1) Toxische Männlichkeit: Das gefährliche Schweigen der Männer
Was bedingt diese Geschlechterdifferenz? Christian Scambor vom Verein für Männer- und Geschlechterthemen Steiermark sieht einen Zusammenhang mit gesellschaftlichen Normen und Rollenbildern – und damit, wie Jugendliche sozialisiert werden, "welche Werte und Verhaltensweise verstärkt oder abgewertet werden". Bereits im Kindes- und Jugendalter finde man(n) "keine geschlechtsneutrale Welt" vor, sie sei "mit vielen toxischen Bildern ausgestattet", erklärt der Psychologe, der unter anderem in der Gewaltarbeit tätig ist. Vorstellungen wie jene des "gewalttätigen, zornigen Mannes, der rot sieht" seien nicht angeboren, sondern würden "von unserer Kultur" vorgeschlagen und weitergegeben werden. [...] Auch Männerforscher Christoph May kritisiert die vorherrschenden Idole – neben jenen in Film und Literatur auch emotional distanzierte Elternteile. "Wir erleben Väter, die kaum Interesse für die Erziehungsarbeit aufbringen", und Söhne, die nach wie vor dazu erzogen würden, ihre Gefühle zu unterdrücken. "Von positiven, emotional integren Männerfiguren sind wir weit entfernt", beklagt May. Auch für Gerichtsgutachterin Roßmanith braucht es "gesunde Identifikationsfiguren", die sich nicht hinter "männlichen" Fassaden verstecken. Aus ihrer Arbeit erzählt sie: "Die größten Schläger auf der Straße sind, wenn man sie untersucht, hilflose Däumlinge. Dahinter steckten 'Kindsmänner', die wie in der Sandkiste agieren, wenn Kinder anderen eine Schaufel auf die Birne hauen. Ich verniedliche, aber im Grunde geht es bei Gewalttaten um solche Konflikte." [...] Die türkis-blaue Regierung setzt allerdings auf härtere Strafen, das Innenministerium stoppt zugleich die Teilnahme von Polizisten an den sogenannten Marac-Konferenzen, bei denen Hochrisikogewaltfälle evaluiert wurden. Schon vergangenen Herbst wurde vom Innenressort entschieden, die Bezahlung von Expertinnen bei Polizeiausbildungsseminaren über Gewalt in der Familie einzustellen sowie diese Seminare insgesamt von 16 auf zwölf Stunden zu kürzen. Zudem wird Rhetorik verwendet, die Gewalt als importiertes Problem darstellt: So behauptete etwa FPÖ-Frauensprecherin Elisabeth Schmidt vergangene Woche, dass gewalttätige Übergriffe meist von Tätern aus dem "Zuwanderermilieu" begangen würden. Gewaltschutzexperten betonen allerdings, dass Gewalt sich quer durch alle Milieus und soziale Schichten zieht. Es handle sich um "ein globales Problem", heißt es dazu etwa im Tätigkeitsbericht der Wiener Interventionsstelle, "das in allen Ländern, Kulturen und Religionen existiert". (Standart.at)Ich lasse das hauptsächlich mal für diejenigen da, die immer noch glauben, so was wie toxische Männlichkeit existiere nicht. Spannend finde ich in dem Zusammenhang immer wieder, dass die gleichen Leute überhaupt keine Probleme haben, Muslimen in Bausch und Bogen irgendwelche Charaktermerkmale zuzuschreiben, gerne auch toxische Männlichkeit, ohne sie so zu benennen. Ich möchte aus dem obigen Anriss vor allem den Teil mit den Emotionen betonen. Es fehlt nach wie vor eine ordentliche, gesellschaftlich anerkannte Männlichkeit, die Emotionen außerhalb von Fußballspielen ausleben darf. Verwundbarkeit und Sensibilität zeigen ohne gleich in der eigenen Geschlechtsidentität angegriffen zu werden etwa wäre sehr von Vorteil. Auch alternative Formen von Männlichkeit, die nicht die Zurschaustellung von Dominanz erfordern, wären sehr willkommen.
