales und/oder demokratisches erwartet oder? Wenn doch, kann ich nur fragen, wo derjenige die letzten 25 Jahre war.

    Die SPD gehört an die Seite der FDP unter die 5% Hürde.

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  9. Lieber Herr Sasse,

    da haben Sie sich aber mächtig verlesen. Es geht um 100.000 im Jahr, nicht im Monat.

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  10. Nein, der Autor des verlinkten Artikles hat sich verschrieben^^

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  11. In der Zeit, als Gabriel Bundesumweltminister war, hatte der SPD-Bundesparteitag beschlossen, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen einzuführen.
    Das hat dann auch sofort basisdemokratisch umgesetzt!!!!!!!

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