Samstag, 22. Januar 2011

Sinn und Unsinn von Leugnungsverboten

Von Stefan Sasse

Es ist EU-weit verboten, die Existenz des Holocaust zu leugnen. Darauf stehen hohe Strafen. Den Holocaust leugnet man vor allem, indem man behauptet, er habe nie stattgefunden (ja, es gibt Leute, die das tun, so schwierig das auch zu glauben ist). Es ist aber auch möglich, durch krasse Relativierung straffällig zu werden (à la "die hatten es ja eh verdient"). Immer wieder gibt es Vorstöße, auch die Leugnung kommunistischer Verbrechen EU-weit unter Strafe zu stellen, und inzwischen wollen auch Schwellenländer ihren Anteil vom Verbotskuchen und fordern gelegentlich das Verbot der Leugnung von Kolonialverbrechen. Und viel Streiterein zwischen China und Japan drehen sich noch heute um die extrem mangelhafte Aufarbeitung der japanischen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg; die Chinesen allerdings sind nicht gerade Spitzenreiter darin, die Massaker ihres eigenen Mao-Regimes aufzubereiten. Welchen Sinn und Unsinn haben also formelle, juristisch wirksame Verbote für Leugnung oder Relativierung bestimmter historischer Ereignisse?

Weiter geht's auf dem Geschichtsblog

6 Kommentare:

  1. Die früheste Form der "Leugnung" ist wohl die: Das Kind hält sich die Hände vor die Augen. Und wenn es nichts mehr sieht, denkt es: Jetzt sieht mich keiner mehr.

    Wie wäre es im Zusammenhang der Leugnungsproblematik mal mit der Vorstellung von Adornos Aufsatz: Was bedeutet Aufarbeitung der Vergangenheit?

    AntwortenLöschen
  2. Beim Judenmord wäre ich wohl nicht dafür diesen zu leugnen, oder zu verharmlosen - Es ist und bleibt das Menschheitsverbrechen per se (Völkermorde gab es zwar auch andere, aber keine so industriell geplanten wie den Holocaust - Oder?).

    Ich wäre aber auch dafür die Begründung der Kriege des 21. Jahrhunderts mit dem Holocaust unter Strafe in Den Haag zu stellen - m.E. war Milosevic z.B. ein Moslem und Kroatenmörder, aber kein zweiter Hitler bzw. industriell (mit Todesfabriken) waren diese Morde aber nicht. Klartext: Milosevic zu stoppen war richtig, ihn wegen Völkermord vor Gericht zu stellen auch, aber die Begründung mit dem Holocaust war eine rot-grüne Kriegsbegründung, und eine Beleidigung für die Opfer der Shoa.

    Übrigens was Leugnung angeht, da wir einerseits an Völkermorde erinnert, z.B. Ruanda, aber andererseits der Sudan ganz vergessen - So eine Schizophrenie sollte es m.E. nicht geben, aber die gibt es leider. Ja, es soll sogar Völkermorde geben, die nie stattgefunden haben, aber einer gegnerischen Kriegspartei in die Schuhe geschoben werden - mit fadenscheinigen Begründungen - Ich würde mich nicht wundern, wenn spätere Historiker vom NATO-Völkermord in Afghanistan reden. Dem gehört auch ein Riegel vorgeschoben. Ich weiß, alles nur Utopie, und die diskutiererei darüber macht keinen Sinn.

    Trauriger Gruß
    Bernie

    AntwortenLöschen
  3. Ich bin auch nicht für Leugnung und Verharmlosung - ich halte nur das Gesetz dagegen für unsinnig. Gleiches gilt auch für das von dir Vorgeschlagene. Ich denke einfach, man sollte kein Gesetz machen sondern den richtigen gesellschaftlichen Diskurs führen, der solche Gesetze überflüssig macht.

    AntwortenLöschen
  4. Gibt es sogar im Netz:

    Als Audio-Datei.

    Adorno, Aufarbeitung der Vergangenheit.

    http://cba.fro.at/1594

    AntwortenLöschen
  5. "[...]Ich denke einfach, man sollte kein Gesetz machen sondern den richtigen gesellschaftlichen Diskurs führen, der solche Gesetze überflüssig macht[...]"

    Da sehe ich es ziespältig, denn einerseits gebe ich Dir völlig recht Gesetze regeln letztendlich gar nichts, aber andererseits habe ich so meine Zweifel daran ob der "richtige gesellschaftliche Diskurs, der solche Gesetze überflüssig macht" je von sich aus kommen wird.

    Nicht erst seit dem Rechtsruck in Deutschland (z.B. Sarrazins Buch) habe ich da so meine regen Zweifel an der Besinnung der Menschen in dieser Hinsicht.

    Es würde mich aber freuen, wenn du mich alten Pessimisten widerlegen könntest - ehrlich.

    Gruß
    Bernie

    AntwortenLöschen
  6. Mit dem Artikel und Deiner Meinung zum Leugnungsverbot befindest Du Dich in guter Gesellschaft - z.B. zu Noam Chomsky (in seiner Verteidigung der Redefreiheit auch fuer den bekannten Uebelfaschisten Robert Faurisson):

    http://suckssite.ning.com/video/noam-chomsky-defends-free

    Was viele nicht verstanden haben...

    Auch wenn man meint, es nicht ertragen zu koennen: Gegen solche Idiotien muss man mit Argumenten angehen, nicht mit Verboten!

    Was sollte man denn mit Menschen machen, die immer noch behaupten, die Erde sei eine Scheibe, oder den sog. Kreationisten, oder...

    Soll man sie in den Kerker werfen oder exekutieren, wie weiland die Inquisition? Wohl lieber nicht!

    Auch wenn es einem nicht in den Kram passt, die Freiheit der Meinungsaeusserung ist als hoechstes Gut zu verteidigen!

    Diese ganze Gesetzgebung ist nicht nur unsinnig, sondern sinnlos (Wittgenstein TLP).

    Gruss
    Bernd

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.