2) "Eine kulturelle Trennlinie duchzieht Deutschland" (Interview mit Wolfgang Merkel)
Und waren damit bei Wahlen zum Teil recht erfolgreich. Was sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden Faktoren für den Aufstieg der AfD? Das hat mit der Spaltung der Gesellschaft zu tun, und zwar nicht nur mit der ökonomischen und sozialen. Auch eine kulturelle Trennlinie durchschneidet Deutschland. Das müssen Sie erklären. Die kulturelle Spaltung lässt sich fokussieren auf die Frage: Wie stark sollten die Grenzen des Nationalstaats geschlossen oder offengehalten werden? Auf der einen Seite stehen die Kosmopoliten, die Globalisierungsgewinner. Sie sind besser gebildet, befürworten offene Grenzen für Schutz suchende Menschen und Immigranten, aber auch für Güter, Dienstleistungen und Kapital. Gleichzeitig sind sie bereit, politische Kompetenzen des Nationalstaats abzugeben. Und auf der anderen Seite? Dort stehen die Kommunitaristen. Sie sind tendenziell Globalisierungsverlierer, haben ein hohes Interesse an nationalstaatlichen Grenzen, sind vergleichsweise weniger gebildet, verfügen über ein geringeres Einkommen und orientieren sich stärker an traditionellen, lokalen und regionalen Gemeinschaften. Sie brauchen ihre kleinen, kommunalen Gemeinschaften, wo sie sich wechselseitig unterstützen können. Und sie sind skeptisch gegenüber dem Fremden, auch aus ökonomischen Gründen. Die Flüchtlingskrise hat diese Skepsis verstärkt und große Verunsicherung erzeugt. Diese Spaltung zeigt sich auch im politischen Diskurs. Inwiefern? Der Diskurs ist vor allem geprägt von den Kosmopoliten und den gebildeten Mittelschichten, von ihren Themen und Sichtweisen. Teilweise war der Diskurs auch abgehoben und spiegelte kaum die Lebenswirklichkeit der unteren Hälfte der Gesellschaft wider. Wir konnten uns zum Beispiel ausführlich darüber echauffieren, dass Transsexuelle ihre eigenen Toiletten haben müssen. Das ist alles normativ richtig. Würde ich unterschreiben. Aber ist das eines unserer Kernprobleme? Solche Debatten können die Entfremdung innerhalb der Gesellschaft befördern. Die Polarisierung wächst. Kosmopoliten und Kommunitaristen sprechen unterschiedliche Sprachen, haben unterschiedliche Werte. Sie sind sich selbst genug, die anderen wollen sie nicht verstehen. (SZ)Diese Trennidee zwischen Kosmopoliten und Kommuntariern hatten wir bereits im letzten Vermischten schon einmal in Bezug auf Ostdeutschland gesehen, wo sich Land und Stadt ebenfalls massiv auseinander entwickeln. Die große Frage ist natürlich die, was man gegen diese Spaltung tun kann. Der aktuelle Lösungsansatz scheint mir zu sein, den Kommunitariern einfach Recht zu geben und sie mit Samthandschuhen anzufassen. Kann man natürlich machen, finde ich aber falsch. Auf der anderen Seite ist es sicherlich genausowenig hilfreich, die Werte der Kosmopoliten, die für die Kommunitarier von wenig hilfreich bis schädlich rangieren, einfach zum Standard zu erklären. Viel Territorium für Kompromiss ist aktuell aber auch nicht in Sicht. Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass dieser Konflikt, den wir aktuell beobachten können, sich so verhalten wird wie die unzähligen sozialen Konflikte, die vor ihm kamen: der progressive Teil der Gesellschaft geht voran, der konservative bremst und moderiert und der reaktionäre Teil verweigert sich komplett. Im Laufe einer Generation werden einige Elemente der progressiven Idee aufgegeben stirbt das Reaktionäre weg und die einstmals progressive Idee wird zum Standard, und man regt sich über irgendetwas Neues auf. Fraglich ist, wie viel Porzellan dazwischen unwiderruflich zerschlagen wird.
3) Integrieren - in was?
