Mittwoch, 16. April 2008

Wahlkampf in Italien

Derzeit liegt Berlusconi in allen Umfragen wieder vorn, nachdem die Mitte-Links-Regierung unter Prodi im Parlament erwartungsgemäß gescheitert ist. Dabei waren die Berlusconi-Jahre für Italien die sieben mageren Jahre, und der Führer der Rechten verkündet, ganz getreu der deutschen Agenda-Politik und Sarkozys Umschwung auf diesselbe, dass er in seinem Land ebenfalls für eine weitere Angleichung der Lebensverhältnisse an Kaschmir sorgen will (kein Originalzitat).
Die Frage ist doch: wie in aller Welt kann ein Politiker, der offensichtlich kriminell ist (der Mann hat zig Verfahren wegen seiner Kontakte unbeschadet überstehen können, da sabbert jeder Mafiaboss vor Verwunderung und Neid) und effektiv kein Programm hat, das einer Erwähnung wert wäre, der mit Neofaschisten paktiert und unter dem das Land von der weltweit fünftgrößten Wirtschaftsmacht unter "ferner liefen" abgerutscht ist, solche Umfragewerte erreichen?
Die Antwort liegt unter anderem in der italienischen Medienlandschaft, die in Europa (noch) einzigartig ist. Berlusconi kontrolliert zwei Drittel des öffentlich-rechtlichen und sage und schreibe hundert Prozent des Privatfernsehens. Er herrscht über Sportclubs und ist auch in andere Wirtschaftsbereiche stark verflochten. Diese Macht setzt er skrupellos zum Erreichen seiner politischen Ziele ein. Das Fernsehen in Italien ist Berlusconi-Fernsehen; er entscheidet, was gesendet wird - und was nicht. Wovon wir hier in Deutschland beispielsweise bei der Hamburg-Wahl nur ein Appetithäppchen erhielten (die vollständige Ignorierung von SPD und LINKEn in der Springerpresse und die Hochschreibung Ole von Beusts), wird Italien in mehreren Gängen täglich nonstop serviert.
Leider sind wir von diesen italienischen Zuständen in Deutschland nicht mehr so weit entfernt, wie wir uns wünschen könnten. Das Privatfernsehen ist bereits jetzt zu guten Teilen in der Hand von Menschen derselben politischen Ausrichtung, und auch das öffentlich-rechtliche hat hier deutliche Schlagseite bekommen. Zwar vereinen sich die Fäden des deutschen Systems nicht so offensichtlich und wirkungsmächtig in einer Hand wie in Italien, aber das macht den deutschen Moloch eher gefährlicher, weil schwerer zu fassen und unangreifbarer. Es ist allerdings symptomatisch, dass es der Linken in Italien in den letzten 14 Jahren, in denen dieser Konzentrationsprozess stattfand nicht gelungen ist, das Thema auch nur auf die Tagesordnung zu setzen oder die Menschen zu sensibilisieren - ganz genauso wie hierzulande die Einflussnahme der Interessensorganisationen keine Rolle spielt, ob sie nun Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Konvent für Deutschland oder Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft heißen.

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