Von Stefan Sasse
Sie wolle Lehrer künftig Leistungszulagen geben, erklärte Schavan auf der Stuttgarter Bildungsmesse didacta, damit "auch die besten eines Jahrgangs Lehrer werden". Wie das funktionieren soll ist wie immer nicht ersichtlich. Es gibt fast keinen Reformvorschlag, der so oft ohne nähere Kontur vorgebracht wird wie "Lehrer nach Leistung bezahlen", immer verbunden mit dem Argument, dass man dann bessere Leute bekommen würde. Bloß, was ist "Leistung" bei einem Lehrer überhaupt? Wer definiert denn, was einen "guten" Lehrer ausmacht? Frag fünf Pädagogen, und du bekommst fünf verschiedene Antworten. Eine Objektivierung ist in der Schule nur über das Mittel möglich, das Lehrer selbst mit durchwachsenen Ergebnissen anwenden (müssen), um Schüler zu quantifizieren: Noten. Entweder also fängt man an, Lehrer künftig nach einem fixen Katalog von Kriterien zu evaluieren - das wäre das Ende von kreativem und aus Freude gemachtem Unterricht. Stattdessen müsste er nur noch einer Handvoll von höchstwahrscheinlich wirklichkeitsfremden Kriterien genügen, gewissermaßen eine indefinitive Fortsetzung der Unterrichtsbesuche von Referendaren, die selbst schon mit echtem Unterricht nichts zu tun haben. Oder aber man quantifiziert gleich an der Schülerleistung: desto besser die Noten der Schüler, desto besser offensichtlich der Lehrer. Ludger Wißman vom ifo-Institut plädiert für eine solche Lösung. In wie fern es für die Arbeit von Lehrern motivierend sein soll, auf Gedeih und Verderb von der Tagesleistung von Jugendlichen abhängig zu sein, die eventuell den Abend vorher in einer Disco verbracht haben, bleibt dabei offen. Vorstellbar ist dieser Weg ohnehin nur durch Bewertung einheitlicher Tests, in BaWü etwa der Zentralen Klassenarbeiten. Jeder Lehrer würde dadurch aber nur den Hauptteil des Schuljahres darauf verwenden, die Schüler auf ein gutes Abschneiden in diesen zentralen Tests zu drillen - ernsthaft gelernt würde nichts mehr, jegliche Kreativität oder Eigeninitiative erstickte im Keim. Versenkt endlich diese blöde Idee von der "Bezahlung nach Leistung" - es funktioniert nicht.
Das beste Beispiel, warum "leistungsgerechte" Bezahlung nicht funktioniert, bieten die Politiker selbst. Sie verdienen, nach einer derzeit kursierenden Studie, in etwa soviel, wie Top-Manager. Leistung sieht man bei ihnen aber nicht. Wenn sie andersherum wirklich nach ihrer Leistung bezahlt würden, dann müsste Frau Schavan für solche Ideen sogar noch Geld zurückzahlen.
AntwortenLöschenEtwas wesentliches vergisst du selbst bei der zentralen Bewertung. Es gibt keine objektive Benotung. Hat man die gleiche Klausur zu kontrollieren und gibt diese verschiedenen Lehrern, so werden diese unterschiedliche Punkte herausbekommen. In der Physik oder Mathematik werden die Abweichungen tendenziell geringer sein als in zum Beispiel Deutsch. Wenn es der eigenen Bewertung hilft werden dann eher Folgefehlerpunkte gegeben oder Fehler übersehen. Man könnte natürlich die Klausuren an andere Schulen verschicken, um eine externe Kontrolle zu haben. Der Aufwand wäre enorm und der Nutzen gering.
AntwortenLöschen"Jeder Lehrer würde dadurch aber nur den Hauptteil des Schuljahres darauf verwenden, die Schüler auf ein gutes Abschneiden in diesen zentralen Tests zu drillen - ernsthaft gelernt würde nichts mehr, jegliche Kreativität oder Eigeninitiative erstickte im Keim."
AntwortenLöschenNaja, und genau das ist gewollt. Schließlich sollen die Schüler funktionieren, nicht denken. Und außerdem ist China so PISA-Weltmeister geworden …
@Thomas: Politiker verdienen nicht gut. BT-Abgeordnete etwa 7000 monatlich, das ist zwar verglichen mit Durchschnittslöhnen toll, aber bei der Qualifikation eigentlich witzlos. Bundeskanzler gibt etwa 200.000 im Jahr - Hammer, vergleichen mit 13 Millionen von Ackermann...