Wer als Deutscher unter Deutschen leben will und einen migrantischen Hintergrund hat, der soll sich integrieren, da sind sich viele einig, und zwar so einig, dass sie vergessen zu sagen: integrieren in was eigentlich? Wie integriert man sich in eine Gesellschaft wie diese, die immer gespaltener ist und an Hetze immer gewöhnter? Wie integriert man sich in eine Gesellschaft, von der Studien immer wieder bezeugen, dass die allermeisten Leute sich zwar zur politischen Mitte zählen, ihnen dies aber nicht widersprüchlich dazu erscheint, rassistische, antisemitische, homophobe Haltungen zu vertreten? In was soll man sich integrieren, wenn die AfD in Umfragen gleich viel Zustimmung bekommt wie die SPD, und wem sollte man dann eher glauben, wenn beide von sich behaupten, sie würden das Volk vertreten? Wie integriert man sich in eine Zeit, in der eine Sozialwissenschaftlerin eine "präfaschistische Phase" aufkommen sieht? Eine Zeit, in der viele Medien "auch die andere Meinung" hören wollen, auch wenn diese minderheitenfeindliche Hetze auf Grundlage von Vorurteilen oder Verschwörungstheorien ist? Soll man sich integrieren in die Teile der Bevölkerung, die Erdogan für einen widerwärtigen Despoten halten, oder in diejenigen, die ihn mit Waffen beliefern, oder muss man, um ganz integriert zu sein, zu beiden loyal sein? Wie integriert man sich als deutscher Muslim in eine Gesellschaft, in der immer wieder von "Deutschen" und "Muslimen" gesprochen wird, so als sei "Deutsch" eine Religion oder "Muslime" eine Staatsangehörigkeit? (SpiegelOnline)Auch auf die Gefahr hin, ein totes Pferd zu schlagen: nach mittlerweile mehreren Jahrzehnten der "Integrationsdebatte" ist immer noch völlig unklar, wann "Integration" eigentlich abgeschlossen ist. Es ist und bleibt die Lebenslüge der deutschen Mehrheitsgesellschaft, wie eine Karotte, die man an einem Stock vor dem Esel baumeln lässt auf dass er weiterlaufe. Es gibt schlichtweg keinen Kriterienkatalog, der Einwanderer - oder ihre Kinder, oder ihre Enkel, oder ihre Urenkel in manchen Fällen! - in den Augen der weißen Mehrheit zu "Deutschen" macht. Der Pass ist es offenbar nicht, anders hätten wir die im Artikel angesprochene Verwirrung nicht. Tatsächlich haben wir Deutschen ein ganz eigenes Integrationsproblem. Die ganzen Kritikpunkte, die in der Debatte immer wieder aufgebracht werden - Parallelgesellschaften, Umgang mit Frauen- und Homosexuellenrechten, Kompatibilität der Imame mit dem Grundgesetz, und so weiter - sind ja alle richtig. Aber Lösungen werden nicht präsentiert. Stattdessen begnügt man sich damit, diese Problemfelder als bequeme Knüppel in der Hinterhand zu haben, die man immer zum Eindreschen auf "die Ausländer" benutzen kann, wenn einem danach ist. Warum gibt es immer noch keine ernsthaften Versuche, einen liberalen Islam zu etablieren und staatlicherseits zu kontrollieren? Das würde halt auch Islamunterricht an den Schulen bedeuten, oder umgekehrt mehr Ethikunterricht statt Religion (in vielen Ländern schon verfassungstechnisch gar nicht möglich, etwa hier in Baden-Württemberg). Warum gibt es kein Bestreben, einen Verfassungspatriotismus zu etablieren? Stattdessen wird nebulös von "Werten" und "Leitkultur" schwadroniert, ohne die je zu definieren. Und so weiter. Solange wir Deutschen unsere Bringschuld bei der Integration nicht ableisten wird das nie etwas werden. Und dazu sind nicht mal Kompromisse nötig! Man müsste nur endlich einmal eine Definition bringen. Die Amerikaner haben das doch auch geschafft.
4) "Es ist unser Land, verteidigen wir es gemeinsam" (Interview mit Naika Foroutan)
Deutschland wird brutaler. Wie kam das? Für mich begann das mit 2010... … das Erscheinungsjahr von Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“. Ja, der Beginn ist sicherlich dort zu lesen. Verantwortungslos waren für mich zudem die beiden Auftritte von Joachim Gauck, als er vor „falscher Rücksicht auf Migranten“ sagte „mich erschreckt der Multikulturalismus“. Gerade er! Wenn einen solche Bündnispartner verlassen, fängt man an zu fürchten, dass das, was vor einem liegt, noch schlimmer wird als das, was war. Sarrazin, Gauck – und? Ich würde Gauck nie in einer Linie mit Sarrazin beschreiben – sondern eher als jemanden, der auf die Inszenierungslogik der Rechten für Menschen, die nicht gehört werden, hereinfällt und versucht, sie abzuholen, indem er ihre als Angst getarnten Vergiftungen aufnimmt. Und damit sind nicht die Bürger gemeint, sondern die Argumente, die ins Feld geführt werden. Dass die Menschen nicht gehört werden, steht in keinem kausalen Zusammenhang zur Multikulturalität. Aber die wahllose Kombination jeglicher gesellschaftlicher