Die Firma Activision ist in Gamer-Kreisen für viele Blockbuster-Spiele bekannt. Einer der größten Hits des Konzerns aber ist die First-Person-Shooter Serie "Call of Duty". Von ihren Wurzeln als Zweiter-Weltkrieg-Shooter (Teile 1-5) entwickelte die Serie dann mit "Modern Warfare" ein zweites Standbein, das sich durch äußerst kontroverse (sprich: geschmacklos effektheischende) Spielinhalte und Storyelemente in einer fiktiven nahen Zukunft auszeichnete. Nachdem die Serie russische und laeinamerikanische Invasoren sowie arabische Terrororganisationen als Gegner ausgeschlachtet hat, kehrt sie nun mit "Call of Duty: World War 2" zu ihren Wurzeln zurück und lässt Spieler als aufrecher alliierter Soldat über den europäischen Kriegsschauplatz fechten. Das ist aus mehreren Gründen mehr als problematisch.
Zum einen ist es die schiere Einfallslosigkeit der Entwickler, den x-ten Shooter vorzulegen, in dem der Spieler als amerikanischer Soldat beginnend mit dem D-Day 1944 den Krieg in Europa erlebt. Damit wurde eine massive Chance vertan, auch einmal andere Kriegsschauplätze zu zeigen, die nicht so bekannt sind - wobei, wenn man sich an das Storydesaster von Call of Duty 5 erinnert, wo Japan und Osteuropa im Zentrum standen, kann man seinen Optimismus darüber auch in Grenzen halten.
Wesentlich problematischer aber ist die Art, wie der Krieg in all diesen Spielen nähergebracht wird. Es handelt sich schließlich nicht um Simulationen, sondern um Actionspiele, die es auf cineastische Szenen und einen hohen Adrenalinpegel anlegen. Das sorgt, verbunden mit der praktischen Unsterblichkeit des Spieler-Charakters, für die ständige Notwendigkeit, überlegene deutsche Truppen gegen den Underdog der US Army werfen zu müssen - ein dämliches Konstrukt, dem beispielsweise auch der Film "Fury" zum Opfer fiel (den ich hier besprochen habe).
Diese Konzentration auf die Action sorgt auf der einen Seite für eine Säuberung des Krieges: Gegner fallen im Normalfall tot um, Verwundete gibt es effektiv nicht (und wenn sind sie spielerisch weder interessant noch ansprechend umgesetzt), kein Feind ergibt sich jemals, und die Geschichte betont den Heroismus beider Seiten im angesicht der Zustände. Das ist auch notwendig, denn spätestens im Mehrspielermodus können die Spieler ja auch in die Jacken der Wehrmacht schlüpfen. Und hier wird es extrem problematisch.
Um möglichst nirgenwo anzuecken, sparen die Spiele der Reihe nämlich nicht nur Aspekte wie Kriegsverbrechen oder den Holocaust aus (die ansonsten die Jugendfreigabe verhageln könnten), sondern müssen auch dafür sorgen, dass der Gegner nicht komplett dämonisiert wird. Das Ergebnis ist dann das:
The developers of "Call of Duty: WWII" have denied that the war-themed video game would allow gamers to play Nazis. But the game, which pits Axis powers against Allied forces during World War II, has raised concerns that it would attract neo-Nazis. Michael Condrey, the studio co-head at Sledgehammer Games admitted that in the online multiplayer version of "Call of Duty: WWII," someone has to play the Germans. But he made a distinction between German forces in World War II that may surprise some.
"You'll never play as a Nazi," Condrey told Game Informer, as reported on the Player.One website. "You will play as a German or other members of the Allied or Axis forces... There's an ensemble cast on the Axis side, but yes you will spend half your matches being the Axis side," Condrey said. "A lot of the Nazi soldiers weren't on the frontlines of the battle anyway. When you think about what really happened in the war, the SS and the Nazi forces were doing other things than sitting out there defending Normandy Beach. In fact, Normandy Beach was largely not even made up of Germans. It was made up of conscripted soldiers from other places that the Axis forces had captured."
The co-head of Sledgehammer, Glen Schofield, backed up Condrey, Player.One reported, saying that "many veterans make the distinction that they were Germans, but not Nazis. As a result, the studio felt it was important to make that distinction in Call Of Duty: WW2’s multiplayer suite," the version in which players compete against one another.
Das ist auf mehreren Ebenen problematisch. Auf der einen Seite leistet "Call of Duty" der Idee von der "sauberen Wehrmacht" Vorschub, die schon in den 1990er Jahren eigentlich widerlegt wurde und zieht eine Trennlinie zwischen den "bösen" Nazis und den "guten" Soldaten, die in der Realität nie bestanden hat. Auf diese Weise wird den Spielern zu verkaufen versucht, dass die Gegenseite ausschließlich aus Pflichtgefühl oder Zwang kämpfte und nicht in die Verbrechensnatur des NS-Regimes verwickelt ist. Das ist Unsinn.
Auch die künstliche Trennung von "Deutscher" und "Nazi", die "die Veteranen" angeblich so zögen, ist Unfug. Diese Trennung war eine Erfindung der Deutschen selbst, und die Scherben dürfen Geschichtslehrer bis heute aufkehren. Die Nazis waren keine braunen Aliens aus dem All, die sich der unschuldigen Deutschen bemächtigten. Sie waren Deutsche und ein deutsches Produkt. Das so sauber zu trennen, nur um ein Spiel daraus machen zu können dessen Ziel Macht- und Überlegenheitsgefühle des Spielers ist, ist in grobem Ausmaß fahrlässig.
Auch der Rechtfertigungsversuch, viele europäische Nationen seien ja in den Dienst geknechtet worden und hätten etwa am D-Day gegen die Alliierten gekämpft hat zwar eine historische Basis, dient aber nicht dazu, diese Problematik zu verbessern. Es wird stattdessen eher schlimmer, weil die gesichtslosen Feinde, die im Dutzend billiger umgeschossen werden, auch noch durch den Missbrauch dieser tragischen Schicksale zur Rechtfertigung der obigen Probleme dienen.
Diese Problem sind natürlich nicht nur in Videospielen zu finden; die meisten Kriegsfilme haben dieselben Schwächen. Durch die Interaktivität und die überragende Bedeutung des Mediums allerdings werden sie hervorgehoben, und es wird wahrlich Zeit, dass die Publisher endlich erwachsen werden und sich nicht hinter billigen Ausreden verstecken, besonders, weil immer mehr ihrer Konkurrenten aus dem Indy-Game-Bereich zeigen, dass es viel, viel besser geht.
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