AntwortenLöschenUnd was soll heißen, die leisten nichts? Wie misst man denn Leistung von Politikern? Nach der Zahl der abgestimmten Gesetze? Kannst genausowenig objektiv messen wie Lehrer.
@Endless: Vergess ich nicht, ist im Text eigentlich drin...implizit ;) Vermutlich war mir das zu offensichtlich. Ich kenn das ja tagtäglich...
Hallo,
AntwortenLöschenhier im Kreis gibt es schon eine Schule, die die Lehrer in einem Versuchsprojekt leistungsbezogen evaluiert. Ergebnis:
- sehr viel Bürokratie, weniger Arbeitszeit für Unterrichtsvorbereitung u.ä., Erfassung aller möglichen und unmöglichen "Leistungsdaten":
---- Unterrichtsaufwand berechnen und "Entschädigung" dafür mitberechnen, heißt: Deutsch = viel Vorbereitung + Klausuren = viel "Entschädigung", .. Sport = wenig Vorbereitung + wenig Klausuren = wenig "Entschädigung"
---- z.B. sollen Sportlehrer mehr Schulverwaltungskram erledigen, weil sie ja "soviel Zeit" haben, also werden wohl die Schulsekretärinnen-Stellen von 2 auf 1 gekürzt werden
- Versuche, die Statistik auszutricksen, d.h. die Lehrer bieten nicht die Kurse / AGs / Aktivitäten an, die sinnvoll sind (Schreibmaschinenkurs) oder zu denen der Lehrer aufgrund persönlicher Hobbys (Fotografie-AG, Zeitungs-AG) oder Studienfächer (freiwillige Sportgruppe am Nachmittag, Biolehrer: Schulgarten) befähigt ist, sondern diejenigen Kurse, für die ihnen viele Leistungspunkte angerechnet werden. Diese Punkte werden nach fragwürdigen Kriterien vergeben. Wieso ist ein Schreibmaschinenkurs wichtiger als eine Foto-AG?
- Zu erwähnen: solche bürokratische Statistik-Leistungs-Sperenzchen töten jede Eigeninitiative, jede intrinsische Motivation und jedes EigenINTERESSE aus dem Lehrkörper heraus. Demotivierte, desinteressierte, nur nach Vorschrift engagierte Lehrer schieben dann auch nur Dienst nach Vorschrift!
- Aufhetzung der Lehrer gegeneinander, Sportlehrer (wenig Arbeitsaufwandsentschädigung) gegen Deutschlehrer (viel Arbeitsaufwandsentschädigung), der Rest der Lehrerschaft hängt irgendwo dazwischen und versucht, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viele Punkte anzusammeln. Läuft in England schon länger so.
FAZIT:
Von Lehrern noch irgendwelche außerunterrichtlichen Angebote zu verlangen, macht Sinn. Und alle Lehrer, die ich gehabt habe (immerhin 1987-2000), haben auch entsprechende Angebote angeboten. Bei uns hieß das "AG", "Arbeitsgemeinschaft", wir hatten alles dabei von Schulzeitungs-AG (Deutschlehrer) über diverse Sport-AGs (Sportlehrer und Hobbysportler unter den Lehrern), Kunst-AGs (mehrere, Kunstlehrers), Foto-AG (Kunstlehrer), Informatik-AG (Chemielehrer ;-) ), Töpfer-AG (Kunstlehrer), Schulgarten (Biolehrer), Koch- und Back-AG (Deutschlehrerin), Schulchor, Schulorchester (Musiklehrer), Theater-AG (Deutsch/Geschichtslehrers), Englisch Musical AG (Englisch-Musiklehrer), Russisch-AG (Mathe-Physiklehrerin mit russ. Migrationshintergrund)
Das war vernünftig, da hat jeder so gemacht, was er wollte und konnte und wo Interesse bei Lehrer und Schülern da war. Und Schüler, die in keinen Schul-AGs waren, die haben halt Nachmittags in außerschulischen Sportvereinen etc. mitgemacht.
"Leistungs-"Kriterium Schüler-Noten, was sonst. Alle kriegen eine Eins, alle sind zufrieden: Lehrer, Schüler, Eltern. Wo ist das Problem?
AntwortenLöschenIn den USA machen sie das schon, mit "gewaltigem Erfolg" *hust*
AntwortenLöschenist der Oeffinger Freidenker mit dem irren Schlingensief entschlafen?
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