Missstände mit Migration, kombiniert mit dem Vorwurf, das werde von naiven Gutmenschen geleugnet, erzeugt ein Klima der Distanzierung. Um sich nicht vorwerfen zu lassen, naiv zu sein, fangen viele Menschen plötzlich damit an, sich kritisch zu errungenen Werten zu stellen. Stück für Stück erodiert somit ein moralischer Grundkonsens. Die gesellschaftlichen Entwicklungen weisen in eine präfaschistischen Phase und ich behaupte, dass das nichts mit meiner persönlichen Befindlichkeit zu tun hat, auch nicht mit meiner migrantischen Geschichte. Europa rutscht gerade in eine Richtung, die keinen progressiven „sinnstiftenden Endpunkt“ mehr ansteuert wie Habermas mal den Treiber für gesellschaftliche Entwicklungen genannt hat: also den Blick auf gesellschaftliche Errungenschaften, die Sinn erzeugen und als Treiber der Entwicklung Gesellschaften nach vorne bringen. Wir befinden und vielmehr in einer Phase der Destruktion. Der Zerstörung jener Errungenschaften, die die 68er mit herbeigeführt haben und die unser Verständnis von Gleichberechtigung, sexueller Selbstbestimmung, Toleranz und Meinungsfreiheit maßgeblich verändert und beeinflusst haben. Als der Abbau dieser Grundwerte in Ungarn passierte, dachte man noch, das sei ein ungarisches Phänomen, weil es dort kein '68 gab. Die PiS-Regierung in Polen haben wir irgendwie hingenommen, die Slowakei war zu klein, um Besorgnis zu erregen. Jetzt wird Italien, eines der Gründerländer der EU, rechts dominiert, es werden Roma gezählt und Flüchtlinge als Invasoren entmenschlicht, die man im Mittelmeer sterben lassen sollte; in Wien hat die FPÖ Schlüsselministerien wie das Innenressort inne und fantasiert von Judenregistrierungen. Die strategische Entmoralisierung der Gesellschaften durch die rechten Extremen – ich nenne sie bewusst nicht rechte Konservative – gelingt, und zwischen Berlin, Wien, Rom ist wieder die Rede von einer „Achse“. Ist "präfaschistisch" nicht etwas stark? Ich versuche gerade zum wiederholten Mal Fritz Sterns Buch zu lesen, „Kulturpessimismus als politische Gefahr“. Stern beschreibt den Aufstieg des Nationalsozialismus und jene intellektuellen Kräfte, die einen Pessimismus verbreiteten, der als einzigen Ausweg aus einer verachteten Gegenwart nur die komplette Zerstörung alles Bestehenden übrigließ. (Tagesspiegel)Ich empfehle das komplette Interview zu lesen. Ich möchte aber noch auf einige der oben zitierten Aussagen eingehen. Zum Einen bleibt es eine von mir hier im Blog geäußerte Dauerthese, dass die größte Gefahr in der aktuellen Krise eine Radikalisierung der Konservativen ist. Die Mitte muss halten. Die moderate Linke hat seinerzeit unter großen Opfern gehalten. Ich halte den Vergleich übrigens für instruktiv. Es gab zwischen rund 2003 und 2013 einen ähnlichen Anpassungsdruck zu einer Radikalisierung auf die SPD und die Grünen. Sie gaben dem nicht nach, und ich kann mich nicht erinnern, dass die Presse damals beständig darauf gedrängt hätte, mit den Linken zu reden und den Schwarzen Block doch bitte als besorgte Bürger zu begreifen. Die LINKE ist deswegen auch nie stark geworden. Warum das jetzt bei der AfD und dem rechten Gesindel anders sein sollte, hat mir noch niemand schlüssig machen können. Es ist offensichtlich gerade das Umfallen und Hoffähig machen, das den rechten Rand stärkt. Deswegen ist es so wichtig, dass die CDU standhaft bleibt. Hoffentlich kommt die CSU angesichts des zu erwartenden Einbruchs in Bayern auch wieder zur Besinnung. Andererseits bleibt es für mich ungeheuer faszinierend, dass gerade die rechtsradikalen, neo-nationalistischen Parteien in Europa am besten vernetzt sind und sich weltweit koordinieren. Auch das ist aber kein neuer Effekt, sondern kann in der Geschichte schon früher bewundert werden. Die Rechten waren einfach schon immer wesentlich geschickter als die Linken, das muss man neidlos anerkennen. Und sobald sie den gemeinsamen Feind bezwungen haben, gehen sie aufeinander los - aber halt erst dann. Auf der anderen Seite ist immer nichts Wichtiger, als dass die Volksfront von Judäa die Judäische Volksfront besiegt, bevor man sich praktischen Fragen widmet. Der letzte Aspekt, den ich hervorheben möchte, ist das mit dem Kulturpessimismus. Das scheint mir nämlich ein deutlich unterbelichteter Faktor in dem ganzen Drama zu sein. Diese ständige Sorge, die sich auch dauernd selbstreferenziell bestätigt und verstärkt, dass das Abendland irgendwie den Bach runtergeht, ist einer der ausschlaggebenden Faktoren für die Mentalität, die gerade um sich greift. Wer ständig den finis germaniae befürchtet, ob wegen Smartphones oder Einwanderern, sortiert auch jedes Ereignis auf dieser Geraden ein.
