Mittwoch, 26. Februar 2014

Wann hat eine Parteineugründung Erfolg?

Die Piraten sind politisch effektiv tot. Die AfD steht zumindest in einem harten Abwehrkampf. Wer noch einen Überblick über die vielen Neubildungen, Bündnisse und Brüche auf der extremen Rechten hat, ist um diese Expertise zu beneiden. Die einzigen beiden erfolgreichen Neugründungen in der Geschichte der BRD, die sich etablieren konnten, sind Grüne und LINKE, und die LINKE konnte im Osten auf eine voll ausgebaute Partei-Infrastruktur zurückgreifen, die den Westen (erfolglos) massiv unterstützen konnte. Was also braucht es, um sich zu halten? Die Antwort wird vielen wahrscheinlich nicht gefallen.

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Was es braucht, sind Personen, die ihre Parteien einem Machtdiktat unterwerfen. Das sind Otto Schily und vor allem Joschka Fischer bei den Grünen, und das war Oskar Lafontaine für die LINKE. Sie alle wissen, dass man sich von Idealen wenig kaufen kann, jedenfalls abseits von gut klingenden Parteitagsbeschlüssen. Das sollte man nicht voreilig mit einem völligen Aufgeben von Idealen verwechseln. Es geht darum, zwischen langfristigen und kurzfristigen Zielen zu unterscheiden und die Machbarkeit einfließen zu lassen. Die völlige Aversion weiter Teile der LINKEn gegenüber einer Zusammenarbeit mit der SPD oder Regierungsbeteiligungen generell gehört dazu. Auf was hoffen diese Leute? Die Absolute Mehrheit? Eine Revolution? Beides ist illusionär und garantiert die Irrelevanz ihrer Partei - und nicht die Regierungsbeteiligung, wie oft fälschlicherweise behauptet wird.

Gehen dabei liebgewonnene Ziele und Ideale über Bord? Sicherlich. Aber - Newsflash - das gleiche passiert der anderen Seite auch. Man nennt das Kompromiss. Und wenn man sich nicht klar macht, dass das Aushandeln von Kompromissen in einem Rahmen des Machbaren stattfindet, dann wird man am Ende mehr verlieren als wenn man seine Erwartungen anpasst. Sowohl Piraten als auch LINKE haben dies schmerzhaft erfahren müssen. Die LINKE wurde immer wieder bei der Regierungsbildung übergangen, weil ihre Maximalforderungen von zu vielen Abgeordneten und Parteimitgliedern als sine qua non angesehen wurden, um eine stabile Regierungsmehrheit zu gewährleisten, und die Piraten ergaben sich in Träumereien einer idealen Demokratie mit Basisbeteiligung, anstatt sich der Tatsache zu stellen, dass das ein Langzeitziel ist, das sich nur im Verbund mit anderen (in der viel geschmähten Koalition) Schritt für Schritt umsetzen ließe. Im Beharren auf Maximallösungen richtete sich die Partei zugrunde.

Dies geht beständig mit einem Verschliss des Kompromisse und Lösungen suchenden Führungspersonals und einem Aufstieg von Radikalen einher, die die Parteiagenda und ihr Außenbild bestimmen. Wir konnten das in den westdeutschen LINKE-Verbänden ebenso beobachten wie bei den Piraten, deren interne Konflikte jeden Politikvorschlag überschatteten, weil - getreu dem Ideal - keinerlei koordinierende Instanz vorhanden war, die solche Konflikte eindämmen und unter dem Teppich halten konnte. Ihre Ideale haben die Piraten nicht verraten. Darüber sind sie irrelevant geworden. Stattdessen haben andere Parteien, allen voran die SPD, den verbreiteten Wunsch nach Basisdemokratie aufgegriffen und in mit der parlamentarischen Demokratie vereinbare Bahnen gelenkt. Dies hätte die Aufgabe und der Erfolg der Piraten sein müssen. Sie haben ihn stattdessen im Wolkenkuckucksheim verschwendet. Das gleiche Phänomen auf der LINKEn hat es Peer Steinbrück erlaubt, als Vorkämpfer gegen die globalen Finanzmärkte aufzutreten. Wer die Macht nicht will, überlässt sie den anderen. Piraten wie Linke haben das eindrücklich bestätigt. Schily, Fischer und Lafontaine dagegen haben es verstanden.

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