5) Men beware: The Abercrombie&Fitch-Effect
A team of social scientists conducted an experiment to find out exactly whether or not a physically dominant male employees lifts store sales. Their area of investigation: a large global furniture retailer. On some days, the customers were greeted by a tall physically dominant man. At other days, this Adonis of the retail industry was nowhere to be found. The impact of this short encounter with a physically dominant man was quite astounding – for male shoppers at least. In the case of female shoppers, the measured purchase patterns were exactly same, regardless of the amount of muscle at the entrance. On the other hand, male shoppers were clearly influenced. When there was no physically dominant employee, men and women spent roughly the same amount… around the figure of $ 9,50. But when the physically dominant employee was present, men’s expenditures increased by a staggering amount of 94% to almost $ 20,-. [...] The researchers point out how sales firms can utilize their findings by assigning tall, athletic salesmen to manage the accounts of shorter male customers for prestigious goods such as luxury cars, exclusive watches, and jewelry. In the realm of advertising, typical status-enhancing product categories such as fashion, cars, perfume and designer furniture will benefit from physically dominant characters and spokespersons. Note that physical dominance isn’t the same as physical attractiveness. While many high-status product categories have certainly embraced the latter for ages, it’s the tallness and muscularity what truly matters for the Abercrombie & Fitch effect to take place. Men don’t buy beauty. They buy dominance. (New Neuromarketing)
Ich finde es ziemlich witzig, solche Studien zu lesen. Marketing gerade im Mode-Bereich hat sich ja seit Ewigkeiten stark auf Frauen konzentriert, aber solche Forschungsergebnisse wie die hier zeigen, dass Männer eben auch anfällig für den ganzen Werbe-Mist sind - nur eben auf andere Strategien. Ich finde es überraschend, dass Frauen sich von einer beeindruckenden physikalischen Erscheinung eines männlichen Verkäufers überhaupt nicht beeinflussen lassen; ich würde gerne wissen, ob es analoge Untersuchungen für "generisch attraktive" weibliche Verkäuferinnen in auf Frauen spezialisierten Modehäusern gibt. Ein anderer Aspekt, der mir noch interessant erscheint, ist, dass dieser Effekt nur bei kleinen Männern auftritt und dass große Männer immun sind, egal ob sie sonst körperlich dominant (also muskulös etc.) sind. Als kleiner Mann (1,71m Körpergröße) verwundert mich das nicht. Es gibt eine Reihe leider nicht sonderlich bekannter oder zusammengeführter Studien, dass Körpergröße zu einem der wichtigeren Merkmale etwa für Beförderungen in Unternehmen gehört - je größer ein Mann ist, desto eher wird er als kompetent wahrgenommen, was als Faktor ähnlich relevant ist wie der, dass Frauen auf dem Feld immer noch strukturell benachteiligt sind. Eine ebensolche strukturelle Benachteiligung von Körpergröße bei Männern war bisher noch nie ein Thema. Dasselbe gilt übrigens für die Figur. Männer wie Frauen (das ist ziemlich geschlechtsunabhängig) werden als weniger kompetent wahrgenommen, wenn sie zu dick sind. Woran das genau liegt, ist meines Wissens noch unklar (vielleicht wird ihnen mangelnde Selbstkontrolle unterstellt?), aber beide Faktoren sind spannend. Nur kann ich bei Übergewicht halt als Einzelperson etwas dagegen machen; es ist die wohl einzige Art der Diskriminierung, die ich komplett abschalten kann, wenn ich das will - im Gegensatz zu Rasse, Geschlecht oder Körpergröße. Das ist auch etwas, auf das man ein Auge haben sollte.
6) Fresh proof that strong unions help reduce income inequality
Ich sehe diesen Artikel als eine Stütze für meine Argumentation in Teil 2 meiner Serie über Glanz und Elend der Sozialdemokratie, in der ich die Rolle der Gewerkschaften beim Erfolg des New Deal beleuchtet habe. Man muss natürlich vorsichtig damit sein, diese Ergebnisse auf Deutschland zu übertragen, weil die Gewerkschaften in den USA ja völlig anders funktionieren als hierzulande. Im Grundsatz allerdings dürfte sich vor allem eines mit anwenden lassen: die größten Profiteure einer stärkeren gewerkschaftlichen Organisation sind die am wenigsten qualifizierten Arbeitnehmer. Das ist ja auch schlüssig. Je qualifizierter eine Arbeitskraft ist, desto besser kann diese für sich selbst verhandeln und, vor allem, desto mehr soziale Nähe besitzt sie zu denjenigen, die über Gehalt und Arbeitsbedingungen entscheiden. Es gibt zig Studien zum Thema die zeigen, wie relevant diese soziale Nähe alleine ist. Gleiches gilt natürlich auch für andere Gremien, die da mitspielen, von Betriebsräten zu Aufsichtsräten. All diese Mechanismen sind ja auch Faktoren im Gender Pay Gap. Der Nachteil bei dem Ganzen, da wird mir Stefan Pietsch sicherlich beipflichten, ist dass die Gewerkschaften unter Umständen die Einstellung niedrig qualifizierter Arbeitskräfte erschweren, indem sie "zu gute" Ergebnisse für sie heraushauen. Wir haben das ja gesehen, wie dann mit Zeitarbeit, neuen Tarifverträgen für jüngere Arbeitnehmer und und und die bestehenden Abkommen unterlaufen werden, was ja wieder zu der gewaltigen Generationenlücke beiträgt. Alles nicht so einfach. Aktuell aber sind wir eher auf einem Tiefpunkt gewerkschaftlicher Organisation, vor allem im Dienstleistungssektor (ich hatte in Teil 5 der oben angerissenen Serie von ver.di gesprochen...). Da sollte besser was passieren.New evidence shows that unions played a major role in reducing income inequality in the United States in the decades when organized labor was strong. But it also demonstrates that the decline in union power since the 1960s — which may be exacerbated as a result of a recent Supreme Court decision — has contributed to the widening gap between rich and poor. [...] While the scholars can’t pinpoint the precise mechanism at work, they speculate that unions have indirectly increased pay at firms nervous that their own employees might organize. Unions have also lobbied for higher minimum wages and pushed to hold down executive salaries. They have also advocated for broader access to health care, countering a key channel through which income inequality can harm all of society. [...] Throughout this period, the biggest boost from union membership has gone to the least educated workers, who have, in turn, driven the rise and fall of union membership. The decades following World War II, when unskilled workers formed the union movement’s backbone, marked the most rapid decreases in income inequality. Wages for nonwhite workers were particularly strong then. [...] Thanks to the new research, evidence going back nearly a century now shows that unions have formed a critical counterweight to the power of companies. They increase the earnings of the lowest skilled and sharply reduce inequality. (New York Times)
7) A la recherche on the roots of US inequality "exceptionalism"
In conclusion, when we try to find the roots of lower pro-poor redistribution in the US we can find them both in more modest social transfers and in less progressive direct taxation. Combined with our earlier finding of relatively high market income inequality in the US, this means that American income inequality is “exceptional” because (a) underlying market income inequality is high, (b) social transfers are modest, and (c) direct taxes are not sufficiently progressive. The policy implication is that reduction in US income inequality is unlikely to be achieved through one of these three channels alone but through a combination of “improvements” in each of them. For example, through more accessible education and higher minimum wage to reduce the underlying market income inequality; through introduction of family benefits or more generous welfare; and finally through higher tax rates for the rich and higher taxation of capital incomes. Although this might seem like an extremely ambitious policy agenda, I think it is more reasonable to think that incremental changes in all three channels are easier to pass legislatively than a much more substantial change in any one of them alone. But it also means that if one wants to seriously grapple with high inequality in the United States, only a combination of different policies will do. (Global Inequality)Das Ergebnis dieser Studien ist eines von diesen "ach was"-Ergebnissen, aber es ist trotzdem relevant, das zu betonen, besonders wenn man sich die Atmosphäre der aktuellen primary-Kämpfe um die Seele der Democrats anschaut. Die Gefahr, dass da eine Lösung als one-size-fits-approach akzeptiert wird ist durchaus gegeben, was im Übrigen nicht heißen muss, dass eine solche Lösung per se schlecht wäre. Nur können populäre und/oder sinnvolle policy-Ansätze einen solchen Stand in der ideologischen Debatte einer Partei einnehmen, dass sie alles andere überschatten. Man sehe sich nur die zerstörerische Fixierung der conservatives auf Steuerkürzungen an. Es wäre weniger gut, wenn die Democrats jetzt das Gleiche mit so etwas wie Arbeitsplatzgarantien oder Medicare For All machen würden. Die andere Dimension dieser Problematik ist im Übrigen, wie solche sinnvoll zusammengestellten policy-Bündel politisch verkauft werden. Denn die Wähler interessieren sich nicht für policy. Markige Forderungen wie die oben angerissenen sind politics-Gewinner, aber sie sind policy-Verlierer. Idealerweise arbeitet man mit empirischen Tests, die dann ausgeweitet werden und prüft durch Experten, macht Kosten-Nutzen-Abschätzungen etc. Aber das erfordert einen eher technokratischen, überparteilichen und wenig spannenden Zugang, der sich nicht mit einer lebendigen Demokratie verträgt. Ein ewiges Dilemma.
8) 99 days to go, and the 2018 Midterms battleground is not what was expected
The broader battleground has also opened up a gap between two common ways of thinking about the midterms. National polls and historical voting patterns suggest that Democrats are only slight favorites to take the House, while early polls of individual districts, special election results and the ratings of expert prognosticators suggest that Democrats are in a stronger position. To this point, we have mainly seen polls of the generic congressional ballot, which asks voters whether they intend to vote for a Democrat or Republican for Congress. Democrats have generally led on this ballot by six to eight percentage points over the last few months, which is around what analysts believe Democrats need to have an even shot of retaking the chamber. [...] The Republicans still have structural advantages — gerrymandering; the tendency for Democrats to waste votes in urban areas; incumbency — but in some cases these have weakened. [...] In other words, Republicans could hope to avert a big Democratic win by trying to make their geographic advantage work as well for them as it has in recent elections. That would tend to lock the Democrats into the disadvantageous playing field implied by recent presidential election results. To do it, Republicans might try to play up the hot-button issues that defined Mr. Trump’s coalition, like immigration and trade. (New York Times)
9) The West will survive Trump
Yet while the Trump administration’s supporters and detractors are both fond of describing its approach to the world as a total break from the past, in reality, periodic crises have been a feature of the transatlantic relationship from nearly its outset. Almost as if by clockwork, a serious breach has tended to flare up between the United States and its European allies every 15 to 20 years going back to the mid-1950s—inspiring fears of a broader, more enduring unraveling of the alliance. The current crisis, according to this calendar, is happening pretty much on schedule. And in every case so far, the West has bounced back. [...] Could this time prove different? Perhaps. But there are good reasons to believe that this too shall pass. At the very least, it’s useful to situate the current tempest within the context of past storms that have swept across the Atlantic. The point of reviewing this history isn’t to diminish the seriousness of the present rift or to encourage complacency. But it does offer an important corrective to the doom and despondency about the future of the West—increasingly heard among foreign-policy thinkers on both sides of the Atlantic—as well as the counterproductive amnesia that overlooks just how much we’ve already gotten through together. (The Atlantic)
10) Was Özil empfand, haben viele erlebt
Gerade auf dem Arbeitsmarkt wirken Name und Aussehen zum Nachteil von Bewerbern mit Migrationshintergrund. So macht es einen großen Unterschied, ob sich eine Sandra Bauer für einen Job bewirbt oder, mit den selben Bewerbungsunterlagen, eine Meryem Öztürk - oder eine Frau Öztürk mit einem Foto, das sie mit Kopftuch zeigt. In einem Versuch des Forschungsinstituts zur Zukunft der Arbeit bekam die fiktive Sandra Bauer auf jede fünfte Bewerbung eine positive Rückmeldung, Meryem Öztürk nur auf jede siebte und nur auf jede zwanzigste, wenn sie auf dem Foto ein Kopftuch trug. Bemerkenswert: Je anspruchsvoller die Stelle, desto weniger Chancen bekam die Bewerberin mit dem fremd klingenden Namen. Ähnlich geht es auf dem Wohnungsmarkt zu. So ließ die Antidiskriminierungsstelle des Bundes Testpersonen mit und ohne Migrationshintergrund sich um eine Wohnung bewerben. Ergebnis: Muslime und Juden bekamen deutlich weniger oft eine Zusage vom Vermieter als andere Bewerber. Solche Erfahrungen haben Auswirkungen auf das Gefühl, in Deutschland daheim zu sein - und zwar nicht nur bei den Migranten, sondern auch bei deren hier aufgewachsenen Kindern und sogar Kindeskindern wie Mesut Özil. Laut einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Studie des Zentrums für Türkeistudien und Integrationsforschung fühlt sich die Hälfte der Menschen mit türkischen Wurzeln in NRW eher der Türkei als Deutschland heimatlich verbunden, das ist der höchste Wert seit 20 Jahren. Auf den Stand ihrer Integration lässt sich daraus kaum schließen: Mehr als 80 Prozent von ihnen fühlen sich dennoch in Deutschland zu Hause. (SZ)Solange die deutsche Gesellschaft sich und andere darüber belegt, dass zumindest unbewusster Rassismus existiert, wird sich dieses Problem nicht lösen lassen. Das ist das, was ich immer unter "Bringschuld" der Deutschen in der Integrationsgeschichte fasse. Dieses ganze "Die sollen gefälligst dankbar sein für das was Deutschland für sie leistet" ist dabei ein Riesenthema. Denn ja, sicher, Deutschland bietet viele Chancen für Einwanderer und Menschen mit Migrationshintergrund. Aber es bietet halt gleichzeitig nicht auch nur annähernd gleiche Chancen und hat immer noch eine Riesenmenge strukturelle Diskriminierung, gerade gegenüber türkischstämmigen Mitmenschen, und die sind überwiegend seit 60 Jahren im Land - was im Umkehrschluss heißt, dass mittlerweile der Großteil hier geboren sein dürfte, genauso wie Özil. Ein weiterer Faktor, der in der Debatte oftmals untergeht, ist, dass die "Türkei", der sich diese Leute "verbunden fühlen", kein reales Land ist. Die Kritik etwa an Özil, eine Verbundenheit zu einem Staat zu spüren, in dem ein Diktator größere Teile der Bevölkerung unterdrückt, ist natürlich nicht falsch. Wenn Kritiker darauf hinweisen, dass diese Menschen ja nicht dort leben müssen, aber hier ihre Stimme für Erdogan abgeben, haben sie vollkommen Recht. Übersehen wird aber, dass das Konzept der "Türkei" auch ein imaginärer Ort ist, der keine reale Entsprechung hat. Diese Leute fühlen keine Verbundenheit zum realen Land "Türkei", sondern zu einem ideellen Konzept dieses Landes, indem sie den Begriff mit nostalgischen Erinnerungen, Wünschen und Sehnsüchten aufladen. Das ist ein bisschen wie das "Schland", dem die Deutschen bei WMs zujubeln. Das ist auch ein Ort, der mit der realen Bundesrepublik Deutschland nur peripher zu tun hat. Wir werfen WM-Fans ja auch nicht vor, das Land zu bejubeln, das die NSU hat gewähren lassen und dann aktiv die Aufklärung behindert hat. Das wäre albern. Und genauso albern ist es, hier zu unterstellen, die Deutschtürken würden bei der WM aktiv Erdogan bejubeln. Dass der türkische Diktator es geschafft hat, sich selbst in eine Marke zu verwandeln und seine Visage mit dem Land identisch zu machen ist beklagenswert, aber es hat wenig über die politischen Werte und Ideale der Menschen auszusagen, die ihn "gut" finden. Hier helfen Aufklärung und differenzierte Betrachtung, statt die Leute einfach alle in einen Topf zu werfen. Wir machen das für uns selbst ja auch. Mit dem Deutschland der AfD will ich nichts zu tun haben. Das ist nicht mein Deutschland. Warum sollte es anderen in Bezug auf die Türkei nicht ähnlich gehen?
Der Vizekanzler hat ein Problem: Ihm fehlt die Mehrheit für eines der zentralen Projekte der Großen Koalition, das gerade für ihn als sozialdemokratischen Finanzminister einen besonderen Stellenwert hat. In Windeseile wollen Union und SPD das Grundgesetz gleich an vier Stellen ändern, damit der Bund in Zukunft Kommunen direkt dabei unterstützen kann, Schulen zu modernisieren sowie Wohnungen und U-Bahnen oder Straßenbahnnetze zu bauen. Was gut klingt, betrifft den Föderalismus in seinem Kern. Schließlich arbeiten die Kommunen als Verwaltungseinheiten der Länder und nicht des Bundes. Dieses Prinzip wird aufgeweicht. [...] Künftig will der Bund den Kommunen vor Ort direkt helfen können, damit sie ihren Aufgaben weiter gerecht werden. Dazu sollen nicht mehr nur die Länder Ansprechpartner sein, so wie es das föderale System eigentlich vorsieht. Den Ministerpräsidenten hat Scholz bekundet, ihm liege „die Zukunft unserer föderalen Ordnung am Herzen“. Die Grundgesetzänderungen hätten allein das Ziel, „die Voraussetzungen für eine Investitionsoffensive und zwar in wichtigen Zukunftsbereichen“ zu starten. Dazu müsse es „in einzelnen, klar beschriebenen Bereichen zielgerichtete Möglichkeiten zur Unterstützung der Länder und Gemeinden“ geben. Zu den Maßnahmen gehört der Plan, in die neben der inneren Sicherheit wichtigste Hoheit der Länder einzugreifen: die Bildung. So will der Bund etwa die Ganztagsbetreuung an Grundschulen ausbauen oder die Digitalisierung der Schulen. Dazu liegt ein Entwurf für das sogenannte Digitalfondsgesetz vor. 2,4 Milliarden Euro soll er bereits 2018 umfassen und später um die Erlöse aus der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen ergänzt werden. Mit dem Geld sollen Unternehmen Investitionszuschüsse erhalten, die in unwirtschaftlichen Regionen das Glasfasernetz ausbauen. „Darüber hinaus bedarf es einer digitalen Bildungsoffensive, die die gesamte Bildungskette in den Blick nimmt und auch eine hervorragende berufliche Bildung zum Ziel hat“, heißt es in dem Entwurf. (Handelsblatt)
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